Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I
Unter den Beteiligten ist streitig, ob die beklagte … (B…) Nachversicherungsbeiträge für die Zeit vom 30. August 1962 bis 30. September 1968 an die unter Nr. 2 beigeladene Ärzteversorgung zu überweisen hat.
Die Beklagte hatte den Kläger als Mitglied der Ärzteversorgung ab Juni 1962 nach § 7 Abs. 2 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) von der Versicherungspflicht befreit. Vom 30. August 1962 bis 30. September 1968 war der Kläger an der Universität B. und vom 1. Oktober 1968 bis zum 30. April 1975 an der Universität U. versicherungsfrei beschäftigt. Wegen des dortigen unversorgten Ausscheidens wurde er nachversichert, und zwar von dem unter Nr. 1 beigeladenen Land N. für die Beschäftigungszeit in B. bei der Beklagten und vom Land B. für die Beschäftigungszeit in U. bei der beigeladenen Ärzteversorgung.
Die Beklagte teilte dem Kläger durch Bescheid vom 1. März 1978 mit, die Nachversicherung für die streitige Beschäftigungszeit in B. sei bei ihr durchzuführen gewesen, weil der Kläger aus dieser Beschäftigung schon 1968 ausgeschieden, § 124 Abs. 6a AVG nach Art. 2 § 48a Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) aber nur auf Ausscheidensfälle nach 1972 anzuwenden sei. Der nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klage auf Überweisung der Beiträge an die Ärzteversorgung gab das Sozialgericht (SG) statt; das Landessozialgericht (LSG) wies sie ab, Es schloß sich der Auffassung der Beklagten an und ließ sonach dahingestellt, ob die nach § 124 Abs. 6b AVG vorgeschriebene Jahresfrist für die Antragstellung gewahrt sei; der für September 1975 vom Kläger (für beide Beschäftigungen) behauptete Antrag bei der Universität U. werde durch die Vorlage einer selbst hergestellten Durchschrift nicht erwiesen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, unter einem Ausscheiden i.S. von Art. 2 § 48a Abs. 2 AnVNG könne nur das Ausscheiden aus der letzten Beschäftigung verstanden werden, durch das erst die Pflicht zur Beitragsnachentrichtung entstehe. Ob aus einer Versäumung der Antragsfrist Konsequenzen gezogen werden dürften, sei fraglich.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 2) schließt sich dem Antrag des Klägers an, der Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag.
II
Auf die Revision der Beklagten ist das Urteil des LSG aufzuheben und dir Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen.
Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Kläger nach seinem unversorgten Ausscheiden aus dem Dienst des Landes B. auch für die streitige Beschäftigungszeit in B. nachversichert werden mußte, für die die Nachversicherung bis dahin nach § 125 Abs. 1 Buchst a AVG aufgeschoben war (§§ 9 Abs. 1, 125 Abs. 2 AVG). Zweifelhaft ist allein, ob das beigeladene Land N. den Nachentrichtungsbetrag statt an die Beklagte, an die beigeladene Ärzteversorgung zu zahlen hatte. Die Ansicht des LSG, daß dies nicht der Fall sei, findet in den bisher getroffenen Feststellungen keine hinreichende Stütze.
Dem Erfolg der Klage steht entgegen der Auffassung des LSG nicht schon von vornherein Art. 2 § 48a Abs. 2 AnVNG entgegen. Nach dieser Vorschrift gilt § 124 Abs. 6a AVG in den Fällen, in denen der Nachzuversichernde nach 1972 aus der die Versicherungsfreiheit begründenden Beschäftigung ausgeschieden ist. Der 1. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat in seinem Urteil vom 3. November 1982 - 1 RA 63/81 - (SozR 5755 Art. 2 § 48a Nr. 2) eingehend dargelegt, daß bei mehreren aufeinanderfolgenden versicherungsfreien Beschäftigungen für Art. 2 § 48a Abs. 2 AnVNG das Ausscheiden aus der letzten maßgebend ist; liege es nach 1972, sei § 124 Abs. 6a AVG auch für die schon früher beendeten Beschäftigungen anwendbar. Der erkennende Senat schließt sich diesem Rechtsstandpunkt an, den inzwischen alle Beteiligten des Rechtsstreits vertreten. Problematisch ist daher nur noch die Frage der Antragstellung.
Nach § 124 Abs. 6a AVG hat der Arbeitgeber bei Personen, die (u.a.) - wie hier - während der versicherungsfreien Beschäftigung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung waren, auf Antrag des Nachzuversichernden den Nachentrichtungsbetrag an die Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu zahlen, der der Antragsteller im Zeitpunkt der Antragstellung angehört; der Antrag ist gemäß Abs. 6b Satz 1 innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden zu stellen. Aus dieser Regelung läßt sich nicht ohne weiteres entnehmen, an wen der Antrag zu richten ist. Da es sich um keinen Antrag auf Sozialleistungen handelt, kann die Lücke nicht durch Heranziehen der für diese geltenden Vorschriften (§ 16 Sozialgesetzbuch I - SGB I -, früher § 1613 Reichsversicherungsordnung - RVO -) gefüllt werden, zumal das Ergebnis: Antragstellung beim zuständigen, hilfsweise bei allen anderen Leistungsträgern, Gemeinden usw. hier nicht befriedigen könnte. Die für den Antrag zuständige Stelle ergibt sich jedoch aus dem systematischen Zusammenhang des § 124 Abs. 6a und 6b. Gefordert wird dort lediglich ein Antrag, nicht auch eine Entscheidung über ihn. Der Antrag bestimmt, an wen der Arbeitgeber den Nachentrichtungsbetrag zu zahlen hat; er soll also vornehmlich auf den Arbeitgeber einwirken. Demzufolge ist der Antrag - in erster Linie - beim Arbeitgeber zu stellen; das Wort "Antrag" darf dabei nicht, stören, weil die zu einer Nachversicherung verpflichteten Arbeitgeber fast stets Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind. Der Antrag kann aber auch bei dem Versicherungsträger oder dem Versorgungswerk gestellt werden. Dafür spricht, daß deren Interessen ebenfalls durch die Antragstellung berührt werden, daß das Gesetz keine für den Antrag zuständige Stelle bezeichnet und das der Gesetzgeber bei Antragstellungen dem Versicherten offensichtlich entgegenkommen will, wie die Vorschriften über die Leistungsanträge zeigen. Soweit Anträge beim Versicherungsträger oder Versorgungswerk gestellt werden, darf angenommen werden, daß diese den Arbeitgeber davon unterrichten.
Als Antragsfrist ist in § 124 Abs. 6b AVG eine Frist von einem Jahr nach dem Ausscheiden aus der Beschäftigung festgelegt. Es fragt sich zwar, ob diese Jahresfrist sinnvoll ist, weil gemäß § 125 Abs. 1 Buchst. d aa AVG die Nachentrichtung der Beiträge aufgeschoben wird, wenn der Ausscheidende innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden in eine andere versicherungsfreie Beschäftigung übertritt; der Antrag auf Zahlung des Nachentrichtungsbetrages an das Versorgungswerk ist also in einer Zeit zu stellen, in der noch offen ist, ob Überhaupt Beiträge nachzuentrichten sind. Das kann jedoch nicht hindern, sich an die vom Gesetzgeber bestimmte Jahresfrist zu halten; sie steht nicht zur Disposition der Beteiligten des Beschäftigungsverhältnisses. Demnach hat die Versäumung der Antragsfrist die Konsequenz, daß die Beiträge an den Versicherungsträger zu zahlen sind.
Allerdings muß sich die bei mehreren aufeinanderfolgenden versicherungsfreien Beschäftigungen entstandene besondere Sach- und Rechtslage, die der 1. Senat im Urteil vom 3. November 1982 herausgestellt hat, auch im Rahmen von § 124 Abs. 6a und 6b AVG auf die Antragstellung auswirken, um hier ebenfalls zu sinnvollen Ergebnissen zu gelangen. So wäre es nicht zu verstehen, wenn in diesen Fällen getrennte Jahresfristen nach dem jeweiligen Ausscheiden aus den einzelnen Beschäftigungen liefen, zumal die Nachentrichtung jeweils aufgeschoben war; bei mehreren aufeinanderfolgenden versicherungsfreien Beschäftigungen beginnt deshalb die Jahresfrist für alle Beschäftigungen mit dem Ausscheiden aus der letzten Beschäftigung. Demzufolge sieht es der Senat auch als ausreichend an, daß für alle versicherungsfrei gewesenen Beschäftigungen der Antrag bei dem Arbeitgeber der letzten Beschäftigung gestellt wird, der die anderen Arbeitgeber dann von dem Antrag unterrichten muß; sofern der Antrag keine Einschränkungen enthält, muß er als für alle Beschäftigungszeiten gestellt gelten.
Demzufolge hätte der Kläger mit einem innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden aus der Beschäftigung in U. gestellten Antrag die Voraussetzungen für die Zahlung des Nachentrichtungsbetrages für die streitige Beschäftigungszeit in B. an das Versorgungswerk erfüllt. Der Kläger hat behauptet, mit Schreiben vom 24. September 1975 bei der Universität U. die Nachversicherung beider Beschäftigungszeiten bei der Ärzteversorgung beantragt zu haben. Hierüber hat das LSG von seinem Rechtsstandpunkt zu Recht keine abschließenden Feststellungen getroffen. Sie können vom Revisionsgericht nicht nachgeholt werden. Der Senat hat zwar, weil der Rechtsstreit schon einmal zur Nachholung von Beiladungen an das LSG zurückverwiesen worden war und eine zweite Zurückverweisung vermieden werden sollte, versucht, ob es möglich ist, den Zugang des Schreibens bei der Universität U. außer Streit zu stellen. Die von der Universität und vom Landesamt für Besoldung und Versorgung B. eingegangenen Auskünfte haben jedoch keine Nachweise für den Zugang des streitigen Schreibens bei der Universität U. erbracht. Der Senat muß daher weitere Klärungen und Feststellungen dem LSG überlassen und hierzu erneut den Rechtsstreit In das LSG zurückverweisen, das bei der abschließenden Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens mitzubefinden hat.11 RA 47/82
Bundessozialgericht
Verkündet am
18. August 1983
Fundstellen