Entscheidungsstichwort (Thema)
große Witwenrente. Geschiedenenwitwenrente. frühere Ehefrau. wirtschaftlicher Dauerzustand. Einkommensverhältnisse. Unterhalt. maßgebendes Recht. Berechnung. Wohnsitz. verschiedene Währungsgebiete. DDR
Leitsatz (amtlich)
Zur Ermittlung der Einkommensverhältnisse im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand bei geschiedenen Ehegatten, deren Unterhaltsansprüche sich nach bundesdeutschem Recht richteten und die in verschiedenen Währungsgebieten (hier: DDR-Bundesrepublik) wohnten.
Normenkette
SGB VI §§ 243, 268, 300; EGBGB Art. 18, 220; EheG § 58; RVO § 1265
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 4. Mai 1995 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die 1919 geborene Klägerin begehrt von der Beklagten Witwenrente nach ihrem im Mai 1987 verstorbenen geschiedenen Ehemann O. S. (Versicherten).
Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten wurde 1943 geschlossen und im Mai 1951 durch Urteil des Landgerichts Saarbrücken aus dem Verschulden des Versicherten geschieden. Während der Versicherte im Saarland lebte, hatte die Klägerin seit 1951 ihren Wohnsitz in der ehemaligen DDR, wo sie in einer Kleiderfabrik beschäftigt war. Sie hat nicht wieder geheiratet und bezieht seit Oktober 1979 Altersrente. Der Versicherte heiratete im September 1951 die Beigeladene. Die Klägerin erhielt von ihm in den letzten Jahren vor seinem Tod keine Unterhaltszahlungen. Im Zeitraum vom 1. Mai 1986 bis zum 31. Mai 1987 bezog sie nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts eine monatliche Rente von 379,00 Mark der DDR. Der Versicherte hatte im Jahr vor seinem Tod ein monatliches Einkommen von 1.735,21 DM.
Die Klägerin stellte am 2. Januar 1992 Antrag auf Geschiedenenwitwenrente. Die Beklagte lehnte ab (Bescheid vom 23. Dezember 1992; Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 1993).
Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 20. Juli 1994). Das LSG hat die Beklagte verurteilt (Urteil vom 4. Mai 1994), der Klägerin ab Antragstellung große Witwenrente nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klägerin habe zur Zeit des Todes ihres geschiedenen Ehemannes gegen ihn einen Unterhaltsanspruch in rechtserheblicher Höhe gehabt. Ihre Unterhaltsbedürftigkeit bestimme sich nach den Verhältnissen in der ehemaligen DDR, wo sie gelebt habe. Die Leistungsfähigkeit des Versicherten bemesse sich nach seiner Situation in der (alten) Bundesrepublik. Mangels anderer aussagekräftiger Anhaltspunkte lege das Gericht zum Unterhaltsbedarf der Klägerin die Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts der DDR über die Bemessung des Unterhaltes für Kinder (Unterhaltsrichtlinie vom 16. Januar 1986) zugrunde. Die Wertetabelle nach Anlage 10 zum SGB VI gebe zwar das Verhältnis wieder, in dem die Durchschnittsverdienste im Beitrittsgebiet zu den Verhältnissen in der (alten) Bundesrepublik gestanden hätten, wenn sie ihre Verdienste in der (alten) Bundesrepublik erzielt hätten. Diese Werte könnten jedoch nicht herangezogen werden, weil sie sonstige, gerade für die Beurteilung der Unterhaltsbedürftigkeit mit ausschlaggebende Faktoren, wie etwa die Höhe der erforderlichen Mittel zur Bestreitung einer angemessenen Lebensführung in der damaligen DDR, nicht berücksichtigten. Die Richtlinien des Plenums des Obersten Gerichts der DDR seien dagegen an den Verhältnissen in der damaligen DDR ausgerichtet gewesen. Sie könnten daher auch einen Hinweis für die Höhe des sachgerechten Unterhaltes im vorliegenden Fall geben. Der monatliche Unterhaltsbedarf eines Kindes in der DDR, ausgedrückt in DM, habe sich nach dieser Richtlinie auf 53,5 vH des Unterhaltes eines vergleichbaren Kindes in der (alten) Bundesrepublik belaufen. In Anwendung dieses Umrechnungsfaktors habe die von der Klägerin in der DDR bezogene Rente von monatlich 379,00 Mark einer in der Bundesrepublik bezogenen Rente von 708,41 DM entsprochen. Unter Zugrundelegung der Anrechnungsmethode habe der Unterhaltsanspruch mindestens 106,13 DM betragen. Wegen der Privilegierung des Unterhaltsanspruches des geschiedenen Ehegatten gegenüber Unterhaltsansprüchen des neuen Ehegatten (§ 1582 BGB) wirke sich die Wiederverheiratung des Versicherten nicht auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin aus. Der Regelsatz der Sozialhilfe für Haushaltsvorstände und Alleinstehende im Saarland habe in der Zeit vom 1. Juli 1986 bis 30. Juni 1987 389,00 DM betragen. Der Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen den Versicherten habe damit die Erheblichkeitsgrenze von 25 vH überschritten.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und trägt vor: Allein problematisch sei die Anspruchsvoraussetzung des § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI, insbesondere die Frage, nach welcher Methode das Ostentgelt mit dem Westentgelt vergleichbar zu machen sei. Die Anwendung einer Kindesunterhaltstabelle zur Ermittlung des Ehegattenunterhaltes sei nicht möglich. Kindesunterhaltstabellen berücksichtigten die besondere Situation von Kindern. Der Gesetzgeber habe aber inzwischen selbst durch das SGB VI und das RÜG Wertungen getroffen und die Entgelte in Ost und West vergleichbar gemacht. Gerade durch die Wertungen der Anlage 10 zum SGB VI sollten die Entgelte gleichgeschaltet werden, um eine rentenrechtliche Benachteiligung der Versicherten im Osten zu verhindern.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 4. Mai 1995 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 20. Juli 1994 zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene hat sich nicht zur Sache geäußert und keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten haben sich gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision ist begründet. Das Urteil des LSG ist aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird über den Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenrente erneut unter Anwendung einer anderen Methode zur Berücksichtigung der Einkünfte der Klägerin als der bisher gewählten zu befinden haben.
Die Klägerin hat ihren Rentenantrag am 2. Januar 1992 gestellt. Gemäß § 268 SGB VI sind Witwenrenten aus der Rentenanwartschaft eines vor dem 1. Juli 1977 geschiedenen Ehegatten vom Ablauf des Kalendermonats zu leisten, in dem die Rente beantragt wird. Ein Anspruch der Klägerin kann daher auch nicht vor diesem Zeitpunkt entstanden sein und beurteilt sich demzufolge nach dem ab 1. Januar 1992 geltenden Recht des SGB VI (arg § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI).
Ob die Beklagte der Klägerin große Witwenrente gemäß § 243 Abs. 2 SGB VI zu zahlen hat, hängt – da die Anspruchsvoraussetzungen im übrigen erfüllt sind und Unterhalt durch den Versicherten nicht gezahlt worden ist – allein davon ab, ob die Klägerin im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand (dazu vgl BSG, Urteil vom 12. Oktober 1993 – 13 RJ 57/92 – SozR 3-2200 § 1266 Nr. 1 mwN) vor dem Tod des Versicherten Anspruch auf Unterhalt gegen diesen hatte, § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI. Der entsprechenden Prüfung ist abweichend vom Vorgehen des Berufungsgerichts ausschließlich bundesdeutsches Recht zugrunde zu legen. Auf dem Recht der ehemaligen DDR beruhende Regeln über die Bemessung des Unterhalts für bestimmte Personengruppen sind nicht anwendbar.
Seit der Reform des deutschen internationalen Privatrechts durch das Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25. Juli 1986 (BGBl I S 1142) unterliegen im Bereich des internationalen Rechtsverkehrs gemäß Art. 220 Abs. 2 EGBGB die Wirkungen familienrechtlicher Rechtsverhältnisse ab 1. September 1986 den Vorschriften des Zweiten Kapitels des Ersten Teils des EGBGB, dh den Art. 3 bis 38 EGBGB. Zu den Wirkungen familienrechtlicher Verhältnisse zählen auch Bestehen und Ausmaß einer Unterhaltspflicht gemäß Art. 18 EGBGB hinsichtlich der nach diesem Zeitpunkt fällig gewordenen Ansprüche (Palandt/Heldrich, Komm zum BGB, 55. Aufl 1996, Art. 220 EGBGB RdNr. 7 mwN). Art. 18 EGBGB galt – als innerdeutsches Kollisionsrecht – auch im Verhältnis zur früheren DDR (Palandt/Heldrich, a.a.O., Art. 18 EGBGB RdNr. 21 mwN) und bestimmte damit – in Fortführung der nach der Rechtsprechung bereits für das zuvor geltende interlokale Recht entwickelten Grundsätze, siehe BSG, Urteil vom 29. Juli 1971 – 5 RJ 21/70 – SozR Nr. 59 zu § 1265 RVO – das für die Klägerin und den Versicherten bis zu dessen Tod maßgebende Scheidungsfolgenstatut. Nach Art. 18 Abs. 4 EGBGB ist für die Unterhaltspflichten zwischen den geschiedenen Ehegatten, wenn die Ehescheidung im Bundesgebiet ausgesprochen worden ist, zeitlich unbeschränkt das auf die Ehescheidung angewandte Recht maßgebend. Gemäß Art. 18 Abs. 5 EGBGB ist deutsches (dh bundesdeutsches) Recht aber auch dann anzuwenden, wenn sowohl der Berechtigte als auch der Verpflichtete Deutsche sind und der Verpflichtete seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Im vorliegenden Fall waren beide Tatbestände erfüllt. Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten wurde nach saarländischem Recht geschieden, das – wie das LSG unangegriffen festgestellt hat – dem bundesdeutschen Recht entsprach. Der Versicherte hatte seinen Wohnsitz im Saarland, das im Zeitpunkt seines Todes wieder zur Bundesrepublik Deutschland gehörte. Für einen Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen den Versicherten iS des § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI ist mithin allein das Recht der (alten) Bundesrepublik maßgebend. Dies bedeutet zugleich, daß der Anspruch der Klägerin auf Geschiedenenwitwenrente nicht durch § 243a SGB VI deshalb ausgeschlossen ist, weil das Recht des Beitrittsgebiets anzuwenden wäre.
Grundlage für einen Unterhaltsanspruch der Klägerin nach der Scheidung ist auch über den 30. Juni 1976 hinaus der zu diesem Zeitpunkt allgemein außer Kraft getretene § 58 EheG (Art. 12 Nr. 3 des Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976 – BGBl I 1421). Gemäß § 58 Abs. 1 EheG hat der allein oder überwiegend für schuldig erklärte Mann der geschiedenen Frau den nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt zu gewähren, soweit die Einkünfte aus dem Vermögen der Frau und die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit nicht ausreichen. Mit den „Lebensverhältnissen der Ehegatten” sind ihre Lebensverhältnisse zur Zeit der Scheidung – also noch während der Ehe – gemeint (BSG, Urteil vom 13. August 1981 – 11 RA 48/80 – BSGE 52, 83, 84 mwN). Da diese insbesondere durch das Einkommen geprägt werden, bestimmen sie sich in einer Ehe, in der beide Ehegatten erwerbstätig waren, regelmäßig nach den zusammengerechneten Einkünften beider Ehegatten (BSG, Urteil vom 12. Oktober 1993 – 13 RJ 55/92 – BSG SozR 3-2200 § 1265 Nr. 11 mwN). Zur Beurteilung eines Unterhaltsanspruchs sind daher zunächst die Nettoeinkommen der Ehegatten zum Zeitpunkt der Scheidung zu ermitteln. Hierbei ist ein Unterhaltsanspruch der Beigeladenen gegen den Versicherten – abweichend von der Auffassung des Berufungsgerichts – mit zu berücksichtigen (zu dieser unter der Geltung des § 58 EheG aF maßgebenden Rechtslage siehe Palandt/Diederichsen, Komm zum BGB, 35. Aufl 1976, § 59 EheG Anm 3, 51. Aufl 1992, § 59 EheG RdNr. 1).
Für die Gewährung der Geschiedenenwitwenrente wird im Gesetz in zeitlicher Hinsicht allerdings auf einen Anspruch im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod des Versicherten abgestellt. Dieser Dauerzustand kann durchaus weit (im Fall der Klägerin über dreißig Jahre) nach der Scheidung liegen. Um die Anspruchstatbestände des Geschiedenenunterhalts und der Geschiedenenwitwenrente insoweit miteinander in Einklang zu bringen, ist es erforderlich, den für den Augenblick der Scheidung festgestellten Lebensstandard der Eheleute auf den nach § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI maßgebenden Zeitpunkt fortzuschreiben. Erst auf dieser Grundlage läßt sich die Frage eines zur Witwenrente führenden Unterhaltsanspruchs beantworten. Im Prinzip ist daher ergänzend zu ermitteln, welche Entwicklung die festgestellten Einkommen der Eheleute seit der Scheidung genommen und welche Veränderungen sich in den allgemeinen Lohn- und Preisverhältnissen ergeben haben (zu dieser auch als „Projizierung” bezeichneten Anpassung vgl BSG, Urteile vom 28. November 1963 – 12 RJ 98/62 – SozR Nr. 16 zu § 1265 RVO, vom 29. Oktober 1968 – 4 RJ 421/67 – SozR Nr. 47 zu § 1265 RVO, vom 22. Juni 1972 – 12 RJ 36/72 – SozR Nr. 62 zu § 1265 RVO, vom 19. März 1976 – 11 RA 50/75 – BSGE 41, 253, 256 = SozR 2200 § 1265 Nr. 15, vom 25. Mai 1976 – 5 RJ 63/75 – BSGE 42, 60, 63 = SozR 2200 § 1265 Nr. 17, vom 13. August 1981 – 11 RA 48/80 – BSGE 52, 83, 85 = SozR 2200 § 1265 Nr. 56).
Im Einzelfall kann allerdings eine Fortschreibung entfallen, wenn die Einkommensentwicklung bei den Ehegatten im wesentlichen der allgemeinen Entwicklung entsprochen hat, das spätere Einkommen mithin im großen und ganzen noch das eheliche Lebensniveau widerspiegelt – was in der Regel bei zwischenzeitlich angepaßten Renten und Besoldungsbezügen zutrifft (BSG, Urteil vom 13. August 1981 a.a.O.). Sind für eine in diesem Sinn erhebliche Abweichung der konkreten Entwicklung bei den Ehegatten von der allgemeinen Entwicklung keine hinreichenden Anhaltspunkte gegeben, ist es mit Rücksicht auf die dann anzunehmende Gleichheit von früherem und späterem Lebensniveau sogar angängig, die detaillierte Ermittlung der Einkommensverhältnisse im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand insofern für die Entscheidung über die Geschiedenenwitwenrente genügen zu lassen, als der maßgebende (im Prinzip auf den Zeitpunkt der Ehescheidung konkret zu ermittelnde) Lebensstandard der Eheleute aus diesen Daten bloß im Rückschluß festgestellt wird.
Das LSG hat bisher lediglich Feststellungen über die Einkommensverhältnisse der Klägerin und des Versicherten im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod des Versicherten im Mai 1987 getroffen. Keine Daten hat es für die Einkommensverhältnisse der Eheleute im Scheidungsjahr 1951 und deren Fortentwicklung in den folgenden 36 Jahren ermittelt. Unter Berücksichtigung der oben bezeichneten Beurteilungsregeln wird es insofern zumindest noch feststellen müssen, ob sich die Einkommensverhältnisse der früheren Eheleute übereinstimmend mit den allgemeinen Verdienst- und Lebenshaltungsverhältnissen entwickelt haben oder inwiefern sie rechtserheblichen Veränderungen im genannten Sinn ausgesetzt waren. Bejaht es die erste Möglichkeit, wird es daran anschließend aus den für den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand ermittelten Einkommensdaten zu errechnen haben, ob die Klägerin seinerzeit einen Unterhaltsanspruch gegen den Versicherten gehabt hat. Hierbei wird es auch nochmals der Frage nachzugehen haben, welches Einkommen die Klägerin in diesem Zeitraum gehabt hat, ob sie als Rente nur 379,00 Mark oder entsprechend ihren eigenen Angaben 460,00 Mark bezogen und welche weiteren Einkünfte sie gemäß ihrem Schreiben vom 27. September 1994 (siehe Bl 149 der SG-Akte) erzielt hat.
Wie hierbei vorzugehen ist, bestimmt sich nach der vom BSG in ständiger Rechtsprechung bei derartigen Unterhaltsberechnungen praktizierten Anrechnungsmethode: Bei der sog Doppelverdienerehe sind die Einkommen beider Ehegatten zusammenzurechnen und der Frau ein bestimmter Bruchteil (1/3 bis 3/7) der Summe abzüglich ihres eigenen Einkommens zuzugestehen (BSG, Urteile vom 9. Februar 1971 – 11 RA 208/69 – BSGE 32, 197, 199 = SozR Nr. 58 zu § 1265 RVO, vom 19. März 1976 – 11 RA 50/75 – BSGE 41, 253, 256 = SozR 2200 § 1265 Nr. 15, vom 25. Mai 1976 – 5 RJ 63/75 – BSGE 42, 60, 62 = SozR 2200 § 1265 Nr. 17, vom 13. August 1981 – 11 RA 48/80 – BSGE 52, 83, 85 = SozR 2200 § 1265 Nr. 56, vom 13. September 1990 – 5 RJ 52/89 – SozR 3-2200 § 1265 Nr. 4, vom 11. September 1991 – 5 RJ 75/90 – SozR 3-2200 § 1265 Nr. 7, vom 22. Juli 1992 – 13/5 RJ 63/90 – nicht veröffentlicht). Den mitunter gegen diese Methode geäußerten Bedenken (13. Senat des BSG, Urteil vom 12. Oktober 1993 – 13 RJ 55/92 – SozR 3-2200 § 1265 Nr. 11) ist angesichts der schwerwiegenden für die Beibehaltung der bisherigen Rechtsprechung sprechenden Gründe nicht zu folgen. Es handelt sich bei § 243 SGB VI (wie bei der Vorgängervorschrift des § 1265 RVO) um auslaufendes Recht, das nur noch für Ehescheidungen vor dem 1. Juli 1977 Anwendung findet. Die Unterhaltsverhältnisse eines erheblichen Teils der damals geschiedenen Ehegatten sind seit langem auch hinsichtlich der Geschiedenenwitwenrente nach der Anrechnungsmethode geklärt. Die von den Zivilgerichten in Fällen der Doppelverdienerehe regelmäßig angewendete sog Differenzmethode unterscheidet sich im praktischen Ergebnis nicht derart wesentlich von der Anrechnungsmethode, daß eine Korrektur unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit unumgänglich wäre. Sowohl der Gedanke der Gleichbehandlung als auch die Gefahr einer erheblichen Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten sprechen daher dagegen, jetzt noch nachträglich die grundlegende Berechnungsmethode zu ändern. Daß nicht jeder Betrag, der sich am Schluß des Anrechnungsvorganges zugunsten der Ehefrau ergibt, anspruchsbegründender Unterhaltsbetrag iS von § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI ist, vielmehr wenigstens 25 vH des zeitlich und örtlich maßgebenden Regelsatzes der Sozialhilfe – ohne Aufwendungen für Unterkunft – erreichen muß (BSG, Urteile vom 12. Mai 1982 – 5b/5 RJ 30/80 – BSGE 53, 256, 258 = SozR 2200 § 1265 Nr. 63, vom 14. Juli 1982 – 5a/5 RKn 12/80 – BSGE 54, 34, 37 = SozR 2200 § 1265 Nr. 65, vom 13. September 1990 – 5 RJ 52/89 – SozR 3-2200 § 1265 Nr. 4), hat das LSG in seiner Entscheidung bereits berücksichtigt.
Es versteht sich von selbst, daß der Berechnungsvorgang in allen seinen Abschnitten die Einheitlichkeit des Maßstabes voraussetzt, nach dem in ihm die beiderseitigen Einkommen berücksichtigt werden, da sonst schon keine Zusammenrechnung erfolgen könnte. Die Einkommen der Klägerin und des Versicherten in Mark der (früheren) DDR bzw Deutscher Mark der Bundesrepublik sind daher zunächst auf eine identische Währungseinheit zu bringen, dh eines der Einkommen ist in die Währungsart des anderen Einkommens zu konvertieren. Wie dargelegt, gilt für die Beurteilung des Unterhaltsanspruchs iS des § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI ausschließlich bundesdeutsches Recht. Das bedeutet nicht nur, daß maßgebende Währung für die Berechnung des Anspruchs allein die Deutsche Mark sein kann, in die das Einkommen der Klägerin umzusetzen ist. Es heißt vielmehr auch, daß Maßstab für die Umsetzung keine Vorschrift sein darf, die ihre Grundlage nicht im bundesdeutschen Recht hat. Ein Rückgriff auf die Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts der DDR über die Bemessung des Unterhalts für Kinder – Unterhaltsrichtlinie – vom 16. Januar 1986 ist deshalb schon aus Gründen der allgemeinen Rechtsgeltung nicht möglich,
Allerdings enthält das bundesdeutsche Recht für die notwendige Rechenoperation keine ausdrückliche Regelung. Als Möglichkeit dafür bietet sich aber zum einen eine wirtschaftlich-gesellschaftlich orientierte Umsetzung in dem Sinn, daß der Lebensstandard, den das DDR-Mark-Einkommen der Klägerin in ihrem Wohnstaat DDR gewährte, in einen nach Eigenart und Umfang gleichen Lebensstandard auf dem Gebiet der (alten) Bundesrepublik umgedacht wird und die hierfür aufzuwendenden DM-Beträge beziffert werden. Voraussetzung sind hierbei geeignete statistische Erhebungen und volkswirtschaftliche Vergleichsuntersuchungen zu beiden Lebensstandardbereichen. Zum anderen kommt eine entsprechende Anwendung von bereits gesetzlich ausformulierten Maßstäben in Betracht, die zwar in erster Linie auf den Vergleich anderer Lebensumstände gerichtet sind, in ihrer gedanklichen Grundlage aber den Willen des Normgebers erkennen lassen, für verschiedene Lebensbereiche eine bestimmte Vergleichsbasis pauschalierend festzuschreiben. Eine derartige Regelbildung stellt die Anlage 10 zum SGB VI „Werte zur Umrechnung der Beitragsbemessungsgrundlagen des Beitrittsgebietes” dar. Die vom LSG gegen die Anwendung dieser Anlage 10 vorgebrachten Bedenken dürften sich bei einer (bloß) entsprechenden Anwendung nicht stellen. Welchen der aufgezeigten – möglicherweise auch noch um weitere Varianten zu erweiternden (vgl hierzu wie auch zum Ausschluß bestimmter gesetzlicher Umrechnungsregelungen BSG, Urteil vom 17. März 1993 – 10 RKg 13/91 – DBIR 4026, BKGG/§ 8) – Wege das Berufungsgericht bei der Beurteilung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin nehmen wird, ist in seine ermessensgemäße Wahl gestellt.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens einschließlich der Revisionsinstanz bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen