Leitsatz (amtlich)
1. Auch eine entsprechende Anwendung von § 96 SGG setzt einen Verwaltungsakt voraus; einen derartigen Verwaltungsakt enthalten Schriftsätze des Versicherungsträgers im sozialgerichtlichen Verfahren in aller Regel nicht.
2. Nach § 82 Abs 7 AVG (= § 1303 Abs 7 RVO) verfallene Ersatzzeiten werden wieder anrechenbar, wenn sie durch Erfüllung eines nach der Erstattung liegenden Sachverhalts erneut Versicherungszeiten geworden sind (Anschluß an BSG 1976-05-04 1 RA 71/75 = SozR 2200 § 1251 Nr 22); ein solcher Sachverhalt ist gegeben, wenn der Versicherungsträger nach der Beitragserstattung - zwar rechtswidrig, aber bindend - Beitragszeiten anerkennt (feststellt), die vor der Erstattung zurückgelegt sind und an sich verfallen waren.
Leitsatz (redaktionell)
Es mag sein, daß ein Verwaltungsakt ausnahmsweise einmal auch in einem Schriftsatz gefunden werden kann (vgl BSG 1979-11-27 5 RKn 29/77 = SozR 2200 § 1319 Nr 3). In aller Regel sind diese Schriftsätze jedoch reine Prozeßäußerungen. Soll ein Schriftsatz dennoch zugleich einen Verwaltungsakt enthalten, dann müßte der Schriftsatz schon aus Gründen der Rechtsklarheit den Willen des Leistungsträgers zur Regelung eines Einzelfalles gegenüber einem anderen Beteiligten auf diese Weise erkennen lassen (vgl BSG 1959-07-30 2 RU 274/56 = BSGE 10, 219, 221; BSG 1958-04-25 7 RAr 103/57 = BSGE 7, 152, 155).
Orientierungssatz
Zur Ausschlußwirkung des § 82 Abs 7 AVG bei Ersatzzeiten:
Die Ausschlußwirkung des § 82 Abs 7 AVG (§ 1303 Abs 7 RVO) erstreckt sich nicht auf Zeiten, die erst eine Gesetzesänderung rückwirkend zu Versicherungszeiten gemacht hat; gerade daraus, daß die Ersatzzeiten das Schicksal der Beitragszeiten teilen, von denen sie abhängen, folgt, daß sie von einer Beitragserstattung nicht betroffen sein können, wenn es an verfallenen Beitragszeiten fehlt, auf denen die Anrechenbarkeit hätte beruhen können (vgl BSG 1972-05-25 11 RA 144/71 = SozR Nr 13 zu § 1303 RVO).
Normenkette
AVG § 28 Abs. 1-2, § 82 Abs. 7 Fassung: 1957-07-23; RVO § 1251 Abs. 1-2, § 1303 Abs. 7 Fassung: 1957-02-23; FRG § 15 Fassung: 1960-02-25; SVFAG § 1 Fassung: 1953-08-07; SGG § 96 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 27.02.1981; Aktenzeichen L 1 An 83/79) |
SG Hildesheim (Entscheidung vom 24.04.1979; Aktenzeichen S 9 An 131/78) |
Tatbestand
Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsunfähigkeit; streitig ist die Erfüllung der Wartezeit.
Der 1917 geborene Kläger studierte nach dem Abitur von April 1936 bis März 1938 an der Hochschule für Lehrerbildung in C, war danach bis Oktober 1938 im Beamtenverhältnis auf Widerruf Lehrer und leistete sodann Reichsarbeitsdienst, Wehrdienst und Kriegsdienst; im August 1949 kehrte er aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Von September 1949 bis Februar 1954 war er Schulamtsanwärter und Lehrer im Gebiet der heutigen DDR. Nach seiner Flucht aus der DDR wurde er ab 16. April 1954 im Verwaltungsbezirk Oldenburg zunächst bis 30. Juni 1955 im Angestelltenverhältnis, sodann im Beamtenverhältnis als Lehrer beschäftigt; seit August 1977 befindet er sich im Ruhestand. Die für den Kläger für die Zeit vom 16. April 1954 bis 30. Juni 1955 entrichteten Beiträge wurden ihm mit Bescheid vom 31. März 1958 nach § 82 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) erstattet.
Im November 1973 wandte sich der Kläger an die Beklagte mit dem Verlangen, die Beitragserstattung rückgängig zu machen; sie sei zu Unrecht erfolgt, auch habe er seinerzeit nicht erkannt, daß er mit der Erstattung auch seine Rechte aus den in der DDR zurückgelegten Beitragszeiten und aus den Ersatzzeiten verlieren würde. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 3. Januar 1975 und Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 1975 ab. Im Januar 1977 beantragte der Kläger eine Überprüfung der Angelegenheit mit dem Hinweis auf den Fall eines Kollegen, dem Beiträge nach § 73 G 131 erstattet worden seien; er legte eine Bescheinigung des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes vom 11. November 1976 vor, wonach er am 8. Mai 1945 den Rechtsstand eines Beamten auf Widerruf gehabt habe und mit dem Ablauf dieses Tages als entlassen gelte. Darauf erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Dezember 1977 im Versicherungsausweis des Klägers eingetragene Zeiten vom 1. Januar 1952 bis 17. Februar 1954 als Beitragszeiten nach § 15 Fremdrentengesetz (FRG) an. Über einen Antrag des Klägers auf Anerkennung weiterer Versicherungszeiten im Kontenklärungsverfahren hat die Beklagte wegen des im Mai 1978 gestellten Rentenantrages nicht mehr entschieden.
Die Beklagte lehnte die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit mit Bescheid vom 21. Juni 1978 ab, weil die Wartezeit von 60 Monaten nicht erfüllt sei. Widerspruch, Klage und Berufung hatten keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat seine Entscheidung damit begründet, daß lediglich die mit Bescheid vom 7. Dezember 1977 anerkannten 26 Beitragsmonate auf die Wartezeit anrechenbar seien. Alle übrigen Zeiten würden von der Verfallswirkung des § 82 Abs 7 AVG erfaßt. Daran ändere auch hinsichtlich der Ersatzzeiten die Anerkennung der 26 Beitragsmonate nichts, da die Anrechnung dieser Zeit nicht auf einer Beitragsleistung nach der Erstattung beruhe. Die Beitragserstattung könne auch nicht rückgängig gemacht werden. Die Beklagte habe sich im Berufungsverfahren hierzu ablehnend geäußert; darin liege in Anbetracht des bisherigen Verfahrensablaufs eine überprüfbare und in entsprechender Anwendung der §§ 153 Abs 1, 96 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in das Verfahren einzubeziehende Verwaltungsentscheidung. Diese sei zu Recht ergangen. § 79 AVG aF komme für eine Beseitigung der Beitragserstattung nicht in Betracht. Auch die Voraussetzungen des § 1744 Abs 1 Nr 6 Reichsversicherungsordnung (RVO) aF seien nicht erfüllt. Die Rechtsstandsbescheinigung nach dem G 131 vom 11. November 1976 stelle eine "nachträglich aufgefundene" Urkunde deswegen nicht dar, weil sie bereits aufgrund des 2. Änderungsgesetzes zum G 131 vom 11. September 1957 und damit vor der Erteilung des Erstattungsbescheides hätte errichtet werden können. Damit sei nach Art II § 40 Abs 2 SGB X eine Anwendung der §§ 44 bis 49 SGB X ausgeschlossen. Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 1744 Abs 1 Nr 6 RVO aF, 73 G 131, 82 Abs 1 AVG, 103, 128 Abs 1 S 1, 131 Abs 1 SGG. Das LSG habe zu Unrecht eine Anwendung von § 1744 Abs 1 Nr 6 RVO aF abgelehnt; die Erstattung nach § 82 AVG müsse in eine solche nach § 73 G 131 umgedeutet werden. Die Klage sei aber auch deswegen begründet, weil die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Wiederherstellungsanspruchs die Folgen der Beitragserstattung beseitigen müsse. Die Beklagte habe zwar trotz der vernichteten Erstattungsakten behauptet, daß der Kläger damals über seine Beschäftigung in der DDR keine Angaben gemacht oder Unterlagen beigebracht habe, das sei jedoch eine durch nichts bewiesene Vermutung. Das LSG sei daher gehalten gewesen, der Behauptung der Beklagten nachzugehen und den Sachverhalt aufzuklären; dieser Verpflichtung sei es nicht nachgekommen.
Der Kläger beantragt,
die Urteile der Vorinstanzen, den ablehnenden Bescheid der
Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides sowie
den Erstattungsbescheid vom 31. März 1958 aufzuheben
und die Beklagte zur Gewährung einer Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit unter Anrechnung aller zurückgelegten
Beitrags- und Ersatzzeiten zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
1. Die Revision des Klägers ist unbegründet, soweit er eine Aufhebung des Erstattungsbescheides vom 31. März 1958 verlangt. Dessen Aufhebung durch das Gericht wäre nur auf eine gegen diesen Bescheid gerichtete Anfechtungsklage möglich, die der Kläger nicht erhoben hat. Ihm geht es offenbar um die Verurteilung der Beklagten zur Aufhebung (Rücknahme) des Bescheides. Jedoch hat er ebenfalls keine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach einem vor Beginn des Rechtsstreits die Aufhebung des Erstattungsbescheides ablehnenden Verwaltungsakt der Beklagten erhoben. Es bleibt daher nur zu fragen, ob das Begehren dennoch kraft einer entsprechenden Anwendung des § 96 Abs 1 SGG Verfahrensgegenstand geworden ist. Dies hat das LSG zu Unrecht angenommen.
Nach § 96 Abs 1 SGG, der nach § 153 Abs 1 SGG auch im Berufungsverfahren gilt, wird ein Verwaltungsakt, der nach Klageerhebung den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt, Gegenstand des Verfahrens. Diese Vorschrift setzt also, und zwar auch bei einer entsprechenden Anwendung (vgl dazu SozR 1500 § 96 Nr 13), voraus, daß ein neuer Verwaltungsakt ergangen ist. Es mag nun sein, daß ein solcher Verwaltungsakt ausnahmsweise einmal auch in einem Schriftsatz eines Versicherungsträgers im sozialgerichtlichen Verfahren gefunden werden kann (vgl SozR 2200 § 1319 Nr 3). In aller Regel sind diese Schriftsätze jedoch reine Prozeßäußerungen. Soll ein Schriftsatz dennoch zugleich einen Verwaltungsakt enthalten, dann müßte der Schriftsatz schon aus Gründen der Rechtsklarheit deutlich den Willen des Versicherungsträgers zur Regelung eines Einzelfalles gegenüber einem anderen Beteiligten auf diese Weise erkennen lassen (BSGE 10, 219, 221; vgl auch BSGE 7, 152, 155). Das trifft bei dem Schriftsatz der Beklagten vom 10. Oktober 1980 nicht zu. er enthält nach seinem eindeutigen Wortlaut lediglich eine Stellungnahme des Versicherungsträgers, nämlich eine Äußerung zur Rechtslage, zu der die Beklagte von der Berichterstatterin aufgefordert worden war. Ihm mögen die Gründe zu entnehmen sein, mit denen die Beklagte das Begehren des Klägers auf Aufhebung des Erstattungsbescheides hätte ablehnen können (vgl BSGE 10 aaO S 222); daß die Beklagte mit ihm nicht nur eine Anfrage des Gerichts beantworten, sondern außerdem eine Regelung im Verhältnis zum Kläger treffen wollte, ist aber nicht ersichtlich. Das LSG hätte also über das Begehren des Klägers auf "Aufhebung des Erstattungsbescheides" nicht sachlich entscheiden dürfen; da es die Klage jedoch insoweit abgewiesen hat, erweist sich seine Entscheidung hierzu im Ergebnis, wenn auch nicht in der Begründung als zutreffend; die Revision war daher insoweit zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 2 SGG).
2. Begründet ist die Revision dagegen, soweit das LSG einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) oder Berufsunfähigkeit (BU) wegen nicht erfüllter Wartezeit verneint hat; in diesem Teil ist das Urteil des BSG aufzuheben und der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen.
Auszugehen ist hierbei davon, daß die Beklagte in ihrem Bescheid vom 7. Dezember 1977, wenn auch fehlerhaft, 26 Beitragsmonate von Januar 1952 bis Februar 1954 als Beitragszeiten iS des § 15 FRG mit bindender Wirkung (§ 77 SGG) anerkannt, dh festgestellt hat. Das hat zur Folge, daß diese Zeiten, obwohl bis zu dem Bescheid vom 7. Dezember 1977 gem § 82 Abs 7 AVG "Ansprüche" aus ihnen ausgeschlossen waren, nun dennoch auf die hier 60 Monate umfassende Wartezeit für eine Rente wegen BU oder EU (§§ 23 Abs 3, 24 Abs 3 AVG) anrechenbar sind.
Dagegen ist hinsichtlich der übrigen vom Kläger zurückgelegten Beitragszeiten die Verfallswirkung des Erstattungsbescheides nach § 82 Abs 7 AVG bestehen geblieben. Der Kläger möchte dem zwar durch Geltendmachen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs begegnen; hierfür fehlt es aber bereits an einem Anhalt für eine Pflichtverletzung der Beklagten. Der Kläger hat selbst nicht behauptet, er habe im Erstattungsverfahren Angaben über die Zurücklegung von Beitragszeiten in der heutigen DDR oder sonstige Angaben, die eine Erstattung ausschlossen, gemacht; er hat sich auch im Revisionsverfahren darauf beschränkt, eine mangelnde Aufklärung durch das LSG zu rügen. Diese Rüge einer Verletzung von § 103 SGG scheitert aber schon daran, daß nicht dargetan ist, inwiefern das LSG in diesem Punkt zu Ermittlungen gedrängt gewesen sein soll.
Anders verhält es sich indessen mit den vom Kläger von 1938 bis August 1949 zurückgelegten Ersatzzeiten nach § 28 Abs 1 Nr 1 AVG; sie sind entgegen der Auffassung des LSG auf die Wartezeit für die BU- bzw EU-Rente anzurechnen, weil durch die im Bescheid vom 7. Dezember 1977 anerkannten Beitragszeiten die Voraussetzungen des § 28 Abs 2 Satz 2 Buchst a AVG erfüllt werden. Die Beklagte hat diese Zeiten nämlich als Pflichtbeitragszeiten nach § 15 FRG anerkannt; die ihnen zugrunde liegende Beschäftigung steht mithin nach § 15 Abs 1 Satz 2 FRG einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung im Bundesgebiet gleich; diese Beschäftigung ist auch innerhalb von drei Jahren nach dem Ende der Ersatzzeiten aufgenommen worden.
Die durch den Erstattungsbescheid vom 31. März 1958 ausgelöste Verfallswirkung nach § 82 Abs 7 AVG steht der Anrechnung dieser Ersatzzeiten auf die Wartezeit nicht entgegen. Dabei ist schon zweifelhaft, ob die Ersatzzeiten überhaupt vor dem Bescheid vom 7. Dezember 1977 von der Verfallswirkung der genannten Vorschrift erfaßt worden waren. Geht man, wie das die Beklagte in dem Bescheid vom 7. Dezember 1977 offenbar getan hat, davon aus, daß der Kläger erst seit dem 1. Januar 1952 eine versicherungspflichtige Beschäftigung in der heutigen DDR ausgeübt hat, so waren die Ersatzzeiten zur Zeit der Erstattung im Jahre 1958 nicht anrechenbar, weil durch erst im Januar 1952 beginnende Beitragszeiten der damals noch erforderliche Anschluß von zwei Jahren nach dem Ende der Ersatzzeit nicht gewahrt wurde; erst durch das Rentenversicherungsänderungsgesetz vom 9. Juni 1965 (BGBl I 476) wurde die Anschlußzeit auf drei Jahre verlängert. Die Ersatzzeiten wären dann zur Zeit der Erstattung keine Versicherungszeiten iS von § 82 Abs 7 AVG gewesen. Wie der erkennende Senat bereits früher ausgeführt hat (SozR Nr 13 zu § 1303 RVO), erstreckt sich die Ausschlußwirkung des § 82 Abs 7 AVG aber nicht auf Zeiten, die erst eine Gesetzesänderung rückwirkend zu Versicherungszeiten gemacht hat; gerade daraus, daß die Ersatzzeiten das Schicksal der Beitragszeitenteilen, von denen sie abhängen, folgt, daß sie von einer Beitragserstattung nicht betroffen sein können, wenn es an verfallenen Beitragszeiten fehlt, auf denen die Anrechenbarkeit hätte beruhen können.
Aber auch wenn, wofür es freilich an ausreichenden Feststellungen fehlt, der Kläger, wie er behauptet, bereits von September bis Dezember 1951 oder sogar schon alsbald nach der Entlassung aus der Gefangenschaft Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt haben sollte, die zur Zeit des Erstattungsbescheides nach § 1 Abs 2 Nr 1 des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes vom 7. August 1953 anrechenbar waren, könnte das zu keinem anderen Ergebnis führen. Zwar wären dann, weil die Zweijahresfrist des § 28 Abs 2 Satz 2 AVG in der damaligen Fassung gewahrt gewesen wäre, die Ersatzzeiten von der Verfallswirkung des § 82 Abs 7 erfaßt worden. Diese Vorschrift schließt "weitere Ansprüche aus den bisher zurückgelegten Versicherungszeiten" aus, sie betrifft damit auch Ersatzzeiten, die zur Zeit des Erstattungsbescheides schon als solche anrechenbar und damit Versicherungszeiten iS des § 27 Abs 1 Buchst b AVG gewesen sind. Das bedeutet jedoch nicht, daß die Ersatzzeiten endgültig bei keinem späteren Versicherungsfall mehr berücksichtigt werden könnten. Ersatzzeiten sind als solche versicherungsrechtlich ohne Bedeutung; ob eine Ersatzzeit als Versicherungszeit anrechenbar ist, hängt außer vom Vorliegen eines der Tatbestände des § 28 Abs 1 AVG davon ab, ob im Zeitpunkt des Versicherungsfalles eine der Voraussetzungen des § 28 Abs 2 AVG erfüllt ist. Diese Voraussetzungen für die Anrechenbarkeit einer Ersatzzeit können aber auch noch nach einem Erstattungsbescheid verwirklicht werden. Dabei ist außer an die Fälle einer Gesetzesänderung und einer Nachentrichtung nach Art 2 § 54a des Angestellten-Versicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) insbesondere an den Fall einer fortlaufenden Beitragsentrichtung für eine versicherungspflichtige Beschäftigung zu denken, durch die den Erfordernissen des § 28 Abs 2 Satz 2 Buchst c AVG genügt wird. Es ist nicht ersichtlich, daß § 82 Abs 7 AVG auch die Auswirkungen solcher neu eintretender Tatbestände auf die Anrechnung früher zurückgelegter Ersatzzeiten ausschließen sollte. Hier muß darum der Grundsatz gelten und Vorrang haben, daß die Ersatzzeiten das Schicksal der Beitragszeiten teilen, die ihre Anrechnung bewirken (SozR Nr 13 zu § 1303 RVO; SozR 2200 zu § 1251 Nr 22). Deswegen können von der Verfallswirkung des § 82 Abs 7 AVG betroffene Ersatzzeiten durch Erfüllung eines nach der Erstattung liegenden Sachverhalts erneut Versicherungszeiten werden (vgl SozR 2200 § 1251 Nr 22). Dabei kann es keine Rolle spielen, ob eine von § 82 Abs 7 AVG erfaßte und damit zunächst ausgeschiedene Versicherungszeit auf eine andere Weise als durch eine weitere Beitragsleistung oder eine Gesetzesänderung wieder zu einer anrechnungsfähigen Versicherungszeit wird. Zu Unrecht leitet das LSG aus dem Urteil des 1. Senats vom 4. Mai 1976 (SozR 2200 § 1251 Nr 22) den Rechtssatz ab, eine von der Verfallswirkung betroffene Ersatzzeit werde nur dann wieder anrechenbar, wenn durch Beitragsentrichtungen nach der Erstattung eine neue Möglichkeit zur Anrechnung von Ersatzzeiten begründet werde; eine dahingehende Aussage ist dem genannten Urteil nicht zu entnehmen. Sind vor der Erstattung liegende Beitragszeiten vom Versicherungsträger nach der Erstattung zu Recht (vgl SozR Nr 13 zu § 1303 RVO) oder zu Unrecht wieder anerkannt worden, so müssen diese Beitragszeiten auch bei der Anwendung von § 28 Abs 2 AVG berücksichtigt werden. Für eine Differenzierung zwischen einer rechtmäßigen und einer unrechtmäßigen Anerkennung ist kein Raum. Vermöge der Bindungswirkung des Anerkennungsbescheides kann im Verhältnis der Beteiligten zueinander die Feststellung der Beitragszeiten nicht in Frage gestellt werden.
Bei Einbeziehung der Ersatzzeiten hat der Kläger indessen die Wartezeit für die von ihm begehrte Rente erfüllt. Der Rechtsstreit ist aber bei diesem Klageanspruch noch nicht entscheidungsreif. Das LSG hat - von seinem Standpunkt aus zu Recht - bisher nicht geprüft, ob der Kläger berufsunfähig oder erwerbsunfähig ist; es wird dies nunmehr nachzuholen und bei der ihm obliegenden abschließenden Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen