Leitsatz (amtlich)
Beurteilt die Versorgungsbehörde in einem Bescheid einen ihr richtig mitgeteilten und von ihr richtig aufgefaßten Sachverhalt nur rechtlich unrichtig, so sind die Voraussetzungen für die Rücknahme dieses Bescheides nach KOV-VfG § 41 nicht erfüllt (Anschluß BSG 1961-04-13 10 RV 687/58).
Normenkette
KOVVfG § 41 Fassung: 1960-06-27
Tenor
Die Revisionen des Klägers und des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Februar 1962 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I
Der Kläger beantragte im Januar 1951 Versorgung wegen einer Herzmuskelschwäche; er gab an, er habe sich dieses Leiden im "Osteinsatz als Hilfsrottenführer bei der Deutschen Reichsbahn" in der Zeit von August 1941 bis Juni 1942 zugezogen. Das Versorgungsamt Trier zog Unterlagen der Bundesbahn-Versicherungsanstalt heran; daraus ergibt sich, daß der Kläger im Jahre 1937 in den Reichsbahndienst eingetreten ist, daß er seit August 1941 Dienst bei der Reichsbahn in dem besetzten Ostgebiet geleistet hat, daß er im Juli 1942 während eines Heimaturlaubs vom Arzt wegen Herzmuskelschwäche arbeitsunfähig krank geschrieben und am 23. Januar 1943 wegen dieses Leidens "invalidisiert" worden ist.
Auf Grund des Gutachtens des Facharztes für innere Medizin Dr. H stellte das Versorgungsamt mit Bescheid vom 7. Juli 1951 bei dem Kläger "Herzmuskelschwäche geringen Grades mit geringfügiger Stauung im kleinen Kreislauf" als durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) verschlimmert fest; in dem Bescheid heißt es weiter, die Schädigungsfolge bedinge keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 25 %.
Im Mai 1956 beantragte der Kläger Neufeststellung der Versorgungsbezüge und Gewährung einer Rente, weil sich sein Herzleiden verschlimmert habe. Der Facharzt für innere Medizin Dr. R kam zu dem Ergebnis, die Herzleistung des Klägers habe zwar nachgelassen, dies beruhe jedoch auf einer Fettsucht, einem Bluthochdruck, einer Arterienverhärtung und einer spastischen Bronchitis, die keine Schädigungsfolgen seien. Das Versorgungsamt lehnte darauf mit Bescheid vom 19. August 1957 den Neufeststellungsantrag des Klägers ab. Das Landesversorgungsamt wies den Widerspruch des Klägers am 12. Dezember 1957 zurück. Mit der Klage begehrte der Kläger eine Rente nach einer MdE von 50 v. H. Das Sozialgericht (SG) Trier hörte den Obermedizinalrat Dr. B, Dr. B vertrat die Auffassung, die weitere Verschlimmerung des Herzleidens des Klägers sei "schädigungsunabhängig". Das SG wies die Klage mit Urteil vom 10. Juni 1958 ab.
Der Kläger legte Berufung an das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz ein; er bestritt, daß die im Jahre 1957 festgestellte hochgradige Herzmuskelschwäche die Folge "schädigungsunabhängiger" sonstiger Gesundheitsstörungen sei. Am 3. März 1961 erließ das Versorgungsamt - nach Heranziehung der Personalakten des Klägers - mit Zustimmung des Landesversorgungsamts einen "Berichtigungsbescheid nach § 41 Verwaltungsverfahrensgesetz (VerwVG)"; es bezeichnet darin die Anerkennung der Herzmuskelschwäche im Sinne der Verschlimmerung in dem Bescheid vom 7. Juli 1951 als zweifelsfrei unrichtig und stellte fest, daß Schädigungsfolgen im Sinne des BVG nicht vorlägen; der Kläger sei nicht Soldat gewesen, er sei auch weder als Reichsbahnbediensteter zur Wehrmacht abgeordnet gewesen noch auf Befehl seiner Vorgesetzten zur Unterstützung militärischer Maßnahmen verwendet worden, der Kläger habe somit keinen militärähnlichen Dienst im Sinne des § 3 Abs. 1 Buchst. d BVG geleistet; der Bescheid vom 7. Juli 1951 habe auf der irrigen Annahme beruht, daß der Kläger als "grauer Eisenbahner" Dienst verrichtet habe, der Bescheid sei demnach aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen unrichtig.
Das LSG entschied mit Urteil vom 15. Februar 1962; es hob den Berichtigungsbescheid vom 3. März 1961 auf und wies die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurück. Das LSG führte aus, die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Anerkennungsbescheides vom 7. Juli 1951 nach § 41 VerwVG - "tatsächliche und rechtliche Unrichtigkeit" - lägen nicht vor; den Angaben des Klägers zu seinem Versorgungsantrag sei zu entnehmen, daß er als sogenannter "blauer Eisenbahner" zur Dienstleistung bei der Reichsbahn in den besetzten Ostgebieten abgeordnet gewesen sei und damit keinen militärähnlichen Dienst im Sinne des § 3 Abs. 1 Buchst. d BVG geleistet habe; die Versorgungsbehörde habe bei der Erteilung des Bescheides vom 7. Juli 1951 den vom Kläger zutreffend vorgetragenen Sachverhalt lediglich unrichtig unter die Vorschriften des Gesetzes eingeordnet, diese Unrichtigkeit sei nur eine rechtliche und reiche für einen Berichtigungsbescheid nach § 41 VerwVG nicht aus; auch die Voraussetzungen für eine Neuregelung des Versorgungsanspruchs nach § 42 Abs. 1 Ziffer 9 VerwVG lägen nicht vor; die Versorgungsbehörde habe zwar die Personalakten des Klägers im Jahre 1951 noch nicht auswerten können, dies sei jedoch für die rechtliche Unrichtigkeit des Bescheides nicht ursächlich gewesen.
Der Bescheid vom 19. August 1957, mit dem die Versorgungsbehörde den Antrag des Klägers auf Neufeststellung der Versorgungsbezüge und Gewährung einer Rente wegen Verschlimmerung der Herzmuskelschwäche (§ 62 BVG) abgelehnt habe, sei rechtmäßig. Aus den medizinischen Unterlagen sei zu entnehmen, daß zwar die Herzleistung des Klägers seit der "Erstfeststellung" in dem Bescheid vom 7. Juli 1951 nachgelassen habe, dies sei jedoch nicht auf die als Schädigungsfolge anerkannte wehrdienstbedingte Verschlimmerung der Herzmuskelschwäche zurückzuführen, der "Verschlimmerungsanteil" habe sich insoweit nicht ausgewirkt. Das LSG ließ die Revision zu, da "bezüglich des Berichtigungsbescheides über Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung entschieden worden sei". Das Urteil des LSG wurde den Beteiligten am 21. Februar 1962 zugestellt.
Der Beklagte legte am 17. März 1962 Revision ein. Er beantragte,
das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 15. Februar 1962 insoweit aufzuheben, als darin der Berichtigungsbescheid des Beklagten vom 3. März 1961 aufgehoben worden ist, und die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen.
Er begründete die Revision ebenfalls am 17. März 1962. Er führte aus, das LSG habe § 41 VerwVG unrichtig angewandt; für die Berichtigung des Anerkennungsbescheides nach § 41 VerwVG habe es genügt, daß dieser Bescheid rechtlich unrichtig gewesen sei; im übrigen habe der Anerkennungsbescheid auch auf einem Irrtum der Versorgungsbehörde über die tatsächlichen Verhältnisse beruht.
Der Kläger legte am 18. April 1962 ebenfalls Revision ein. Er beantragte,
das Urteil des SG Trier vom 10. Juni 1958 und das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz - teilweise - aufzuheben, das Herzleiden des Klägers als Schädigungsfolge im Sinne der richtunggebenden Verschlimmerung anzuerkennen und ihm ab 1. Mai 1956 Versorgung nach einer MdE von 50 v. H. zu gewähren.
hilfsweise,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Er begründete die Revision am 18. April 1962. Er machte geltend, das LSG habe zu Unrecht festgestellt, daß die Voraussetzungen für eine Neufeststellung der Versorgungsbezüge nach § 62 BVG nicht vorlägen und daß dem Kläger deshalb kein Anspruch auf Rente zustehe, das LSG habe sich insoweit auf unzureichende medizinische Unterlagen gestützt, es habe auch die Äußerung des Dr. med. G, der über die bei dem Kläger im Jahre 1942 festgestellten Befunde berichtet habe, nicht genügend berücksichtigt, es habe zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts jedenfalls ein weiteres ärztliches Gutachten einholen müssen, es habe danach § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verletzt. Im übrigen habe der Kläger eine Armbinde mit der Aufschrift "Wehrmacht" getragen, er falle daher unter den durch das BVG erfaßten Personenkreis. Der Beklagte beantragte ferner,
die Revision des Klägers als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise,
sie als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger beantragte ferner,
die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.
II
Die Revisionen beider Beteiligten sind nach § 162 Abs 1. Nr. 1 SGG statthaft.
Das LSG hat zwar erkennen lassen, daß es die Revision zugelassen hat, weil es (nur) "bezüglich des Berichtigungsbescheides" über grundsätzliche Rechtsfragen entschieden habe; dies hat jedoch nicht - wie der Beklagte meint - zur Folge, daß nur die Revision des Beklagten, mit der er sich gegen die Auffassung des - nach § 96 SGG Streitgegenstand gewordenen - "Berichtigungsbescheides" wendet, nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft ist; statthaft nach dieser Vorschrift ist vielmehr auch die Revision des Klägers, mit der er den - durch die Entscheidung der Vorinstanzen abgelehnten - Rentenanspruch verfolgt. Die Zulassung der Revision nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann nicht auf bestimmte Rechtsfragen, sondern nur auf bestimmte Ansprüche beschränkt werden (BSG 3, 135). Streitig ist hier, ob die - mit dem Anerkennungsbescheid vom 7. Juli 1951 - als Schädigungsfolge festgestellte Gesundheitsstörung des Klägers sich verschlimmert hat und ob dem Kläger deshalb eine Rente zusteht; streitig ist ferner, ob die Rücknahme des Anerkennungsbescheides - durch den "Berichtigungsbescheid nach § 41 VerwVG" vom 3. März 1961 - rechtmäßig ist und damit der Rentenanspruch des Klägers schon aus diesem Grunde entfällt. Sowohl das Begehren des Klägers auf Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Verschlimmerung seiner Schädigungsfolge und auf Gewährung einer Rente als auch sein Begehren auf Aufhebung des "Berichtigungsbescheides" betreffen den Rentenanspruch des Klägers; die Zulassung der Revision hat deshalb nicht auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit des "Berichtigungsbescheides" beschränkt werden können.
Beide Revisionen sind auch form- und fristgerecht eingelegt; sie sind somit zulässig. Beide Revisionen sind jedoch unbegründet. Das LSG hat zu Recht entschieden, daß der Bescheid vom 3. März 1961 ("Berichtigungsbescheid" nach § 41 VerwVG) rechtswidrig ist. Der Bescheid vom 7. Juli 1951 ist, wie das LSG festgestellt hat, für die Beteiligten bindend geworden; soweit in diesem Bescheid festgestellt ("anerkannt") worden ist, daß eine Herzmuskelschwäche geringen Grades Schädigungsfolge im Sinne der Verschlimmerung sei, ist dieser Bescheid ein den Kläger begünstigender Verwaltungsakt. Der Beklagte hat nach dem Inkrafttreten des VerwVG (1. April 1955) diesen Bescheid nur dann als - von Anfang an - rechtswidrig zurücknehmen dürfen, wenn die Voraussetzungen des § 41 VerwVG erfüllt gewesen sind (vgl. auch Urteil des BSG vom 16. März 1962 in SozR Nr. 17 § 41 VerwVG); es ist deshalb nicht darauf angekommen, ob die Rücknahme des Anerkennungsbescheides nach den Vorschriften, die vor dem Inkrafttreten des VerwVG gegolten haben, rechtmäßig gewesen ist oder nicht. Mit Recht ist das LSG davon ausgegangen, daß die Rücknahme eines bindend gewordenen, begünstigenden Bescheides auch nach § 41 VerwVG in der Fassung des Art. II Nr. 5 des Ersten Neuordnungsgesetzes vom 27. Juni 1960 (nF) - ebenso wie nach § 41 VerwVG aF (BSG 8, 198 mit weiteren Hinweisen; insoweit auch zustimmend Heuer, die Kriegsopferversorgung, 1962 S. 6) - die tatsächliche und rechtliche Unrichtigkeit dieses Bescheides als kumulative Tatbestandsmerkmale erfordert (Urteil des BSG vom 13. April 1961 - 10 RV 687/58 -; insoweit a. A. Heuer aaO). Zwar hat der (22.) Bundestagsausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen bei der Vorbereitung des Neuordnungsgesetzes "seinen Willen bekundet", das "und" durch ein "oder" zu ersetzen, weil "ein Irrtum über Tatsachen nicht anders bewertet werden kann als ein Irrtum bei der Rechtsanwendung" (vgl. Verhandlung des Deutschen Bundestages in der 114. Sitzung der 3. Wahlperiode - 6 492 C -, Bundestags-Drucksache 1825; Heuer aaO S. 7); zu einer Gesetzesänderung ist es jedoch insoweit nicht gekommen; vielmehr ist es bei dem bisherigen Wortlaut des § 41 VerwVG tatsächliche "und" rechtliche Unrichtigkeit geblieben. Bei dieser Sachlage kann auch die Gesetzesauslegung zu keinem anderen als dem bisherigen Ergebnis führen (vgl. BSG 8, 198); die Willensäußerung des 22. Ausschusses, das Gesetz ändern zu wollen, kann nicht als eine nachträgliche authentische Interpretation des Gesetzes angesehen werden. Gegenstand der Auslegung ist allein der in einer gesetzlichen Vorschrift zum Ausdruck kommende "objektivierte Wille" des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt; nicht entscheidend ist die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe (vgl. BVerfG 1, 299, 312; BSG 6, 252). Die Gesetzesmaterialien können deshalb für die Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift nur insoweit Bedeutung erlangen, als die Auffassung, die sich aus ihnen ergibt, in der Vorschrift selbst Ausdruck gefunden hat. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß die Gerichte nicht berechtigt sind, im Wege der Gesetzesauslegung das Wort "und" durch ein "oder" zu ersetzen. Wenn der Gesetzgeber die Ermächtigung der Verwaltung, begünstigende Bescheide zurückzunehmen, - abweichend von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 41 VerwVG - hat erweitern wollen, so hätte er dies eindeutig zum Ausdruck bringen müssen. Daran ändert auch nichts, daß es für die Rücknahme eines - von Anfang an - rechtswidrigen, begünstigenden Bescheides nach den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts u. a. darauf ankommt, daß ein Bescheid entweder wegen einer "tatsächlichen Unrichtigkeit" oder wegen einer "rechtlichen Unrichtigkeit" rechtswidrig ist (vgl. BSG 8, 11; 10, 72; 15, 81 sowie Haueisen, DÖV 1959, 5 ff, 7 und NJW 1960, 1883 Anm. 35 und 1962, 335); die Vorschrift des § 41 VerwVG hat die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Verwaltung ermächtigt ist, - von Anfang an - rechtswidrige, begünstigende Verwaltungsakte zurückzunehmen, für die Kriegsopferversorgung besonders geregelt, sie verlangt für die Rücknahme eine "qualifizierte Rechtswidrigkeit" (tatsächliche und rechtliche Unrichtigkeit); diese Regelung ist abschließend und erschöpfend.
Das LSG ist mit Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß die Voraussetzungen für die Rücknahme des Anerkennungsbescheides nach § 41 VerwVG nicht erfüllt sind, weil dieser Bescheid nicht "tatsächlich unrichtig" ist. Der Beklagte hat bei der Erteilung dieses Bescheides einen ihm richtig mitgeteilten und von ihm richtig aufgefaßten Sachverhalt beurteilt, er hat diesen Sachverhalt nur rechtlich unrichtig beurteilt. Der Kläger hat zur Begründung seines Versorgungsantrages angegeben, daß er im "Osteinsatz als Hilfsrottenführer bei der deutschen Reichsbahn" gewesen sei; daraus hat sich eindeutig ergeben, daß der Kläger weder als Soldat eingezogen noch als Reichsbahnbediensteter zur Wehrmacht abgeordnet gewesen ist, daß er vielmehr als sogenannter "blauer Eisenbahner" von der Reichsbahn zur Dienstleistung bei einer Reichsbahndienststelle im besetzten Ostgebiet abgeordnet gewesen ist; dies ist im übrigen auch aus den Unterlagen der Reichsbahn-Versicherungsanstalt, die dem Beklagten schon vor der Erteilung des Anerkennungsbescheides vorgelegen haben, zu entnehmen gewesen.
Das LSG hat zutreffend dargelegt, daß die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe mit dem Wort "Osteinsatz" angedeutet, daß er Soldat gewesen sei oder zur Wehrmacht abgeordnet gewesen sei, er - der Beklagte - habe dies jedenfalls so aufgefaßt und sich deshalb in einem tatsächlichen Irrtum befunden, nicht stichhaltig ist. Es besteht kein Anhalt dafür, daß der Beklagte einen von der Sachdarstellung des Klägers abweichenden - irrtümlich unterstellten Sachverhalt beurteilt hat. Das LSG ist deshalb mit Recht davon ausgegangen, daß die Unrichtigkeit des Anerkennungsbescheides nur darauf beruht hat, daß der Beklagte den Reichsbahndienst des Klägers im Osten zu Unrecht als militärähnlichen Dienst im Sinne des § 3 Abs. 1 Buchst. d BVG angesehen hat. Dafür, daß die Unrichtigkeit des Anerkennungsbescheides nicht auf einem "Irrtum über Tatsachenumstände", sondern nur auf einer unrichtigen Rechtsanwendung beruht hat, spricht auch, daß die Frage, ob der Dienst der "blauen Eisenbahner" in den Ostgebieten militärähnlicher Dienst im Sinne des § 3 Abs. 1 Buchst. d BVG ist, zur Zeit des Anerkennungsbescheides im Jahre 1951 noch umstritten gewesen ist. Das LSG Rheinland-Pfalz hat diese Frage zunächst bejaht (vgl. Breithaupt 1956, 298); diese Frage ist dann aber in den Jahren 1956 und 1957 - auf zugelassene Revisionen - durch Urteile des Bundessozialgerichts (vgl. u. a. BSG 4, 8; 4, 272) im verneinenden Sinne entschieden worden. Fehlt es danach an der tatsächlichen Unrichtigkeit des Anerkennungsbescheides, weil der Beklagte einen zutreffenden Sachverhalt beurteilt hat, so hat der Anerkennungsbescheid nicht mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. März 1961 nach § 41 VerwVG zurückgenommen werden dürfen. Der Rücknahmebescheid ist auch nicht nach § 42 Abs. 1 Ziff. 9 VerwVG rechtmäßig (vgl. BSG 15, 232). Das LSG hat zu Recht angenommen, daß die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt sind, weil die - später aufgefundenen und verwerteten - Personalakten des Klägers den Sachverhalt nicht anders wiedergegeben haben, als er bereits von dem Kläger in seinem Versorgungsantrag mitgeteilt worden ist und deshalb das Fehlen der Personalakten nicht für die rechtliche Unrichtigkeit des Anerkennungsbescheides ursächlich gewesen ist. Das LSG hat danach den "Berichtigungsbescheid" des Beklagten zu Recht aufgehoben. Die Revision des Beklagten ist deshalb unbegründet.
Das LSG hat andererseits auch den Bescheid vom 19. August 1957, mit dem der Beklagte den Antrag des Klägers auf Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Verschlimmerung der Schädigungsfolgen (§ 62 BVG) und Bewilligung einer Rente abgelehnt hat, zu Recht für rechtmäßig gehalten. Für die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Neufeststellung der Versorgungsbezüge nach § 62 BVG vorgelegen haben, ist es darauf angekommen, ob die mit dem Bescheid vom 7. Juli 1951 festgestellte Schädigungsfolge sich seitdem verschlimmert hat. Da der Beklagte in dem Bescheid vom 7. Juli 1951 die Herzmuskelschwäche des Klägers nur im Sinne der Verschlimmerung als Schädigungsfolge festgestellt hat, sind die Voraussetzungen des § 62 BVG nicht schon dann erfüllt gewesen, wenn sich das "Grundleiden" - das Herzleiden - des Klägers verschlimmert hat, vielmehr hat hinzukommen müssen, daß der - anerkannte - Verschlimmerungsanteil an dem durch die Herzmuskelschwäche bedingten Leidenszustand nunmehr stärker ins Gewicht gefallen ist, als dies nach den Feststellungen, die dem "Erstbescheid" vom 7. Juli 1951 zugrunde gelegen haben, bei dem damaligen Leidenszustand der Fall gewesen ist. Das LSG ist danach zutreffend davon ausgegangen, daß die medizinische Beurteilung des Leidenszustandes und des Verschlimmerungsanteils des Facharztes Dr. H., die der Beklagte der - bindend gewordenen - "Erstfeststellung" vom Jahre 1951 zugrunde gelegt hat, mit den "Verhältnissen", die insoweit im Jahre 1956 bestanden haben, zu vergleichen gewesen ist. Das LSG hat dazu festgestellt, der Verschlimmerungsanteil habe sich seit der "Erstfeststellung" nicht geändert; es habe zwar die Herzleistung nachgelassen, dafür sei aber der anerkannte Verschlimmerungsanteil nicht ursächlich, diese "weitere Verschlimmerung" sei vielmehr auf "schädigungsunabhängige" Gesundheitsstörungen des Klägers zurückzuführen.
Diese Feststellungen des LSG sind verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden; das LSG hat sie auf die Gutachten der Ärzte Dr. H., Dr. R. und Dr. B. stützen dürfen; insoweit hat auch der Kläger keine substantiierten Verfahrensrügen erhoben (§ 164 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Das Vorbringen des Klägers, das LSG habe zu Unrecht nicht genügend berücksichtigt, daß Dr. G. in den Jahren 1942/1943 den Leidenszustand des Klägers und die Bedeutung des "Osteinsatzes" für diesen Leidenszustand anders beurteilt habe als Dr. H., und die darauf gestützte Verfahrensrüge, das LSG habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) verletzt, weil es kein weiteres ärztliches Gutachten eingeholt habe, gehen fehl. Das LSG hat von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus nicht prüfen müssen, welcher Leidenszustand des Klägers im Jahre 1942 bestanden hat und wie sich der "Osteinsatz" damals ausgewirkt hat; es hat auch nicht prüfen müssen, ob der - bindend gewordene - "Erstbescheid", in dem der Beklagte nur eine Herzmuskelschwäche "geringen Grades" im Sinne der Verschlimmerung - mit einer MdE von unter 25 v. H. - festgestellt hat, unrichtig gewesen ist, weil die Schädigungsfolge damals zu gering bewertet worden sei (vgl. auch Beschluß des BSG vom 7. Juni 1956 in SozR Nr. 7 zu § 103 SGG). Das LSG hat auch den festgestellten Sachverhalt rechtlich zutreffend gewürdigt (vgl. dazu BSG 6, 192; 6, 87; 7, 53).
Die Revision des Klägers ist somit ebenfalls unbegründet.
Beide Revisionen sind daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen