Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 8. Juni 1995 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch deren außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Sozialzuschläge für die Zeit von Januar 1992 bis Januar 1993.
Die von der verheirateten Klägerin ab 1988 bezogene Altersrente wertete die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. November 1991 in eine Regelaltersrente (monatlicher Zahlbetrag: 440,47 DM) um. Den bisher gezahlten Sozialzuschlag in Höhe von 165,00 DM monatlich zahlte sie zusätzlich “als Vorschuß auf den neuen Sozialzuschlag” weiter. Der Bescheid enthielt die Hinweise: Ein Sozialzuschlag könne ab 1. Januar 1992 nur gezahlt werden, wenn das monatliche Gesamteinkommen des Rentenempfängers und seines Ehegatten den Betrag von 960,00 DM nicht überschreite. Werde neben der Rente von dem Rentenempfänger oder seinem Ehegatten noch weiteres Einkommen bezogen, bestehe die gesetzliche Verpflichtung, dieses Einkommen unverzüglich mitzuteilen. In dem Bescheid war ferner erläutert, welche Einkünfte als Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen zu berücksichtigen sind.
Nachdem die Klägerin auf ein entsprechendes Anforderungsschreiben der Beklagten vom 29. Juli 1992 am 18. September 1992 unter Beifügung entsprechender Bescheide ua des Arbeitsamtes Rostock mitgeteilt hatte, das Familieneinkommen betrage ab 1. Januar 1992 rund 1.180,00 DM, nahm die Beklagte im Bescheid vom 7. Januar 1993 eine Neuberechnung der klägerischen Rente zum 1. Januar 1992 vor und stellte fest, daß ein Sozialzuschlag nicht zu zahlen sei. In einer als “Bescheidzusatz” überschriebenen vierten Textseite, die im Gegensatz zu weiteren Anlagen betreffend die Rentenberechnung nicht als “Bestandteil” des Bescheides aufgeführt ist, formulierte sie, daß zur Rente “vorschußweise ein Sozialzuschlag” gezahlt werde, dessen Höhe jetzt überprüft worden sei und sich als ”überzahlt” ein Betrag von insgesamt 1.892,61 DM ergeben habe. In dem Zusatz, der weder eine Rechtfolgen- noch eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, hieß es weiter, der Bescheid von November 1991 werde aufgehoben; es werde gebeten, den überzahlten Betrag zurückzuzahlen. Den am 3. Februar 1993 mündlich und am 30. Juni 1993 schriftlich eingelegten Widerspruch wies die Beklagte nach nachgeholter Anhörung im Schreiben vom 11. August 1993 durch Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 1994, der hinsichtlich des Rückzahlungsbegehrens auf § 42 Abs 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I) gestützt war, zurück.
Das Sozialgericht (SG) Rostock hat den Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 1994 insoweit aufgehoben, als damit Sozialzuschläge in Höhe von 1.892,61 DM zurückgefordert wurden (Urteil vom 26. Oktober 1994). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 8. Juni 1995). Zur Begründung hat es ausgeführt: Für die Rückforderung des Sozialzuschlages fehle es an einer Rechtsgrundlage. Insbesondere könne die Beklagte den gezahlten Sozialzuschlag nicht gemäß § 42 Abs 2 Satz 2 SGB I zurückfordern; denn kennzeichnend für das Instrument der Vorschußzahlung iS des § 42 Abs 1 SGB I sei, daß in einem Sozialleistungsverhältnis bis zur endgültigen Feststellung einer Sozialleistung eine einstweilige Regelung getroffen werde. Die Beklagte habe der Klägerin den Sozialzuschlag in Höhe von 165,00 DM jedoch durch bindenden Bescheid gewährt und den Anspruch der Klägerin insoweit inhaltlich ab 1. Januar 1992 anerkannt. Aus demselben Grunde scheide eine entsprechende Anwendung des § 42 Abs 2 SGB I als Ermächtigungsgrundlage aus. Die Beklagte könne ihre Leistung auch nicht nach den Grundsätzen einer “Vorwegzahlung” (Bundessozialgericht ≪BSG≫ Urteil vom 12. Mai 1992 – 2 RU 7/92 – SozR 3-1200 § 42 Nr 2) zurückfordern, weil ein den rechtlichen Anforderungen genügender Rückforderungsvorbehalt hinsichtlich des Sozialzuschlages aus dem Umwertungsbescheid nicht hervorgehe. Gemessen an § 45 Abs 1, § 50 Abs 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) scheitere eine Rückforderung der Beklagten daran, daß der angefochtene Änderungs- und Rückforderungsbescheid jede Ermessensausübung vermissen lasse.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und trägt vor: Für den Bereich der Rentenversicherung existiere keine Vorschrift, die bestimme, daß bei einer Vorschußgewährung ausdrücklich eine Ermächtigungsgrundlage zu nennen sei. Aus der Sicht des “Empfängerhorizonts” sei der Umwertungsbescheid hinsichtlich der lediglich vorläufigen Zahlung des Sozialzuschlags jedoch hinreichend bestimmt gewesen; der Gebrauch des Wortes “Vorschuß” reiche insoweit aus. Der Sozialzuschlag stelle eine pauschalierte Sozialhilfeleistung dar. Ziel des gesetzgeberischen Handelns bei der Schaffung des Art 40 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz ≪RÜG≫) sei es gewesen, die Versorgung der Rentner sicherzustellen, da die Sozialhilfeverwaltung insbesondere angesichts der organisatorischen Schwierigkeiten wegen des Mangels an Fachpersonal noch nicht flächendeckend und voll funktionsfähig gewesen sei. Aufgrund der vielfältigen Aufgaben und der durch den Einigungsvertrag geforderten Existenzsicherung seien die Rentenversicherungsträger im Beitrittsgebiet gehalten gewesen, die Zahlung des Sozialzuschlags vorläufig pauschal und ohne Prüfung des Einkommens vorzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 8. Juni 1995 und des Sozialgerichts Rostock vom 26. Oktober 1994 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen. Das SG hat zutreffend den angefochtenen Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheids als rechtswidrig aufgehoben, weil die Rückforderung des zu Unrecht gezahlten Sozialzuschlags nicht in der gesetzlich dafür vorgesehenen Weise geltend gemacht worden ist.
Entgegen der Rüge der Beklagten liegt eine Verletzung materiellen Rechts nicht vor. Zwar hat die Klägerin seit Januar 1992 den Sozialzuschlag in Höhe von 1.892,61 DM zu Unrecht erhalten. Denn ihr Einkommen überschritt zusammen mit dem Einkommen ihres Ehemanns den für die Gewährung des Sozialzuschlags maßgeblichen Grenzbetrag von anfangs 960,00 DM, ab 1. Juli 1992 1.054,00 DM. Die Rückzahlung der in diesem Umfang rechtswidrig erlangten Summe hat die Beklagte aber nicht in der gesetzlich dafür vorgesehenen Weise eingefordert. Sie hat den der Auszahlung des Sozialzuschlags zugrundeliegenden Teil des Umwertungsbescheids vom 27. November 1991 zu keiner Zeit – was eigentlich erforderlich gewesen wäre – für die streitigen Monate rechtswirksam zurückgenommen oder aufgehoben und demzufolge auch nicht die Rückzahlung als Folge einer Leistung ohne Rechtsgrund verlangt, wie sie in § 50 Abs 1 SGB X normiert ist. Sie hat vielmehr stets – selbst noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat – die Gewährung der streitigen Beträge als Vorschußzahlung iS des § 42 SGB I charakterisiert und sich dementsprechend zur Erstattung allein auf die Regelung des § 42 Abs 2 SGB I berufen, das aber heißt im Ergebnis, den Bescheid vom 29. November 1991 für die Klägerin als Grund zum Behaltendürfen (auch) des Sozialzuschlags aufrechterhalten.
Offenbleiben kann dabei zum einen, ob der “Bescheidzusatz” vom 7. Januar 1993 überhaupt eine Regelung iS des § 31 Satz 1 SGB X enthielt und als Verwaltungsakt zu qualifizieren war. Hieran bestehen schon wegen der äußeren Form des Zusatzes Zweifel; zudem war inhaltlich nicht in rechtlich nachprüfbarer Weise erkennbar gemacht, ob die frühere Gewährung der Begünstigung für die streitigen Monate aufgehoben (§ 48 SGB X) oder zurückgenommen (§ 45 SGB X) werden sollte, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen eine Aufhebung auf einen Zeitpunkt geänderter Verhältnisse zurückwirken sollte, ob für eine in die Vergangenheit zurückwirkende Rücknahme ein Rücknahmeermessen eröffnet war und ausgeübt wurde oder aus welchen Gründen eine Ermessensausübung entbehrlich war. Dahinstehen kann zum anderen auch, ob zumindest der das Verwaltungsverfahren abschließende Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 1994 den Anforderungen, die in den genannten Beziehungen an einen Verwaltungsakt zu stellen sind, genügte und in ihm eine rechtswirksame Aufhebung oder Rücknahme der Begünstigung lag; hiergegen spricht schon seine ausschließliche Ausrichtung an § 42 Abs 2 SGB I. Denn jedenfalls trug die zur Begründung allein herangezogene Norm des § 42 SGB I die geltend gemachte Rückforderung der Sozialzuschläge nach Wortlaut wie Regelungsgehalt nicht.
Gemäß § 42 Abs 2 SGB I, der speziell die Erstattung von Vorschüssen regelt und insoweit allgemeinem Erstattungsrecht vorgeht, sind nur Vorschüsse auf “zustehende” Leistungen anzurechnen und – soweit sie diese übersteigen – vom Empfänger zu erstatten. Entgegen der Bezeichnung im angefochtenen Umwertungsbescheid wurde an die Klägerin jedoch kein derartiger Abschlag auf eine ihr zustehende Leistung erbracht. Denn Vorschuß ist gemäß § 42 Abs 1 Satz 1 SGB I nur die Geldleistung, die erbracht werden kann, wenn dem Grunde nach Anspruch auf die Leistung besteht und lediglich deren Höhe noch ungewiß ist. Die Klägerin hatte indes seit Januar 1992 bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf den Sozialzuschlag. Sie überschritt den Grenzbetrag für die Beanspruchung des neuen Sozialzuschlags ab Januar 1992, dh von Anfang der umgestellten Leistung an.
Der der Klägerin gewährte Sozialzuschlag ist kein Bestandteil der Rente, auf die die Klägerin – unstreitig – bereits vor Erlaß des Umwertungsbescheids Anspruch hatte; es handelt sich vielmehr um eine Leistung eigener Art. Zu gewähren war und ist der Sozialzuschlag nach Maßgabe des Gesetzes zur Zahlung eines Sozialzuschlags zu Renten im Beitrittsgebiet vom 25. Juli 1991 (BGBl I S 1606 – SozZuschlG), geändert durch das Renten-Überleitungsänderungsgesetz (RÜG-ÄndG) vom 18. Dezember 1991 (BGBl I S 2207). Nach § 1 SozZuschlG gehört die Klägerin zwar zu dem anspruchsberechtigten Personenkreis. Denn sie ist Bezieherin einer Rente wegen Alters, der Rentenbezug hat vor dem 1. Januar 1994 begonnen, und sie hatte am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet und diesen Wohnsitz auch während des Rentenbezugs beibehalten. Die Gewährung eines Sozialzuschlags an sie ab Januar 1992 scheiterte aber an den in § 2 Abs 1 SozZuschlG normierten Einkommensgrenzen: Hiernach wird der Sozialzuschlag nur gezahlt, wenn bei Verheirateten das monatliche Gesamteinkommen den Betrag von 960,00 DM (ab 1. Juli 1992: 1.054,00 DM) unterschreitet. Mithin regelt diese Vorschrift – entgegen ihrer Überschrift – nicht nur die Höhe des Sozialzuschlags, sondern auch die dem Anspruch grundsätzlich entgegenstehende Einkommenshöhe iS eines Grenzbetrages. Mit dem monatlichen Gesamteinkommen von über 1.100,00 DM überschritt die Klägerin aber bereits im Januar 1992 diesen Grenzbetrag.
Die Beklagte kann ihren Anspruch auch nicht auf eine entsprechende Anwendung des § 42 Abs 2 SGB I stützen. Zwar hat der 2. Senat des BSG in seinem Urteil vom 12. Mai 1992 (2 RU 7/92 – SozR 3-1200 § 42 Nr 2) für zulässig erklärt, eine Zahlung “entsprechend § 42 Abs 1 SGB I als Vorschuß zu beurteilen”, wenn die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach Schwierigkeiten bereitet und die Ermittlungen dazu voraussichtlich noch längere Zeit erfordern, zwischen den Beteiligten jedoch schon bisher ein Leistungsverhältnis bestand, in dem die Zahlungspflicht dem Grunde nach seit langem feststand. Er hat aber zugleich ausgeführt, der Fall unterscheide sich von der Entscheidung des 7. Senats des BSG vom 11. Juni 1987 (7 RAr 105/85 – BSGE 62, 32 = SozR 4100 § 41 Nr 22), in welcher der 7. Senat eine entsprechende Anwendung des § 42 SGB I abgelehnt habe, wenn es fraglich sei, ob ein Leistungsanspruch dem Grunde nach überhaupt bestehe.
Der Senat hat schon aus rechtssystematischen Erwägungen Bedenken, ob eine entsprechende Anwendung des § 42 Abs 1 SGB I auf Fälle wie den vorliegenden überhaupt in Betracht kommen kann. Denn Grundvoraussetzung für eine analoge Anwendung einer Gesetzesvorschrift ist, daß eine Lücke in der einschlägigen gesetzlichen Regelung vorliegt, die durch eine Analogie geschlossen werden könnte. Mit Rücksicht auf die bereits im Gesetz vorgesehenen Möglichkeiten zur Rückerstattung bereits erbrachter Sozialleistungen ist dies im Blick auf rechtliche Situationen wie hier nicht ohne weiteres erkennbar und unzweifelhaft. Zudem ist die positive Feststellung des Anspruchsgrundes nach Abs 1 Satz 1 der Vorschrift conditio sine qua non. § 42 SGB I ist eine Ausnahmevorschrift, die nicht mit dem Ziel konzipiert wurde, auf jeden Fall ein subsidiäres Entstehen der Sozialhilfe – zB bei der Leistungsfeststellung in der gesetzlichen Rentenversicherung – zu vermeiden (Hauck/Haines, SGB I-Komm, Stand Dezember 1994, RdNr 4c zu K § 42).
Davon abgesehen sind auch die Sachverhalte des vom 2. Senat entschiedenen Rechtsstreits und des Prozesses der Klägerin in den maßgebenden Punkten nicht gleichgelagert. Anders als bei dem vom 2. Senat entschiedenen Fall bestand zwischen den jetzigen Beteiligten nicht schon bisher ein Rechtsverhältnis derart, daß grundsätzlich ein Anspruch auf die gewährte Leistung anzunehmen war und lediglich die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen noch längere Zeit dauerte. Der 2. Senat hat entscheidungserheblich ua auch darauf abgestellt, daß bei einer wirtschaftlichen Notlage des Versicherten und der Tatsache, daß der zuständige Leistungsträger von dem Anspruch “nahezu überzeugt” sei, eine entsprechende Anwendung des § 42 Abs 1 Satz 1 SGB I nur in Betracht komme, wenn der Leistungsberechtigte einen Vorschuß ausdrücklich unter vollem Rückforderungsvorbehalt beantrage. Einen solchen Antrag hat die Klägerin nicht gestellt. Schon aus diesem Grunde scheidet eine entsprechende Anwendung des § 42 Abs 1 Satz 1 SGB I selbst nach Ansicht des 2. Senats des BSG aus.
Bedenken begegnen auch der Umdeutung des Bescheides von einer “Vorschußgewährung” eines Sozialzuschlags in eine “Vorwegzahlung”. Zwar hat das BSG in seinen Entscheidungen vom 11. Juni 1987 (7 RAr 105/85 – BSGE 62, 32 = SozR 4100 § 41 Nr 22), vom 28. Juni 1990 (4 RA 57/89 – BSGE 67, 104) und vom 12. Mai 1992 (2 RU 7/92 – SozR 3-1200 § 42 Nr 2) die Möglichkeit von “Vorwegzahlungen” durch den Leistungsträger für den Fall bejaht, daß eine spezialgesetzliche Regelung – wie zB § 42 SGB I – dies tatbestandsmäßig nicht zuläßt und der gesetzliche Zweck der Leistung nur erreicht werden kann, wenn die Leistung möglichst zeitnah zur Entstehung des Bedarfs, dem sie abhelfen soll, erbracht wird. Die Ermächtigung hierzu sieht das BSG in § 17 Abs 1 Nr 1 SGB I iVm § 9 Satz 2 und § 32 Abs 1 SGB X. Indes hat der Senat Bedenken, ob sich aus § 17 Abs 1 Nr 1 SGB I, der die Leistungsträger ganz generell zu Aktivitäten im Hinblick auf eine zügige Leistungserbringung verpflichtet, diese Aktivitäten jedoch nur in ihrer Zielsetzung, nicht in ihrer konkreten Ausgestaltung umschreibt (vgl Heilemann, Vorläufige Leistungen im Sozialrecht, SGb 1992, S 442 ff, 443), eine “Ermächtigung” zur Leistungsausweitung herleiten läßt. Denn insoweit handelt es sich bei § 17 SGB I um Verfahrensrecht, das den materiellen Rechtsanspruch voraussetzt (vgl auch Hauck/Haines, SGB I-Komm, RdNr 4d zu K § 42).
Aber auch bei Anwendung der Grundsätze der “Vorwegzahlung” rechtfertigt sich die Rückforderung der an die Klägerin erbrachten Sozialzuschlagsleistungen durch die Beklagte nicht. Denn nach § 17 Abs 1 Nr 1 SGB I hat der Leistungsträger nur darauf hinzuwirken, daß der Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen umfassend und schnell erhält. Um diesem Beschleunigungsgebot Rechnung zu tragen, kann er auch einstweilige Regelungen treffen. Hierzu kann er Verwaltungsakte mit Nebenbestimmungen erlassen, mit denen er sicherstellt, daß bei einstweiligen Leistungen diese nur unter den geregelten Voraussetzungen wirksam bleiben. Ausschlaggebend ist dabei, daß dem Adressaten hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X) verdeutlicht wird, daß es sich bei der bekanntgegebenen Regelung derzeit noch nicht um “das letzte Wort der Verwaltung”, dh um eine das Verwaltungsverfahren endgültig abschließende Regelung handelt. Dies kann durch einen ausdrücklichen Hinweis auf die noch ausstehende endgültige Entscheidung (“Vorbehalt der endgültigen Entscheidung”), durch eine auflösende Befristung der Einstweiligkeit der Vorwegzahlung oder durch eine andere klare und zweckmäßige Nebenbestimmung (§ 32 SGB X) geschehen. Entsprechende Nebenbestimmungen hat die Beklagte in ihren Umwertungsbescheid jedoch nicht aufgenommen. Die Absicht, eine einstweilige Regelung iS einer Vorwegzahlung zu treffen, wird aus dem Bescheid, der ausdrücklich auf die Vorschußregelung abstellt, nicht deutlich.
Soweit die Beklagte ausführt, aufgrund der vielfältigen Aufgaben und der durch den Einigungsvertrag geforderten Existenzsicherung seien die Rentenversicherungsträger im Beitrittsgebiet gehalten gewesen, die Zahlung des Sozialzuschlags vorläufig pauschal und ohne Prüfung des Einkommens vorzunehmen, führt dies zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Auch wenn es sich bei dem Sozialzuschlag – den Ausführungen der Beklagten folgend – um eine pauschalisierte Sozialhilfeleistung handelte, die die Träger der Rentenversicherung als versicherungsfreie Auftragsleistung für den Bund erbrachten (§ 3 Abs 1 SozZuschlG regelt die Erstattung der Aufwendungen durch den Bund), bedarf es für die Rückforderung solcher Leistungen einer Rechtsgrundlage. Eine dem § 307a Abs 8 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) entsprechende Regelung, die dem Rentenversicherungsträger die Möglichkeit eröffnet die Umwertung in einem maschinellen Verfahren aus vorhandenen Daten – ohne Einzelfallprüfung – vorläufig vorzunehmen, ist in das SozZuschlG gerade nicht aufgenommen worden. Eine entsprechende Anwendung scheitert schon daran, daß in pauschalierender Weise auf vorhandene Daten bei der Feststellung eines Anspruchs auf Sozialzuschlag nicht zurückgegriffen werden kann. Die sozialhilfeähnliche Leistung erfordert vielmehr – wie oben ausgeführt – eine Einzelfallprüfung. Eine solche hätte – wie mit dem Fragebogen von September 1992, der keinen besonderen Verwaltungsaufwand erkennen läßt, nachgehend durchaus mit dem Umstellungsbescheid, zumindest aber vor dem 1. Januar 1994 durchgeführt werden können.
Das SozZuschlG ist am 25. Juli 1991 erlassen worden, aber als Art 40 RÜG in seinem wesentlichen Gehalt erst am 1. Januar 1992 in Kraft getreten (Art. 40 Abs 1 RÜG; nur Art 40 § 3 Abs 2 RÜG bereits am Tage nach der Verkündung von Art 42 Abs 8 RÜG). Die Beklagte hatte mithin hinreichend Zeit, sich auf die geänderte Rechtslage einzustellen. Daß sie dies auch getan hat, zeigt im übrigen die Tatsache, daß sie zwar eine Regelung bezüglich des geänderten Sozialzuschlags durch den Umwertungsbescheid vom 27. November 1991 aufgenommen hat, die Regelung aber rechtsfehlerhaft war. Indes wäre es ihr genausogut möglich gewesen, eine rechtsfehlerfreie Regelung durch Aufnahme einer – zulässigen – Nebenbestimmung (§ 32 SGB X) in den Bescheid zu treffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen