Leitsatz (amtlich)
Der Genuß alkoholhaltiger Getränke im Anschluß an die Musterung (Blutalkoholgehalt von 1,7 ,) sowie grob fahrlässiges und strafbares Aufspringen auf einen anfahrenden Zug schließen den Versorgungsschutz für die Heimfahrt eines Wehrpflichtigen nicht aus.
Normenkette
BVG § 1 Abs. 1 Fassung: 1950-12-20, § 3 Abs. 1 Buchst. a Fassung: 1950-12-20, § 4 Abs. 1 Buchst. a Fassung: 1950-12-20
Tenor
Auf die Revision der Kläger werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. Mai 1963, das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. Oktober 1962, der Bescheid des Versorgungsamts R vom 13. September 1960 und die Widerspruchsentscheidung des Landesversorgungsamts Baden-Württemberg in F vom 10. März 1961 aufgehoben.
Der Beklagte wird dem Grunde nach verurteilt, den Klägern als Miterben je zur Hälfte nach dem Beschädigten J B, geboren am 18. November 1906, gestorben am 28. Juni 1964, aus Anlaß des Unfalls vom 28. März 1939 Versorgung für die Zeit vom 1. Juni 1960 an bis zum 30. Juni 1964 zu gewähren.
Der Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Gründe
Die Kläger sind die Erben des am 28. Juni 1964 verstorbenen Beschädigten (gemeinschaftlicher Erbschein des Notariats G vom 6. August 1964). Streitig ist, ob die auf seinem Heimweg von der militärischen Musterung am 28. März 1939 erlittenen Unfall-Folgen "Verlust des rechten Beines und des linken Vorfußes mit Fehlstellung im oberen und unteren Sprunggelenk bei ungünstigen Stumpfverhältnissen" versorgungsrechtlich zu entschädigen sind. Die Versorgungsverwaltung R hat den wiederholt gestellten Antrag des Beschädigten zuletzt mit Bescheid vom 13. September 1960 abgelehnt, weil er durch Trinken von Alkohol und verkehrswidriges Aufspringen auf einen fahrenden Zug ein neues, den Unfall allein verursachendes Gefahrenmoment geschaffen habe. Auch der Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamts Baden-Württemberg vom 10. März 1961 hatte für den Beschädigten keinen Erfolg. Das Sozialgericht (SG) Konstanz wies mit Urteil vom 26. Oktober 1962 die Klage ab. Der Beschädigte genieße zwar nach § 3 Abs. 1 Buchst. a und § 4 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) versorgungsrechtlichen Schutz für den Gefahrenkreis der Heimfahrt. Durch Alkoholgenuß und durch das strafbare Aufspringen auf einen fahrenden Zug sei aber ein neuer erhöhter Gefahrenkreis entstanden, der zu Lasten der privaten Lebenssphäre des Beschädigten gehe (BSG 7, 19 und 75; 10, 47). Das Aufspringen auf einen fahrenden Zug hätte auch ohne Alkoholgenuß einen versorgungsrechtlichen Schutz ausgeschlossen. Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg wies mit Urteil vom 29. Mai 1963 die Berufung des Beschädigten gegen das erstinstanzliche Urteil als unbegründet zurück und ließ die Revision zu. Der Unfall habe sich zwar während des Dienstes ereignet, aber der Heimweg sei nicht in höherem Maße geschützt als der Arbeitsweg zu und von der Arbeit nach der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Reichsversicherungsordnung (RVO) schränke zwar den Versicherungsschutz nicht für den Weg zu und von der Arbeitsstätte ein, aber die höchstrichterliche Rechtsprechung habe einschränkende Grundsätze erarbeitet. Der Versicherungsschutz entfalle, wenn der Beschädigte durch eine selbstgeschaffene Gefahrerhöhung die wesentliche Ursache der Schädigung gesetzt habe, es sei denn, dieser zusätzliche Gefahrenbereich wäre noch der Versichertentätigkeit zuzurechnen (BSG 6, 169). Liege ein höchst gefahrbringendes und vernunftswidriges Verhalten vor, solle der Versicherungsschutz versagt werden (SozR RVO § 542 aF Nr. 53 sowie Urteil des BSG vom 30. August 1962 - 2 RU 135/60 -). Die vom Beschädigten selbstgeschaffene Gefahrerhöhung durch das Aufspringen auf den fahrenden Zug sei wesentliche Ursache für die Unfall-Folgen gewesen. Diese Gefahrerhöhung könne dem Dienst nicht mehr zugerechnet werden, weil das Verhalten des Beschädigten zugleich höchst gefahrbringend und vernunftwidrig gewesen sei. Auf den Alkoholkonsum komme es daher nicht mehr an. Bei der Unfallversicherung und beim Versorgungsrecht sei die objektive Gefährlichkeit bestimmter Verhaltensweisen ausschlaggebend.
Gegen dieses Urteil, das den Prozeßbevollmächtigten des Beschädigten am 15. November 1963 zugestellt worden ist, hat der Beschädigte am 22. November 1963 Revision mit dem Antrage eingelegt,
das angefochtene Urteil, das erstinstanzliche Urteil vom 26. Oktober 1962 und die Bescheide des Beklagten vom 13. September 1960 und 10. März 1961 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, "Verlust des rechten Oberschenkels, Verlust des linken Vorfußes mit Fehlstellung im oberen und unteren Sprunggelenk bei schlechten Stumpfverhältnissen" als Schädigungsfolgen anzuerkennen und vom 1. Juni 1960 an Versorgungsrente nach einer entsprechenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) zu gewähren.
Mit der zugelassenen Revision rügen die Kläger, das LSG habe die §§ 1, 3 Abs. 1 Buchst. a, 4 und 30 BVG verletzt. Das LSG habe auch die in der Kriegsopferversorgung (KOV) geltende Kausalitätsnorm unzutreffend angewandt. Sie führen im einzelnen aus:
Der Beschädigte habe sich auf dem Rückweg von der Musterung befunden.
Der Unfall habe sich daher während der Dienstausübung ereignet.
Jeder irgendwie geartete Unfall während der Ausübung des Dienstes stehe unter Versorgungsschutz. Der Versorgungsschutz könne nur dann entfallen, wenn der Beschädigte den Militärdienst durch eine dienstfremde Tätigkeit unterbrechen habe, also zur Zeit des Unfalls keinen Militärdienst ausgeübt habe. Die Benützung des Zuges zur Heimfahrt sei nicht dienstfremd; das müsse auch noch von dem Aufsprung auf den fahrenden Zug gelten. Auch der benutzte letzte Zug am Unfalltage sei noch geeignet gewesen, den Wohnort des Beschädigten an diesem Tage zu erreichen.
Die im Anschluß an das Mittagessen genossene Alkoholmenge sei gering gewesen, so daß sie nicht wesentliche Ursache für den späteren Unfall gewesen sei. Der Alkoholgenuß sei auch aus Anlaß einer Musterung üblich und diensteigentümlich. Der Alkoholgenuß sei daher nicht der privaten Sphäre des Beschädigten zuzurechnen.
Da die Ausübung militärischen Dienstes versorgungsrechtlich geschützt sei, hätte das Berufungsgericht nicht die für den Wegeunfall herausgearbeiteten Grundsätze heranziehen dürfen. Eine Gefahrerhöhung und vernunftwidriges Verhalten beseitigen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht den Versorgungsschutz.
Das Verschulden des Beschädigten dürfe nicht berücksichtigt werden. Für den Begriff des Unfalls sei ein schuldhaftes Verhalten des Verletzten bedeutungslos. Anhaltspunkte dafür, daß der Beschädigte den Unfall vorsätzlich oder absichtlich herbeigeführt habe, seien nicht vorhanden. Das LSG habe ferner dadurch gegen die in der KOV geltende Kausalitätsnorm verstoßen, daß es die wesentliche Ursache außerhalb der Ausübung militärischen Dienstes gesucht habe.
Ohne die gerügte Gesetzesverletzung hätte das LSG den Versorgungsanspruch des Beschädigten anerkennen müssen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision der Kläger als unbegründet zurückzuweisen.
Die Revision verkenne, daß im Bereich des militärischen Dienstes eine Persönlichkeitssphäre und damit eine Privatsphäre bestehe, in deren Rahmen nicht jede Gesundheitsstörung versorgungsrechtlich geschützt werde. Das LSG habe nicht verkannt, daß es allein auf den zeitlichen Zusammenhang mit dem Militärdienst ankomme. Der Heimweg hätte in einer den gewöhnlichen Erfordernissen des täglichen Lebens entsprechenden Weise zurückgelegt werden müssen. Weder der Heimweg noch die an den Tag gelegte Eile und das damit verbundene gewöhnliche Unfallrisiko schließe den Versorgungsschutz aus. Aber das höchst gefahrbringende und vernunftwidrige Verhalten schütze einen (erhöhten) Gefahrenbereich nicht mehr. Dieses Verhalten sei der Privatsphäre des Beschädigten zuzurechnen, womit eine Dienstleistung auszuschließen sei. Für diese Unterbrechung des Versorgungsschutzes komme es auf ein Verschulden des Beschädigten, das weder Vorsatz noch Absicht sei, nicht an (BSG 10, 46).
Die Kläger haben als Miterben je zur Hälfte nach dem Tode des Beschädigten das unterbrochene Verfahren fortgesetzt (§ 68 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Die Revision ist durch Zulassung statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 164 Abs. 1 SGG) worden. Das Verfahren ist zwar durch den Tod des Beschädigten unterbrochen worden. Die Kläger haben es aber als Erben aufgenommen (§ 68 SGG i. V. m. § 239 ZPO), so daß seiner Fortsetzung nichts im Wege steht.
Die Revision ist auch begründet. Nach § 1 Abs. 1 BVG hat auf Antrag Anspruch auf Versorgung, wer ua durch Unfall während der Ausübung des Militär- oder militärähnlichen Dienstes gesundheitlich geschädigt worden ist. Nicht streitig ist, daß der Beschädigte einen Unfall erlitten hat und hierbei grundsätzlich in Ausübung militärischen Dienstes gewesen ist; denn er ist auf der Heimfahrt von dem Ort gewesen, an den sein Erscheinen zur Feststellung der Wehrtauglichkeit (Musterung) von der Wehrmacht angeordnet worden war (§§ 3 Abs. 1 Buchst. a, 4 Abs. 1 Buchst. a BVG). Nach § 4 Abs. 1 Buchst. a BVG ist der Heimweg in gleicher Weise geschützt wie der Weg des Einberufenen zum Gestellungsort. Die Unfall-Folgen auf dem Heimweg dürfen daher rechtlich nicht anders behandelt werden als Unfall-Folgen auf dem Weg zum Gestellungsort. Der Versorgungsschutz endet daher in der Regel erst an der Haustür der Wohnung am Wohnort des Beschädigten (vgl. Wilke, BVG, 2. Aufl., 1965, § 4 Anm. II S. 79 f; BSG 7, 243). Zwar kann eine grundsätzlich geschützte Person auch während des militärähnlichen Dienstes Handlungen begehen, welche der Privatsphäre zuzurechnen sind und daher keinen Versorgungsanspruch begründen; andrerseits wird der Versorgungsschutz nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß der Dienstpflichtige Handlungen verübt, welche ihrer Art nach nicht ohne weiteres militärischen oder militärähnlichen Charakter haben. Vorliegend hat der Beschädigte den Heimweg nach Beendigung der Musterung unterbrochen, indem er, wie seine Kameraden von demselben Heimatort, zum Mittagstisch eingekehrt ist und dort auch alkoholische Getränke zu sich genommen hat, welche zu einem Blutalkoholgehalt von 1,71 bzw. 1,74 0 / 00 geführt haben. Das LSG hat zwar seine Entscheidung nicht auf diesen Alkoholgehalt im Blute des Beschädigten am Unfalltage abgestellt, sondern darauf, daß er einen zusätzlichen Gefahrenbereich durch sein "höchst gefahrbringendes und vernunftwidriges Verhalten" geschaffen habe und derartiges vernunftwidriges Verhalten wie das Aufspringen auf einen fahrenden Zug entgegen der Fahrtrichtung nicht dem Dienst zuzurechnen sei. Indessen kann dem Aufspringen auf einen fahrenden Zug nicht die Eigenschaft abgesprochen werden, ein durchaus geeignetes, wenn auch riskantes Mittel zu sein, um nach der Musterung noch das versorgungsrechtlich geschützte Ziel, seine Wohnung zu erreichen, mag dieses Verhalten auch fahrlässig, ja grob fahrlässig gewesen sein. § 1 Abs. 4 BVG schließt nur bei Absicht den Versorgungsschutz für die hierbei eingetretenen Schädigungsfolgen aus. Hieraus folgt, daß es auf ein Verschulden des Beschädigten, das nicht gerade Absicht ist, nicht ankommt, sondern allein darauf, ob die gefahrerhöhende Handlung noch dem militärischen Ziel der Dienstverrichtung, also hier der Heimfahrt entspricht (vgl. Wilke aaO s. 43 unter 5 und Urteil des BSG vom 14. Dezember 1965, 2 RU 8/64 sowie KOV 1958, 145, 146). Die Lösung vom Dienst, die Unterbrechung des Dienstes durch Handlungen der Privatsphäre sind oft schwer zu erkennen, so daß der Versuch des LSG, durch Vergleich mit konkreten Fällen aus der gesetzlichen Unfallversicherung die Lösung zu finden, nicht, wie die Revision meint, als ungesetzlich bezeichnet werden müsse. So hat auch der 10. Senat des Bundessozialgerichts in BSG 7, 245 es für angebracht gehalten, zur Auslegung versorgungsrechtlicher Vorschriften die Rechtsprechung aus der gesetzlichen Unfallversicherung heranzuziehen. Da im vorliegenden Falle eine private Handlung des Beschädigten nur mit dem Genuß alkoholischer Getränke begründet werden könnte, läßt sich entgegen der Ansicht des LSG nicht vermeiden, den Sachverhalt darauf zu untersuchen, inwieweit sich der Beschädigte vom Dienst dadurch gelöst hat, daß er während des Dienstes alkoholische Getränke zu sich genommen hat.
Der Beschädigte hat nicht an einem soldatischen Kameradschaftsfest oder an einer Gemeinschaftsversammlung teilgenommen; denn das Zusammenkommen in einer Gastwirtschaft zum Mittagstisch hat sich aus dem Ende der Musterung am Vormittag ergeben, war aber von keiner Dienststelle der Wehrmacht angeordnet. Der Besuch in dem Lokal und der daraus sich ergebende Zuspruch zu alkoholischen Getränken war aber nicht vollständig zusammenhanglos mit der Musterung, so daß diese Unterbrechung noch nicht eine vollständige Lösung vom Dienst zur Folge haben mußte, zumal der Beschädigte, wie der Blutalkoholgehalt zeigt, dem Trunke nicht übermäßig zugesprochen hat.
Die von dem Beklagten angeführte Entscheidung in BSG 10, 46 eignet sich hier zur Klärung der Rechtslage deswegen wenig, weil in dieser Sache der Beschädigte einen erheblich höheren Blutalkoholgehalt hatte und insoweit noch Feststellungen tatsächlicher Art zu treffen waren. Auch die in der gesetzlichen Unfallversicherung entschiedenen Streitsachen, in denen ein motorisierter Verkehrsteilnehmer einen Blutalkoholgehalt von 1,3 0 / 00 oder als Radfahrer einen Blutalkoholgehalt von 1,5 0 / 00 hatte (SozR RVO § 543 aF Nr. 30 und § 542 aF Nr. 59), eignen sich nicht zum Vergleich, weil an einen Fahrzeuglenker wesentlich höhere Anforderungen zu stellen sind, sich frei von alkoholischem Einfluß zu halten. Demgegenüber hatte der Beschädigte als Zugbenutzer grundsätzlich als passiver Verkehrsteilnehmer zu gelten. Insoweit enthält das Urteil des 2. Senats in SozR RVO § 543 aF Nr. 7 in mehrfacher Hinsicht parallele Vorgänge zum vorliegenden Fall. Dort hatte das BSG zu den Begriffen "Unterbrechung" und "Lösung" des Zusammenhangs beim Weg von und nach der Arbeitsstätte zu entscheiden gehabt. Es hat ausgeführt, daß die Dauer der Unterbrechung des Heimweges nicht allein maßgebend ist, sondern auch die Art der Unterbrechung und die näheren Umstände berücksichtigt werden müssen. So war auch vorliegend die Einkehr des Beschädigten und sein Zuspruch zu alkoholhaltigen Getränken nach der Musterung zwar keine Gemeinschaftsveranstaltung, sie stand jedoch im nahen Zusammenhang mit der Musterung selbst. Wie dort die Geburtstagsfeier eines Arbeitskollegen, so ist hier die Tatsache der Musterung zum Wehrdienst ein verständlicher Anlaß zum geselligen Beisammensein gewesen, dem sich ein einzelner Kamerad hier wie dort schwerlich entziehen konnte. Ohne die Musterung wären die Altersgenossen nicht zusammengekommen. Die Unterbrechung der Rückfahrt bis zu dem am Spätnachmittag, aber noch lange vor Dunkelheit abgehenden letzten Zug dieses Tages kann daher dem Beschädigten nicht zum Nachteil gereichen. Auch ist, wie die genannte Entscheidung mit Recht ausführt, verkehrswidriges Verhalten unerheblich; auch unvernünftiges oder leichtfertiges Handeln auf der Heimfahrt ist rechtlich unbeachtlich.
Diese Grundsätze, daß der Versicherungsschutz nur dann ausgeschlossen gewesen wäre, wenn der Verkehrsteilnehmer auf der Fahrt bei Benützung des Verkehrsmittels andere Zwecke verfolgt hätte als nur den Zweck heimzufahren, gelten auch für den Versorgungsanspruch des Beschädigten. Anhaltspunkte dafür, daß er in der Absicht, sich selbst zu verstümmeln, gehandelt hat, sind von keiner Seite auch nur erwähnt worden; sie wären auch abwegig, weil zur Zeit des Musterungstags (28. März 1939) eine Kriegsgefahr nicht unmittelbar drohte.
Die vom LSG festgestellten Umstände sind daher nicht geeignet, das Verhalten des Beschädigten als Handlungen der Privatsphäre anzusehen, welche den Versorgungsschutz für ihn ausschließen könnten. Er hat vielmehr auch noch beim Aufspringen auf den Zug in Ausübung militärähnlichen Dienstes gehandelt, weil er mit diesem Zug nach Erledigung seiner Dienstaufgabe den Heimatort erreichen wollte. Erst dann, wenn der Beschädigte volltrunken gewesen wäre, müßten die in der Trunkenheit vollzogenen Handlungen seiner Privatsphäre zugerechnet werden. Dies war aber nicht der Fall. Auf fahrlässiges, ja grob fahrlässiges Verhalten kann es nicht ankommen. Daraus folgt, daß der Wegeunfall des Beschädigten versorgungsrechtlich geschützt ist. Das hat das LSG in seiner Entscheidung verkannt; das angefochtene Urteil sowie die vorausgegangenen Entscheidungen im sozialgerichtlichen Verfahren und im Verwaltungsverfahren waren daher aufzuheben.
Die als Miterben je zur Hälfte eintretenden Rechtsnachfolger des Beschädigten haben dem Grunde nach Anspruch auf Versorgung, insbesondere auf eine Beschädigtenrente vom 1. Juni 1960 (Inkrafttreten des 1. Neuordnungsgesetzes vom 27. Juni 1960, BGBl I 453) an, weil mit diesem Tage die sachlich-rechtliche Anspruchsvoraussetzung - Wahrung der Frist des § 56 BVG aF - weggefallen ist. Die Rente endet mit dem Ablauf des Todesmonats (Juni 1964), weil der Beschädigte am 28. Juni 1964 gestorben ist.
Der Anspruch der Kläger ist nur dem Grunde nach (§ 130 SGG) zuerkannt worden, weil Feststellungen über die genaue Bezeichnung des Versorgungsleidens und über den Grad der MdE vom LSG nicht getroffen worden sind und auch nicht Streitpunkte der Beteiligten waren, der Streit sich vielmehr auf den Versorgungsanspruch dem Grunde nach beschränkt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 2380147 |
NJW 1966, 951 |