Entscheidungsstichwort (Thema)
Ärztliche Versorgung. Psychotherapeutische Behandlung durch Nichtarzt. Beratungs- und Auskunftspflicht des Versicherungsträgers
Leitsatz (redaktionell)
Eine Krankenkasse ist grundsätzlich nicht verpflichtet, die Kosten für eine durch einen nichtärztlichen Diplom-Psychologen selbständig erbrachte verhaltenstherapeutische Behandlung zu übernehmen. Bei der verhaltenstherapeutischen Behandlung durch einen Diplom-Psychologen, der kein approbierter Arzt ist, handelt es sich weder um ärztliche Behandlung iS des § 122 Abs 1 RVO noch um eine Mitwirkung im Rahmen einer ärztlichen Behandlung gemäß § 182 Abs 1 RVO. Ebensowenig kann sie als Heilmittel iS des § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst b RVO angesehen werden.
Orientierungssatz
1. Die ärztliche Versorgung muß insoweit den Kassenärzten vorbehalten bleiben, als eine ärztliche Sachkunde erforderlich ist. Soweit daher Hilfeleistungen anderer Personen (hier: nichtärztlicher Psychotherapeut) in Frage kommen, handelt es sich, wie sich aus § 122 Abs 1 RVO ergibt, um unselbständige Leistungen, die vom Arzt angeordnet und verantwortet werden (vergleiche BSG vom 1979-07-10 3 RK 21/78 = BSGE 48, 258, 261).
2. Die Behörde hat aufgrund ihrer Fürsorge- und Betreuungspflicht die Pflicht, nicht nur richtige, sondern auch so klare und vollständige Auskünfte zu geben, daß der Empfänger entsprechend disponieren kann und ihm geholfen wird, das zu erreichen, was ihm zusteht oder was er im Rahmen des Möglichen und Zulässigen zu erreichen wünscht.
3. Eine erschöpfende Auskunft liegt nicht vor, wenn erst nach zirka einem Jahr ein behandlungsbereiter Arzt gefunden werden konnte. Die Benennung behandlungsfähiger, aber nicht behandlungsbereiter Ärzte genügt nicht.
Normenkette
RVO § 122 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1924-12-15, § 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Fassung: 1974-08-07; SGB 1 § 14 Fassung: 1975-12-11, § 15 Fassung: 1975-12-11; RVO § 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b Fassung: 1974-08-07
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte (als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung) gegenüber dem Kläger (als Versichertem) die Kosten einer von einem Diplom-Psychologen durchgeführten verhaltenstherapeutischen Behandlung des Kindes des Klägers zu tragen hat.
Der Kläger ist bei der Beklagten pflichtversichert. Sein im Jahre 1967 geborener Sohn Klaus wurde im September und Oktober 1975 von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr P, S, ärztlich untersucht. In dem Attest vom 31. Oktober 1975 hat Dr P ausgeführt; bei dem Kind bestünden deutliche Zeichen für das Vorliegen sekundärer Symptome einer Neurose (Legasthenie, Bettnässen, gelegentliches Einkoten); eine verhaltenstherapeutische Behandlung sei angezeigt; die Behandlung solle bei dem Diplom-Psychologen F in D durchgeführt werden. Im November 1975 hat der Diplom-Psychologe F mit der Behandlung begonnen. Um dieselbe Zeit, am 20. November 1975, hat der Kläger bei der Beklagten beantragt, die Kosten dieser Behandlung zu übernehmen. Die Beklagte hat die Notwendigkeit einer verhaltenstherapeutischen Behandlung bei dem Kind Klaus anerkannt und sich auch grundsätzlich zur Kostenübernahme bereit erklärt. Eine Übernahme der bei dem Diplom-Psychologen F entstandenen Kosten hat sie jedoch mit der Begründung abgelehnt, daß dieser weder Arzt sei noch an der kassenärztlichen Versorgung teilnehme. Dem Kläger (und seiner Ehefrau) wurden seitens der Beklagten, der Beigeladenen und des Hessischen Sozialministeriums mehrere für die verhaltenstherapeutische Behandlung des Kindes in Betracht kommende Ärzte benannt. Der Kläger hat vorgebracht, die vorgeschlagenen, im Bereich O und F ansässigen Ärzte hätten eine Übernahme der Behandlung abgelehnt. Im Oktober 1976 - elf Monate nach Behandlungsbeginn - hat die Beigeladene von der Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Dr W G in F eine Behandlungszusage erhalten. Der Kläger hat einen Behandlungswechsel jedoch abgelehnt. Das Sozialgericht (SG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat ausgeführt: Die Tätigkeit des Diplom-Psychologen F sei als eigenverantwortliche Tätigkeit einzustufen, nicht als bloße Hilfeleistung gegenüber dem Arzt Dr P, da dieser keinerlei Verantwortung iS des § 122 Abs 1 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) übernommen habe. Selbst im Notfall, der aber nicht vorgelegen habe, hätte nur ein Arzt, freilich ein nicht an der kassenärztlichen Versorgung beteiligter, in Anspruch genommen werden können. Selbst wenn ein Wechsel des Behandlers im Oktober 1976 unzweckmäßig oder gar schädlich gewesen wäre, seien die durch die Inanspruchnahme eines nichtärztlichen Psychologen entstandenen Kosten von der Beklagten nicht zu übernehmen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom LSG zugelassene Revision des Klägers. Hierzu wird vorgetragen:
Da der Kassenarzt Dr P die Behandlung durch den Diplom-Psychologen F vorgeschlagen habe, lasse sich sehr wohl von einer Anordnung der Hilfeleistung iS des § 122 Abs 1 Satz 2 RVO sprechen. Denn der Kassenarzt übernehme auch für die in dieser Bestimmung genannten Hilfspersonen keine volle Verantwortung. Ob der verordnende Kassenarzt heutzutage gegenüber solchen Hilfspersonen - etwa gegenüber einer selbständigen Krankengymnastin - noch echte Leitungsbefugnisse ausübe, sei zweifelhaft. Insofern konstituiere das LSG hier ein Tatbestandsmerkmal, das mit der Realität längst nicht mehr übereinstimme. Im übrigen sei die Aufzählung der Krankenhilfeleistungen in § 182 Abs 1 RVO, wie das Wort "insbesondere" zeige, nur beispielhaft. Das LSG habe das Vorliegen eines Notfalles abgelehnt ohne darauf einzugehen, wie dem behandlungsbedürftigen Sohn des Klägers während des einen Jahres bis Oktober 1976 habe geholfen werden können. Der Wortlaut des § 368d Abs 1 Satz 2 RVO gehe zwar dahin, daß auch in Notfällen nur Ärzte in Anspruch genommen werden dürfen. Es sei aber zweifelhaft, ob damit vom Gesetzgeber ein Ausschluß des modernen Diplom-Psychologen gewollt sei. Seit der Schaffung dieser Vorschrift hätten sich die tatsächlichen Verhältnisse erheblich geändert. Tatsache sei, daß die Ärzte zur psychotherapeutischen Behandlung in vielen Fällen entweder mangels Ausbildung oder aus Zeitmangel gar nicht mehr in der Lage seien. Im übrigen sei die Behandlung des Sohnes des Klägers durch einen zugelassenen Kassenarzt nicht möglich gewesen. Auf dem verhaltenstherapeutischen Gebiet habe eine Unterversorgung mit zugelassenen Ärzten bestanden. Hierüber habe das LSG antragsgemäß Beweis erheben müssen. Insoweit werde eine Verletzung der §§ 103 und 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gerügt. Aus dem Fehlen behandlungsbereiter Kassenärzte ergebe sich umso mehr die Pflicht der Beklagten, die Kosten der Behandlung durch den Diplom-Psychologen F zu erstatten. Denn das Sozialstaatsprinzip verpflichte die Leistungsträger der Krankenversicherung darauf einzuwirken, daß die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stünden. Der Kläger beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts
vom 2. Mai 1979 - L 8 Kr 105/78 - und des
Sozialgerichts Frankfurt vom 16. Dezember 1977
- S 9 Kr 46/76 - aufzuheben und die Beklagte unter
Aufhebung des Bescheides vom 23. Januar 1976/Widerspruchsbescheides
vom 12. Februar 1976 zu verurteilen, ihm die Kosten
für die verhaltenstherapeutische Behandlung seines
Sohnes Klaus bei dem Diplom-Psychologen F, D, zu
erstatten;
hilfsweise beantragt er die Verurteilung der Beigeladenen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen,
hilfsweise beantragt sie die Verurteilung der
Beigeladenen.
Hierzu trägt sie vor: Nach der zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden geschlossenen Vereinbarung über die Ausübung von tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapie in der Kassenärztlichen Versorgung vom 11. Juni 1976 könne der Arzt einen nichtärztlichen Psychotherapeuten, wenn er überwiegend tiefenpsychologisch fundierte und analogische Psychotherapie durchführe, hinzuziehen. Die Voraussetzungen einer Hinzuziehung lägen hier aber nicht vor. Da eine der kassenärztlichen Versorgung zuzuordnende Leistung selbst bei einem Versorgungsengpaß keinesfalls ersatzweise durch Nichtärzte erbracht werden könne, gehe die Rüge des Revisionsklägers wegen Verletzung der §§ 103 und 128 SGG ins Leere. Allenfalls könne bei einer dauernden Unterversorgung ein anderer nicht an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmender Arzt in Anspruch genommen werden. Selbst wenn man davon ausginge, daß ein Notfall iS von § 386d Abs 1 Satz 2 RVO vorliege, sei die Leistung durch einen Arzt zu erbringen. Wer als Arzt anzusehen sei, richte sich nach den jeweils geltenden berufsrechtlichen Vorschriften für Ärzte.
Auch die Beigeladene hält das Urteil des LSG für richtig. In der mündlichen Verhandlung ist sie nicht erschienen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen ist.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, daß bei dem Sohn Klaus des Klägers eine behandlungsbedürftige und - verhaltenstherapeutisch - auch behandlungsfähige Krankheit vorlag und daß dem Kläger insoweit auch ein Anspruch auf Familienkrankenhilfe nach § 205 RVO zusteht. Die Beklagte hat dementsprechend den Anspruch des Klägers auf die Übernahme derartiger Behandlungskosten grundsätzlich anerkannt. Die verhaltenstherapeutische Behandlung durch einen Diplom-Psychologen, der nicht als Arzt approbiert ist, kann nicht als ärztliche Behandlung iS des § 122 Abs 1 RVO angesehen werden. Eine nichtärztliche Behandlung wird aber auch nach § 182 Abs 1 RVO ausgeschlossen. Zwar erlaubt es die aufgrund der psychotherapeutischen Richtlinien als Bestandteil der Bundesmantelvertrags-Ärzte getroffene Psychotherapie-Vereinbarung vom 10. Januar 1972 (abgedruckt in DOK 1972, 527 f) ebenso wie die jetzt geltende Psychotherapie-Vereinbarung vom 11.Juni 1976 (abgedruckt in BKK 1976, 211), daß der Kassenarzt zur Behandlung auch einen nichtärztlichen Psychotherapeuten oder Psychagogen mit hinzuzieht (§ 3 Abs 1 Satz 1 der Vereinbarung vom 10. Januar 1972; § 2 Abs 1 Satz 1 der Vereinbarung vom 11. Juni 1976). Eine solche Hinzuziehung setzt voraus, daß der hinzuziehende Arzt selbst überwiegend tiefenpsychologisch fundierte und analytische Psychotherapie durchführt und der nichtärztliche Psychotherapeut eine abgeschlossene akademische Ausbildung als Diplom-Psychologe an einer deutschen Universität oder Hochschule absolviert hat und daneben eine abgeschlossene Ausbildung an einem anerkannten psychotherapeutischen Institut nachweist. Es kann hier vorläufig dahinstehen, ob der Diplom-Psychologe F diese zusätzliche Ausbildung an einem psychotherapeutischen Institut erfahren hat; das LSG hat hierzu keine Feststellung getroffen. Jedenfalls handelt es sich bei einer solchen Hinzuziehung nicht, wie hier, um eine selbständige Tätigkeit des nichtärztlichen Psychotherapeuten, sondern, wie der Senat in seinem Urteil 3 RK 21/78 vom 10. Juli 1979 (BSGE 48, 258 ff, 261 mit weiteren Hinweisen) entschieden hat, nur um eine Mitwirkung im Rahmen der ärztlichen Behandlung, die unter der überwachenden Beobachtung des Kassenarztes stattfindet und von ihm zu verantworten ist. Diese Voraussetzung ist hier aber nicht gegeben.
Die Mitwirkung des nichtärztlichen Psychotherapeuten geht demnach nicht über das hinaus, was das Gesetz in § 122 Abs 1 RVO hinsichtlich der Beteiligung anderer Personen an der ärztlichen Behandlung vorschreibt. Der Senat hat in seinem obengenannten Urteil vom 10. Juli 1979 grundlegende Ausführungen dazu gemacht, daß das Prinzip der ärztlichen Behandlung den Kernbestandteil der kassenärztlichen Versorgung darstellt und damit als unverzichtbarer Teil des in sich ausgewogenen, sachlich begründeten Systems der sozialen Versorgung anzusehen ist. Dazu gehört es aber, daß die ärztliche Versorgung insoweit den Kassenärzten vorbehalten bleiben muß, als eine ärztliche Sachkunde erforderlich ist. Soweit daher Hilfeleistungen anderer Personen in Frage kommen, handelt es sich, wie sich aus § 122 Abs 1 RVO ergibt, um unselbständige Leistungen, die vom Arzt angeordnet und verantwortet werden. Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser gesetzlich gestützten Auffassung abzugehen. Bei der Behandlung des Sohnes des Klägers stehen aber eigenverantwortliche Leistungen eines nichtärztlichen Diplom-Psychologen im Streit. Eine Hilfeleistung iS des § 122 Abs 1 Satz 2, 1. Alternative, RVO liegt daher hier nicht vor. Darüber hinaus handelt es sich aber auch um keinen "dringenden Fall" iS der 2. Alternative dieser Bestimmung.
Die Behandlung durch den Diplom-Psychologen F kann, entgegen der Auffassung des Klägers, auch nicht als "Heilmittel" iS des § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst b RVO angesehen werden. In der ab 1. Oktober 1974 geltenden Fassung (§ 21 Nr 5 Buchst a des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom 7. August 1974, BGBl I, 1881) zählt das Gesetz die Sachgruppen Arznei-, Verband-, Heilmittel und Brillen auf. Zu diesem Leistungsgegenstand gehören daher nur sächliche Mittel ohne (persönliche) Dienstleistungen (BSG aaO S 263).
Wie der Kläger zwar mit Recht ausgeführt hat, ist mit der in § 182 Abs 1 Nr 1 RVO vorgenommenen Aufzählung der zur Krankenpflege gehörenden Leistungen keine abschließende Regelung getroffen; das ergibt sich unzweideutig aus dem Wort "insbesondere". Damit wird deutlich, daß auch andere als die aufgezählten Leistungen der Krankenpflege zugerechnet werden können, wenn sie der Erkennung, Behandlung oder Heilung einer Krankheit dienen. Das Wort "insbesondere" bedeutet aber nicht, daß damit auch selbständige Leistungen durch nichtärztliche Personen einbezogen werden sollten (BSG aaO S 263 f; Krasney ZSR 1976, 411 ff, 426).
Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, für die Behandlung durch den Diplom-Psychologen F aufzukommen. Das schließt nicht aus, daß dem Kläger aus anderen Gründen ein Kostenerstattungsanspruch zusteht. Ein Anspruch aus § 368d Abs 1 Satz 2 RVO kommt hier, entgegen der Ansicht des Klägers, jedoch nicht in Betracht. Denn auch bei einer Notfallversorgung darf, wie das LSG mit Recht ausgeführt hat, eine ärztliche Behandlung nur durch einen approbierten Arzt vorgenommen werden (BSGE aaO S 260 unter Hinweis auf BSGE 19, 270, 272 f; 34, 172; 44, 41, 43). Ein Erstattungsanspruch könnte aber dann gegeben sein, wenn die Beklagte ihre Beratungspflicht verletzt hätte (BSG, Urteil vom 28. November 1979 - 3 RK 64/77 SozR 2200 § 182 RVO Nr 57 mit weiteren Hinweisen). Wie der erkennende Senat in diesem Urteil ausführt, hat die Behörde aufgrund ihrer Fürsorge- und Betreuungspflicht die Pflicht, nicht nur richtige, sondern auch so klare und vollständige Auskünfte zu geben, daß der Empfänger entsprechend disponieren kann und ihm geholfen wird, das zu erreichen, was ihm zusteht oder was er im Rahmen des Möglichen und Zulässigen zu erreichen wünscht. Verletzt der Versicherungsträger diese sich aus einem konkreten Sozialrechtsverhältnis ergebende Verpflichtung, so hat er den Versicherten so zu stellen, wie dieser bei pflichtgemäßem Verwaltungshandeln gestanden hätte. Das bedeutet im vorliegenden Fall, daß das Begehren des Klägers auch unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden muß, ob es bei vollständiger Aufklärung nicht - zumindest hilfsweise - auch den Antrag umschlossen haben würde, eine psychotherapeutische Behandlung durch einen dazu berechtigten Arzt bzw durch einen vom Arzt zugezogenen nichtärztlichen Psychotherapeuten zu gewähren. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn ein verständiger Versicherter seinen Antrag der (vollständigen) Auskunft angepaßt hätte und dem auch keine speziell beim Kläger vorliegenden Gründe entgegenstehen (BSG, aaO mwN; BSGE 41, 126, 128). Die Beklagte hat zwar von Anfang an die Notwendigkeit einer verhaltenstherapeutischen Behandlung anerkannt und sich bereit erklärt, die Kosten hierfür zu übernehmen. Sie hat, wie sich aus dem Bescheid und Widerspruchsbescheid ergibt, auch darauf hingewiesen, daß die Behandlung nur durch einen zugelassenen Arzt durchgeführt werden und dieser allenfalls einen nichtärztlichen Psychotherapeuten im Wege der Hilfeleistung zuziehen könne, und sowohl sie - die Beklagte - als auch die Beigeladene und der Hessische Sozialminister haben dem Kläger zahlreiche Ärzte benannt, die für eine Behandlung des Sohnes des Klägers in Betracht kamen. Dazu, aus welchen Gründen es zu keiner Übernahme der Behandlung gekommen ist, hat das LSG aber keine Feststellungen getroffen. Sie zu treffen hätte aber Anlaß bestanden. Wenn das Vorbringen des Klägers richtig ist, daß erst etwa ein Jahr nach dem Beginn der Behandlung bei dem Diplom-Psychologen F ein behandlungsbereiter Arzt gefunden werden konnte, dann besteht die Möglichkeit, daß die Beklagte ihrer Pflicht zur erschöpfenden Auskunft nicht nachgekommen ist. Denn dem Kläger hätte die Benennung behandlungsfähiger, aber nicht behandlungsbereiter Ärzte nicht geholfen. Das LSG hätte daher aufklären müssen, welche Ärzte dem Kläger im einzelnen benannt wurden, aus welchen Gründen sie eine Übernahme der Behandlung abgelehnt haben sowie ob und aus welchen Gründen der Kläger trotz der Behandlungsbereitschaft eines in zumutbarer Entfernung wohnenden Arztes sich einer Behandlung seines Sohnes widersetzt hat. Insofern greift auch die Verfahrensrüge des Klägers durch, das LSG sei seinen diesbezüglichen Beweisanträgen ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt. Hinzu kommt, daß das Vorbringen des Klägers auch auf eine Unterversorgung mit behandlungsbereiten ärztlichen Psychotherapeuten deuten könnte, der nicht nur die Beklagte nach § 17 Abs 1 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil, sondern die Beklagte und die Beigeladene auch gemeinsam nach § 368 RVO im Rahmen ihrer Sicherstellungspflicht zu begegnen verpflichtet sind. Wäre eine Pflichtverletzung festzustellen, dann könnte dem Kläger aber ein Anspruch auf Erstattung der ihm durch die Behandlung seines Sohnes bei dem Diplom-Psychologen F entstandenen Kosten zustehen, wenn dessen Leistungen einer Maßnahme gleichgestellt werden könnten, die auch im Rahmen einer ärztlichen Behandlung nach der RVO zu erbringen wäre. Erst nach einer umfassenden Aufklärung der genannten Art, die auch den Leistungsinhalt der durch den Diplom-Psychologen F durchgeführten Krankheitsbehandlung und die Frage, ob ein Wechsel zu einem anderen Behandler noch zumutbar war sowie einen Kostenvergleich zu umgreifen hätte, läßt sich die Frage beantworten, ob dem Kläger Behandlungskosten insoweit zu erstatten sind, als sie bei korrektem Verwaltungshandeln zur Sachleistung verpflichtet gewesen wäre.
Da das Revisionsgericht die fehlenden Tatsachenfeststellungen nicht selbst treffen kann, muß von der Möglichkeit der Zurückverweisung Gebrauch gemacht werden.
Die Kostenentscheidung bleibt dem den Rechtsstreit abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen