Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachgehende Ansprüche auf Krankengeld und Pflichtversicherung in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung
Leitsatz (amtlich)
Ein Unternehmer der Landwirtschaft, der während einer gemäß § 165 Abs 1 Nr 1 RVO versicherungspflichtigen Beschäftigung erkrankt, hat keinen Anspruch auf Krankengeld, wenn er erst nach Beendigung der Mitgliedschaft in der allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung während einer gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 iVm § 47 Nr 5 KVLG wieder entstandenen Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Landwirte arbeitsunfähig wird.
Leitsatz (redaktionell)
An der ständigen Rechtsprechung, daß ein Anspruch auf Krankengeld auch dann entsteht, wenn der Versicherungsfall der Krankheit während der Mitgliedschaft, die Arbeitsunfähigkeit aber erst während der nachgehenden Frist des § 183 Abs 1 S 2 RVO eingetreten ist, wird festgehalten.
Normenkette
RVO § 183 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1961-07-12, § 212 Abs. 1 Fassung: 1972-08-10; KVLG § 2 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1972-08-10, § 3 S. 2 Nr. 1 Fassung: 1980-07-09, § 47 Nr. 5 Fassung: 1972-08-10
Verfahrensgang
SG Reutlingen (Entscheidung vom 21.06.1979; Aktenzeichen S 10 Kr 1159/77) |
Tatbestand
Umstritten ist ein Anspruch auf Krankengeld.
Der Kläger, der einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einer Nutzfläche von ca 20 ha bewirtschaftet, ist in den Wintermonaten beim Staatlichen Forstamt T als Waldarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Während dieses Beschäftigungsverhältnisses ist er Mitglied der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse -AOK- (§ 165 Abs 1 Nr 1 der Reichsversicherungsordnung -RVO-), in der übrigen Zeit als landwirtschaftlicher Unternehmer Pflichtmitglied der beigeladenen Landwirtschaftlichen Krankenkasse (§ 2 Abs 1 Nr 1 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte -KVLG-). Im Winter 1976/77 endete das erste Arbeitsverhältnis wegen starken Frostes bereits am 17. Dezember (gemäß § 29 Abs 3 des Manteltarifvertrages für die Staatlichen Forstbetriebe in Baden-Württemberg). Am 20. Dezember wurde der Kläger arbeitsunfähig krank, und zwar wegen eines Nierensteinleidens, das schon vor dem 18. Dezember behandlungsbedürftig war. Am 1. Februar nahm der Kläger die versicherungspflichtige Beschäftigung als Waldarbeiter wieder auf und setzte sie bis zum 30. April 1977 fort.
Die Beklagte lehnte die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 20. Dezember 1976 bis zum 31. Januar 1977 ab, weil der Kläger während dieser Zeit nicht ihr Mitglied gewesen sei. Das Sozialgericht (SG) hat jedoch diesen Bescheid und den ihn bestätigenden Widerspruchsbescheid aufgehoben und die Beklagte zur Krankengeldgewährung verurteilt. Es hat zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe für die fragliche Zeit einen Anspruch auf Krankengeld, denn der Versicherungsfall der Krankheit sei während der Mitgliedschaft bei der Beklagten und die Arbeitsunfähigkeit in der nachgehenden Frist des § 183 Abs 1 Satz 2 RVO eingetreten. Dem Anspruch stehe § 212 RVO nicht entgegen. Der Kläger sei zwar am 18. Dezember 1976 wieder Mitglied der Beigeladenen geworden, diese habe aber nur die Leistungen nach ihrer Satzung zu übernehmen. Da dem Kläger als landwirtschaftlichem Unternehmer nach dem KVLG kein Krankengeld gewährt werden könne, sei hinsichtlich dieser Versicherungsleistung die Verpflichtung der Beklagten erhalten geblieben. Bei der Betriebshilfe, die als Kassenleistung für versicherte landwirtschaftliche Unternehmer vorgesehen sei, handele es sich nicht um eine dem Krankengeld gleichwertige Leistung. Das Krankengeld habe Lohnersatzfunktion, die Betriebshilfe "Arbeitskraftersatzfunktion". Dieser unterschiedlichen Funktion entspreche die unterschiedliche Ausgestaltung der Leistung nach Voraussetzungen, Art und Umfang. Im vorliegenden Fall schließe auch der Zweck des § 212 RVO, Doppelleistungen zu verhindern, den geltend gemachten Krankengeldanspruch nicht aus. Die am 18. Dezember 1976 zum Tragen gekommene Versicherungspflicht nach § 2 Abs 1 Nr 1 KVLG habe den nachgehenden Anspruch auf Krankengeld nicht zum Erlöschen gebracht.
Mit der zugelassenen Sprungrevision rügt die Beklagte die unrichtige Anwendung der §§ 182 und 183 sowie des § 212 Abs 1 RVO bzw des § 34 Abs 1 und 2 KVLG. Sie trägt im wesentlichen vor: § 212 RVO finde Anwendung. Der Kläger habe von seiner neuen Krankenkasse, der Landwirtschaftlichen Krankenkasse, eine dem Krankengeld im Grundsatz vergleichbare Leistung zu erwarten.Krankengeld und Betriebshilfe hätten dieselbe Funktion. Dem Krankengeld liege die Absicht zugrunde, durch den Lohnersatz die Beibehaltung des bisherigen Lebensstandards sicherzustellen. Die Grund- und Standardsicherung des landwirtschaftlichen Betriebes werde durch die Betriebshilferegelung des § 34 Abs 1 KVLG erreicht. Daß der Kläger im konkreten Fall bei der Landwirtschaftlichen Krankenkasse schlechtergestellt sei als bei der AOK sei ohne Bedeutung, denn der übertretende Versicherte könne bei der neuen Krankenkasse besser- und schlechtergestellt sein als bisher.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen
vom 21. Juni 1979 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Der Kläger und die Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil, insbesondere die diesem zugrundeliegende Rechtsauffassung für zutreffend, daß die Betriebshilfe der landwirtschaftlichen Krankenversicherung keine dem Krankengeld gleichartige Leistung sei. Die Beigeladene trägt hierzu vor: Die Betriebshilfe sei eine Leistung sui generis, die in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung nur bei stationärer Behandlung und lediglich für 3 Monate sowie grundsätzlich erst nach mehr als zweiwöchiger Leistung nach § 17 oder § 17a KVLG gewährt werde und ferner von bestimmten betrieblichen Verhältnissen abhängig sei. Der Krankengeldanspruch unterliege diesen Einschränkungen nicht. Er berücksichtige die mit der Begründung eines Arbeitsverhältnisses getroffene Entscheidung des Versicherten, sich Einkommen als Arbeitnehmer zu verschaffen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe klargestellt, daß die Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr 1 KVLG auch gegenüber der nach § 311 Satz 1 Nr 2 RVO nachrangig sei (Urteile vom 16. März 1978 - 11 RK 9/77 - und vom 22. November 1979 - 8/3 RK 72/77 -). Ein Anspruch auf Krankengeld bestehe deshalb auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Arbeitsverhältnis bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bereits beendet gewesen sei, die zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankung ihren Ursprung aber in der Zeit der Versicherung als Arbeitnehmer gehabt habe.
Entscheidungsgründe
Die Sprungrevision der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht für die Zeit vom 20. Dezember 1976 bis 31. Januar 1977 kein Krankengeldanspruch zu.
Nach den im angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen, an die der Senat gebunden ist (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-), litt der Kläger bereits vor Beendigung seiner Pflichtmitgliedschaft bei der beklagten AOK am 17. Dezember 1976 an einer behandlungsbedürftigen Nierensteinerkrankung, die aber erst während der anschließenden Pflichtmitgliedschaft des Klägers bei der beigeladenen Landwirtschaftlichen Krankenkasse am 20. Dezember 1976 zur Arbeitsunfähigkeit führte. Ungeklärt ist, ob diese Erkrankung erst nach der Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung am 1. Dezember 1976 oder schon vorher, eventuell bereits während einer früheren Pflichtversicherung des Klägers als landwirtschaftlicher Unternehmer entstanden war. Auch wenn man mit dem SG davon ausgeht, daß der Versicherungsfall der Erkrankung während der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten vom 1. bis 17. Dezember 1976 eingetreten war, ist die Beklagte nicht zur Krankengeldgewährung verpflichtet.
Bei wechselnden Mitgliedschaften ergeben sich die dem Versicherten zustehenden Leistungen grundsätzlich aus dem jeweils bestehenden Versicherungsverhältnis. Das folgt aus dem allgemeinen Grundsatz, daß ein Anspruch auf Kassenleistung nicht entstehen kann, wenn keine Mitgliedschaft vorhanden ist, weil es dann an einer den Anspruch tragenden Rechtsgrundlage fehlt. Dabei ist es unerheblich, ob die Mitgliedschaft deshalb fehlt, weil sie noch nicht entstanden oder weil sie bereits beendet war (BSGE 45, 11, 14 = SozR 2200 § 183 RVO Nr 11). Dieser Grundsatz gilt sowohl in der allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung als auch in der Krankenversicherung der Landwirte. § 206 RVO bestimmt für Versicherungspflichtige und § 38 KVLG allgemein, daß der Anspruch auf die Leistungen mit dem Beginn der Mitgliedschaft entsteht. Der Versicherte hat also gegenüber dem Krankenversicherungsträger, bei dem er gerade versichert ist, Anspruch auf die Leistungen, die von diesem nach dem für ihn geltenden Recht zu gewähren sind. Selbst ein laufender Leistungsbezug wird grundsätzlich von einem Wechsel des zuständigen Krankenversicherungsträgers erfaßt. Nach § 212 RVO und § 39 KVLG übernimmt der neue Krankenversicherungsträger die weiteren Leistungen nach seiner Satzung. Im vorliegenden Fall war der Kläger bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer Mitglied der Beigeladenen. Aufgrund dieses Versicherungsverhältnisses hatte er keinen Anspruch auf Krankengeld (§ 2 Abs 1 Nr 1 iVm §§ 12, 19 KVLG).
Nun sieht allerdings das Gesetz ausnahmsweise auch Leistungen für eine Zeit nach Beendigung der Mitgliedschaft vor. Scheidet ein Mitglied während des Bezuges von Krankenpflege aus der Versicherung aus, so steht ihm nach § 183 Abs 1 Satz 2 RVO (= § 13 Abs 3 KVLG) die Krankenpflege noch für längstens 26 Wochen zu. Außerdem bestimmt § 214 RVO, daß dem wegen Erwerbslosigkeit oder Beendigung des Bezuges von Übergangsgeld ausgeschiedenen Versicherten bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen der Anspruch auf die Regelleistungen der Kasse verbleibt, wenn der Versicherungsfall während der Erwerbslosigkeit und binnen 4 Wochen nach dem Ausscheiden eintritt. Während § 214 RVO besondere Fälle anspricht, enthält § 183 Abs 1 Satz 2 RVO eine allgemeine Regelung, die für die Rechtsprechung Veranlassung war, Schlußfolgerungen für den Anspruch auf Krankengeld zu ziehen. Obwohl diese gesetzliche Regelung in dem der Mitgliedschaft nachgehenden Leistungszeitraum keine neuen Ansprüche aufgrund eines neuen Versicherungsfalles entstehen läßt und unmittelbar nur die Krankenpflege betrifft, ist der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes zu dem Ergebnis gekommen, daß auch Ansprüche auf Krankengeld entstehen, wenn der Versicherungsfall der Krankheit während der Mitgliedschaft, die Arbeitsunfähigkeit aber erst während der nachgehenden Frist eingetreten ist (BSGE 45, 11, 14, 15 mwN). Diese Rechtsprechung, an der der Senat grundsätzlich festhält, geht davon aus, daß die Behandlungsbedürftigkeit und die Arbeitsunfähigkeit nur verschiedene Erscheinungsformen derselben Krankheit sind, also auf einem einheitlichen Versicherungsfall beruhen (BSGE 45, 11, 15).
Daraus folgt jedoch nicht, daß für die Kassenleistungen wegen einer in der nachgehenden Frist des § 183 Abs 1 Satz 2 RVO eintretenden Arbeitsunfähigkeit allein die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zur Zeit des Versicherungsfalles maßgebend sind. Der Senat hat bereits früher darauf hingewiesen, daß die verschiedenen Ansprüche des Versicherten, die nach Eintritt des Versicherungsfalles während des Verlaufes einer Krankheit entstehen können, zwar ihrem Rechtsgrund, nicht aber der Art und Höhe nach grundsätzlich auf den Beginn der Erkrankung zurückbezogen sind (BSGE 18, 122, 125; vgl auch BSGE 16, 177, 180). Das wird durch zahlreiche gesetzliche Vorschriften bestätigt, die bezüglich der Krankengeldleistung nicht auf die Verhältnisse zur Zeit des Versicherungsfalles, sondern auf die Verhältnisse zur Zeit des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit abstellen (zB § 182 Abs 5 und 6 RVO; § 158 Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes -AFG-). Einschlägig ist aber auch hier vor allem § 212 RVO (§ 39 KVLG). Da nach dieser Vorschrift sogar bei einem laufenden Bezug ein Kassenwechsel dazu führt, daß für die weiteren Leistungen das Recht der neuen Kasse maßgebend ist, muß das Recht der neuen Kasse grundsätzlich auch dann maßgebend sein, wenn der Anspruch auf Leistung erst nach dem Kassenwechsel entsteht. Dies gilt jedenfalls, soweit die Leistungen der alten und neuen Kasse jeweils dem gleichen Zweck dienen und die gleichen Bedürfnisse befriedigen, also einen gleichwertigen Versicherungsschutz ergeben.
Der Versicherungsschutz der landwirtschaftlichen Krankenversicherung ist dem der allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung gleichwertig (§ 7 KVLG, § 179 RVO). Er umfaßt nicht nur die Leistungen, die unmittelbar der Krankheitsbekämpfung dienen (Krankenpflege, Krankenhauspflege), sondern auch die ergänzenden Leistungen, die die wirtschaftliche Sicherstellung des Erkrankten bezwecken. Das Leistungsrecht der landwirtschaftlichen Krankenversicherung unterscheidet sich von dem der allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung nur insoweit, als es den besonderen Bedürfnissen der Landwirtschaft angepaßt ist. Da dem landwirtschaftlichen Unternehmer bei Arbeitsunfähigkeit kein Arbeitsentgelt entgeht, sind für ihn Lohnersatzleistungen nicht vorgesehen (§ 19 KVLG).Sein Einkommen besteht aus dem Ertrag seines Betriebes. Dieser Ertrag bleibt ihm erhalten, solange sein Betrieb weitergeführt werden kann. Die landwirtschaftliche Krankenversicherung sieht daher für den landwirtschaftlichen Unternehmer anstelle von Lohnersatzleistungen, also von Krankengeld, die Gewährung einer Betriebshilfe vor (§ 34 KVLG). Durch diese wird die Weiterführung des Betriebes gewährleistet und zugleich der Ausfall von Leistungen verhindert. Krankengeld und Betriebshilfe erfüllen also den gleichen Zweck, nämlich einen krankheitsbedingten Einkommensverlust auszugleichen bzw zu vermeiden (vgl Begründung der Bundesregierung zu ihrem Entwurf eines KVLG in BT-Drucks VI/3012 S 24 zu Nr 2, S 29 zu § 27). Diese Zweckübereinstimmung gebietet es, beide Leistungen alternativ nebeneinanderzustellen. Aufgrund desselben Leistungsfalles kann daher für einen Versicherten nur eine der beiden Leistungen infrage kommen. § 212 RVO findet deshalb auch im Verhältnis von Krankengeld und Betriebshilfe Anwendung.
Dem steht nicht entgegen, daß Krankengeld und Betriebshilfe hinsichtlich der Voraussetzungen und des Leistungsumfangs nicht übereinstimmen. Diese Abweichungen ergeben sich aus der unterschiedlichen Bedürfnislage. Während der Arbeitnehmer seinen Lebensunterhalt aus den laufenden Lohneinkünften bestreitet und deshalb bei Arbeitsunfähigkeit sofort bzw nach Einstellung der von seinem Arbeitgeber im Krankheitsfalle zu gewährenden Lohnfortzahlung auf die Krankengeldleistung angewiesen ist, geht das KVLG davon aus, daß erst eine längere Krankheit des landwirtschaftlichen Unternehmers die ordnungsgemäße Weiterführung des landwirtschaftlichen Betriebes infrage stellt (BT-Drucks VI/3012 S 24 zu Nr 2).§ 34 KVLG bestimmt daher, daß Betriebshilfe während der Krankenhauspflege des versicherten landwirtschaftlichen Unternehmers oder während seiner Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung in einer Kur- oder Spezialeinrichtung für längstens 3 Monate gewährt wird, wenn diese Leistungen länger als 2 Wochen gewährt worden sind und in dem Unternehmen kein Arbeitnehmer und keine mitarbeitenden versicherungspflichtigen Familienangehörigen ständig beschäftigt werden. Darüber hinaus bieten die gesetzlichen Ermächtigungen in Absatz 2 und 3 des § 34 KVLG den Landwirtschaftlichen Krankenkassen in mehrfacher Hinsicht Gelegenheit, die Betriebshilfe nach den Erfordernissen, aber auch nach den finanziellen Möglichkeiten der Kasse auszugestalten (vgl BT-Drucks VI/3012 S 29 f zu § 27). So können die landwirtschaftlichen Krankenkassen in ihren Satzungen bestimmen, daß Betriebshilfe auch gewährt wird, wenn wegen Krankheit die Bewirtschaftung des Unternehmens gefährdet ist. Der von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Krankenversicherung für Landwirte ist ebenfalls davon ausgegangen, daß bei den landwirtschaftlichen Unternehmern, um deren speziellen Bedürfnissen Rechnung zu tragen, an die Stelle des Krankengeldes die Gestellung einer Ersatzkraft zu treten hat (BT-Drucks VI/2937 S 5 zu Buchst d).
Die Subsidiarität der landwirtschaftlichen Krankenversicherung gegenüber einer Versicherung nach anderen gesetzlichen Vorschriften (§ 3 Satz 1 KVLG) schränkt die Anwendbarkeit des § 212 RVO bei einem Übertritt zu einem Träger der landwirtschaftlichen Krankenversicherung nicht ein. Diese Subsidiarität bezieht sich nur auf die Frage, welches Versicherungsverhältnis zustande kommt oder fortbesteht. Ist aber eine Mitgliedschaft bei einem Träger der landwirtschaftlichen Krankenversicherung wirksam begründet worden, so ist diese auch für die zustehenden Leistungen maßgebend. Aus gleichen Gründen kann auch den Entscheidungen des BSG, die die landwirtschaftliche Krankenversicherung gegenüber einer Mitgliedschaft nach § 311 Satz 1 Nr 2 RVO für subsidiär gehalten haben (BSGE 46, 81, 82; 49, 151, 153), für den vorliegenden Fall keine Bedeutung beigemessen werden. Auch hier ging es nur um die Frage der Entstehung bzw des Fortbestandes einer Mitgliedschaft. Diese Rechtsprechung ist im übrigen durch Art 4 Nr 2 Buchst a des 2. Gesetzes zur Verbesserung und Ergänzung sozialer Maßnahmen in der Landwirtschaft vom 9. Juli 1980 (BGBl I 905) Rechnung getragen worden, indem in § 3 Satz 1 KVLG die Vorrangigkeit der Versicherung nach § 311 RVO ausdrücklich geregelt worden ist. Aus der Begründung dieser Gesetzesänderung, daß der Krankengeldanspruch eines landwirtschaftlichen Unternehmers erhalten werden soll, der während eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses arbeitsunfähig erkrankt ist (BT-Drucks 8/2844 S 23 zu Nr 2 Buchst a), ergibt sich zudem, daß der Erhalt des Krankengeldanspruchs nach dem Willen des Gesetzgebers auf den vor Beendigung des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses erworbenen Krankengeldanspruch, der die Mitgliedschaft nach § 311 Satz 1 Nr 2 RVO erhält, beschränkt bleiben sollte. Hätte der Gesetzgeber auch einen nachträglich entstehenden Krankengeldanspruch für den landwirtschaftlichen Unternehmer gewollt, hätte es die Gesetzesänderung nicht auf die nach § 311 RVO Versicherten beschränken dürfen.
Die besonderen Verhältnisse des vorliegenden Falles lassen keine andere Beurteilung zu. Wenn der Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung einer Betriebshilfe nach der Satzung seiner Landwirtschaftlichen Krankenkasse nicht erfüllte und ihm deshalb diese Leistung nicht gewährt werden konnte, so ändert das nichts an der grundsätzlichen Verteilung der Versicherungslast, wie sie auch durch § 212 RVO vorgenommen wird. Die Entscheidung eines landwirtschaftlichen Unternehmers, eine Arbeitnehmertätigkeit aufzunehmen, rechtfertigt es für sich allein nicht, die Vorrangigkeit des Versicherungsschutzes aus der allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung nach § 183 Abs 1 Satz 2 RVO gegenüber einem aktuellen Versicherungsschutz aus der landwirtschaftlichen Krankenversicherung zu bejahen. Der Kläger ist jedenfalls nicht mit einem Nebenerwerbslandwirt zu vergleichen, dessen Einkommen hauptsächlich aus Arbeitsentgelt besteht. Dieser wird bei Verlust seines Arbeitsplatzes in der Regel Leistungen nach dem AFG in Anspruch nehmen und so auch für den Fall der Krankheit nach dem AFG versichert sein (§ 155 AFG). Eine solche Versicherung ist gegenüber der landwirtschaftlichen Krankenversicherung vorrangig (§ 3 Satz 1 KVLG) und mit einem Krankengeldanspruch ausgestattet (§ 158 AFG).
Der Kläger konnte somit einen Anspruch auf Krankengeld nicht erwerben, weil der nachgehende Versicherungsschutz des § 183 Abs 1 Satz 2 RVO von dem Versicherungsschutz der landwirtschaftlichen Krankenversicherung verdrängt wurde. Aus gleichen Gründen findet auch § 214 RVO keine Anwendung; es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift überhaupt vorgelegen haben. Vom Kläger wurde auch nicht geltend gemacht, daß er nach Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung am 17. Dezember 1976 Leistungen nach dem AFG bezogen und demgemäß einen Krankenversicherungsschutz nach diesem Gesetz erlangt hatte. Es kommt sonach ein Krankengeldanspruch nach § 158 AFG ebenfalls nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen