Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. Februar 1997 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist die Höhe von Arbeitslosengeld (Alg) für das Jahr 1992.
Der Kläger ist italienischer Staatsbürger und lebte im streitigen Zeitraum zusammen mit einem Kind in Deutschland. Seine nicht erwerbstätige Ehefrau lebte in Italien. Nachdem sich der Kläger mit Wirkung zum 1. Januar 1992 arbeitslos gemeldet hatte, bewilligte ihm die Beklagte antragsgemäß Alg, und zwar – unter Berücksichtigung eines Kindes sowie der auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Steuerklasse II – nach der Leistungsgruppe B. Die Bewilligungsbescheide wurden bestandskräftig. Am 12. Februar 1993 beantragte der Kläger, ihm im Wege der Überprüfung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) höheres Alg nach der Leistungsgruppe C zu gewähren, da seine Ehefrau zu berücksichtigen sei. Die bisherige Einstufung benachteilige ihn gegenüber Leistungsempfängern, deren Ehefrauen in Deutschland wohnten, da diese bei im übrigen gleichen Voraussetzungen in die Steuerklasse III eingestuft und dadurch der günstigeren Leistungsgruppe C zugeordnet würden. Die Beklagte gab seinem Antrag für die Zeit ab 1. Januar 1993 statt (Bescheid vom 6. September 1993). Den Widerspruch, mit dem der Kläger Alg nach der Leistungsgruppe C bereits ab 1. Januar 1992 begehrte, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 1994). Nach § 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst c Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der ab 1. Januar 1993 geltenden Fassung iVm der Übergangsregelung in § 242m Abs 7 Satz 1 AFG sei dem Kläger Alg nach der Leistungsgruppe C erst ab 1. Januar 1993 zu gewähren.
Klage und Berufung blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts vom 25. November 1994; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 27. Februar 1997). Das LSG hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, aus § 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst c AFG in der ab 1. Januar 1993 geltenden Fassung ergebe sich kein Anspruch des Klägers auf höheres Alg nach der Leistungsgruppe C, da für ihn eine Rückwirkung der Begünstigung für das Jahr 1992 nicht in Betracht komme. Er erfülle nicht die Voraussetzungen des § 242m Abs 7 AFG, da die ihm erteilten Bewilligungsbescheide am 1. Januar 1993 bestandskräftig gewesen seien und gegen diese Entscheidungen an diesem Tag auch kein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängig gewesen sei. Die Begrenzung der Rückwirkung verstoße nicht gegen das Gemeinschaftsrecht. Sie mache nicht die Ausübung von Rechten, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einräume, praktisch unmöglich, sondern beschränke lediglich die Rückwirkung des Antrags auf Gewährung der höheren Leistung auf die Zeit bis 1. Januar 1993, was nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zulässig sei. Einem Anspruch des Klägers auf höheres Alg für das Jahr 1992 stehe zudem § 152 Abs 1 AFG in der ab 1. Januar 1994 geltenden Fassung entgegen, die hier anzuwenden sei. Danach könne der Kläger nur für die Zukunft, nicht aber für das zurückliegende Jahr 1992 höhere Leistungen begehren, selbst wenn er mit seiner Auffassung erfolgreich wäre und festgestellt würde, daß § 242m Abs 7 AFG gegen das Gemeinschaftsrecht verstoße, und sich daraufhin eine entsprechende ständige Rechtsprechung bilden würde. Da diese Wirkung des § 152 Abs 1 AFG nF gleichermaßen alle Leistungsempfänger treffe – deutsche Staatsangehörige wie ausländische Arbeitnehmer –, die bestandskräftige Verwaltungsakte überprüfen ließen, liege auch insoweit keine Diskriminierung vor. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 242m Abs 7 AFG bestünden ebenfalls nicht.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des Art 48 Abs 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGVtr) und der Art 3 Abs 1, 68 Abs 2 der Verordnung 1408/71 sowie die fehlerhafte Anwendung des § 242m Abs 7 AFG und des § 152 Abs 1 AFG in der ab 1. Januar 1994 geltenden Fassung: Daß er im Jahre 1992 nicht in die Leistungsgruppe C eingestuft worden sei, weil seine Ehefrau nicht bei ihm in Deutschland lebte, sondern in Italien, stelle eine zumindest mittelbare Diskriminierung dar. Die Anwendung des § 111 Abs 2 Satz 2 AFG in der bis 1992 geltenden Fassung habe das Recht der Wanderarbeitnehmer auf Freizügigkeit innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften (EG) verletzt. Er habe daher nach Art 48 Abs 2 EGVtr und Art 3 Abs 1, Art 68 Abs 2 der Verordnung 1408/71 einen Anspruch darauf, bereits ab dem 1. Januar 1992 in die Leistungsgruppe C eingestuft zu werden. Dem stehe auch § 242m Abs 7 Satz 1 AFG nicht entgegen, da diese Regelung in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise in zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens bereits entstandene Ansprüche eingreife. Da die Regelung es ferner unmöglich mache, die durch die Gemeinschaftsrechtsordnung eingeräumten Rechte auszuüben, sei sie auch mit dem EG-Recht unvereinbar. § 152 Abs 1 AFG in der seit 1. Januar 1994 geltenden Fassung könne seinem Anspruch ebenfalls nicht entgegengehalten werden. Der Tatbestand des § 152 Abs 1 AFG nF sei entgegen der Auffassung des LSG nicht gegeben. Da sich die Begründetheit des Überprüfungsantrags nach dem Zeitpunkt des Antrags richte, sei im übrigen hier § 152 Abs 1 Nr 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1993 geltenden Fassung anzuwenden. Die danach erforderliche Ermessensentscheidung, ob die Leistung für die Vergangenheit zu gewähren sei, habe die Beklagte bisher nicht getroffen, so daß sie verpflichtet sei, den Kläger neu zu bescheiden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. Februar 1997 und das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25. November 1994 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. September 1993 in Form des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld auf der Grundlage der Leistungsstufe C ab dem 1. Januar 1992 zu gewähren,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, ihn bezüglich der Gewährung des Arbeitslosengeldes nach Stufe C für das Kalenderjahr 1992 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, daß der Kläger für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1992 kein Alg nach der Leistungsgruppe C beanspruchen kann. Auch ein Anspruch auf Verpflichtung zur Neubescheidung besteht nicht.
1.1 Ein Anspruch auf höheres Alg nach der Leistungsgruppe C läßt sich nicht aus § 111 Abs 2 AFG idF des Art 29 des Gesetzes zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen im AFG und in anderen Gesetzen vom 18. Dezember 1992 (BGBl I 2044) iVm § 48 Abs 1 SGB X herleiten. Nach dieser Neuregelung ist zwar bei der Bestimmung der Leistungssätze als Lohnsteuer die Steuer nach der allgemeinen Lohnsteuertabelle für die Lohnsteuerklasse III ohne Kinderfreibetrag (Leistungsgruppe C) ua bei solchen Arbeitnehmern zugrunde zu legen, die von ihrem nicht unbeschränkt einkommenssteuerpflichtigen Ehegatten nicht dauernd getrennt leben, wenn sie darlegen und nachweisen, daß der Arbeitslohn des Ehegatten weniger als 40 vH des Arbeitslohns beider Ehegatten beträgt (§ 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst c Doppelbuchst bb AFG). Die Regelung ist jedoch erst mit Wirkung ab 1. Januar 1993 in den § 111 Abs 2 AFG eingefügt worden (Art 10 Abs 1 des Gesetzes vom 18. Dezember 1992). Das bedeutet, daß sich aus der Neuregelung ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Alg nach der Leistungsgruppe C (schon) für das Jahr 1992 nicht ergibt.
1.2 Auch aus der anläßlich der genannten Änderung des § 111 Abs 2 AFG getroffenen Übergangsregelung folgt ein derartiger Anspruch des Klägers nicht. Nach § 242m Abs 7 Satz 1 AFG ist § 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst c AFG in der vom 1. Januar 1993 an geltenden Fassung auch für Ansprüche auf Alg, die vor dem 1. Januar 1993 entstanden sind, anzuwenden, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Alg am 31. Dezember 1992 noch nicht unanfechtbar war oder wenn gegen die Entscheidung an diesem Tage ein Verfahren vor dem BVerfG anhängig ist. Diese Übergangsvorschrift soll die rückwirkende Anwendung der Neuregelung in § 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst c AFG auf solche Ansprüche bewirken, über die bei Inkrafttreten der Neuregelung noch nicht endgültig entschieden war, weil die Entscheidung zu diesem Zeitpunkt noch nicht unanfechtbar oder Gegenstand eines Verfahrens vor dem BVerfG war (vgl Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks 12/3211 S 29 zu Nr 52). Die in § 242m Abs 7 Satz 1 AFG genannten Voraussetzungen für eine rückwirkende Anwendung der Neuregelung auf vor dem 1. Januar 1993 entstandene Ansprüche waren aber vorliegend nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG nicht erfüllt.
2. Schließlich läßt sich auch kein Anspruch des Klägers auf Neubescheidung aus der Zugunstenregelung des § 44 SGB X iVm § 152 AFG herleiten.
Einzuräumen ist zwar, daß die in 1992 ergangenen Bewilligungsbescheide möglicherweise rechtswidrig waren und daß dem Kläger höheres Alg (Leistungsgruppe C) zustand. Diese weitere Voraussetzung ist zwar nicht erfüllt, wenn man von der im Jahre 1992 bestehenden nationalen Gesetzeslage in der Bundesrepublik ausgeht. Denn danach lagen die Voraussetzungen für eine Einstufung des Klägers in die Leistungsgruppe C (Eintragung der Lohnsteuerklasse III auf der Lohnsteuerkarte) nicht vor. An der Vereinbarkeit der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden Regelung in § 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst c AFG mit verschiedenen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, ua Art 68 Abs 2 der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 vom 14. Juni 1971, bestanden aber, wie der Senat im Vorlagebeschluß vom 5. Dezember 1989 (11 RAr 135/88 = EuZW 1991, 219 ff) zum Ausdruck gebracht hat, Zweifel, soweit davon Arbeitnehmer aus einem EG-Mitgliedstaat betroffen waren, deren Ehegatte weiterhin im Heimatstaat des Arbeitnehmers wohnt und kein Arbeitseinkommen erzielt. Zweifel dieser Art haben den Gesetzgeber inzwischen veranlaßt, den § 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst c AFG mit Wirkung ab 1. Januar 1993 dahin zu ändern, daß nun auch solche Arbeitnehmer Alg nach der Leistungsgruppe C erhalten können, die im Regelfall in die Lohnsteuerklasse III einzureihen wären, falls ihr Ehegatte im Inland lebte (vgl Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen im AFG und anderen Gesetzen, BT-Drucks 12/3211, S 22 zu Nr 28).
Doch bedarf dies hier keiner Vertiefung. Denn selbst wenn das bis zum 31. Dezember 1992 geltende deutsche Recht mit Gemeinschaftsrecht nicht übereingestimmt hat, steht die schon erwähnte Übergangsvorschrift des § 242m Abs 7 Satz 1 AFG einer Korrektur der Bewilligungsentscheidung nach § 44 Abs 1 SGB X iVm § 152 Abs 1 AFG entgegen.
Die Übergangsvorschrift ordnet für das Alg eine rückwirkende Anwendung des geänderten § 111 Abs 2 AFG nur begrenzt – nämlich für schwebende Verfahren – an. Hierdurch hat der Gesetzgeber ersichtlich zum Ausdruck gebracht, daß eine weitergehende Anwendung des neuen Rechts auf Zeiten vor dem 1. Januar 1993 ausgeschlossen ist. Gerade aus der ausdrücklichen Anordnung einer begrenzten Rückwirkung durch § 242m Abs 7 Satz 1 AFG muß gefolgert werden, daß jede weitergehende Rückwirkung, also nicht nur Neubescheidungen nach § 48 Abs 1 SGB X, sondern auch Neubescheidungen nach §§ 44 SGB X, 152 AFG und die damit verbundene Durchbrechung der Bestandskraft von Bewilligungsentscheidungen ausgeschlossen werden sollte. Dieses Ergebnis wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Danach sollte die Neufassung des § 111 Abs 2 AFG gewährleisten, daß Arbeitslose, deren Ehegatte im Ausland lebt, künftig Alg nach der günstigeren Leistungsgruppe C erhalten können (BT-Drucks 12/3211, S 22 zu Nr 28). Die Übergangsregelung hat demzufolge Vorrang vor der allgemeinen Rücknahmeregelung des § 44 SGB X und schließt deren Anwendung aus.
Diese Auslegung entspricht im übrigen auch der Rechtsprechung des BSG zu Vorschriften des Übergangsrechts, die die Anwendbarkeit einer begünstigenden Neuregelung in vergleichbarer Weise an die Unanfechtbarkeit einer Entscheidung über den Antrag auf Alg knüpften (zu Art 1 § 2 Nr 9a AFKG vom 22. Dezember 1981, BGBl I, 1497 idF des Art 7 des 7. RVÄndG vom 19. Dezember 1986, BGBl I 2586: BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 7; zu Art 1 § 2 Nr 13 Satz 1 AFKG idF des Art 2 des 8. AFG-ÄndG vom 14. Dezember 1987, BGBl I 2602: BSG Urteil vom 25. April 1990 – 7 RAr 16/89).
2.1 Der Regelung des § 242m Abs 7 Satz 1 AFG stehen entgegen der Auffassung der Revision keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen. Der Gesetzgeber hat bei der Übergangsvorschrift in § 242m Abs 7 Satz 1 AFG insbesondere den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht verkannt. Denn der Grundsatz des Vertrauensschutzes findet Grenzen, die sich namentlich aus seinem Widerstreit zwischen Rechtssicherheit und materieller Gerechtigkeit ergeben, und die – wie das BVerfG bereits entschieden hat (BVerfGE 53, 230, 231) – zu einem Teil in § 79 BVerfGG konkretisiert sind. Daß durch die Übergangsregelung nur ein Teil der Versicherten begünstigt wird, stellt keine Regelungslücke dar und begegnet auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl BVerfGE 67, 1, 15 f). In Abwägung der widerstreitenden Interessen zwischen Rechtssicherheit einerseits und der Anpassung des nationalen Rechts an die Regelungen des Gemeinschaftsrechts im Einzelfall andererseits hat sich der Gesetzgeber für den Vorrang der Rechtssicherheit entschieden. Der Regelung in § 79 Abs 2 BVerfGG folgend sollen die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen unberührt bleiben (vgl BVerfGE 32, 287, 289 f; 53, 230, 231; BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 7).
2.2 Bedenken, daß ein solches Ergebnis gegen das EG-Recht verstoßen könnte, bestehen ebenfalls nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (vgl Urteil vom 12. Juni 1994 – C 410/92 = SozR 3-6083 Art 4 Nr 9; Urteil vom 23. November 1995 – C 394/93 = SozR 3-6050 Art 73 Nr 8, S 26 mwN) ist die Ausgestaltung von Verfahrensordnungen mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung auf diesem Gebiet Sache der innerstaatlichen Gesetzgebung der Mitgliedstaaten. Soweit von dem Grundsatz der Anwendbarkeit des nationalen Rechts bei der Rücknahme gemeinschaftswidriger Subventionsbescheide Ausnahmen erforderlich sein mögen, damit die gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebene Rückforderung nicht praktisch unmöglich und das Gemeinschaftsinteresse voll berücksichtigt wird (vgl BVerwG 92, 81, 82; BVerwG NVwZ 1995, 703), sind diese für die rückwirkende Zuerkennung von Begünstigungen nicht einschlägig.
Der Schutz der den einzelnen aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts erwachsenden Rechte verbietet es insoweit lediglich, derartige Rechte betreffende Verfahren ungünstiger auszugestalten als gleichartige Verfahren, die nur innerstaatliches Recht betreffen, und die Ausübung von Rechten, die die Gemeinschaftsordnung einräumt, unmöglich zu machen. Gegen dieses Verbot wird durch nationale Bestimmungen, welche die Rückwirkung von Anträgen auf Gewährung von Leistungen zeitlich beschränken, nicht verstoßen (EuGH, aaO). Ebenso wie bei der Beschränkung der Rückwirkung von Anträgen kann auch in § 242m Abs 7 Satz 1 AFG keine Regelung gesehen werden, welche die Ausübung von Rechten, die die Gemeinschaftsordnung einräumt, praktisch ausschließt. Hierbei ist vor allem zu beachten, daß diese Vorschrift nur unanfechtbar gewordene Verwaltungsakte von einer rückwirkenden Korrektur für die Vergangenheit ausnimmt. Auswirken kann sich die Vorschrift somit von vornherein nur in solchen Fällen, in denen der Betroffene zuvor schon Gelegenheit gehabt hatte, seine Rechte – und zwar unterschiedslos auch solche, die die Gemeinschaftsordnung einräumt – durch Rechtsbehelfe geltend zu machen, dies aber entweder versäumt hat oder damit erfolglos geblieben ist.
Jedenfalls in den Fällen, in denen der Betroffene – wie vorliegend der Kläger – gegen eine Verwaltungsentscheidung den an sich von der nationalen Verfahrensordnung zur Verfügung gestellten Rechtsbehelf zur Wahrung seiner Rechte nicht ergriffen hat, kann keine Rede davon sein, die Ausübung von Rechten, die die Gemeinschaftsordnung einräumt, werde praktisch unmöglich gemacht, wenn die nachträgliche, in die Vergangenheit zurückwirkende Abänderung der Entscheidung, die der Betroffene hat unanfechtbar werden lassen, nicht zugelassen wird. Die Fälle, in denen der Betroffene einen an sich gegebenen Rechtsbehelf gegen eine für ihn ungünstige Verwaltungsentscheidung nicht ergriffen hat, sind sachlich durchaus vergleichbar mit den Fällen, in denen der Betroffene es versäumt hat, eine bestimmte Verwaltungsentscheidung überhaupt zu beantragen. Verbietet es aber die Gemeinschaftsordnung hinsichtlich der zuletzt genannten Fallgruppe nicht, die Rückwirkung später nachgeholter Anträge zu beschränken, so kann für den Ausschluß der Rückwirkung von nach Eintritt der Unanfechtbarkeit eines Verwaltungsaktes gestellten Zugunstenanträgen nichts anderes gelten. Schließlich ergibt sich aus der Übergangsregelung auch keine Schlechterstellung des durch das Gemeinschaftsrecht begünstigten Personenkreises, da § 242m Abs 7 AFG ebenso wie § 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst c Doppelbuchst bb AFG unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Arbeitslosen oder seines Ehegatten Wirkung entfaltet. Zweifel an der Vereinbarkeit des § 242m Abs 7 Satz 1 AFG mit dem Gemeinschaftsrecht sind deshalb nicht berechtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen
Haufe-Index 1172839 |
SozSi 1998, 277 |
SozSi 1998, 278 |