Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestandsschutz von Alt-Krankenhäusern. Verantwortung für belegärztliche Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Ablehnung der Bereiterklärung eines Krankenhauses zur Krankenhauspflege, insbesondere zum Bestandsschutz der am 1.1.1972 betriebenen Krankenhäuser.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine den Bestandsschutz nach § 371 RVO ausschließende wesentliche Änderung der Zielsetzung des Krankenhauses kann erst angenommen werden, wenn die beabsichtigte oder zugesagte Änderung des Krankenhausbetriebs vollzogen ist.

2. Die Frage der Gefährdung der Ziele des Krankenhausplans gemäß § 371 Abs 2 S 1 RVO läßt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Umstände beantworten.

 

Orientierungssatz

1. Wenn eine Umstellung vom Krankenhausträger ernsthaft angestrebt wurde, jedoch aus Gründen scheiterte, die nicht in seinen Verantwortungsbereich fallen (zB wenn ein Bedürfnis für Aufgaben, auf die das Krankenhaus umgestellt werden sollte, nicht mehr besteht), so kann die Verpflichtungserklärung allein nicht den Wegfall des Bestandsschutzes begründen.

2. Ein Krankenhausträger, der die Einstellung des Krankenhausbetriebes bedingungslos und definitiv zugesagt und dafür als Entschädigung Ausgleichszahlungen nach § 8 Abs 2 KHG aF erhalten hat, muß sich diese Zusage auch von den gesetzlichen Krankenkassen entgegenhalten lassen. Verfassungsrechtliche Gründe sprechen nicht gegen die Verbindlichkeit dieser Zusage.

3. Bei den Ausgleichszahlungen nach § 8 Abs 2 KHG aF handelte es sich (auch) um eine Entschädigung für einen enteignungsgleichen Eingriff.

4. Die Verantwortung für die belegärztliche Tätigkeit (für eine Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst, für eine wirtschaftliche Behandlungsweise, für die Einhaltung der berufsrechtlichen Fachgebietsbeschränkung usw) trägt der Kassenarzt. Die belegärztliche Behandlung (die stationäre Behandlung durch Kassenärzte) unterliegt den Regeln der kassenärztlichen Versorgung (§ 368g Abs 6 RVO). Es gelten generell die Bestimmungen des BMV-Ärzte (§ 36 BMV-Ärzte), also auch die Bestimmungen über die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Behandlungsweise (§ 368n Abs 5 iVm §§ 33 ff BMV-Ärzte).

5. Eine wesentliche Änderung der Zielsetzung bei den seit 1.1.1972 betriebenen Krankenhäusern mit der Folge eines Wegfalls des Bestandsschutzes iS des § 371 Abs 3 RVO kann erst angenommen werden, wenn eine beabsichtigte oder zugesagte Änderung vollzogen ist. Eine bedingungslos und definitiv erklärte zeitliche Begrenzung des Krankenhausbetriebs und dafür erfolgte Ausgleichszahlungen nach § 8 Abs 2 KHG aF können einer vollzogenen Änderung gleichkommen.

 

Normenkette

RVO § 371 Abs. 1 Fassung: 1977-06-27, Abs. 2 S. 1 Alt. 1 Fassung: 1977-06-27, Abs. 3 Fassung: 1981-12-22; KHG § 8 Abs. 2 Fassung: 1972-06-29; RVO § 368g Abs. 6 Fassung: 1977-06-27; BMV-Ä § 36; RVO § 368n Abs. 5 Fassung: 1977-06-27; BMV-Ä § 33; RVO § 371 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 Fassung: 1977-06-27; GG Art. 12 Abs. 1, Art. 14

 

Verfahrensgang

LSG für das Saarland (Urteil vom 26.06.1985; Aktenzeichen L 1 K 7/84)

SG für das Saarland (Entscheidung vom 29.02.1984; Aktenzeichen S 1 K 28/83)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Annahme einer Bereiterklärung nach § 371 der Reichsversicherungsordnung (RVO).

Die Klägerin, eine Stiftung des privaten Rechts, ist Trägerin des 1883 gegründeten freigemeinnützigen St. Nikolaus-Krankenhauses in W. Das Krankenhaus wird als reines Belegkrankenhaus geführt und hat vier Abteilungen mit insgesamt 113 Betten. Es ist nicht in den Krankenhausbedarfsplan des Saarlandes aufgenommen. Die Klägerin erhielt jedoch von dem beigeladenen Land Ausgleichszahlungen nach § 8 Abs 2 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze vom 29. Juni 1972 (BGBl I, 1009) -KHG aF-, nachdem sie diesem gegenüber im Anschluß an eine mündliche Besprechung mit Schreiben vom 15. Oktober 1973 ihre Bereitschaft erklärt hatte, das Krankenhaus nach Ablauf einer Übergangszeit umzustellen. In der Folgezeit bemühte sie sich weiterhin wiederholt um die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan, wobei sie die Umstellung in ein Nachsorgekrankenhaus bzw in ein Sonderkrankenhaus in Erwägung zog. Diese Bemühungen sind bisher ohne Erfolg geblieben.

Im April 1983 erklärte sich die Klägerin der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) gegenüber gemäß § 371 Abs 1 RVO bereit, Krankenhauspflege von Versicherten durchzuführen. Diese Bereiterklärung lehnte die Beklagte mit Zustimmung des Beigeladen ab, weil der Fortbestand des Krankenhauses der Klägerin die Ziele des Krankenhausbedarfsplanes (Abbau eines Überangebots an Betten) gefährde, die Klägerin sich nicht auf den erweiterten Bestandsschutz für Althäuser nach § 371 Abs 3 RVO berufen könne und letztlich die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Krankenhauspflege nicht vorlägen.

Das Sozialgericht (SG) hat den Bescheid der Beklagten aufgehoben. Nach seiner Ansicht genieße die Klägerin Bestandsschutz. Auch sei das Vorbringen der Beklagten nicht geeignet, von einer zu aufwendigen und damit unwirtschaftlichen Krankenhauspflege auszugehen, zumal der Pflegesatz der Klägerin, wie von der Beklagten zugestanden werde, zu den niedrigsten Pflegesätzen aller Krankenhäuser im Saarland zähle.

Auf die Berufung der Beklagten und des Beigeladenen hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt es aus: Die Gefährdung der Ziele des Krankenhausbedarfsplanes des Saarlandes durch den Fortbestand des Hauses der Klägerin liege in der Tatsache begründet, daß der erhebliche Überhang an Krankenhausbetten im Saarland eine Verminderung der Zahl der Krankenhäuser zur vorrangigen Planaufgabe nach §§ 1 und 6 KHG zwingend erforderlich mache, um - wie das Gesetz selbst die Ziele eines Krankenhausplanes bestimme - zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser, zur Gewährleistung einer bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern und zur Erreichung sozial tragbarer Pflegesätze beizutragen. Zu diesem Zweck sei das Krankenhaus der Klägerin nicht in den Krankenhausbedarfsplan aufgenommen worden. Es müsse iS einer Zielgefährdung als ausreichend angesehen werden, wenn der Fortbestand des Hauses der Klägerin den Bedarfsdeterminanten des Krankenhausbedarfsplanes des Landes nicht entspreche. Da sich die Klägerin verpflichtet habe, bis spätestens zum Ablauf der Umstellungsfrist nach § 8 Abs 2 KHG aF den Betrieb des Krankenhauses einzustellen und sich auf andere Aufgaben umzustellen, könne sie sich nicht auf den Bestandsschutz für Althäuser nach § 371 Abs 3 RVO berufen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die den Gesetzgeber zur Bestandsschutzregelung veranlaßt hätten, zwängen nicht zu dem Schluß, daß private Träger auch dann den Bestandsschutz beanspruchen können, wenn sie sich nach 1972 rechtsverbindlich zur Umstellung ihres Krankenhauses verpflichtet und über Jahre hin entsprechende Umstellungshilfen nach § 8 Abs 2 KHG aF entgegengenommen haben. Auch Grundrechtspositionen seien nicht unverzichtbar. Die Klägerin biete darüber hinaus nicht die Gewähr für eine wirtschaftliche Krankenhauspflege. Sie habe für 1983 10.850 Pflegetage abgerechnet, für die eine medizinische Notwendigkeit nicht begründet gewesen sei. Auch die Durchsicht der Behandlungsfälle im einzelnen ergebe Auffälligkeiten, die für eine unwirtschaftliche Behandlungsweise sprächen. Ein Fallkostenvergleich sei aus grundsätzlichen Überlegungen nicht geeignet, die festgestellte Unwirtschaftlichkeit zu widerlegen. Der Einwand der Klägerin, sie habe als Trägerin eines reinen Belegkrankenhauses weder auf die Einweisung der Patienten noch auf die Dauer ihres Aufenthaltes einen Einfluß, könne eine andere Beurteilung nicht rechtfertigen, denn es gehöre naturgemäß in allen Krankenhäusern die Einweisung oder doch zumindest die Aufnahme eines Patienten und insbesondere die Dauer des Aufenthaltes in den Verantwortungsbereich der Ärzte.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Sie macht vor allem geltend: Gegen § 371 Abs 2 Satz 1 RVO bestünden insoweit verfassungsrechtliche Bedenken, als die Ablehnung der Bereiterklärung mit einer Gefährdung der Ziele des Krankenhausbedarfsplanes begründet werden können. Als grundrechtliche Schranken kämen vor allem Art 12 und Art 14 des Grundgesetzes (GG) sowie für kirchliche Krankenhausträger die Religionsausübungsfreiheit und die Kirchengutsgarantie - Art 4 Abs 1 GG, Art 140 GG iVm Art 137 Abs 2 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) und Art 138 Abs 2 WRV - in Betracht. Die verfassungsrechtlichen Bedenken ließen sich allein dadurch ausräumen, daß § 371 Abs 2 Satz 1 RVO verfassungskonform ausgelegt werde. Eine solche Auslegung verlange, daß an die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "Gefährdung der Ziele des Krankenhausbedarfsplans" hohe Anforderungen gestellt werden. Dies sei vom LSG nicht beachtet worden. Das LSG habe ferner unter Verstoß gegen Bundesrecht (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB- analog) angenommen, sie (die Klägerin) habe rechtswirksam auf den in § 371 Abs 3 RVO gewährleisteten Bestandsschutz für Althäuser verzichtet. Außerdem sei mit Bundesrecht die Argumentation des LSG nicht vereinbar, die Bereiterklärung habe wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit der Krankenhauspflege nicht angenommen werden dürfen. Eine Übertragung der Grundsätze des Bundessozialgerichts (BSG) zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit im ambulanten Kassenarztrecht sei nach Wortlaut, Sinn und Zweck des § 371 Abs 2 Satz 1 RVO nicht möglich. Schließlich seien dem LSG schwere Verfahrensfehler unterlaufen (Verletzung des § 103 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG- sowie des § 62, des § 106 Abs 1, des § 108 Satz 2 und des § 128 Abs 2 SGG).

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 26. Juni 1985 aufzuheben und die Berufung der Beklagten und des Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 29. Februar 1984 zurückzuweisen, hilfsweise, festzustellen, daß die Klägerin Vertragskrankenhaus der Beklagten entsprechend § 184 Abs 2 RVO ist.

Die Beklagte und der Beigeladene beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Sie halten die Revisionsrügen für unbegründet und das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin führt zur Zurückverweisung der Streitsache an die Vorinstanz. Die Tatsachenfeststellungen des LSG reichen nicht aus, um den Rechtsstreit abschließend entscheiden zu können. Dem Revisionsgericht ist es verwehrt, die fehlenden Tatsachenfeststellungen selbst zu treffen (§ 163 SGG). Es kann sich daher auch nicht mit dem Tatsachenvorbringen der Beteiligten im Revisionsverfahren befassen.

§ 371 Abs 1 und 2 RVO in der ab 1. Januar 1978 geltenden Fassung durch Art 1 § 1 Nr 40 des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes (KVKG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I 1069) bestätigt das grundsätzliche Recht der Krankenhäuser auch für die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung Krankenhauspflege zu leisten. Dieses Recht steht ohne weiteres denjenigen Krankenhäusern zu, die in den Krankenhausbedarfsplan des Landes aufgenommen sind. Andere Krankenhäuser können von dem Recht Gebrauch machen, indem sie gegenüber den Krankenkassen eine entsprechende Bereiterklärung abgeben. Eine solche Bereiterklärung abzulehnen oder einen bereits bestehenden Vertrag zu kündigen, ist den Landesverbänden der Krankenkassen (im Saarland den Krankenkassen selbst, BGBl 1960 I 194) nur erlaubt, wenn eine Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses wirtschaftliche Krankenhauspflege nicht gegeben ist oder die Ziele des Krankenhausbedarfsplanes gefährdet werden (zur verfassungskonformen Auslegung des § 371 RVO: Urteil des Senats vom 15. Januar 1986 -3/8 RK 5/84-). Die Ablehnung oder die Annahme der Bereiterklärung sowie die Kündigung eines Vertrages bedürfen der Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde. Nach Absatz 3 des § 371 RVO, der mit Wirkung vom 1. Juli 1982 durch das Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz (KHKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1568) - Art 2 Nr 7 - eingefügt worden ist, können die Ablehnung der Bereiterklärung und die Entscheidung der Aufsichtsbehörde nicht mit einer Gefährdung der Ziele des Krankenhausbedarfsplanes begründet werden, wenn das Krankenhaus 1. am 1. Januar 1972 betrieben und seitdem ohne Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan, ohne Veräußerung und ohne wesentliche Änderung der Zielsetzung und des Bettenbestandes ununterbrochen fortgeführt wurde und 2. für die Kalenderjahre 1975 bis 1979 im Durchschnitt mindestens 40vH der Pflegetage mit Sozialleistungsträgern oder mit Patienten abgerechnet hat, die keine höheren als die den Sozialleistungsträgern berechneten Pflegesätze zahlten. Durch diese Vorschrift wird denjenigen Krankenhäusern Bestands- und Vertrauensschutz eingeräumt, die bereits vor Inkrafttreten des KHG vom 29. Juni 1972 betrieben wurden, zwischenzeitlich keine wesentlichen Änderungen erfuhren (Nr 1) und für die letzten Jahre das Kriterium der Gemeinnützigkeit erfüllten (Nr 2); Voraussetzung bleibt jedoch, daß die Krankenhäuser eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenpflege anbieten (BT-Drucks 9/570 S 22 und 28).

Das LSG ist der Meinung, die Klägerin könne sich nicht auf den Bestandsschutz des § 371 Abs 3 RVO berufen. Es hält der Klägerin entgegen, sie habe sich mit dem Schreiben vom 15. Oktober 1973 dem Beigeladenen gegenüber bereit erklärt, ihr Krankenhaus nach Ablauf einer Übergangszeit umzustellen, und sie habe deshalb auch Umstellungshilfe nach § 8 Abs 2 KHG aF erhalten. Diese Begründung rechtfertigt jedoch noch nicht den Schluß, der Klägerin stehe der Bestandsschutz nach § 371 Abs 3 RVO nicht zu. In der Bereiterklärung, das Krankenhaus umzustellen, ist zunächst nur, wie auch das SG angenommen hat, eine Absichts- oder Verpflichtungserklärung zu sehen. Eine wesentliche Änderung der Zielsetzung des Krankenhauses, die den Bestandsschutz aufhebt, kann dagegen erst angenommen werden, wenn die beabsichtigte oder zugesagte Änderung vollzogen ist (zB das Leistungsangebot oder die Aufgabenstellung des Krankenhauses geändert worden ist). Für diese Auslegung spricht zunächst der Wortlaut der Regelung. Hätte der Gesetzgeber bereits bei einer Bereiterklärung zur Umstellung und bei einer Gewährung von Ausgleichsleistungen nach § 8 Abs 2 KHG aF den Bestandsschutz vorenthalten wollen, so hätte es nahegelegen, dies in § 371 Abs 3 RVO zum Ausdruck zu bringen; das wäre in Anbetracht des offenkundigen Bezuges des § 371 RVO zum KHG zu erwarten gewesen. Auch der Wortlaut des § 8 Abs 2 KHG aF zwingt nicht dazu, bei allen Krankenhäusern, die nach dieser Vorschrift Ausgleichszahlungen erhielten, eine Änderung der Zielsetzung des Krankenhauses zu unterstellen. Die Vorschrift ordnete an (sie hat heute einen anderen Inhalt), daß den anderen - nicht in die Förderung einbezogenen - Krankenhäusern, die bei Inkrafttreten des Gesetzes betrieben wurden, zur Vermeidung von unzumutbaren Härten ein Ausgleich für eine begrenzte Übergangszeit (nicht über 10 Jahre hinaus) zu gewähren war, wenn damit die Umstellung auf andere Aufgaben oder die Einstellung des Betriebs erleichtert wurde. Die Ausgleichszahlungen sollten also die Umstellung bzw Einstellung erleichtern, sie setzten aber nicht eine vollzogene Änderung voraus. § 15 Abs 4 KHG aF enthielt eine Regelung für den Fall, daß es nicht zu der angenommenen Änderung kam.

Die zum § 371 Abs 3 RVO führende Rechtsentwicklung läßt es nicht zu, die Vorschrift dahingehend einengend auszulegen, daß eine vor ihrem Inkrafttreten abgegebene, durch die frühere Gesetzeslage veranlaßte Erklärung des Krankenhausträgers, das Krankenhaus umzustellen, einer (vollzogenen) Änderung gleichzusetzen ist. Die am 1. Januar 1978 in Kraft getretene Neufassung des § 371 Abs 2 Satz 1 RVO verstärkte die schon gegen das KHG in der ursprünglichen Fassung vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken. Beanstandet wurden vor allem Verstöße gegen Art 12 und Art 14 GG und, soweit die Kirchen betroffen sind, gegen Art 140 GG iVm Art 138 Abs 2 WRV (Bachof/Scheuing, Krankenhausfinanzierung und Grundgesetz, Rechtsgutachten, Juli 1971; dieselben, Verfassungsrechtliche Probleme der Novellierung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, Rechtsgutachten, November 1978, insbesondere Seite 11 mit belegtem Hinweis darauf, daß das Ergebnis des Gutachtens 1971, das KHG verstoße vor allem gegen Art 14 GG, weitgehend Zustimmung erfahren habe). Während der Regierungsentwurf des KVKG die Ablehnung der Bereiterklärung eines Krankenhauses von dem kumulativen Vorliegen beider in § 371 Abs 2 Satz 1 RVO genannten Voraussetzungen abhängig machte, und damit die Möglichkeit der Ablehnung eng begrenzte, wurde auf Intervention des Bundesrates (BR-Drucks 225/77, BT-Drucks 8/557) und gemäß dem Beschluß des Vermittlungsausschusses (BT-Drucks 8/652) die noch heute geltende Regelung verabschiedet, wonach für die Ablehnung das alternative Vorliegen einer der beiden Voraussetzungen genügt. Damit konnte auch ein - eventuell schon lange - bestehendes Krankenhaus eines privaten oder freigemeinnützigen Krankenhausträgers allein wegen Gefährdung der Ziele des Krankenhausbedarfsplanes von der Berechtigung zur Behandlung von Versicherten ausgeschlossen werden, selbst wenn es nach wie vor ein leistungsfähiges und wirtschaftlich arbeitendes Krankenhaus war. Ohne diese Behandlungsberechtigung ist ein Krankenhaus in der Regel zur Betriebsaufgabe gezwungen (vgl Urteil des Senats vom 15. Januar 1986). Es kann nicht zweifelhaft sein, daß es sich dabei um einen Eingriff mit Enteignungscharakter handelt. Für die Frage der Zulässigkeit eines solchen Eingriffs ist ua der Gesichtspunkt bedeutsam, daß von einer auf die Zukunft gerichteten Krankenhausplanung erwartet werden kann, bestehende leistungsfähige Krankenhäuser in die Planung einzubeziehen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken waren offenbar Anlaß zu bald einsetzenden Gesetzesinitiativen.

Bereits im Dezember 1977 - also noch vor dem Inkrafttreten der auf Änderungswünsche während des Gesetzgebungsverfahrens beruhenden Neufassung des § 371 Abs 1 und 2 - hatte der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA) die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft sowie das Bundesversicherungsamt zu einer Erörterung von Fragen zur Neufassung des § 371 RVO eingeladen. Die Besprechungsteilnehmer hielten eine vom BMA vorgelegte Empfehlung (vom 5. Dezember 1977 - V a 4- 43547-1/1) für vertretbar und zweckmäßig, die ua vorsah, bei Krankenhäusern, die nicht im Krankenhausbedarfsplan aufgenommen, aber am 1. Januar 1973 vorhanden waren und im Jahre 1977 einen bestimmten Prozentsatz der Pflegetage (25 vH bzw 30 vH) abgerechnet hatten, vorbehaltlich einer späteren näheren Überprüfung davon auszugehen, daß die Voraussetzungen für die Annahme der Bereiterklärung vorliegen (auf diese Empfehlung wird Bezug genommen in BT-Drucks 8/3758 Seite 10 und 9/570 Seite 28). Am 28. August 1978 legte die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des - nun so bezeichneten - Krankenhausfinanzierungsgesetzes vor (BT-Drucks 8/2067), dem der Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung eine dem heute geltenden § 371 Abs 3 RVO entsprechende Bestandsschutzregelung hinzufügte (BT-Drucks 8/3495). Es sollte damit sichergestellt werden, daß der Gesichtspunkt des Bestands- und Vertrauensschutzes für diejenigen Krankenhäuser beachtet wird, die schon vor Inkrafttreten des KHG betrieben wurden. Der Ausschuß ging einvernehmlich davon aus, daß bei der Beurteilung, ob eine Änderung als "wesentlich" anzusehen ist, nicht kleinlich verfahren und ein berechtigtes Bedürfnis nach Bestands- und Vertrauensschutz beachtet wird. Die Regelung sollte auch in den noch nicht abgeschlossenen Verfahren zur Anwendung kommen (BT-Drucks 8/3758 Seite 10 und 11). Das Gesetzesvorhaben ist dann aus Gründen gescheitert, die mit der Bestandsschutzregelung in keinem Zusammenhang standen (BT-Drucks 8/3925, 4093, 4213, 4240, 4364, 4387). So ist die Regelung erst durch das KHKG in die RVO eingefügt worden. Die aus verfassungsrechtlichen Gründen vorgenommene Korrektur muß voll zur Geltung kommen. Sie kann nicht durch eine Auslegung unterlaufen werden, die weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift gerecht wird. Nur bereits vollzogene Änderungen (Veräußerungen sowie wesentliche Änderungen der Zielsetzung und des Bettenbestandes) schließen den Bestandsschutz aus.

Im Berufungsurteil finden sich allerdings auch Darlegungen, die dafür sprechen, daß bereits eine wesentliche Änderung des Krankenhauses der Klägerin vollzogen wurde: Das Krankenhaus habe ab 1972 nur noch als "Umstellungskrankenhaus" oder als "Krankenhaus auf Zeit" bestanden und die Erklärung der Klägerin habe "ein definitives Ausscheiden aus dem Kreis der Akutkrankenhäuser" bedeutet. Diese Darlegungen sind jedoch in tatsächlicher Hinsicht nicht eindeutig. Sie lassen sich in Anbetracht der übrigen Feststellungen jedenfalls nicht so verstehen, daß der Krankenhausbetrieb schon 1972/1973 umgestellt wurde. Es liegt nahe, daß das LSG, auch wenn es eine entsprechende Schlußfolgerung dahingestellt sein läßt, eine wesentliche Änderung der Zielsetzung in einer zeitlichen Begrenzung der Fortführung des Krankenhausbetriebes sieht. Eine solche zeitliche Begrenzung kann dann als eine Änderung der Zielsetzung des Krankenhauses anerkannt werden, wenn sie endgültig und nicht von weiteren Umständen abhängig gemacht war. Das aber ist im vorliegenden Fall nicht geklärt. Aufgrund der Tatsachenfeststellungen des LSG, insbesondere des Inhalts des Schreibens der Klägerin vom 15. Oktober 1973, ist auch in Betracht zu ziehen, daß sich die Klägerin lediglich verpflichten wollte, sich um eine Umstellung des Krankenhauses auf andere Aufgaben zu bemühen. In diesem Falle läge eine wesentliche Änderung iS des § 371 Abs 3 RVO erst nach einem erfolgreichen Abschluß der zugesagten Bemühungen vor, wobei allerdings zu erwägen wäre, eine unterbliebene Umstellung, die der Krankenhausträger zu verantworten hat, einer vollzogenen Änderung gleichzuachten. Wenn aber die Umstellung vom Krankenhausträger ernsthaft angestrebt wurde, jedoch aus Gründen scheiterte, die nicht in seinen Verantwortungsbereich fallen (zB wenn ein Bedürfnis für Aufgaben, auf die das Krankenhaus umgestellt werden sollte, nicht mehr besteht), so kann die Verpflichtungserklärung allein nicht den Wegfall des Bestandsschutzes begründen. Zu klären wäre auch, warum der Beigeladene die der Klägerin nach § 8 Abs 2 KHG aF gewährten Ausgleichszahlungen zurückfordert. Wären die Auszahlungen als Entschädigung für einen bereits vollzogenen enteignungsgleichen Eingriff (zeitliche Begrenzung des Krankenhausbetriebes) gedacht gewesen, ließe sich jedenfalls eine vollständige Rückforderung nicht ohne weiteres erklären. Gegen eine bereits 1972/ 1973 endgültig zugesagte Beendigung des Krankenhausbetriebes spricht auch, daß sich die Klägerin, wie das LSG festgestellt hat, weiterhin um die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan bemühte (eventuell als Nachsorgekrankenhaus oder als Sonderkrankenhaus). Nach den Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil soll die Klägerin die Umstellung an bestimmte Bedingungen geknüpft haben, die nach Auffassung aller Beteiligten nicht eingetreten seien; auch soll es der Klägerin stets nur um die Fortsetzung und die Existenzsicherung des Krankenhauses gegangen sein. Hinweise für die Beantwortung der Frage, ob die Zielsetzung des Krankenhauses der Klägerin geändert wurde, können sich unter Umständen auch aus den Belegarztanerkennungen der am Krankenhaus tätigen Kassenärzte und ihren eventuellen Änderungen ergeben (vgl § 5 des Vertrages zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung -KÄBV- einerseits und den Bundesverbänden der gesetzlichen Krankenkassen andererseits vom 16. August 1978 über die stationäre kassenärztliche Behandlung in Krankenhäusern - Belegarztvertrag - Anlage 1 zum BMV-Ärzte; § 10 Nr 10 bis 12 des Arzt/Ersatzkassen-Vertrages -EKV-).

Ein Krankenhausträger, der die Einstellung des Krankenhausbetriebes bedingungslos und definitiv zugesagt und dafür als Entschädigung Ausgleichszahlungen nach § 8 Abs 2 KHG aF erhalten hat, muß sich diese Zusage auch von den gesetzlichen Krankenkassen entgegenhalten lassen. Verfassungsrechtliche Gründe sprechen nicht gegen die Verbindlichkeit dieser Zusage. Es sind zwar, wie bereits dargelegt, auch gegen das KHG vom 29. Juni 1972 insofern verfassungsrechtliche Bedenken erhoben worden, als Krankenhäusern die Förderung verweigert (§ 8 Abs 1 KHG aF), ihnen aber dennoch verboten wurde, von den Sozialleistungsträgern höhere Pflegesätze zu fordern, als an die geförderten Krankenhäuser zu zahlen waren (§ 15 Abs 5 KHG aF). Da aber die Selbstkosten eines sparsam wirtschaftenden und leistungsfähigen Krankenhauses nur mit der Förderung nach dem KHG (Förderung der betriebsnotwendigen Investitionen) und den Pflegesätzen (Entgelt für die reinen Betriebskosten) gedeckt wurden - duales Finanzierungssystem (§ 4 Abs 1 KHG aF; § 4 KHG idF des Krankenhaus-Neuordnungsgesetzes vom 20. Dezember 1984) -, waren die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der nicht geförderten Krankenhäuser vorgegeben (Bachof/Scheuing, Gutachten 1978, Seite 11; zu den Zielvorstellungen, den Grundgedanken und Auswirkungen des KHG sowie zu seinen Novellierungen: Karl Jung, KHG, 2. Aufl). Diese Schwierigkeiten bestanden in ähnlicher Weise schon lange vor dem KHG. Auch nach der Verordnung PR Nr 7/54 vom 31. August 1954 über Pflegesätze von Krankenanstalten (BAnz Nr 173/1954) war es den Krankenhausträgern nicht möglich, ihre Selbstkosten zu erwirtschaften (vgl Jung aaO Seite 1). Die Folge war, daß die Krankenhausträger entweder zum Ausgleich des Verlustes und für notwendige Investitionen Fremdmittel einsetzen mußten (zB die gemeinnützigen Krankenhäuser Mittel aus Spenden, Beiträgen und Abgaben ihrer Mitglieder) oder notwendige Investitionen unterließen (vgl Jung aaO Seite 2). Wenn Krankenhausträger in Anbetracht dieser Situation von dem Angebot Gebrauch machten, gegen eine Entschädigung in Form von Ausgleichsleistungen nach § 8 Abs 2 KHG aF den Krankenhausbetrieb einzustellen, konnten sie sich zwar zur Aufgabe gezwungen sehen; sie trafen aber selbst die Entscheidung, das Krankenhaus gegen die angebotene Entschädigung aufzugeben. In diesem Sinne ist dem LSG zuzustimmen, wenn es ausführt, daß Rechtspositionen, auch Grundrechtspositionen, nicht unverzichtbar sind.

Bei den Ausgleichszahlungen nach § 8 Abs 2 KHG aF handelte es sich (auch) um eine Entschädigung für einen enteignungsgleichen Eingriff. Zwar verwies die Vorschrift auf § 9 Abs 3 und 4 sowie §§ 10 bis 12 KHG aF, die sich mit der Förderung der Wiederbeschaffung von mittel- und kurzfristigen Anlagegütern befaßten. Man könnte daher daran denken, daß nur Mittel für diesen Zweck bereitgestellt werden sollten. Das war jedoch nicht der Fall. § 8 Abs 2 KHG aF verwies auf jene Vorschriften nur zur Bemessung der Höhe der Ausgleichszahlungen. Es wäre auch nicht verständlich, einem Krankenhaus, das in einem Zeitraum von längstens 10 Jahren auf andere Aufgaben umgestellt oder überhaupt eingestellt werden sollte, noch die Anschaffung von mittelfristigen Anlagegütern zu finanzieren, für die eine Nutzungsdauer von 15 bis 30 Jahren angenommen wurde (§ 9 Abs 3 KHG aF). Der Regierungsentwurf des KHG sah das allerdings noch anders. Sein § 8 Abs 2 wollte lediglich die Möglichkeit ("kann") einführen, "die Förderung nach den §§ 10 bis 12 ... zu gewähren". Es sollten, um die nicht in den Krankenhausbedarfsplan aufgenommenen Krankenhäuser bis zum Umstellungszeitpunkt funktionsfähig zu erhalten, die bis dahin für die Fortführung des Betriebes notwendigen Mittel gewährt werden (BT-Drucks VI/1874 Seite 15). Für die endgültige Fassung der Vorschrift war dann aber der Entschädigungsgesichtspunkt mitbestimmend. Während des Gesetzgebungsverfahrens hielt man es nach einer verfassungsrechtlichen Prüfung durch den Rechtsausschuß des Bundestages für erforderlich, die Kann-Vorschrift in allen Fällen in eine Verpflichtung umzuwandeln. Der zuständige Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit brachte mehrheitlich zum Ausdruck, daß, soweit ein nach Art 14 GG entschädigungspflichtiger Eingriff vorliege, in der beschlossenen Fassung des § 8 Abs 2 nunmehr eine angemessene Entschädigung iS dieser Grundrechtsvorschrift zu sehen sei (Anlage zu BT-Drucks VI/3082 Seite 8). Die beschlossene Fassung sprach nicht mehr von einer Förderung der Wiederbeschaffung von Anlagegütern, sondern von einem Ausgleich, der bis zur Höhe des Betrages zu zahlen war, der einem vergleichbaren öffentlich geförderten Krankenhaus aufgrund des § 9 Abs 3 und 4 (Förderung mittelfristiger Anlagegüter) und der §§ 10 bis 12 gewährt wurde.

Sollte sich ergeben, daß es sich bei dem Krankenhaus der Klägerin nur noch um ein "Krankenhaus auf Zeit" handelt, weil die Klägerin die Einstellung des Krankenhausbetriebes endgültig zugesagt und dafür eine Entschädigung erhalten hat, wäre die 2. Alternative des § 371 Abs 2 Satz 2 RVO anzuwenden. Entgegen der Auffassung des LSG ist jedoch dieser Ablehnungsgrund im vorliegenden Fall nicht schon deshalb gegeben, weil der erhebliche Überhang von Krankenhausbetten im Saarland eine Verminderung der Zahl der Krankenhäuser erforderlich macht, das Krankenhaus der Klägerin nicht im Krankenhausbedarfsplan aufgenommen ist und der Fortbestand des Krankenhauses den "Bedarfsdeterminanten des Krankenhausbedarfsplanes" nicht entspricht. Der notwendige Abbau des Bettenüberhangs erklärt noch nicht, warum gerade das Krankenhaus der Klägerin nicht weiter an der Versorgung der Versicherten teilnehmen darf. Diese Frage läßt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Umstände beantworten. Dazu ist es zunächst erforderlich, alle Ziele des Krankenhausbedarfsplanes festzustellen und sie bei der vorzunehmenden Abwägung an den allgemeinen Zielen des § 1 KHG zu messen (Urteil des Senats vom 15. Januar 1986). Nach Absatz 2 des § 1 KHG in der nun geltenden Fassung des Krankenhausneuordnungsgesetzes ist bei der Durchführung des Gesetzes die Vielfalt der Krankenhausträger zu beachten und nach Maßgabe des Landesrechts insbesondere die wirtschaftliche Sicherung freigemeinnütziger und privater Krankenhäuser zu gewährleisten (vgl Jung aaO Seite 46 f). Im vorliegenden Fall wird man bei der Gesamtwürdigung gegebenenfalls auch den Umstand zu berücksichtigen haben, daß die Klägerin - was die Anwendung der 2. Alternative des § 371 Abs 2 Satz 1 RVO voraussetzt - der Beendigung des Krankenhausbetriebes zugestimmt hat.

Schließlich rügt die Klägerin begründet eine Rechtsverletzung bei der Prüfung der 1. Alternative des § 371 Abs 2 Satz 1 RVO. Es ist zwar nichts dagegen einzuwenden, wenn man bei dieser Prüfung wie bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung der ambulanten Behandlungstätigkeit eines Kassenarztes von einem Kostenvergleich mit den Durchschnittswerten vergleichbarer Krankenhäuser ausgeht. Entgegen der Auffassung des LSG ist aber bei einem reinen Belegkrankenhaus (ohne eigene ärztliche Dienste) zwischen dem Verantwortungsbereich des Belegkrankenhauses und dem Verantwortungsbereich der Belegärzte zu unterscheiden. Während bei dem regulären Krankenhaus die ärztlichen Leistungen von dem ärztlichen Personal des Krankenhauses erbracht werden und deshalb das Krankenhaus für die gesamte stationäre Behandlung verantwortlich ist, wird die belegärztliche Behandlung von einem Kassenarzt durchgeführt, der als niedergelassener Arzt einen freien Beruf ausübt und nicht in einem Anstellungsverhältnis zum Krankenhaus steht. Die Anerkennung als Belegarzt setzt lediglich voraus, daß ein Krankenhaus dem Kassenarzt die belegärztliche Tätigkeit gestattet und eine bestimmte Zahl von Betten zur Verfügung stellt (§ 4 Nr 2 des Belegarzt-Vertrages). Das Krankenhaus wird durch die Gestattung verpflichtet, die Voraussetzungen für die belegärztliche Tätigkeit zu schaffen, ua die Behandlungsräume, die medizinischen Geräte und das nichtärztliche Personal zur Verfügung zu stellen (im einzelnen richtet sich die Verpflichtung nach der zwischen dem Krankenhaus und dem Belegarzt getroffenen Vereinbarung). Die Verantwortung für die belegärztliche Tätigkeit (für eine Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst, für eine wirtschaftliche Behandlungsweise, für die Einhaltung der berufsrechtlichen Fachgebietsbeschränkung usw) trägt der Kassenarzt. Die belegärztliche Behandlung (die stationäre Behandlung durch Kassenärzte) unterliegt den Regeln der kassenärztlichen Versorgung (§ 368g Abs 6 RVO). Es gelten generell die Bestimmungen des BMV-Ärzte (§ 36 BMV-Ärzte), also auch die Bestimmungen über die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Behandlungsweise (§ 368n Abs 5 iVm §§ 33 ff BMV-Ärzte). Dem Belegarzt ist insbesondere aufgegeben, in Beachtung der ihm obliegenden Verpflichtung zur Wirtschaftlichkeit dafür zu sorgen, daß der Kranke aus der Anstalt entlassen wird, sobald die stationäre Behandlung nicht mehr erforderlich ist (§ 6 Nr 2 des Belegarzt-Vertrages). Die Verantwortlichkeit des Krankenhausträgers beschränkt sich auf die von ihm bereitzustellenden Leistungen, also auf die Leistungen, die mit dem Pflegesatz - dem sogenannten kleinen Pflegesatz - abgegolten werden. Die im Berufungsurteil angegebene Begründung dafür, daß eine Gewähr für eine wirtschaftliche Krankenhauspflege nicht gegeben sei (keine ausreichende Begründung für die Notwendigkeit durchgeführter stationärer Behandlungen, fachgebietsfremde Behandlungen), bezieht sich vor allem auf Umstände, die bei einem reinen Belegkrankenhaus üblicherweise dem Verantwortungsbereich des Kassenarztes zuzurechnen sind. Aber auch wenn das Belegkrankenhaus selbst zu Beanstandungen Anlaß gibt, wäre zu prüfen, ob diesen Beanstandungen nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als durch eine endgültige Ablehnung der Bereiterklärung abgeholfen werden kann. Soweit sich das LSG noch zu den Fallkosten äußert, räumt es einem Vergleich mit dem Bundesdurchschnitt gegenüber einem Vergleich mit dem Landesdurchschnitt vorrangige Bedeutung ein, weil die Fallkosten des Landes (wegen des Bettenüberhangs, wie vermutet wird) allgemein höher liegen. Diese Überlegung überzeugt nicht. Bei einem Kostenvergleich sind die für die Behandlung von Versicherten in Betracht kommenden Krankenhäuser, also die Krankenhäuser des jeweiligen Versorgungsgebietes gegenüberzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der abschließenden Entscheidung in der Sache vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1662125

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