Leitsatz (amtlich)

Zur Umlagepflicht (AFG § 186a) eines Baubetriebes, der Gebäude in Betonfertigbauweise erstellt.

 

Orientierungssatz

Ermächtigung nach AFG § 76 Abs 2:

Der Auftrag an den BMA in AFG § 76 Abs 2 berechtigt ihn, generalisierend und typisierend die Gruppen von Baubetrieben zu beschreiben, die wesentlich gefördert werden können. Innerhalb solcher Gruppen sind dann auch einzelne Betriebe, die wegen ihrer Besonderheiten nicht wesentlich gefördert werden können, in die Förderung - und damit in die Umlagepflicht - einbezogen (vgl BSG 1978-06-01 12 RK 50/76 = SozR 4100 § 186a Nr 4).

 

Normenkette

AFG § 186a Abs. 1 S. 1 Fassung: 1972-05-19, § 76 Abs. 2 Fassung: 1972-05-19; BaubetrV § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. h Fassung: 1972-07-19, Buchst. t Fassung: 1972-07-19

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 08.11.1977; Aktenzeichen L 5 Ar 459/76)

SG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 14.01.1976; Aktenzeichen S 7b Ar 2232/74)

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin - die in ihrem Betrieb Betonfertigteile herstellt und aus diesen Gebäude und Fertiggaragen errichtet - mit ihrer Montageabteilung umlagepflichtig nach § 186a des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) ist.

Die Beklagte stellte die Umlagepflicht der Klägerin mit Bescheid vom 3. Mai 1973 fest und forderte von ihr ab Mai 1972 die Umlage zuzüglich einer Verwaltungspauschale in Höhe von 10 vH des Umlagebetrages. Der Widerspruch der Klägerin und ihre Klage blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 1974; Urteil des Sozialgerichts - SG - Freiburg vom 14. Januar 1976). Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 8. November 1977). Zur Begründung hat es ua ausgeführt: Die Montageabteilung der Klägerin sei eine selbständige Betriebsabteilung iS des § 75 Abs 1 Nr 2 AFG. Sie erbringe auch überwiegend Bauleistungen. Ihre hauptsächliche Aufgabe bestehe darin, aus Betonfertigteilen Garagen und andere Bauwerke zu errichten, sei es nur im Rohbau, sei es schlüsselfertig. Damit seien die Voraussetzungen des § 75 Abs 1 Nr 3 AFG erfüllt. Welcher Techniken sie sich bei der Verlegung der Fertigteile bediene, sei angesichts des klaren Wortlauts dieser Vorschrift unerheblich. So würde es an der Einordnung ihrer Tätigkeit unter den Begriff der Bauleistungen nichts ändern, wenn sie die Teile - wie im Stahlbau gebräuchlich - ausschließlich verschrauben oder verschweißen würde. So sei es aber nicht, denn es werde auch die Vernadelungstechnik angewandt, zu der Beton benötigt werde. Auch müßten die Köcherfundamente der Stützen jeweils betoniert werden. Die Montageabteilung gehöre auch zu den Betrieben, in denen die ganzjährige Beschäftigung nach § 76 Abs 2 AFG durch Leistungen nach den §§ 77 bis 80 AFG zu fördern sei. Es handele sich um einen Betrieb, der Fertigbauarbeiten iS des § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst h Halbsatz 1 der Baubetriebe-Verordnung (BaubetrVO) verrichte. Halbsatz 2 dieser Vorschrift greife nicht durch, weil es nur auf den Charakter der Montageabteilung ankomme. Soweit die Montageabteilung neben den ihren Betriebscharakter bestimmenden Fertigbauarbeiten weitere Bauleistungen (Innenausbau) erbringe, ergebe sich die Zulassung zur Winterbauförderung auch aus den Eingangsworten des § 1 Abs 1 Nr 1 BaubetrVO und aus § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst o, q, t sowie z, dd und hh. Der Einwand der Klägerin, sie könne im Hinblick auf ihre grundsätzliche Witterungsunabhängigkeit keine Leistungen nach den §§ 77 bis 80 AFG erhalten, treffe nicht zu. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA) habe Betriebe, die Fertigbauwerke erstellen, zu Recht in die BaubetrVO aufgenommen. Die dem zugrunde liegende Ermächtigung des § 76 Abs 2 Satz 2 AFG beziehe sich nicht auf den individuellen Betrieb und seine subjektiven Gegebenheiten. Vielmehr habe der BMA Betriebe des Baugewerbes nach Gruppen zu ordnen und dabei zu prüfen, ob sich die Zulassung zur Winterbauförderung für die jeweilige Gruppe voraussichtlich belebend auswirken werde. Das sei bei Fertigbauwerke erstellenden Betrieben der Fall, denn diese würden auf Baustellen tätig werden, die der Witterung ausgesetzt seien, wodurch sie bei ihrer Bautätigkeit erfahrungsgemäß erheblich behindert werden könnten. Die Montageabteilung der Klägerin sei nicht praktisch witterungsunabhängig. Die Arbeiter seien bei der Montage der Betonfertigteile in weitem und beim Innenausbau in geringerem Umfang den Unbilden der Witterung ausgesetzt, was Schutzmaßnahmen erforderlich mache. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 77 bis 80 AFG tatsächlich vorgelegen hätten und die Klägerin Leistungen in Anspruch genommen habe, sei unerheblich. Es reiche vielmehr aus, daß nach den objektiven Gegebenheiten die Möglichkeit für sie bestanden habe, bei Erfüllung der subjektiven, von ihrer Entschließung abhängigen, Voraussetzungen solche Leistungen zu erhalten. Um die Durchführung notwendiger Betonierarbeiten in der Schlechtwetterzeit sicherzustellen, treffe die Klägerin auch Vorkehrungen. Situationsangepaßte Arbeitseinteilungen und Umsetzungen von Arbeitskräften seien Folgen von Witterungseinflüssen und kein Beweis dafür, daß die Montageabteilung witterungsunabhängig arbeite. Die Gewährung von Zuschüssen in den letzten drei Jahren sei verweigert worden, weil das Arbeitsamt die Schutzmaßnahmen für nicht ausreichend und nicht etwa für unnötig erachtet habe. Daß die Klägerin für die Arbeiter der Montageabteilung Wintergeld und andere Leistungen nach § 80 AFG erhalte, sei objektiv möglich. Die Voraussetzungen hierfür nach § 83 Nr 2 AFG könnten nicht nur durch Tarifvertrag, sondern auch durch Einzelvertrag oder durch Betriebsvereinbarung geschaffen werden. Unerheblich sei, daß die Umlage jährlich etwa 100.000,- DM betrage, die Klägerin aber nach ihren Angaben lediglich 20.000,- DM an Zuschüssen erhalten könne. Es liege in der Natur der Sache und sei in dieser Form jeder Sozialversicherung eigentümlich, daß der eine an Leistungen mehr erhalte als er einbezahlt habe, der andere weniger.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 76 Abs 2 Satz 2 AFG, des Art 3 des Grundgesetzes (GG) und des § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Zur Begründung trägt sie vor: Ihre Montageabteilung erbringe - wie alle übrigen Betonfertigteilunternehmen - infolge der modernen Technologie des Verschweißens und Vernadelns der Fertigteile sowie der Größe und Eigenart der Bauobjekte sämtliche Bauleistungen witterungsunabhängig. Durch die in §§ 74 ff AFG vorgesehenen Förderungsmaßnahmen könne daher ihre Bautätigkeit in keiner Weise belebt werden. Zu dieser Überzeugung hätte das LSG kommen müssen, wenn es die Beweisanträge nicht übergangen hätte und außer dem Zeugen N auch die übrigen benannten Zeugen gehört sowie ein Sachverständigengutachten eingeholt und einen Augenschein auf einer Winterbaustelle eingenommen hätte. Im Umkehrschluß aus § 76 Abs 2 Satz 2 AFG dürften Betriebe, deren Bautätigkeit in der Schlechtwetterzeit durch eine Förderung voraussichtlich nicht belebt werden wird, nicht in die Förderung einbezogen werden. Bei einer der Ermächtigungsgrundlage konformen teleologischen Auslegung des § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst h Halbsatz 1 BaubetrVO würden nur die witterungsabhängigen und in der Schlechtwetterzeit durch Förderungsmaßnahmen voraussichtlich belebbaren Fertigbauarbeiten unter diese Vorschrift fallen, die Fertigbauarbeiten von Betonfertigteilunternehmen dagegen ausscheiden. Diese einengende, aber sowohl durch den Wortlaut als auch Sinn und Zweck der §§ 74 Abs 1, 76 Abs 2 Satz 2 AFG gebotene Auslegung stehe allein im Einklang mit § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst t Halbsatz 2 BaubetrVO, wonach reine Stahl-, Eisen-, Metall- und Leichtmetallarbeiten nicht erfaßt werden. Der moderne Betonfertigteilbau sei hinsichtlich Technologie sowie Art und Umfang der Bauobjekte mit dem Stahlbau unmittelbar verwandt und vergleichbar. Das Urteil des LSG führe zu einer Wettbewerbsverzerrung zwischen den beiden Unternehmensarten und behandle in allen wesentlichen Punkten gleiche Sachverhalte ohne erkennbaren einsichtigen Grund ungleich. Es verstoße deshalb gegen Art 3 GG. Die mögliche, wenn auch verschwindend geringe Beeinträchtigung der Montagearbeiten durch Unbilden der Witterung sei rechtlich unerheblich und trete beim Betonfertigteilbau keine Spur stärker in Erscheinung als beim nicht umlagepflichtigen Stahlbau. Das gleiche sei bei Winterschutzkleidung, beheizten Aufenthaltsräumen, bei Abdeckplanen und Propangasstrahlern, witterungsbedingten Verzögerungen der Erd- und Fundamentarbeiten der Subunternehmen und Erschwerungen der Zufahrt zur Baustelle sowie bei der geringen Verwendung von Mörtel und Beton der Fall. Letzteres sei im Verhältnis zu den übrigen Arbeiten von untergeordneter Bedeutung. Der Innenausbau sei völlig witterungsunabhängig. Das LSG habe außerdem verkannt, daß es Sturm zu jeder Jahreszeit gebe, daß Sturm und Frost zu keinerlei Verzögerung der Montagearbeiten führten, weil stets genügend andere Montagearbeiten auf derselben Baustelle durchgeführt werden könnten, und daß Schutzmaßnahmen gegen Sturm und Frost bei allen ihren Bauprojekten überhaupt nicht möglich oder völlig wirkungslos wären. Nur aus diesem Grund sei ihr seit Jahren die Gewährung von Zuschüssen versagt worden.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 8. November 1977 und des SG Freiburg vom 14. Januar 1976 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Mai 1973 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 1974 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des LSG ist aufzuheben. Der Rechtsstreit ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, die Umlagepflicht der Klägerin nach § 186a Abs 1 Satz 1 AFG zu begründen. Nach dieser Vorschrift erhebt die Bundesanstalt für Arbeit (BA) zur Aufbringung der Mittel für die produktive Winterbauförderung von den Arbeitgebern des Baugewerbes, in deren Betrieben die ganzjährige Beschäftigung durch Leistungen nach den §§ 77 bis 80 AFG zu fördern ist, eine Umlage. Das LSG hat zutreffend festgestellt, daß die Klägerin zum Kreis der Arbeitgeber des Baugewerbes gehört. Sie ist Inhaberin eines Betriebes des Baugewerbes und bietet auf dem Baumarkt gewerbliche Bauleistungen an (§ 75 Abs 1 Nr 1 AFG). Ihr Betrieb (selbständige Betriebsabteilung Montage) erbringt überwiegend Bauleistungen (§ 75 Abs 1 Nr 3 AFG) und ist deshalb ein Betrieb des Baugewerbes iS des § 75 Abs 1 Nr 2 AFG. Die Umlagepflicht nach § 186a Abs 1 Satz 1 AFG setzt jedoch nicht nur die Zugehörigkeit zum Kreis der Arbeitgeber des Baugewerbes voraus. Weitere Voraussetzung ist, daß der Betrieb zu den Betrieben gehört, in denen die ganzjährige Beschäftigung gefördert werden kann. Ob das der Fall ist, kann nicht schon deshalb angenommen werden, weil die von der Klägerin erbrachten Bauleistungen unter die in § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst g und t BaubetrVO aufgeführten Arbeiten fallen (Fertigbauarbeiten: Herstellen, Zusammenfügen oder Einbauen von Fertigbauteilen; Montagebauarbeiten, die der Erstellung von Bauten aller Art oder der Ausführung sonstiger Bauleistungen dienen). Die BaubetrVO, die den Kreis der zur PWF zugelassenen Betriebe konkretisiert (§ 1 Abs 1) und andererseits eine Reihe von Betrieben der Bauwirtschaft aufzählt, die von der Förderung ausgeschlossen sind (§ 2), ist vom BMA auf der Grundlage der Ermächtigungsnorm des § 76 Abs 2 AFG erlassen worden. Hiernach bestimmt der BMA durch Rechtsverordnung, in welchen Betrieben des Baugewerbes die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist (§ 76 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 AFG). Zweck, Inhalt und Ausmaß dieser Ermächtigung sind in Satz 2 der Vorschrift näher bestimmt und begrenzt: Es dürfen in die Förderung nur Betriebe einbezogen werden, deren Bautätigkeit in der Schlechtwetterzeit dadurch voraussichtlich in wirtschafts- oder sozialpolitisch erwünschter Weise belebt werden wird. Der Auftrag an den BMA kann dementsprechend nur so verstanden werden, daß er aus der Gesamtzahl der Betriebe, die Bauleistungen erbringen, nur diejenigen in die BaubetrVO aufnehmen darf, in denen durch Einsatz von Förderungsleistungen unmittelbar eine wesentliche Belebung in der Schlechtwetterzeit erzielt werden kann. Allerdings müssen hierbei nicht jegliche Besonderheiten einzelner Betriebe berücksichtigt werden. Dem Verordnungsgeber ist vielmehr das Recht eingeräumt, generalisierend und typisierend Gruppen von Betrieben zu beschreiben. Innerhalb solcher Gruppen sind dann auch einzelne Betriebe, die wegen ihrer Besonderheiten nicht wesentlich gefördert werden können, in die Förderung - und damit in die Umlagepflicht - einbezogen (BSG SozR 4100 § 186a Nr 4).

Die Buchst h 1. Halbsatz und t des § 1 Abs 1 Nr 1 BaubetrVO sind wörtlich aus dem Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 1. April 1971 (BRTV-Bau 1971) übernommen worden. Dies, wie die Tatsache, daß auch im übrigen der Katalog des BRTV-Bau 1971 fast wörtlich in den Katalog der BaubetrVO aufgenommen wurde, gibt zu erheblichen Zweifeln Anlaß, ob der Verordnungsgeber die unterschiedliche Zwecksetzung der beiden Rechtsbereiche hinreichend bedacht hat. Während es sich im Tarifbereich insoweit nur um eine Zuständigkeitsregelung handelt, betrifft die Regelung des AFG die Abgrenzung des berechtigten (Winterbauförderung) bzw verpflichteten (Umlagepflicht) Personenkreises (BSG SozR 4100 § 186a Nrn 4 und 6). Eine Außerachtlassung dieses Umstandes tritt in § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst t BaubetrVO klar zutage. Während die Ausklammerung der reinen Stahl-, Eisen-, Metall- und Leichtmetallbauarbeiten im BRTV-Bau 1971 ihren offensichtlichen Sinn darin hat, daß die betreffenden Betriebe einem anderen Tarifbereich zugehören, entbehrt die Unterscheidung auf dem Gebiet der Winterbauförderung einer sachlichen Grundlage, wenn - was die Klägerin behauptet, das LSG aber nicht geprüft hat - die Montagebauarbeiten der reinen Metallbetriebe bei vergleichbaren Bauvorhaben den Auswirkungen der Schlechtwetterzeit gleichermaßen ausgesetzt sind wie die sonstigen Betriebe, die Montagearbeiten iS des § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst t BaubetrVO erbringen. Sollte dies der Fall sein, müßte die Bestimmung wegen der sachlich ungerechtfertigten Differenzierung als mit der gesetzlichen Ermächtigung unvereinbar und deshalb unwirksam angesehen werden, wie dies der erkennende Senat schon für den Fall der Unterlassung einer gebotenen Differenzierung angenommen hat (BSG SozR 4100 § 186a Nr 4).

Abgesehen davon kann die Montageabteilung der Klägerin nur dann zu den förderungsfähigen und damit umlagepflichtigen Baubetrieben gerechnet werden, wenn sie typischerweise durch die witterungsbedingten Erschwernisse der Schlechtwetterzeit nicht nur unwesentlich beeinträchtigt wird, deshalb einer Belebung durch Förderungsmaßnahmen bedarf und solche Maßnahmen auch zu einer wesentlichen Belebung der Bautätigkeit führen können. In Betracht kommen dabei sowohl solche Maßnahmen, die technische Schwierigkeiten ausgleichen, als auch Maßnahmen, die verhindern, daß wegen der Witterungsbedingungen den Arbeitnehmern die Weiterarbeit unzumutbar ist (§ 84 Abs 2 letzter Satzteil AFG). Die Klägerin stellt die Förderbarkeit in Abrede und hat hierfür im Berufungsverfahren Beweiserhebung durch Vernehmung weiterer Zeugen, Anhörung eines Sachverständigen und Einnahme eines Augenscheins beantragt. Dem muß das LSG nachkommen; die von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen reichen nicht aus, um die Förderungsbedürftigkeit und Förderungsfähigkeit der Klägerin darzutun. Das LSG wird insbesondere feststellen müssen, ob und in welchem Umfang im Montagebereich von Fertigbaubetrieben gleicher und ähnlicher Art bei den heutigen technologischen Gegebenheiten witterungsbedingte Produktionsbehinderungen eintreten können und welche Förderungsmaßnahmen geeignet sind, die Bautätigkeit solcher Betriebe zu beleben, insbesondere Produktionsausfälle zu verhindern oder zu verringern. Das LSG wird dabei auch zu prüfen haben, ob das der bisherigen ständigen Ablehnung von Mehrkostenzuschüssen durch die Beklagte zugrunde gelegte Fehlen von ausreichenden Schutzmaßnahmen nicht etwa darauf zurückzuführen war, daß die Klägerin geeignete Schutzmaßnahmen objektiv gar nicht treffen konnte. Bei den nachzuholenden Ermittlungen über die Förderungsfähigkeit sollte das LSG tunlichst auch die Sachkunde der fachlich zuständigen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände nutzen. Es wird außerdem zu prüfen sein, ob eine Beiladung der Betriebsvertretung (§ 75 Abs 1 SGG) zweckmäßig erscheint.

Das Urteil des Senats vom 1. Dezember 1977 - 12/7/12/7 RAr 102/75 - (SozR 4100 § 78 Nr 1) steht der hier getroffenen Entscheidung nicht entgegen. Dort handelte es sich um einen Baubetrieb, dessen Umlagepflicht nach § 186a AFG nicht im Streit stand und deshalb vom Senat nicht zu überprüfen war. Außerdem ergaben weder die nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen noch der Vortrag der Beteiligten einen Anhalt dafür, daß die Montage von Stahlbetonfertigteilen in der Schlechtwetterzeit nicht wesentlich gefördert werden könnte. Es war lediglich darüber zu entscheiden, ob für diese Arbeiten ausreichende Schutzvorkehrungen vorhanden waren.

Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil des LSG vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1648514

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