Entscheidungsstichwort (Thema)

Beteiligter. Rücknahme eines Herstellungsbescheids. Nachholung der Anhörung. Glaubhaftmachung einer Beitragserstattung. Zuständigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Bescheid des Trägers eines Zweiges der gesetzlichen Rentenversicherung über die Feststellung von Versicherungszeiten ist auch für den nach den Vorschriften der Wanderversicherung für die Gewährung der Leistung zuständigen Träger eines anderen Versicherungszweiges bindend.

2. Wird während eines Rechtsstreits um die Gewährung einer höheren Rentenleistung ein dem Versicherten erteilter Bescheid über die Feststellung von Versicherungszeiten aufgehoben, so wird der Aufhebungsbescheid Gegenstand des Rechtsstreits.

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Zuständigkeitsregelung des § 44 Abs 3 bzw § 45 Abs 5 SGB 10 bedeutet, daß nach Unanfechtbarkeit des Bescheides die allgemeinen Regeln über die (hier: sachliche) Zuständigkeit gelten und dann, wenn zwischenzeitlich für den Erlaß des ursprünglichen Bescheides eine andere Behörde zuständig geworden ist, diese auch über die Rücknahme entscheidet.

 

Orientierungssatz

1. Der Kreis der Beteiligten beschränkt sich nicht stets auf den den Verwaltungsakt erlassenden Sozialleistungsträger und den Adressaten des Verwaltungsakts. Beteiligter ist vielmehr jeder, den "die Sache", die durch den Verwaltungsakt geregelt wird, unmittelbar betrifft, dh in dessen Rechtssphäre der Verwaltungsakt eingreift. Unbeschadet dessen, ob der Verwaltungsakt ausdrücklich an sie gerichtet worden ist, sind alle der Sache nach davon Betroffenen Beteiligte iS des § 77 SGG.

2. Für die Rücknahme eines Herstellungsbescheides bleibt derjenige Versicherungsträger zuständig, der den Herstellungsbescheid erlassen hat.

3. Die Anhörung des Betroffenen kann noch im Widerspruchsverfahren nachgeholt werden mit der Folge, daß der Mangel der zunächst unterbliebenen Anhörung geheilt ist und als nicht vorhanden und der Bescheid mit seinem ursprünglichen Inhalt als mangelfrei gilt (vgl BSG vom 27.1.1981 5b/5 RJ 56/80 = SozR 1200 § 34 Nr 14 S 62).

4. Eine vor Erlaß des Eingriffsaktes unterbliebene Anhörung des Betroffenen ist im Klageverfahren (vgl BSG vom 27.1.1981 5b/5 RJ 56/80 = SozR 1200 § 34 Nr 14 S 62) oder im Berufungsverfahren (vgl BSG vom 6.12.1978 8 RU 108/77 = BSGE 47, 249, 253) nicht mehr nachholbar.

5. Die Vorschriften über die Glaubhaftmachung von Versicherungs- und Beschäftigungszeiten können weder unmittelbar noch entsprechend für den Nachweis angewendet werden, daß ein Leistungsanspruch erhoben und nicht befriedigt worden ist (BSG vom 25.10.1956 4 RJ 312/55 = SozR Nr 2 zu § 4 FRG). Das gilt nicht nur für einen Rentenanspruch, sondern in gleicher Weise auch für die Beitragserstattung.

 

Normenkette

SGG § 77 Fassung: 1953-09-03, § 96 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03; SGB 10 § 24 Abs. 1 Fassung: 1980-08-18; VuVO §§ 1, 10; SGB 10 § 44 Abs. 3, § 45 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 16.03.1984; Aktenzeichen L 1 An 47/83)

SG Hannover (Entscheidung vom 22.02.1983; Aktenzeichen S 1 An 442/79)

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf eine anderweitige Berechnung des ihr bewilligten Altersruhegeldes unter Berücksichtigung zusätzlicher Versicherungszeiten.

Die am 19. April 1919 geborene Klägerin war ausweislich ihres Arbeitsbuches in der Zeit vom 4. April 1935 bis 19. September 1942 bei verschiedenen Arbeitgebern in Thüringen als Arbeiterin beschäftigt. Am 23. August 1941 schloß sie ihre erste Ehe. Nach Ende des Krieges war sie von Januar 1947 bis Dezember 1950 erneut in Thüringen berufstätig. Im Januar 1951 siedelte sie nach Berlin (West) und später in das Bundesgebiet über. Hier war sie zuletzt angestelltenversicherungspflichtig beschäftigt.

In einer mit "Bescheid" überschriebenen und am 3. Dezember 1957 wegen der "in Verlust geratenen Unterlagen zur früheren Invalidenversicherung" ausgefertigten Feststellungskarte der während des erstinstanzlichen Verfahrens beigeladenen Landesversicherungsanstalt (LVA) Hannover wurde formularmäßig ausgeführt, die auf der Rückseite dieses Bescheides eingetragenen Versicherungszeiten (Beitragszeiten und Ersatzzeiten) seien glaubhaft gemacht. Die glaubhaft gemachten Versicherungszeiten würden im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen angerechnet und bei der Rentenberechnung im Leistungsfalle nach den dann hierfür geltenden Vorschriften berücksichtigt. Die mit diesem Bescheid getroffenen Feststellungen verlören ihre Rechtswirkungen, sobald und soweit die amtlichen Versicherungsunterlagen oder sonstige amtliche Unterlagen, aus denen sich die Unrichtigkeit der in diesem Bescheid getroffenen Feststellungen ergebe, aufgefunden oder zugänglich würden. Auf der Rückseite der Feststellungskarte wurden als Beitragszeiten (Zeiten versicherungspflichtiger Tätigkeit) die Berufstätigkeiten der Klägerin während des Zeitraums vom 4. April 1935 bis 19. September 1942 aufgeführt.

Im Oktober 1978 beantragte die Klägerin die Bewilligung des so gen. Arbeitslosen-Altersruhegeldes bei der Beklagten. Auf deren Anforderung von Versicherungsunterlagen für die Zeit bis zum 8. Mai 1945 teilte der Bezirksvorstand Berlin des "Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes" (FDGB) der DDR am 28. November 1978 mit, die Quittungskarten Nrn 1 bis 6 und 7 seien am 27. November 1942 "zum Erstattungsantrag verausgabt" worden.

Mit Bescheid vom 31. Mai 1979 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit ab 1. Mai 1979 vorzeitiges Altersruhegeld. Dabei lehnte sie die Wiederherstellung der Beitragsunterlagen für die Zeit vom 4. April 1935 bis 19. September 1942 ab, weil die Beiträge erstattet worden seien. Auf den Widerspruch der Klägerin holte die Beklagte eine weitere Auskunft des FDGB vom 4. September 1979 ein. Danach würden in dem Archiv der früheren LVA Thüringen keine Versicherungsunterlagen aufbewahrt. Aus einer noch vorhandenen Karteikarte gehe lediglich hervor, daß für die Versicherte ein Antrag auf Erstattung der Beiträge infolge Heirat vorliege und die Quittungskarten Nrn 1 bis 6 und Nr 7 am 27. November 1942 herausgegeben worden seien. Ob jemals eine Erstattung der Beiträge erfolgt sei sowie die Anzahl der Beiträge und die Höhe des erstatteten Betrages könnten nicht mehr geklärt werden, weil die Unterlagen über frühere Beitragserstattungen durch die Kriegsereignisse in Verlust geraten seien. Mit Bescheid vom 13. November 1979 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.

Während des anschließenden Klageverfahrens hat die beigeladene LVA mit Bescheid vom 23. Dezember 1981 ihren "Wiederherstellungsbescheid" vom 3. Dezember 1957 unter Hinweis auf den darin enthaltenen Vorbehalt aufgehoben. Die Klägerin hat daraufhin zusätzlich beantragt, auch den Bescheid der Beigeladenen vom 23. Dezember 1981 aufzuheben. Das Sozialgericht (SG) Hannover hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 22. Februar 1983).

Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen das Urteil des SG aufgehoben, den Altersruhegeldbescheid der Beklagten vom 31. Mai 1979 geändert, den Widerspruchsbescheid vom 13. November 1979 und den Bescheid der Beigeladenen vom 23. Dezember 1981 aufgehoben sowie die Beklagte verurteilt, das Altersruhegeld der Klägerin unter zusätzlicher Berücksichtigung glaubhaft gemachter Beitragszeiten (5/6-Kürzung) vom 4. April 1935 bis 12. November 1938, vom 14. November 1938 bis 11. Juli 1941 und vom 14. Juli 1941 bis 19. September 1942 der Leistungsgruppe 2 der Anlage 1 A zur Versicherungsunterlagen-Verordnung -VuVO- (Arbeiter außerhalb der Land- und Forstwirtschaft) neu zu berechnen (Urteil vom 16. März 1984). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt:

Der Bescheid der Beigeladenen vom 23. Dezember 1981 sei in entsprechender Anwendung des § 96 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden. Der Bescheid der Beigeladenen vom 3. Dezember 1957 sei aufgrund der Vorschriften über die Wanderversicherung nach Begründung einer Pflichtversicherung der Klägerin in der Angestelltenversicherung auch für die Beklagte verbindlich geworden. Durch seine Aufhebung mit Bescheid der Beigeladenen vom 23. Dezember 1981 sei die von der Beklagten ausgesprochene Ablehnung, Beiträge für die Zeit von April 1935 bis September 1942 anzurechnen bzw insoweit Beitragsunterlagen wiederherzustellen, zwar nicht abgeändert oder ersetzt, sondern unterstützt bzw bestätigt worden. Gleichwohl erfordere dieser innere und unmittelbare Sachzusammenhang, den im Interesse der Prozeßwirtschaftlichkeit weit auszulegenden § 96 Abs 1 SGG hier entsprechend anzuwenden und im anhängigen Rechtsstreit über den Aufhebungsbescheid vom 23. Dezember 1981 mitzuentscheiden. Dieser Bescheid sei rechtswidrig. Vor seinem Erlaß habe die Beigeladene der Klägerin entgegen § 24 Abs 1 des Sozialgesetzbuchs, Zehntes Buch, Verwaltungsverfahren (SGB 10) vom 18. August 1980 (BGBl I S 1469) nicht die Gelegenheit der Äußerung zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen gegeben. Der Bescheid vom 23. Dezember 1981 verstoße außerdem gegen die Zuständigkeitsregelung des § 45 Abs 5 in Verbindung mit § 44 Abs 3 SGB 10. Er habe nur von der Beklagten und nicht von der Beigeladenen erlassen werden dürfen. Auch aus sachlichen Gründen sei er nicht rechtens. Auf den Bescheid vom 3. Dezember 1957 seien grundsätzlich die Vorschriften über die Rücknahme bzw Aufhebung von Verwaltungsakten anzuwenden. Eine Aufhebung wegen wesentlicher Änderung der rechtlichen Verhältnisse nach § 48 Abs 1 SGB 10 sei nicht zu rechtfertigen. Zwar sei rechtliche Grundlage für Feststellungen der im Bescheid vom 3. Dezember 1957 getroffenen Art seit dem 1. Januar 1959 die VuVO vom 3. März 1960 (BGBl I S 137). Hinsichtlich der durch die VuVO gegenüber den rechtlichen Verhältnissen vor ihrem Inkrafttreten bewirkten Änderungen - Maßgeblichkeit der ausgeübten Beschäftigungen für die Zuordnung von Beiträgen und Arbeitsentgelten nach Maßgabe bestimmter Tabellenwerte, Anrechnung nur glaubhaft gemachter Beitragszeiten zu 5/6 - enthalte der Bescheid vom 3. Dezember 1957 jedoch keine gegenteiligen Feststellungen. Eine Rücknahme des Bescheides vom 3. Dezember 1957 nach § 45 Abs 1 SGB 10 sei ungeachtet seiner etwaigen Rechtswidrigkeit schon nach Abs 3 der Vorschrift ausgeschlossen. Der Bescheid sei ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Er habe Beitragszeiten der Klägerin in der Arbeiterrentenversicherung und damit einen für die künftige Leistungsgewährung maßgeblichen Tatbestand im voraus festgestellt. Der Gegenstand dieser Feststellung habe im Hinblick auf die aus den zurückgelegten Beitragszeiten später resultierenden gesetzlichen Leistungen Dauerwirkung. Diese ergebe sich auch aus der Regelung des Bescheides, daß die festgestellten Versicherungszeiten im künftigen Leistungsfall nach den dann geltenden Vorschriften angerechnet und berücksichtigt würden. Wegen des Verstreichens von mehr als 10 Jahren seit seinem Erlaß könne der Bescheid vom 3. Dezember 1957 nach § 45 Abs 3 Satz 3 Nr 1 SGB 10 nicht mehr zurückgenommen werden. Dasselbe gelte für eine Rücknahme nach Nr 2 der Vorschrift. Zwar müsse der Vorbehalt im Bescheid vom 3. Dezember 1957 unter der Geltung des SGB 10 als Widerrufsvorbehalt im Sinne der § 32 Abs 2, § 45 Abs 3 Satz 3 Nr 2 des Gesetzes aufgefaßt werden. Wegen Zeitablaufs von mehr als 10 Jahren vermöge er jedoch die Rücknahme des Bescheides nicht mehr zu stützen. Eine - zeitlich unbeschränkte - Aufhebung aufgrund des § 45 Abs 3 Satz 2 SGB 10 sei ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Ein Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 580 der Zivilprozeßordnung (ZPO) liege nicht vor. In Betracht komme allein der Restitutionsgrund des § 580 Nr 7 Buchst b) ZPO. Den Anforderungen dieser Vorschrift genügten die Auskünfte des FDGB nicht. Zwar handele es sich bei der darin erwähnten Karteikarte mit dem Vermerk, daß die Quittungskarten zu einem Antrag auf Beitragserstattung aus Anlaß der Eheschließung herausgegeben worden seien, um eine Urkunde. Zweifelhaft sei jedoch, ob deren Vorhandensein beim FDGB den Tatbestand des "Auffindens" oder der "Benutzung" der bisher unbekannten Urkunde erfülle. Hierfür müsse die Möglichkeit zumindest ihrer Überprüfung bestehen. Nicht genügend sei die Erteilung einer Auskunft über den Inhalt der Urkunde, wenn diese selbst nicht zugänglich gemacht worden sei. Auch fehle es an der weiteren Voraussetzung, daß sich der Nachweis der maßgeblichen Tatsache - hier der tatsächlich durchgeführten Erstattung der für die Klägerin in der Zeit von April 1935 bis September 1942 entrichteten Beiträge - aus der Urkunde selbst ergebe. Die Auskünfte des FDGB über den Inhalt des Vermerks auf der dort vorhandenen Stellkarte ergäben allenfalls Anhaltspunkte für ein anhängig gewesenes Erstattungsverfahren. Den Nachweis einer Beitragserstattung erbrächten sie nicht. Der Bescheid der Beigeladenen vom 23. Dezember 1981 sei nach alledem rechtswidrig und aufzuheben. Damit stehe der Klägerin das Recht zur Anrechnung der im Bescheid vom 3. Dezember 1957 aufgeführten Beitragszeiten auf ihr Altersruhegeld zu. Dieser Bescheid stelle eine Ersatzurkunde für verlorengegangene Versicherungskarten und Aufrechnungsbescheinigungen dar. Gegenüber einem solchen Bescheid könne geltend gemacht werden, daß die Beiträge zwischen der Aufrechnung der Versicherungskarten und der Ausstellung der Ersatzurkunde anläßlich der Heirat einer Versicherten erstattet worden seien. Eine tatsächlich durchgeführte Erstattung der bis September 1942 entrichteten Beiträge an die Klägerin sei jedoch nicht nachgewiesen. Unterlagen, an welche die Vermutung einer durchgeführten Heiratserstattung geknüpft werden könnten, seien nicht vorhanden und würden auch beim FDGB Berlin nicht verwahrt. Die dort nur noch vorhandene Karteikarte der LVA Thüringen ergebe lediglich die Herausgabe der Quittungskarten zu einem Heiratserstattungsantrag, vermöge aber selbst in Verbindung mit dem Fehlen der entsprechenden Versicherungskarten den Nachweis einer tatsächlich durchgeführten Beitragserstattung nicht zu erbringen. Das gehe zu Lasten der Beklagten. Sie habe der Klägerin die aus dem Bescheid vom 3. Dezember 1957 folgenden Rechte einzuräumen und die darin aufgeführten Beschäftigungszeiten als glaubhaft gemachte Beitragszeiten nach näherer Maßgabe der VuVO bei der Berechnung des Altersruhegeldes zusätzlich zu berücksichtigen.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte Verletzungen des § 1309a der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der Fassung der Verordnung zur Anpassung der Reichsversicherungsgesetze an das Zweite Gesetz über die Verbesserung der Leistungen in der Rentenversicherung vom 22. Juni 1942 (RGBl I S 411) (im folgenden: RVO aF) und des § 45 Abs 3 SGB 10. Die materiellen Voraussetzungen einer Aufhebung des Bescheides der Beigeladenen vom 3. Dezember 1957 seien erfüllt. Der Versicherungsträger brauche nicht den Nachweis einer durchgeführten Beitragserstattung zu führen. Vielmehr müßten nach dem Grundsatz der Chancengleichheit vor Gericht im Falle eines kriegsbedingten Beweisnotstandes auch ihm die Beweiserleichterungen der § 1 Abs 1 Satz 1 und § 10 Abs 1 VuVO zugebilligt werden. Im Hinblick auf die beim FDGB vorliegende Karteikarte der LVA Thüringen sei es überwiegend wahrscheinlich, daß der Klägerin die bis zum 19. September 1942 entrichteten Beiträge erstattet worden seien. Die Beseitigung des Bescheides vom 3. Dezember 1957 stehe im Einklang mit dem geltenden Recht. Darauf, daß die Beigeladene zum Erlaß des Aufhebungsbescheides vom 23. Dezember 1981 nicht zuständig gewesen sei, komme es nicht an. Sie (die Beklagte) selbst habe durch ihren Rentenbescheid vom 31. Mai 1979 die Wiederherstellung von Beitragsunterlagen für die Zeit von April 1935 bis September 1942 abgelehnt. In dieser Ablehnung könne zugleich die Aufhebung des Bescheides vom 3. Dezember 1957 gesehen werden. Diese Aufhebung sei zwar ohne vorherige Anhörung der Klägerin erfolgt. Der Mangel sei aber durch die Anhörung im nachfolgenden Widerspruchsverfahren geheilt worden. Der Bescheid vom 3. Dezember 1957 habe rechtswirksam zurückgenommen werden können. § 45 Abs 3 SGB 10 habe dem nicht entgegengestanden. Ein Bescheid über die Vormerkung von Beitragszeiten sei kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Zwar stelle nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 16. Februar 1984 - 1 RA 15/83 - (BSGE 56, 165 = SozR 1300 § 45 Nr 6) ein Vormerkungsbescheid über beitragslose Zeiten einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar. Die Gründe des Urteils erweckten jedoch Zweifel, ob nicht letztlich die von der Dauerwirkung zu unterscheidende Bindungswirkung zu einem maßgebenden Kriterium für die Charakterisierung eines Vormerkungsbescheides als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung gemacht worden sei. Dies könne nicht richtig sein. Das wesentliche Charakteristikum eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bestehe darin, daß er über seinen Erlaß hinaus weitere Auswirkungen zeitige, auf Dauer berechnet, dh beabsichtigt sei und somit darauf zielen müsse, tatsächliche oder rechtliche Folgen zu wiederholen. Der entscheidende Gesichtspunkt bei der Abgrenzung zum Verwaltungsakt ohne Dauerwirkung sei, daß mit dem Erlaß eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung beabsichtigt sei, ein "mehrmaliges Geschehen" in Form einer tatsächlichen oder rechtlichen Folge eintreten zu lassen, wobei es nicht darauf ankomme, ob diese Folgen auch wirklich einträten. Unter Zugrundelegung dieser Auffassung stellten Vormerkungsbescheide Verwaltungsakte ohne Dauerwirkung dar. Sie erzeugten über ihren Erlaß hinaus keine sich wiederholenden tatsächlichen oder rechtlichen Folgen. Erst im Rentenfalle würden die in ihnen festgestellten Zeiten als Elemente der Rentenberechnung Teil eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung. § 45 Abs 3 SGB 10 habe somit der Rücknahme des Bescheides vom 3. Dezember 1957 nicht entgegengestanden. Selbst wenn dieser aber ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung sei, könne sie (Beklagte) gleichwohl Leistungen aus den erstatteten Beiträgen verweigern. Ersatzbescheinigungen stünden einer Aufrechnungsbescheinigung im Sinne des § 145 Abs 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) gleich. Deren Beanstandungsschutz erstrecke sich nicht darauf, daß der Versicherungsträger eine Erstattung der Beiträge zwischen der Aufrechnung der Versicherungskarte und der Ausstellung der Ersatzbescheinigung nicht mehr geltend machen könne. Dasselbe müsse bei Kontenergänzungsbescheiden gemäß § 135 AVG oder Wiederherstellungsbescheiden nach § 11 VuVO gelten. Das widerspreche nicht dem § 45 Abs 3 SGB 10. Denn bei Vorliegen von Wiederaufnahmegründen gemäß § 580 ZPO könne ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ohne jede zeitliche Begrenzung aufgehoben werden. Im vorliegenden Fall sei, obgleich die Auskünfte des FDGB keine "andere Urkunde" darstellten und die in den Auskünften erwähnte Urkunde (Stellkarte) eine Beitragserstattung nur überwiegend wahrscheinlich mache, gleichermaßen als Reflex auf die Beweiserleichterungen des § 10 Abs 1 VuVO § 580 Nr 7 Buchst b) ZPO entsprechend anzuwenden.

Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 16. März 1984 die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 22. Februar 1983 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Revision für unzulässig, weil deren telegrafische Einlegung nicht die Beklagte als Urheberin des Rechtsmittels erkennen lasse. Dieses sei auch unbegründet. Die Beweiserleichterung des § 1 Abs 1 VuVO gelte für den Versicherungsträger nicht. Deshalb setze eine von ihm behauptete Beitragserstattung den Nachweis der Auszahlung des Erstattungsbetrages voraus. Dieser Nachweis sei nach der nicht angegriffenen Beweiswürdigung des LSG nicht erbracht. Deshalb habe weder die Beigeladene noch die Beklagte den Bescheid vom 3. Dezember 1957 aufheben dürfen. Die Beklagte habe ihn auch nicht aufgehoben. Dies müsse ausdrücklich und dürfe nicht durch schlichtes Verwaltungshandeln in Form der Nichtberücksichtigung vorher durch Bescheid festgestellter Beitragszeiten geschehen. Außerdem könne der Bescheid vom 3. Dezember 1957 nicht mehr aufgehoben werden. Durch Feststellung der für die Rentenhöhe maßgebenden Beitragszeiten begründe er ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis. An der Dauerwirkung ändere nichts, daß die Feststellungen im Vormerkungsbescheid nach der zur Zeit seines Erlasses bekannten Beweislage getroffen würden. Das sei zB auch bei Rentenbescheiden der Fall. Die Beklagte sei auch dann nicht zur Verweigerung von Leistungen aus dem Bescheid vom 3. Dezember 1957 berechtigt, wenn sie die Beitragserstattung geltend machen könnte. Das durch den Bescheid begründete Recht auf Berücksichtigung zurückgelegter Beitragszeiten dürfe nur unter den in § 45 SGB 10 abschließend genannten Voraussetzungen wieder entzogen werden.

Die Beigeladene stellt denselben Sachantrag wie die Beklagte und ist unter Hinweis auf deren Ausführungen ebenfalls der Meinung, daß der Bescheid vom 3. Dezember 1957 kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung sei und entsprechend der materiellen Rechtslage unter Anwendung des § 580 Nr 7 Buchst b) ZPO habe zurückgenommen werden dürfen.

 

Entscheidungsgründe

Die durch Zulassung statthafte Revision der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere mit dem vor Ablauf der Revisionsfrist (§ 164 Abs 1 Satz 1 SGG) beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangenen Telegramm formgerecht (§ 164 Abs 1 Satz 2 SGG) eingelegt worden. Zwar ist in diesem Telegramm nicht ausdrücklich die Beklagte als Revisionsklägerin benannt worden. Auch wenn § 164 Abs 1 Satz 2 SGG als Inhalt der Revisionsschrift lediglich die Angabe des angefochtenen Urteils verlangt, muß aus ihr zusätzlich hervorgehen, wer Revisionskläger ist, und dieser richtig bezeichnet sein. Dabei genügt aber, wenn die innerhalb der Revisionsfrist eingereichten Unterlagen dem Rechtsmittelgericht einen eindeutigen Schluß auf die Person des Rechtsmittelführers ermöglichen (BSGE 50, 59, 60 = SozR 1500 § 164 Nr 16 S 27 f). Das ist hier der Fall. Das Telegramm ist in Berlin aufgegeben und in seinem Text die "BfA" ausdrücklich als Beteiligte genannt worden. Der Name, mit dessen Zeichnung das Telegramm abgeschlossen worden ist, ist jedenfalls für die Richter der mit Angelegenheiten der Angestelltenversicherung befaßten Senate des BSG eindeutig der des im Dienste der Beklagten stehenden Verwaltungsdirektors gewesen, der zum damaligen Zeitpunkt Leiter der Rechtsmittelabteilung und mit Generalvollmacht versehener ständiger Sitzungsvertreter der Beklagten gewesen ist. Damit hat diese allein anhand des Telegramms als Rechtsmittelklägerin festgestellt werden können.

In der Sache ist die Revision der Beklagten unbegründet. Sie hat bei der Berechnung des Altersruhegeldes der Klägerin die im Bescheid der Beigeladenen vom 3. Dezember 1957 aufgeführten Beitragszeiten rentensteigernd zu berücksichtigen. Das hat das Berufungsgericht zutreffend entschieden.

Der Jahresbetrag des Altersruhegeldes ist für jedes anrechnungsfähige Versicherungsjahr 1,5 vH der für den Versicherten maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage (§ 31 Abs 1 AVG). Bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre werden ua die auf die Wartezeit anzurechnenden Versicherungszeiten berücksichtigt (§ 35 Abs 1 AVG). Zu diesen Versicherungszeiten gehören Zeiten, für die nach Bundesrecht oder früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Angestelltenversicherung bzw der reichsgesetzlichen Invalidenversicherung Beiträge wirksam entrichtet sind oder als entrichtet gelten (Beitragszeiten) (§ 27 Abs 1 Buchst a AVG; § 1250 Abs 1 Buchst a RVO). Die im Bescheid der Beigeladenen vom 3. Dezember 1957 ausgewiesenen Zeiten versicherungspflichtiger Beschäftigungen der Klägerin innerhalb des Zeitraums zwischen dem 4. April 1935 und dem 19. September 1942 sind im Sinne der genannten Vorschriften Beitragszeiten.

Das ergibt sich mit bindender Wirkung auch für die Rentenfeststellung durch die Beklagte aus dem Bescheid der Beigeladenen vom 3. Dezember 1957. Gemäß § 11 Abs 1 VuVO können nach Maßgabe der §§ 1 bis 10 VuVO Versicherungsunterlagen auch außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens wiederhergestellt werden; auf Antrag des Versicherten sind sie wiederherzustellen. Ebenso können außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens nach Maßgabe des Fremdrentengesetzes (FRG) vom 25. Februar 1960 (BGBl I S 93) auch Versicherungsunterlagen für Zeiten hergestellt werden, die nach dem FRG anrechenbar sind; auf Antrag des Versicherten (Beschäftigten) sind sie herzustellen (§ 11 Abs 2 VuVO). Solcherart erlassene Bescheide sind der Bindung fähig. Die Bindungswirkung des § 77 SGG erstreckt sich auch auf außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens ergangene Bescheide, wobei allerdings nur der Verfügungssatz bindend werden kann (BSG SozR 5070 § 14 Nr 10 S 29; zur Bindungswirkung feststellender Verwaltungsakte auch BSG SozR 7860 § 10 Nr 2 S 5). Demgemäß ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Eintragung beitragsloser Zeiten (Ersatz- und Ausfallzeiten) in die Versicherungskarte oder die in sonstiger Weise erfolgende "Vormerkung" (Anerkennung, Feststellung) derartiger Zeiten ein feststellender Verwaltungsakt, der nach § 77 SGG für die Beteiligten in der Sache bindend wird (BSGE 31, 226, 229 f = SozR Nr 1 zu § 1412 RVO; BSGE 49, 258, 261 = SozR 2200 § 1251 Nr 75 S 196; BSGE 55, 181, 182 = SozR 5070 § 1 Nr 4 S 2 f; jeweils mwN). Ebenso stellen die außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens nach § 11 VuVO erlassenen Wiederherstellungsbescheide feststellende Verwaltungsakte dar, mit denen der Versicherungsträger gesetzliche Tatbestandsmerkmale einer künftigen Leistungsgewährung ausnahmsweise im voraus feststellt. Ihr der Bindung fähiger Verfügungssatz umfaßt gerade die in dem Bescheid aufgeführten Versicherungszeiten (Urteil des erkennenden Senats vom 30. September 1969 - 1 RA 227/68 -, Hinweis in DRV 1970, 143; BSGE 32, 110, 112 = SozR Nr 1 zu § 11 VuVO; BSGE 46, 236, 238 = SozR 1500 § 77 Nr 29 S 25 f).

Eine derartige Bindungswirkung hat auch der Bescheid der Beigeladenen vom 3. Dezember 1957. Allerdings ist er nicht aufgrund des § 11 VuVO erlassen worden. Er ist vor Inkrafttreten der VuVO (1. Januar 1959; § 23 VuVO) und somit noch unter der Herrschaft des bis zum 31. Dezember 1958 geltenden Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes vom 7. August 1953 (BGBl I S 848; = FAG) ergangen. Das FAG hat eine dem § 11 Abs 1 und 2 VuVO entsprechende Regelung über die Wiederherstellung von Versicherungsunterlagen außerhalb eines Leistungsfeststellungsverfahrens nicht enthalten. Gleichwohl hat, wie durch den Bescheid der Beigeladenen vom 3. Dezember 1957 bestätigt wird, zur Ausfüllung einer erst durch § 11 VuVO geschlossenen Regelungslücke ersichtlich eine entsprechende Verwaltungspraxis der Rentenversicherungsträger bestanden. Die so ergangenen Bescheide können hinsichtlich ihrer Bindungswirkung nicht anders als die gemäß § 11 Abs 1 und 2 VuVO erlassenen Wiederherstellungsbescheide behandelt werden. Damit ist die Anerkennung von Versicherungszeiten auch in einem unter der Geltung des FAG ergangenen Bescheid nach näherer Maßgabe des § 77 SGG bindend (BSG SozR Nr 90 zu § 77 SGG; BSG SozR 5745 § 3 Nr 2 S 6).

Die Bindungswirkung des Bescheides der Beigeladenen vom 3. Dezember 1957 erstreckt sich auch auf die Beklagte. Zwar wird nach § 77 SGG ein Verwaltungsakt nach Unanfechtbarkeit nur "für die Beteiligten" in der Sache bindend. "Beteiligte" des durch den Bescheid der Beigeladenen vom 3. Dezember 1957 und den ihm vorausgegangenen Antrag der Klägerin begründeten Sozialrechtsverhältnisses sind allein die Klägerin und die Beigeladene. Indes beschränkt sich der Kreis der Beteiligten nicht stets auf den den Verwaltungsakt erlassenden Sozialleistungsträger und den Adressaten des Verwaltungsakts. Beteiligter ist vielmehr jeder, den "die Sache", die durch den Verwaltungsakt geregelt wird, unmittelbar betrifft, dh in dessen Rechtssphäre der Verwaltungsakt eingreift. Unbeschadet dessen, ob der Verwaltungsakt ausdrücklich an sie gerichtet worden ist, sind alle der Sache nach davon Betroffenen Beteiligte im Sinne des § 77 SGG (so für den Rentenversicherungsträger bezüglich der Entscheidung der Krankenkasse als Einzugsstelle über das Bestehen oder das Nichtbestehen von Versicherungs- und Beitragspflicht BSGE 15, 118, 122 = SozR Nr 1 zu § 1399 RVO und daran anschließend BSGE 22, 157, 158 = SozR Nr 7 zu § 1399 RVO sowie BSG USK 81234). Unter Heranziehung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall hinsichtlich der Bindungswirkung des Bescheides der Beigeladenen vom 3. Dezember 1957 auch die Beklagte als "Beteiligte" im Sinne des § 77 SGG anzusehen. Dies ergibt sich aus den Vorschriften der Wanderversicherung. Sie gelten für einen Versicherten der Rentenversicherung der Angestellten, der Rentenversicherung der Arbeiter oder der knappschaftlichen Rentenversicherung, für den auch Beiträge zu einem oder mehreren der anderen genannten Versicherungszweige wirksam entrichtet sind (§ 87 AVG; § 1308 RVO). Bei diesen Versicherten ist für die Feststellung und Zahlung der Leistung der Träger des Versicherungszweiges zuständig, an den der letzte Beitrag entrichtet ist (§ 90 Abs 1 Satz 1 AVG; § 1311 Abs 1 Satz 1 RVO). Er hat beim Eintritt des Versicherungsfalles die Leistung als Gesamtleistung zu berechnen und festzustellen, dabei die in der Rentenversicherung der Angestellten und in der Rentenversicherung der Arbeiter zurückgelegten Versicherungszeiten, soweit sie nicht auf dieselbe Zeit entfallen (speziell dazu BSGE 20, 260, 261 f = SozR Nr 1 zu § 1310 RVO), zusammenzurechnen und aus den danach anzurechnenden Zeiten eine einheitliche Leistung zu gewähren (§ 89 AVG, § 1310 RVO, jeweils Abs 2 und Abs 4 Sätze 1 und 3). Der für die Feststellung und Zahlung der Leistung an einen Wanderversicherten zuständige Leistungsträger hat somit, jedenfalls soweit es sich um die beiden Versicherungszweige der Angestelltenversicherung und der Rentenversicherung der Arbeiter handelt, auch die in dem jeweils anderen Versicherungszweig zurückgelegten Versicherungszeiten zu berücksichtigen. Sind aber diese Versicherungszeiten mit bindender Wirkung für den Leistungsträger des anderen Versicherungszweiges in einem Wiederherstellungsbescheid festgestellt worden, so muß sich dessen Bindungswirkung auch auf den für die Gewährung der Leistung zuständigen Leistungsträger erstrecken. Zweck des Wiederherstellungsbescheides ist es, gerade im Hinblick auf die zukünftige Leistungsgewährung - und damit bindend für den potentiell leistungspflichtigen Versicherungsträger - vorab einzelne ihrer gesetzlichen Tatbestandsmerkmale festzustellen. Es würde diesem Zweck widersprechen und zudem zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Schlechterstellung des Wanderversicherten gegenüber dem durchgängig nur in einem Versicherungszweig Versicherten führen, wenn der von dem Träger eines anderen Versicherungszweiges erlassene und für ihn bindende Wiederherstellungsbescheid nicht in gleicher Weise den leistungspflichtigen Träger binden würde. Auch in dessen Rechtssphäre wird vom Zeitpunkt der Begründung seiner Leistungszuständigkeit an insoweit eingegriffen, als er die im anderen Versicherungszweig zurückgelegten Versicherungszeiten anzurechnen hat. Das begründet seine Eigenschaft eines "Beteiligten" im Sinne des § 77 SGG. Für Bescheide nach § 11 VuVO ist dies seit dem 1. Juli 1965 ausdrücklich geregelt (vgl § 11 Abs 3 VuVO in der Fassung der Verordnung vom 22. Dezember 1965; BGBl I S 2139).

Der demnach auch für die Beklagte bindende Wiederherstellungsbescheid vom 3. Dezember 1957 ist weder von ihr noch rechtswirksam von der Beigeladenen zurückgenommen worden.

Unbeschadet der in diesem Zusammenhang nicht erheblichen Frage der Zuständigkeit kann eine Rücknahme seitens der Beklagten entgegen deren Ansicht insbesondere nicht darin gesehen werden, daß sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides vom 31. Mai 1979 die Wiederherstellung der Beitragsunterlagen für die Zeit vom 4. April 1935 bis 19. September 1942 wegen Erstattung der Beiträge abgelehnt hat. Mit dieser Ablehnung ist jedenfalls ausdrücklich eine Aufhebung des Bescheides vom 3. Dezember 1957 nicht erklärt worden. Das schließt allerdings nicht aus, daß die Beklagte dennoch eine solche Aufhebung hat aussprechen wollen. Ebenso wie Willenserklärungen des privaten Rechts unterliegen auch öffentlich-rechtliche Erklärungen und insbesondere Verwaltungsakte der Auslegung. Dabei kommt es auf den erklärten, dh den zum Ausdruck gekommenen Willen der den Verwaltungsakt erlassenden Stelle und darauf an, wie der Erklärungsempfänger nach den Umständen des Einzelfalles die Erklärung bei verständiger Würdigung zu deuten hatte. Maßgebend ist nicht, was die Verwaltung mit ihrer Erklärung gewollt hat, sondern wie der Adressat der Erklärung sie hat verstehen dürfen (BSGE 44, 114, 118 f = SozR 2200 § 886 Nr 1 S 6; BSGE 48, 56, 58 f = SozR 2200 § 368a Nr 5 S 10). Die Klägerin hat die im Bescheid vom 31. Mai 1979 gegebene Begründung für die Nichtberücksichtigung einer Versicherungszeit vom 4. April 1935 bis 19. September 1942 nicht dahin verstehen können, daß damit die Beklagte den Bescheid der Beigeladenen vom 3. Dezember 1957 aufgehoben hat. Vielmehr läßt die Begründung bei verständiger Würdigung in gleicher Weise den Schluß zu, daß sich die Beklagte ungeachtet des Bescheides vom 3. Dezember 1957 und somit auch ohne dessen formelle Aufhebung zur Außerachtlassung der darin festgestellten Versicherungszeiten für berechtigt gehalten hat. Das muß um so mehr gelten, als der Bescheid vom 3. Dezember 1957 von der Beigeladenen erlassen worden und für die Klägerin nicht ohne weiteres ersichtlich gewesen ist, daß die Beklagte den Bescheid eines anderen Versicherungsträgers aufzuheben berechtigt gewesen ist und hat aufheben wollen. Seitens der Beklagten ist nach alledem eine Aufhebung (Rücknahme) des Bescheides vom 3. Dezember 1957 nicht erfolgt.

Hingegen hat die Beigeladene ihren Wiederherstellungsbescheid durch den Bescheid vom 23. Dezember 1981 aufgehoben. Dieser Aufhebungsbescheid ist aber rechtswidrig.

Dies zu prüfen und zu entscheiden ist der Senat befugt. Der Bescheid der Beigeladenen vom 23. Dezember 1981 ist, wie das LSG zutreffend erkannt hat, gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Nach dieser Vorschrift wird, wenn nach Klageerhebung der Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt wird, auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist bei der Anwendung der Begriffe "abgeändert oder ersetzt" § 96 Abs 1 SGG nicht eng auszulegen. Unter Berücksichtigung der für die Vorschrift maßgebenden Grundgedanken der Prozeßökonomie durch ein schnelles und zweckmäßiges Verfahren und der Vermeidung divergierender gerichtlicher Entscheidungen sowie zum Schutze des Betroffenen vor möglichen Rechtsnachteilen, wenn er im Vertrauen auf den schon eingelegten Rechtsbehelf weitere Schritte gegen den neuen Bescheid unterläßt, ist jedenfalls eine entsprechende Anwendung des § 96 Abs 1 SGG bereits dann gerechtfertigt und geboten, wenn der neue Verwaltungsakt aufgrund derselben Rechtsverhältnisse wie der ursprünglich angefochtene Verwaltungsakt ergangen ist und den Streitstoff (den Prozeßstoff, das Prozeßziel) des bereits anhängigen Rechtsstreits beeinflussen bzw berühren kann. Das muß jedenfalls dann gelten, wenn die Einbeziehung des neuen Verwaltungsaktes in das Verfahren dem Willen der Beteiligten entspricht (vgl ua BSGE 47, 168, 170 = SozR 1500 § 96 Nr 13 S 20; BSGE 50, 88, 90, jeweils mwN). Unter dieser Voraussetzung wird zB ein Rentenbescheid, der während eines Vormerkungs-, Herstellungs- oder Wiederherstellungsverfahrens erlassen worden ist, regelmäßig Gegenstand des deswegen anhängigen Rechtsstreits (vgl BSGE 47, 168, 171 = SozR 1500 § 96 Nr 13 S 20 f; BSGE 48, 100, 101; BSG SozR 1500 § 96 Nr 18 S 27 f und § 53 Nr 2 S 4; BSGE 53, 40 = SozR 2200 § 1251 Nr 92 S 246 f; Urteil vom 3. Oktober 1984 - 5b RJ 96/83 -). Das muß auch für den umgekehrten Fall gelten, in dem im Verlaufe eines Rechtsstreits um die Rechtmäßigkeit eines Rentenbescheides ein Bescheid über die Aufhebung eines früheren Feststellungsbescheides ergangen ist. Dieser Aufhebungsbescheid ist ebenfalls geeignet, den Prozeßstoff des wegen des Rentenbescheides anhängigen Rechtsstreits zu beeinflussen. Im Falle seiner Rechtmäßigkeit würde der Aufhebungsbescheid zur Beseitigung der dem Versicherten durch den Feststellungsbescheid verschafften formalen Rechtsposition führen und damit zugleich den Rentenversicherungsträger in die Lage versetzen, ohne Rücksicht auf diese formale Rechtsposition des Versicherten dessen Rente festzustellen und zu berechnen. Das gebietet in entsprechender Anwendung des § 96 Abs 1 SGG eine Einbeziehung des Aufhebungsbescheides in den anhängigen Rentenrechtsstreit.

Dem steht nicht entgegen, daß der Bescheid vom 23. Dezember 1981 von der Beigeladenen, der angefochtene Rentenbescheid aber von der Beklagten erlassen worden ist. Zwar kann im allgemeinen ein Verwaltungsakt, den ein anderer als der beklagte Versicherungsträger erläßt, nur im Falle der Funktionsnachfolge in ein laufendes Verfahren einbezogen werden. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn ein beigeladener Versicherungsträger während des Rechtsstreits einen Verwaltungsakt erläßt, der den streitigen Anspruch betrifft. Angesichts der besonderen verfahrensrechtlichen Stellung des beigeladenen Versicherungsträgers muß dessen Bescheid nach dem Grundgedanken des § 96 Abs 1 SGG als mitangefochten gelten, auch wenn die Voraussetzungen der Vorschrift nicht unmittelbar erfüllt sind (BSGE 47, 201, 203 = SozR 1500 § 96 Nr 14 S 23 f; zur Einbeziehung des Bescheides eines beigeladenen Leistungsträgers ferner Urteile des BSG vom 24. Mai 1984 - 7 RAr 15/82 - und vom 27. Juni 1984 - 9b RU 76/83 -). Hiernach unterliegt im vorliegenden Rechtsstreit auch der Bescheid der Beigeladenen vom 23. Dezember 1981 der rechtlichen Überprüfung.

Sie ergibt, daß der Bescheid rechtswidrig ist. Diese Rechtswidrigkeit beruht allerdings nicht schon darauf, daß die Beigeladene für den Erlaß des Bescheides vom 23. Dezember 1981 nicht zuständig gewesen wäre. Dabei kann auf sich beruhen, welche Bedeutung hinsichtlich des Anspruchs auf Aufhebung eines Verwaltungsaktes eine Verletzung von Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit hat (vgl § 42 SGB 10). Eine solche Verletzung liegt nämlich nicht vor. Entgegen der Ansicht des LSG hat der Bescheid vom 23. Dezember 1981 nicht gegen die Zuständigkeitsregelung des § 45 Abs 5 in Verbindung mit § 44 Abs 3 SGB 10 verstoßen. Hiernach entscheidet über die Rücknahme eines rechtswidrigen (nicht begünstigenden oder begünstigenden) Verwaltungsaktes nach dessen Unanfechtbarkeit die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist. Das bedeutet, daß nach Unanfechtbarkeit des Bescheides die allgemeinen Regeln über die sachliche Zuständigkeit gelten und dann, wenn zwischenzeitlich für den Erlaß des ursprünglichen Bescheides eine andere Behörde zuständig geworden ist, diese auch über die Rücknahme entscheidet (Wiesner bei Schroeder-Printzen ua, Sozialgesetzbuch, Verwaltungsverfahren - SGB X, 1981, § 44, Anm 9). Für eine Rücknahme des Bescheides vom 3. Dezember 1957 ist die Beigeladene zuständig gewesen. Dies ergibt sich aus § 12 Buchst a), aa) VuVO. Danach ist außerhalb des Verfahrens zur Feststellung der Leistungen für die Herstellung von Versicherungsunterlagen in der Rentenversicherung der Arbeiter die LVA zuständig, in deren Bezirk der Versicherte zur Zeit der Antragstellung oder, falls das Verfahren von Amts wegen eingeleitet wird, zur Zeit der Einleitung des Verfahrens wohnt. Das ist im vorliegenden Fall die Beigeladene. Sie ist damit auch für die Rücknahme eines von ihr erlassenen Herstellungsbescheides zuständig. Diese Zuständigkeit wird nicht dadurch berührt, daß im Rahmen der Wanderversicherung die Beklagte zuständig ist "für die Feststellung und Zahlung der Leistung" an die Klägerin (§ 90 Abs 1 Satz 1 AVG). Zwar bezieht sich diese Zuständigkeitsvorschrift nicht allein auf Renten. Sie umfaßt alle Regelleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 12 AVG, § 1235 RVO) und begründet deswegen zB auch für eine Beitragserstattung die Zuständigkeit des Versicherungsträgers desjenigen Versicherungszweiges, zu dem der letzte Beitrag entrichtet worden ist (BSGE 11, 69, 70 ff). Möglicherweise schon die Erteilung eines Herstellungsbescheides, jedenfalls aber dessen Rücknahme stellt hingegen keine Leistung im Sinne des § 90 Abs 1 Satz 1 AVG dar. Deswegen bleibt für die Rücknahme derjenige Versicherungsträger zuständig, der den Herstellungsbescheid erlassen hat (vgl BSG SozR 1300 § 45 Nr 7 S 20 für die Aufhebung eines Beitragserstattungsbescheides). Das ist hier die Beigeladene.

Ihr Bescheid vom 23. Dezember 1981 ist somit unter Zuständigkeitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Er ist jedoch aus einem anderen Grunde rechtswidrig. Die Beigeladene hat die erforderliche Anhörung der Klägerin unterlassen.

Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (§ 24 Abs 1 SGB 10). Von der Anhörung kann in bestimmten, vom Gesetz enumerativ aufgezählten Ausnahmefällen (zur Enumeration der Aufzählung vgl BSG SozR 1200 § 34 Nr 9 S 44 mwN) abgesehen werden (§ 24 Abs 2 SGB 10).

Der Bescheid der Beigeladenen vom 23. Dezember 1981 ist im Sinne des § 24 Abs 1 SGB 10 ein Verwaltungsakt, der in die Rechte der Klägerin eingreift (vgl hierzu insbesondere BSG SozR 1200 § 34 Nr 8 S 36 ff). Mit diesem Bescheid ist der Herstellungsbescheid vom 3. Dezember 1957 und damit ein die Klägerin begünstigender Verwaltungsakt aufgehoben worden. Darin liegt ein Eingriff in die der Klägerin durch den Herstellungsbescheid eingeräumte Rechtsposition. Die Klägerin hätte somit vor Erlaß des Bescheides vom 23. Dezember 1981 angehört werden müssen. Das hat die Beigeladene versäumt.

Allerdings ist nach feststehender Rechtsprechung des BSG zu § 34 des Sozialgesetzbuchs, Erstes Buch, Allgemeiner Teil (SGB 1) vom 11. Dezember 1975 (BGBl I S 3015) in seiner bis zum 31. Dezember 1980 geltenden Fassung und zu dem damit wörtlich übereinstimmenden, ab 1. Januar 1981 geltenden § 24 SGB 10 unter bestimmten Voraussetzungen die Nachholung einer vor Erlaß eines Bescheides, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, unterbliebenen Anhörung zulässig. Die Vorschriften sollen die Anhörung des Betroffenen noch im Bereich der Sozialverwaltung gewährleisten und ihm die Möglichkeit sichern, auf das Verfahren der Sozialverwaltung und die in diesem Verfahren ergehende Entscheidung Einfluß zu nehmen. Hierdurch hat der Gesetzgeber neben der dem Betroffenen offenstehenden Möglichkeit der Einflußnahme auf das Verwaltungsverfahren und die darin ergehende Entscheidung ganz allgemein das Vertrauen zwischen Bürger und Sozialverwaltung stärken und die Stellung des Bürgers insbesondere durch den Schutz vor Überraschungsentscheidungen verbessern wollen. Dieses Vertrauensverhältnis kann auch noch insoweit gewahrt werden, als der Sozialleistungsträger die Anhörung des Betroffenen auf dessen Widerspruch durchführt. Das Widerspruchsverfahren gehört noch zum Organisations- und Verantwortungsbereich des Sozialleistungsträgers und ermöglicht so eine umfassende, auch die Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes einbeziehende und in Einzelfragen teilweise über die Nachprüfung durch die Gerichte hinausgehende Überprüfung. Deswegen kann die Anhörung des Betroffenen noch im Widerspruchsverfahren nachgeholt werden mit der Folge, daß der Mangel der zunächst unterbliebenen Anhörung geheilt ist und als nicht vorhanden und der Bescheid mit seinem ursprünglichen Inhalt als mangelfrei gilt (vgl zu alledem BSG SozR 1200 § 34 Nr 1 S 2 ff; BSGE 44, 207, 211 f = SozR aaO Nr 2 S 9; BSG SozR aaO Nr 4 S 20 f; BSGE 47, 249, 253 = SozR 5670 Anl 1 Nr 5101 Nr 3 S 5; BSG SozR 1200 § 34 Nr 7 S 32 f; Nr 12 S 55, Nr 13 S 57; Nr 14 S 62). Hingegen ist der Gesetzeszweck der § 34 Abs 1 SGB 1 und § 24 Abs 1 SGB 10 nicht mehr zu erreichen, wenn das Verfahren infolge Klageerhebung den Organisations- und Verantwortungsbereich des Sozialleistungsträgers verlassen hat und im Rechtszuge anhängig geworden ist. Deswegen ist eine vor Erlaß des Eingriffsaktes unterbliebene Anhörung des Betroffenen im Klageverfahren (vgl BSG SozR 1200 § 34 Nr 1 S 2 f; BSGE 44, 207, 210 f = SozR aaO Nr 2 S 8 ff; BSGE 46, 57, 60 = SozR aaO Nr 3 S 16; BSG SozR aaO Nr 4 S 21; Nr 6 S 28; Nr 8 S 41; Nr 9 S 44; BSGE 49, 229, 232 = SozR aaO Nr 10 S 48; BSG SozR aaO Nr 14 S 62) oder im Berufungsverfahren (BSGE 47, 249, 253 = SozR 5670 Anl 1 Nr 5101 Nr 3 S 5) nicht mehr nachholbar.

Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die vor dem Erlaß des Bescheides der Beigeladenen vom 23. Dezember 1981 unterbliebene Anhörung der Klägerin nicht nachholbar gewesen und nicht nachgeholt worden. Ein noch dem Organisations- und Verantwortungsbereich der Beigeladenen zuzurechnendes Vorverfahren ist nicht erforderlich gewesen und auch tatsächlich nicht durchgeführt worden. Der Bescheid vom 23. Dezember 1981 ist - wie bereits ausgeführt - gemäß § 96 Abs 1 SGG kraft gesetzlicher Klageänderung Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits geworden. In einem solchen Fall der Einbeziehung eines nachgehenden Bescheides ist ein Vorverfahren nicht erforderlich (BSGE 47, 201, 204 = SozR 1500 § 96 Nr 14 S 24; BSG SozR 4100 § 119 Nr 12 S 53; BSGE 50, 213, 215 = SozR 2200 § 1419 Nr 7 S 9). Wegen des Fehlens eines Vorverfahrens und der Einbeziehung des Bescheides vom 23. Dezember 1981 unmittelbar in das Klageverfahren hat die nach § 24 Abs 1 SGB 10 erforderliche Anhörung der Klägerin nicht nachgeholt werden können. Die Verletzung dieser Verfahrensvorschrift ist somit nicht unbeachtlich (§ 41 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 SGB 10).

Sie rechtfertigt und gebietet die Aufhebung des Bescheides der Beigeladenen vom 23. Dezember 1981. Grundsätzlich kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB 10 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustandegekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Das gilt aber nicht, wenn die erforderliche Anhörung unterblieben oder nicht wirksam nachgeholt ist (§ 42 SGB 10). Die vor Erlaß des Bescheides der Beigeladenen vom 23. Dezember 1981 erforderliche Anhörung der Klägerin ist unterblieben und nicht wirksam nachgeholt worden. Allein deswegen erweist sich die vom LSG ausgesprochene Aufhebung des Bescheides als zutreffend. Zur Entscheidung der rechtslogisch nachrangigen und ursprünglich in erster Linie streitigen Frage, ob der Bescheid über die Vormerkung (Anerkennung, Feststellung) von Beitragszeiten ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist und daher im Falle seiner Rechtswidrigkeit nur in den Fristen und unter den Voraussetzungen des § 45 Abs 3 SGB 10 zurückgenommen werden kann, hat der Senat im vorliegenden Rechtsstreit weder Anlaß noch Möglichkeit.

Als Folge der Aufhebung des Bescheides der Beigeladenen vom 23. Dezember 1981 ist deren Bescheid vom 3. Dezember 1957 mit seiner Bindungswirkung auch für die Beklagte bestehen geblieben. Das verpflichtet die Beklagte zur Berücksichtigung der darin festgestellten Versicherungszeiten bei der Feststellung des Altersruhegeldes der Klägerin. Ein Ausnahmefall, in dem die Beklagte trotz bindenden Fortbestandes des Bescheides vom 3. Dezember 1957 das Altersruhegeld der Klägerin unter Außerachtlassung der darin festgestellten Versicherungszeiten berechnen könnte, ist nicht gegeben. Zwar schließt nach dem Urteil des BSG vom 24. Oktober 1975 (BSGE 40, 288, 289 = SozR 2200 § 1423 Nr 7 S 12) der Beanstandungsschutz des § 145 Abs 2 AVG (= § 1423 Abs 2 RVO), der sich auch auf Ersatzurkunden für verlorengegangene Versicherungskarten und Aufrechnungsbescheinigungen erstreckt (vgl speziell dazu BSGE 55, 265, 266 = SozR 2200 § 1423 Nr 15 S 28), eine Nichtberücksichtigung der bescheinigten Versicherungszeiten bei einer späteren Rentenfestsetzung dann nicht aus, wenn die ursprünglich erbrachten und bescheinigten Beiträge in der Zeit zwischen der Aufrechnung der Versicherungskarten und der Ausstellung der Ersatzurkunden anläßlich der Heirat der Versicherten erstattet worden sind. Es kann auf sich beruhen, ob dasselbe auch für die in einem der Bindung fähigen und bindenden Herstellungsbescheid festgestellten Versicherungszeiten gelten kann. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, bedarf es zur Annahme einer aus Anlaß der Heirat nach dem 1. Mai 1942 gemäß § 1309a RVO aF erfolgten Beitragserstattung jedenfalls des vollen Nachweises der Auszahlung des Erstattungsbetrages an die Berechtigte (BSG SozR 2200 § 1309a Nr 1 S 2; BSGE 40, 288, 289 = SozR 2200 § 1423 Nr 7 S 13). Dieser Nachweis ist nicht erbracht. Das hat das LSG als Ergebnis der ihm zustehenden Würdigung der Tatsachen und Beweisergebnisse (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) festgestellt. Hiergegen hat die Beklagte Revisionsrügen nicht erhoben.

Sie vertritt allerdings die Auffassung, dem Versicherungsträger müßten im Falle eines kriegsbedingten Beweisnotstandes ebenso wie dem Versicherten die in §§ 1 und 10 Abs 1 VuVO vorgesehenen Beweiserleichterungen - Glaubhaftmachung anstelle des vollen Nachweises - zugebilligt werden. Dem kann der Senat nicht beipflichten. Dabei kann dahinstehen, ob die Beweiserleichterungen der §§ 1 und 10 Abs 1 VuVO überhaupt auch den Versicherungsträgern zugute kommen können oder nicht ausschließlich zugunsten der Versicherten gelten. Auf die Tatsache einer Beitragserstattung beziehen sie sich in keinem Falle. § 1 VuVO stellt eine Ausnahmeregelung zu den allgemeinen Vorschriften dar, nach denen regelmäßig ein Beweis der rechtserheblichen Tatsachen verlangt wird (BSG SozR Nr 3 zu § 1 VuVO). Die Beweiserleichterung des § 1 VuVO bezieht sich nur auf diejenigen rechtserheblichen Tatsachen, zu deren Nachweis Versicherungsunterlagen dienen (BSGE 33, 33, 34 = SozR Nr 37 zu § 1259 RVO). Das sind namentlich Versicherungs- und Beschäftigungszeiten, Arbeitsentgelte und Beiträge. Dagegen können die Vorschriften über die Glaubhaftmachung von Versicherungs- und Beschäftigungszeiten weder unmittelbar noch entsprechend für den Nachweis angewendet werden, daß ein Leistungsanspruch erhoben und nicht befriedigt worden ist (BSG SozR Nr 2 zu § 4 FRG). Das gilt nicht nur für einen Rentenanspruch, sondern in gleicher Weise auch für die Beitragserstattung. Sie ist - ebenso wie nach heutigem Recht (§ 12 Nr 4 AVG, § 1235 Nr 4 RVO), welches allerdings seit dem 1. Januar 1968 eine spezielle "Heiratserstattung" nicht mehr vorsieht - auch während des hier maßgebenden Zeitraums eine Regelleistung der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen (vgl § 1250 RVO in der Fassung des Abschnitts I Art 2 § 12 des Gesetzes über den Ausbau der Rentenversicherung vom 21. Dezember 1937; RGBl I S 1393). Auf die Beantragung oder Gewährung einer Regelleistung der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht sich die Beweiserleichterung der §§ 1 und 10 Abs 1 VuVO nicht. Sie kann jedenfalls aus diesem Grunde auch der Beklagten nicht zugestanden werden.

Das LSG hat nach alledem die Beklagte zutreffend verpflichtet, das Altersruhegeld der Klägerin unter zusätzlicher Berücksichtigung der im Bescheid vom 3. Dezember 1957 festgestellten Versicherungszeiten zu berechnen. Soweit es diese Versicherungszeiten als zu fünf Sechsteln anrechenbare glaubhaft gemachte Beitragszeiten (§ 3 Abs 1 Satz 1 VuVO) angesehen und ihnen die Lohn- oder Beitragsklassen bzw durchschnittlichen Bruttojahresarbeitsentgelte der Leistungsgruppe 2 der Arbeiterinnen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft (§ 4 Abs 1 Buchst a, aa VuVO in Verbindung mit Anlage 1 A 1 und Anlage 5 zur VuVO) zugeordnet hat, läßt das angefochtene Urteil Rechtsfehler nicht erkennen. Hiergegen hat auch die Revision Einwendungen nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1663406

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?