Leitsatz (amtlich)
1. Haben notwendige Streitgenossen verschiedene Rechtsmittel (Berufung und Sprungrevision) eingelegt, die demselben Streitgegenstand betreffen, so ist nur das zuerst eingelegte Rechtsmittel zulässig.
2. Erholungsbeihilfen, für die ein Arbeitgeber unter den Voraussetzungen des LStDV 1959 § 35a die pauschal bemessene Lohnsteuer trägt, bleiben bei der Berechnung der Beiträge zur Sozialversicherung außer Ansatz.
Verfahrensgang
Tenor
Die Sprungrevision der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. August 1963 wird als unzulässig verworfen, soweit sie die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung betrifft. Soweit die Sprungrevision der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse die Beiträge zur Krankenversicherung und Arbeiterrentenversicherung betrifft, wird sie zurückgewiesen.
Die Sprungrevision der beigeladenen Landesversicherungsanstalt wird zurückgewiesen.
Die Beklagte und die beigeladene Landesversicherungsanstalt haben der Klägerin und den beigeladenen Arbeitnehmern die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte zu erstatten.
Gründe
Der Rechtsstreit betraf die Frage, ob Beiträge zur Sozialversicherung (Krankenversicherung –KrV–, Arbeiterrentenversicherung – ArV- und Arbeitslosenversicherung –ArblV–) für Erholungsbeihilfen zu entrichten sind, die der Arbeitgeber 1959 an Beschäftigte zusätzlich zum laufenden Lohn bei Antritt des Urlaubs gewährt und für die er die pauschale Lohnsteuer übernommen hat.
Die B. Aktiengesellschaft Karlsruhe (B. AG) gewährt nach einer Betriebsvereinbarung Beschäftigten ein nach Dauer der Betriebszugehörigkeit und Familienstand gestaffeltes Urlaubsgeld (Erholungsbeihilfe) zwischen 50, – und 125,– DM. Es wird den Beschäftigten bei Urlaubsantritt ausgezahlt. Die B. AG trägt dafür die Lohnsteuer. Die Oberfinanzdirektion (OFD) Freiburg i.Br. hat dazu in einem Schreiben an die B. AG vom 27. November 1958 (S 2175 B – St 8 b) ausgeführt:
Nach § 35 Absatz 1 Ziffer 1 LStDV 1957 wird die Lohnsteuer auf Antrag des Arbeitgebers nach einem festen Pauschsteuersatz von der Summe der Aufwendungen des Arbeitgebers erhoben, wenn der Arbeitgeber in einer größeren Zahl von Fällen im Kalenderjahr steuerpflichtige Erholungsbeihilfen (z. B. Urlaubsgeld) gewährt und sich verpflichtet, die Lohnsteuer hierfür zu übernehmen. Nach § 35 Absatz 2 Ziffern 1 und 2 LStDV 1957 beträgt der Steuersatz 20 v. H. der für die Arbeitnehmer auf gewendeten Erholungsbeihilfen, wenn die gewahrte Erholungsbeihilfe zusammen mit Erholungsbeihilfen, die im gleichen Kalenderjahr früher gewährt worden sind, den Betrag von 300 DM für den Arbeitnehmer, 200 DM für den Ehegatten und 100 DM für jedes Kind, für das dem Arbeitnehmer Kinderermäßigung zusteht, nicht überschreitet. Überschreiten die gewährten Erholungsbeihilfen diese Grenzen, so findet die Regelung des § 35 a Absatz 1 LStDV keine Anwendung.
Die OFD hat in dem Schreiben weiter festgestellt, daß die Voraussetzungen für die Anwendung des § 35 a Abs. 2 Ziff. 1 der Lohnsteuerdurchführungsverordnung (LStDV) 1957 vorliegen und daß sie damit einverstanden ist, daß die Lohnsteuer für 1958 mit einem Pauschsteuersatz von 20 v. H. erhoben wird. Mit Schreiben vom 28. Januar 1959 (S 1275 B – St 8 b) hat die OFD ihr Einverständnis damit erklärt, daß auch die 1959 auszuzahlenden Erholungsbeihilfen gemäß § 35 a LStDV mit 20 v.H. pauschal besteuert werden.
Die B. AG hat in der Zeit von April bis September 1959 an ihre beigeladenen Arbeitnehmer Erholungsbeihilfen gezahlt. Die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) stellte bei einer Betriebsprüfung in der B. AG im Oktober 1959 fest, daß hierfür keine Beiträge zur Sozialversicherung (SozVers) entrichtet waren. Sie errechnete an Gesamtbeiträgen (Versicherten- und Arbeitgeberanteil) für die KrV, ArV und ArblV einen Betrag von 510,20 DM. Sie forderte mit Bescheid vom 20. November 1959 die B. AG zur Zahlung dieses Betrages auf.
Die B. AG wandte dagegen ein, daß die pauschalbesteuerten Erholungsbeihilfen nach Abschnitt 1 Nr. 4 des Gemeinsamen Erlasses des Reichsfinanzministers (RFM) und des Reichsarbeitsministers (RAM) vom 10. September 1944 (Gem.Erl. – AN 1944, 281–) bei der Berechnung der Beiträge zur SozVers außer Ansatz blieben. Ihr Widerspruch wurde unter Hinweis auf den Erlaß des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 240 Juni 1959 (BArbBl 1959, 464) zurückgewiesen (Bescheid vom 280 Mai 1960).
Mit der Klage beantragten die klagende B. AG und die beigeladenen Arbeitnehmer, die Bescheide vom 20. November 1959 und 28. Mai 1960 aufzuheben.
Die AOK, die Landesversicherungsanstalt (LVA) und die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (BfArb) beantragten, die Klage als unbegründet abzuweisen.
Das Sozialgericht (SG) Karlsruhe hat mit Urteil vom 6. August 1963 die Bescheide aufgehoben und Berufung zugelassen. Es hat zur Begründung sinngemäß ausgeführt, die Bestimmungen des GemErl über Vereinfachung des Lohnabzuges seien geltendes Recht. Für die Erholungsbeihilfen sei die Pauschalbesteuerung bundeseinheitlich in der LStDV 1958 und 1959 zugelassen (§ 35 a LStDV 1959); die Finanzbehörden seien ermächtigt, bei Erfüllung der in § 35 a LStDV 1959 genannten Voraussetzungen die Pauschalbesteuerung auf Antrag des Arbeitgebers zuzulassen. Dies sei in den beiden genannten Bescheiden der OFD geschehen. Die Erholungsbeihilfen seien daher in die zur Vereinfachung erlassenen Regelung des Abschnitts 1 Nr. 4 des GemErl einzubeziehen.
Die beigeladene BfArb hat gegen das Urteil des SG am 23. Oktober 1963 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.
Die beklagte AOK hat am 12. November 1963 Sprungrevision eingelegt. Sie beantragt,
das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die beigeladene LVA hat am 8. November 1963 Sprungrevision eingelegt und beantragt,
das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die AOK bezieht sich zur Begründung ihrer Revision auf den Erlaß des BMA vom 24. Juni 1959.
Die LVA begründet ihre Revision damit, daß die Zulassung der Pauschalbesteuerung durch eine OFD oder eine Anordnung eines Landesfinanzministeriums keine Zulassung im Sinne des Abschn. 1 Nr. 4 des GemErl sei, weil dieser die Passung trage; „für die ich, der RFM …”. Aus der unterschiedlichen Passung in § 18 der Steuervereinfachungsverordnung vom 14. September 1944: „Das Finanzamt kann Besteuerungsgrundlagen im Pauschwege ermitteln und Steuern in Pauschbeträgen festsetzen” ergebe sich, daß diese dem Finanzamt zugestandene Pauschbesteuerung nicht als eine solche im Sinne des GemErl gelten könne. Die LVA verweist außerdem auf ein Schreiben des BNA vom 31. Juli 1962 (VI a-4013-2356/52), in dem der BMA an seiner in dem Erlaß vom 24. Juni 1959 geäußerten Auffassung festhalte.
Die B. AG und die beigeladenen Arbeitnehmer haben beantragt,
die Sprungrevisionen zurückzuweisen.
Die Sprungrevision der AOK ist zulässig, soweit sie die Beiträge zur KrV und ArV betrifft; hinsichtlich der Beiträge zur ArblV ist sie unzulässig. Die Sprungrevision der LVA ist zulässig.
Zwar wäre das Urteil des SG nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit der Berufung anfechtbar und die Sprungrevision deshalb an sich nicht statthaft gewesen (§ 161 SGG). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann jedoch bei rechtsirrtümlicher Zulassung der Berufung durch das SG das Urteil im Hinblick auf diese Zulassung mit der Sprungrevision angefochten werden (BSG 2, 135, 159; BSG 3, 276, 277). Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verlangt, daß die Sprungrevision in derartigen Fällen als statthaft angesehen wird, wenn die Unrechtmäßigkeit der Zulassung nicht offensichtlich und der Verstoß gegen die Zulassungsvorschriften für die Beteiligten nicht ohne weiteres erkennbar ist (BSG 3, 140, 143). In der Entscheidung BSG 8, 84 hat das BSG die Sprungrevision allerdings auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes als zulässig angesehen; es ging in jenem Fall davon aus, daß alle Beteiligten sich darüber im klaren waren, daß Berufungsausschließungsgründe nicht vorlagen und die Berufung deshalb zulässig war. Im vorliegenden Fall konnte dies jedoch nicht angenommen werden.
Die schriftlichen Einwilligungserklärungen der Rechtsmittelgegner der Revisionskläger sind vollzählig vorgelegt worden. Die Revisionskläger bedurften der Einwilligungserklärungen derjenigen Beteiligten, die sich vor dem SG mit ihren Anträgen gegen die Anträge der jetzigen Revisionskläger gewandt hatten (BSG vom 30. November 1965 – 3 RK 7/63). Gegen die Anträge der AOK und der LVA auf Abweisung der Klage hatte die B. AG im eigenen Namen und als Bevollmächtigte der beigeladenen Arbeitnehmer beantragt, die Bescheide der AOK aufzuheben. Die BfArb hatte den gleichen Antrag wie die AOK und die LVA gestellt. Daher bedurften die AOK und die LVA nur der Einwilligungserklärung der B. AG und der bei geladenen Arbeitnehmer. Die Einwilligungserklärungen der B. AG zu den Sprungrevisionen umfassen wegen der den Vorstandsmitgliedern erteilten Vollmachten auch die Einwilligungserklärungen der beigeladenen Arbeitnehmer.
Die teilweise Unzulässigkeit der Sprungrevision der AOK folgt daraus, daß die AOK und die BfArb gegen dasselbe Urteil verschiedene Rechtsmittel eingelegt haben, die denselben Streitgegenstand betreffen. Die AOK und die BfArb sind hinsichtlich der Beiträge zur ArblV notwendige Streitgenossen; denn die Frage, ob für die Erholungsbeihilfen Beiträge zur ArblV zu entrichten sind, kann der AOK als Einzugsstelle und der BfArb als Träger der ArblV gegenüber nur einheitlich entschieden werden (§§ 74, 75 SGG; § 62 der Zivilprozeßordnung –ZPO–, §§ 1, 160, 161 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung – AVAVG–).
Wenn das mit mehreren Rechtsmitteln angefochtene Urteil über verschiedene selbständige Ansprüche, wie die Beitragsforderung zu verschiedenen Versicherungszweigen, entschieden hat, ist die Zulässigkeit der Rechtsmittel für jeden Anspruch gesondert zu beurteilen (BSG 3, 135; 10, 264, 266). Rechtsmittelkonkurrenz tritt nur dann ein, wenn die verschiedenen Rechtsmittel den gleichen Streitgegenstand, d. h. im vorliegenden Fall die Beiträge zu demselben Versicherungszweig betreffen. Die BfArb kann mit ihrer Berufung nur die Forderung auf Beiträge zur ArblV verfolgen (BSG 17, 1). Ihre Berufung ist in dem Sinn zu verstehen, daß sie das Urteil des SG nur insoweit angreift. Die Sprungrevision der AOK als Einzugsstelle für die Beiträge zu allen drei Versicherungszweigen (KrV, ArV, ArblV) wendet sich in vollem Umfang gegen das Urteil des SG. Somit besteht Rechtsmittelkonkurrenz hinsichtlich der Beitragsforderung zur ArblV.
Das SGG enthält ebenso wie die ZPO, auf die § 202 SGG verweist, keine ausdrückliche Vorschrift darüber; welches Rechtsmittel bei Rechtsmittelkonkurrenz vorgeht. Auch in der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) fehlt eine ausdrückliche Vorschrift. Das Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) regelt die Rechtsmittelkonkurrenz in § 76 Abs. 3 in der Weise, daß die Sprungrevision unzulässig ist, wenn vor dem Tag der Einlegung die Berufung bei dem Landesarbeitsgericht eingelegt war. Das ArbGG gibt dem zuerst eingelegten Rechtsmittel den Vorzug. § 335 Abs. 3 der Strafprozeßordnung (StPO) bestimmt zur Rechtsmittelkonkurrenz, daß die Revision als Berufung behandelt wird, wenn gegen das Urteil ein Beteiligter Revision und ein anderer Berufung einlegt, solange die Berufung nicht zurückgenommen oder als unzulässig verworfen ist. Diese Regelung beruht auf den besonderen Vorschriften der StPO über die Zulässigkeit von Rechtsmitteln in §§ 312, 313, 334 StPO, wonach die Berufung gegen ein Urteil des Amtsrichters in besonderen Fällen ausgeschlossen und stattdessen Ersatzrevision vorgesehen ist, so daß, wenn ein Urteil eines Amtsrichters mehrere Angeklagte betrifft, diese, bzw. auch der Staatsanwalt gegebenenfalls verschiedene Rechtsmittel einlegen können. Aus der Regelung in StPO ist daher kein für andere Rechtszweige entsprechend anwendbarer Grundsatz zu entnehmen.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in dem Urteil vom 4. Juli 1962 (BVerwG 14 S. 298) zur Frage der Konkurrenz zwischen der Sprungrevision einer Partei und der Berufung eines Beigeladenen (§§ 63, 65, 66, 121, 124, 134 VwGO) entschieden. Es hat eine Gesetzeslücke in der VwGO und im Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVerwGG) angenommen, weil dort eine Norm darüber fehle, wie bei einer Konkurrenz von Berufung und Sprungrevision zu verfahren sei. Es hat zur Schliessung der Lücke § 76 Abs. 3 ArbGG mit der Begründung herangezogen, zur Behebung der sich aus der Konkurrenz zwischen den beiden Rechtsmitteln ergebenden Schwierigkeiten sei die einfachste und zweckmäßigste Lösung, dem zuerst eingelegten Rechtsmittel den Vortritt zu lassen.
Der Senat hält aus dem gleichen Grund auch im sozialgerichtlichen Verfahren bei Rechtsmittelkonkurrenz die Anwendung des Prioritätsprinzips für geboten. In der Tat ist dieses Prinzip als allgemeiner Rechtsgedanke, wie er nicht nur in § 76 Abs. 3 ArbGG, sondern auch in den Regelungen über Rechtshängigkeit (vgl. § 94 Abs. 2 SGG, § 263 Abs. 2 ZPO) seinen Ausdruck gefunden hat, auch bei Rechtsmittelkonkurrenz im sozialgerichtlichen Verfahren geeignet, den Vorrang des einen Rechtsmittels gegenüber den anderen sicherzustellen und dergestalt zu verhüten, daß über denselben Streitgegenstand mehrfach entschieden wird. Im übrigen bleibt der Beteiligte, der dabei mit seinem Rechtsmittel nicht zum Zuge kommt, an dem durch das Rechtsmittel des anderen ausgelösten Verfahren beteiligt, so daß der Rechtsnachteil in Gestalt der Verwerfung des Rechtsmittels erträglich bleibt.
Somit ist die Sprungrevision der AOK nicht zulässig, soweit es sich um die Beiträge zur ArblV handelt. Insoweit ist die AOK aber als Beklagte im Berufungsverfahren vor dem LSG weiter beteiligt.
Soweit demnach die Revisionen zulässig sind – die Revision der beklagten AOK, soweit sie die Beiträge zur KrV und zur ArV betrifft, und die Revision der beigeladenen LVA wegen der Beiträge zur ArV –, sind sie nicht begründet. Die in der Betriebsvereinbarung als „Urlaubsgelder” bezeichneten Leistungen, die die B. AG bei Antritt des Urlaubs an die Arbeitnehmer zahlt, sind Erholungsbeihilfen im Sinne des § 35 a LStDV 1959 und gemäß Abschnitt 1 Nr. 4 des GemErl bei der Berechnung der Beiträge zur KrV und ArV außer Betracht zu lassen.
Die Erholungsbeihilfen, die die B. AG gewährt, sind lohnsteuerpflichtige Arbeitslöhne. Sie beruhen auf den Beschäftigungsverhältnissen der Arbeitnehmer und werden aufgrund der Betriebsvereinbarung regelmäßig jedes Jahr an alle Arbeitnehmer, die das volle Kalenderjahr über beschäftigt sind, gezahlt (§ 2 Abs. 1 LStDV 1957, 1959; Nr. 10 Abs. 3 der Lohnsteuerrichtlinien –LStR– 1957 i.d.F. vom 23. September 1958 – BStBl I 582, gleichlautend Nr. 10 Abs. 3 der LStR 1959 i.d.F. vom 14. August 1959 – BStBl I 827 mit Hinweis auf Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH–).
Zur Berücksichtigung des lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohnes bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge ist in Abschnitt 1 Satz 2 des GemErl bestimmt, daß für die Berechnung der Beiträge zur SozVers außer Ansatz bleiben:
Nr. 4; Bezüge, für die ich, der Reichsfinanzminister –RFM– Pauschalbesteuerung zugelassen habe oder zulassen werde.
Wie der Senat schon mehrfach festgestellt hat (BSG 6, 47; 15, 65, 69; 16, 91, 94; 16, 98, 103; 21, 48, 50; 22, 106; zuletzt im Urteil vom 28. Oktober 1965 – 3 RK 91/63 – in SozR RVO § 16. Nr. 17), ist der Erlaß im Kern – mit den notwendigen Anpassungen an die staatsrechtlichen Veränderungen – noch heute gültig. Demnach setzt die Anwendung der Nr. 4 des Abschn. 1 des GemErl voraus, daß die „Zulassung” der Pauschalbesteuerung für bestimmte Bezüge rechtssatzmäßig ausgesprochen worden ist (vgl. dazu insbesondere BSG vom 25. November 1964 in SozR RVO § 160 Nr. 14 und die Entscheidung vom 28. Oktober 1965). Ferner müssen die Merkmale der Pauschalbesteuerung gegeben sein, d. h. der Arbeitgeber muß die Lohnsteuer für Bezüge einer Gruppe von Arbeitnehmern in Gestalt eines Pauschbetrages übernehmen, der ohne Berücksichtigung der sonst steuerrechtlich erheblichen Verhältnisse der einzelnen Arbeitnehmer (Steuergruppe. Familienstand, Einkommen) auf der Grundlage des Gesamtbetrages der Zuwendungen, meist in Vomhundertsätzen dieses Betrages, berechnet wird (vgl. dazu insbesondere SozR RVO § 160 Nr. 17 Bl. A a 20).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Rechtsgrundlage für die Pauschalbesteuerung von Erholungsbeihilfen, wie sie die B. AG zahlt, bildet für das hier in Frage kommende Jahr 1959 § 42 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1958 i.d.F. vom 23. September 1959 (BGBl I 673). Zu § 42 a Abs. 1 Ziff. 2 EStG ist § 35 a LStDV 1959 (i.d.F. vom 22. Juli 1959 – BGBl I 477) über die „Bemessung der Lohnsteuer nach einem festen Vomhundertsatz (fester Pauschsteuersatz) bei bestimmten sonstigen Bezügen (§ 42 a Abs. 1 Ziff. 2 EStG)” ergangen. Danach wird die Lohnsteuer auf Antrag des Arbeitgebers nach einem festen Pauschsteuersatz (20 v.H.) von der Summe der Aufwendungen des Arbeitgebers erhoben, wenn der Arbeitgeber in einer größeren Zahl von Fällen im Kalenderjahr steuerpflichtige Erholungsbeihilfen gewährt und sich verpflichtet, die Lohnsteuer zu übernehmen. § 35 a LStDV 1959 ist auf Bezüge, die den Arbeitnehmern im Jahre 1959 zugeflossen sind, anwendbar (§ 58 LStDV 1959). Ferner weist die im vorliegenden Fall angewandte Besteuerungsform die vorstehend genannten Merkmale der Pauschalbesteuerung auf. Für die Erholungsbeihilfen sind somit keine Beiträge zur KrV (§§ 385, 180 RVO) und zur ArV (§ 1385 Abs. 3, § 1400 Abs. 2 RVO) zu entrichten.
Die Revisionen der AOK und LVA sind somit nicht begründet und zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Unterschriften
Dr. Langkeit, Dr. Krebs, Geyser
Fundstellen