Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der beruflichen Fortbildung iS des § 41 Abs 1 AFG bei der Verknüpfung inhaltlich verschiedenen Berufswissens (horizontale Fortbildung - Anschluß an BSG 1975-03-06 7 RAr 42/73 = BSGE 39, 194 = SozR 4100 § 41 Nr 19 und BSG 1975-05-06 7 RAr 98/73 sowie BSG 1976-05-11 7 RAr 113/74 und BSG 1976-05-11 7 RAr 127/74).
2. § 41 Abs 2 AFG idF des HStruktG-AFG enthält hinsichtlich seines Anwendungsbereichs keine Beschränkung auf bestimmte, nach äußeren Merkmalen gekennzeichnete Personenkreise.
Leitsatz (redaktionell)
Berufliche Fortbildung liegt nur nicht vor, wenn das mit der Bildungsmaßnahme vermittelte Wissen auf berufsgleichem Vorwissen aufbaut oder unmittelbar an dieses anknüpft, sondern auch dann, wenn mit der Bildungsmaßnahme zwar anders geartetes Wissen vermittelt wird, dieses aber zu dem vorhandenen Berufswissen in einer Weise hinzutritt, daß aus der Verknüpfung beider erst das Ziel der Fortbildung verwirklicht wird (hier: Verbindung von technischem Vorwissen und Fremdsprachenkenntnissen).
Normenkette
AFG § 41 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, Abs. 2 Fassung: 1975-12-18
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 25.05.1982; Aktenzeichen L 5 Ar 2173/79) |
SG Stuttgart (Entscheidung vom 26.09.1979; Aktenzeichen S 8 Ar 1264/76) |
SG Stuttgart (Entscheidung vom 26.09.1979; Aktenzeichen S 8 Ar 2787/78) |
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung von Leistungen zur beruflichen Bildung.
Der 1942 geborene Kläger war nach Abschluß der Lehre als Radio- und Fernsehtechniker von 1960 bis Anfang 1962 in seinem Beruf tätig. Anschließend besuchte er mit Erfolg einen zweisemestrigen Lehrgang als Techniker der Fachrichtung Elektrotechnik. Seit Dezember 1962 arbeitete er bei verschiedenen Arbeitgebern als Techniker, ua von Juli 1965 bis Ende März 1969 bei der Firma S. als Beschreibungsingenieur im Bereich Navigation und Raumfahrt. 1965 und 1966 besuchte der Kläger Abendkurse in Englisch, 1967 nahm er an einem sechswöchigen Sprachkurs in England teil. Am 31. Dezember 1969 endete sein im April 1969 begonnenes Arbeitsverhältnis als Texter in einer Werbeagentur.
Ab 2. März 1970 bezog der Kläger mit Unterbrechungen über längere Zeit Arbeitslosengeld (Alg). Eine beitragspflichtige Beschäftigung nahm er erst am 14. Januar 1980 wieder auf, und zwar als technischer Lektor für den Fachbereich Elektronik im F.- Verlag Stuttgart. In der Zwischenzeit hatte er ua verschiedene Sprachstudien im Ausland betrieben, zeitweise war er arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Schon seit 1973 hatte der Kläger bei der Beklagten erfolglos die Förderung seiner Teilnahme an Sprachkursen beantragt. Hinsichtlich eines Ablehnungsbescheides vom 24. Juli 1973 hat das Sozialgericht (SG) Stuttgart im Urteil vom 14. Januar 1975 (7 Ar 2570/73) dessen Rechtswidrigkeit festgestellt. Der vom Kläger zur Förderung beantragte Englischkurs habe zwar nicht stattgefunden; er habe gleichwohl ein berechtigtes Interesse an der Feststellung gem § 131 Abs 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), daß die Beklagte die Förderung nicht mit der Begründung habe ablehnen dürfen, der Englischkurs fördere nicht die berufliche Beweglichkeit des Klägers. Das SG stützte sich insoweit auf die Angaben eines Sachverständigen, wonach es für Elektroniker keine geeigneten Englischkurse gebe, so daß sie für die Erlernung der in ihrem Beruf erforderlichen Englischkenntnisse auf den Besuch allgemeinbildender Kurse angewiesen seien.
1975 lehnte die Beklagte die Förderung der Teilnahme des Klägers an einem ab 11. Dezember 1975 laufenden Englischkurs in einer B.-Schule ab. Widerspruch und Klage blieben erfolglos (SG Stuttgart, Urteil vom 26. September 1979 - S 8 Ar 1264/76 -). Ab 1. April 1977 besuchte der Kläger einen Sprachkurs "Englische Wirtschaftskorrespondenz" bei der Handelsschule E., dessen Förderung die Beklagte ebenfalls ablehnte (Bescheid vom 8. August 1977; Widerspruchsbescheid vom 7. November 1978). Die Klage hat das SG Stuttgart durch Urteil vom 26. September 1979 abgewiesen (S 8 Ar 2787/78).
Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die gegen beide Urteile des Sozialgerichts eingelegten Berufungen verbunden und diese als unbegründet zurückgewiesen (Urteil vom 25. Mai 1982). Es hat die Revision nicht zugelassen. Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: In beiden Fällen handele es sich um Maßnahmen der beruflichen Fortbildung. Die Förderung des Kurses der B.-Schule scheitere jedoch schon deshalb, weil eine Teilnahme daran nicht eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung voraussetze, wie es § 41 Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) verlange.
Die Förderung des Kurses in der Handelsschule E. komme ebenfalls nicht in Betracht. Der Kläger habe nicht Wirtschaftskorrespondent werden wollen, sondern habe angestrebt, die englische Sprache bis zur Perfektion zu erlernen. Nach § 41 Abs 1 AFG müsse jedoch die für die Teilnahme an einem Fortbildungskurs erforderliche abgeschlossene Berufsausbildung für das Maßnahmeziel einschlägig sein. Das sei hier nicht der Fall. Die Ausbildung zum fremdsprachigen Wirtschaftskorrespondenten sei eine Fortbildung für Personen, die schon im kaufmännischen Bereich tätig waren. Im übrigen könne der Kläger eine Förderung der Ausbildung zu diesem Beruf nicht verlangen, wenn er ihn gar nicht ausüben wolle. Auch auf § 41 Abs 2 AFG in der Fassung des Haushaltsstrukturgesetzes-AFG (HStruktG-AFG) lasse sich der Anspruch nicht stützen, weil der Kläger als ausgebildeter Techniker nicht zu dem von dieser Vorschrift erfaßten Personenkreis gehöre. Schließlich stehe § 46 AFG dem Klageanspruch entgegen. Die in § 46 Abs 1 AFG geforderte mindestens zweijährige beitragspflichtige Beschäftigung in den letzten drei Jahren vor Beginn der Maßnahme könne der Kläger nicht nachweisen. Er habe ferner nicht rechtmäßig Alg in dieser Zeit bezogen, da die Beklagte insoweit ausgesprochene Bewilligungen von Alg für die Zeiten vom 1. April bis 2. April 1975 und vom 29. Juli bis 14. August 1975 durch Bescheid vom 8. Dezember 1976 bindend aufgehoben habe. Schließlich sei die Maßnahme weder zur Beendigung der Arbeitslosigkeit des Klägers notwendig noch sei nachgewiesen, daß der Kläger wegen einer Änderung seiner persönlichen Verhältnisse oder aus anderen Gründen gezwungen gewesen sei, eine Beschäftigung aufzunehmen (§ 46 Abs 2 AFG). Das LSG führt dazu des Näheren aus, daß der Kläger in seinem Beruf hätte untergebracht werden können, wenn er es ernsthaft gewollt hätte. Sein Lebensweg seit 1970 erweise aber, daß er eine unabhängige Tätigkeit gefunden habe, die ihm mehr zusagte als sein erlernter Beruf. Die Auskunft des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er habe in dieser Zeit von Ersparnissen gelebt, sei unglaubhaft. Erst im Januar 1980 habe er eine Tätigkeit als Lektor im F.-Verlag aufgenommen. Der Besuch der Sprachschule E. sei deshalb nicht notwendig gewesen, um ihn wieder beruflich einzugliedern, selbst wenn seine Englischkenntnisse nun seiner Anstellung als Lektor förderlich gewesen seien.
Auch aus der Rechtskraft des Urteils des SG Stuttgart vom 14. Januar 1975 - S 7 Ar 2570/73 - könne der Kläger den hier streitigen Förderungsanspruch nicht herleiten. Darin sei lediglich die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 24. Juli 1973 über die Ablehnung eines bestimmten Englischkurses festgestellt worden. Weitere Rechtswirkungen auf Förderung der Teilnahme an anderen Kursen ergäben sich daraus nicht. Das LSG verweist auf sein Urteil vom 16. November 1976 - L 5 Ar 1694/75 - und den die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ablehnenden Beschluß des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6. Oktober 1977 - 7/12 BAr 19/77 -. Schließlich könne der Kläger seinen Anspruch nicht auf eine etwaige Förderungszusage stützen.
Der Senat hat durch Beschluß vom 9. Dezember 1982 die Revision insoweit zugelassen, als das LSG die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG in der Sache S 8 Ar 2787/78 betreffend die Förderung der Teilnahme an dem Sprachkurs E. zurückgewiesen hat.
Der Kläger hat die Revision eingelegt und rügt die Verletzung der §§ 41 Abs 1 und 2, 46 Abs 1 und 2 AFG durch das LSG. Er trägt dazu vor: Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 46 Abs 2 AFG habe das LSG den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt. Das LSG habe die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er habe nach 1970 von Ersparnissen gelebt, soweit er nicht Alg oder Krankengeld bezogen habe, als unglaubwürdig bewertet und gefolgert, er habe vielmehr offenbar eine unabhängige Tätigkeit gefunden gehabt, die ihm mehr zugesagt habe, als sein erlernter Beruf. Die Angaben über seinen Lebensunterhalt habe der Kläger auf eine scheinbar nur nebenher gestellte Frage des Vorsitzenden gemacht. Er sei auch nach seiner Antwort weder auf deren Bedeutung hingewiesen worden noch sei ihm vorgehalten worden, sie sei unglaubwürdig. Er habe die Frage für unerheblich gehalten und auch für unerheblich halten dürfen, weil sie im bisherigen Verfahren niemals angesprochen worden sei. Das Gericht hätte ihn deshalb über die Bedeutung der Frage und seine Auffassung über deren Beantwortung aufklären müssen. Alsdann hätte er dargelegt, daß er in der Zeit seiner Arbeitslosigkeit bei seiner Mutter und seinem Stiefvater mietfrei gewohnt habe und dort gegen geringes Entgelt verpflegt worden sei. Er habe als Junggeselle bis 1971 Ersparnisse von 50.000,-- DM angesammelt. 1977 sei absehbar gewesen, daß sich seine Situation ändern würde und er sich bemühen müßte, wieder in den Arbeitsprozeß eingegliedert zu werden. Seine Mutter und sein Stiefvater beabsichtigten schon damals in den Schwarzwald zu verziehen, wo die Berufschancen des Klägers weiter gesunken wären. Durch Zeugnis seiner Mutter hätte er diesen Sachverhalt unter Beweis stellen können und gestellt.
Das LSG habe ihn auch nicht darauf hingewiesen, er trage die Beweislast dafür, daß er wegen Änderung seiner persönlichen Verhältnisse 1977 gezwungen gewesen sei, eine Beschäftigung aufzunehmen und dies sei entscheidend für seinen Anspruch. Ihm sei die Erheblichkeit dieser Frage nicht bewußt gewesen, da sie im Verfahren ebenfalls vorher nie angesprochen gewesen sei. Dem LSG hätte sich eine Aufklärung des Klägers aber gerade deshalb aufdrängen müssen, weil es selbst davon ausgegangen sei, der Kläger habe den in Rede stehenden Sachverhalt nicht nachgewiesen. Anderenfalls hätte der Kläger vorgetragen und durch Zeugnis seiner Mutter unter Beweis gestellt, daß ihn der beabsichtigte Umzug seiner Eltern gezwungen hätte, eine Beschäftigung aufzunehmen. Hinsichtlich der Voraussetzungen des § 44 Abs 2 Nr 1 AFG habe er bereits vor dem LSG vorgetragen, daß er wegen seiner mangelnden praktischen Erfahrungen im Jahre 1977 in seinem früheren Beruf als Radio- und Fernsehtechniker nicht mehr hätte vermittelt werden können. Seine Arbeitslosigkeit hätte demgemäß ohne Teilnahme an der streitigen Maßnahme nicht beendet werden können. Soweit das LSG sich auch insoweit auf die Erwägung gestützt habe, er habe in seinem Beruf gar nicht mehr untergebracht werden wollen, macht der Kläger die schon erwähnte Verletzung seines rechtlichen Gehörs hier ebenfalls geltend.
Das LSG habe somit unter Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers verfahrensfehlerhaft gehandelt und darauf beruhe das Urteil; denn nach ergänzenden Feststellungen hätte das LSG anders entscheiden müssen.
Das LSG habe auch das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 41 AFG verkannt. Nach der Rechtsprechung des BSG falle unter den Begriff der Fortbildung nicht nur die Weiterbildung im Ausgangsberuf (vertikale Fortbildung), sondern auch das Erlernen neuer Kenntnisse und Fähigkeiten, die zusammen mit dem Ausgangsberuf zu einem auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren (neuen) Beruf führten (horizontale Fortbildung). Hätte das LSG dies nicht verkannt, hätte es nicht zu der Folgerung gelangen können, dem Förderungsanspruch stehe es entgegen, daß der Kläger nicht habe Wirtschaftskorrespondent werden wollen. Es hätte vielmehr erkannt, daß seine frühere Ausbildung ihn zusammen mit Kenntnissen fremdsprachlicher Korrespondenz befähigten, als technischer Lektor im Verlagswesen tätig zu sein. Hierauf habe er bereits im Berufungsverfahren hingewiesen.
Schließlich könne er sich entgegen der Auffassung des LSG auf Vertrauensschutz als Folge des SG-Urteils vom 14. Juli 1975 (7 S Ar 2570/73) und eine Förderungszusage durch das Arbeitsamt berufen. Ihm stehe aufgrund dessen jedenfalls ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zu, auch wenn es sich nun um eine andere Maßnahme handele. Im übrigen stünden alle Maßnahmen in einem Zusammenhang, so daß sich die oa SG-Entscheidung auf alle Einzelmaßnahmen erstrecke.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Mai 1982 - L 5 Ar 2173/79 - und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. September 1979 - S 8 Ar 2787/78 - abzuändern, den Bescheid vom 8. August 1977 und den Widerspruchsbescheid vom 7. November 1978 des Arbeitsamts Stuttgart aufzuheben, und die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Fortbildungsmaßnahme "Sprachkurs in der Handelsschule E." zu fördern.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils. Ergänzend führt sie aus: Die Teilnahme an der streitigen Maßnahme sei nicht notwendig gewesen iSd § 44 Abs 2 Nr 1 AFG, die Arbeitslosigkeit des Klägers zu beenden; denn der Kläger hätte in seinem Beruf als Radio- und Fernsehtechniker eine Arbeit finden können, für die perfekte Englischkenntnisse nicht erforderlich sind. Der Kläger sei nach den Feststellungen des LSG auch nicht iSd § 46 AFG gezwungen gewesen, 1977 eine Beschäftigung aufzunehmen.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist im Sinne der teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und entsprechender Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch die Frage eines Förderungsanspruchs des Klägers für seine Teilnahme an dem am 1. April 1977 begonnenen Sprachkurs "Englischer Wirtschaftskorrespondent" in der Handelsschule E.. Nur gegen die Zurückweisung seiner Berufung in dieser Hinsicht hat der Kläger entsprechend der beschränkten Revisionszulassung Revision eingelegt. Der Kläger rügt insoweit zu Recht die Verletzung materiellen und formellen Rechts durch das LSG.
Das LSG hat die Teilnahme des Klägers an dem Sprachkurs E. zwar einerseits als berufliche Fortbildung angesehen, die Voraussetzungen des § 41 Abs 1 AFG andererseits aber gleichwohl verneint, weil der Kläger nicht habe Wirtschaftskorrespondent werden wollen, diese Ausbildung nur für Personen mit kaufmännischer Vorbildung eine Fortbildung darstelle und es dem Kläger nur darum gegangen sei, die englische Sprache bis zur Perfektion zu erlernen. In anderem Zusammenhang führt das LSG allerdings aus, daß die Englischkenntnisse des Klägers seiner Anstellung beim F.- Verlag förderlich gewesen seien.
Das LSG hat mit diesen Erwägungen den Inhalt des § 41 Abs 1 AFG verkannt. Diese Vorschrift, die wie auch die übrigen in diesem Fall einschlägigen Regelungen der §§ 41 ff AFG idF des HStruktG-AFG vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) anzuwenden ist, sieht eine Förderung an Maßnahmen vor, die das Ziel haben, berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten festzustellen, zu erhalten, zu erweitern oder der technischen Entwicklung anzupassen oder einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen, und die eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung voraussehen (berufliche Fortbildung). Ob der streitige E.-Kurs die letztgenannten Voraussetzungen erfüllt, hat das LSG nicht ausdrücklich festgestellt. Es wird dies nachzuholen haben.
Das LSG hat zutreffend erkannt, daß berufliche Fortbildung iSd § 41 Abs 1 AFG grundsätzlich nur vorliegt, wenn die Fortbildungsmaßnahme an ein bestimmtes Berufswissen des einzelnen Teilnehmers anknüpft (ständige Rechtsprechung, vgl BSG SozR 4100 § 41 Nr 25; BSGE 42, 203 = SozR 4100 § 41 Nr 26). Es hat jedoch nicht berücksichtigt, daß eine solche Sachlage nicht nur dann gegeben ist, wenn das mit der Maßnahme vermittelte Wissen auf berufsgleichem Vorwissen aufbaut oder unmittelbar an dieses anknüpft, sondern auch dann, wenn mit der Maßnahme zwar andersgeartetes Wissen vermittelt wird, dieses aber zu dem vorhandenen Berufswissen in einer Weise hinzutritt, daß aus der Verknüpfung beider erst das Ziel der Fortbildung verwirklicht wird. Der Senat hat deshalb gerade für den Bereich technischer Berufe das Hinzulernen andersgearteten Berufswissens, insbesondere kaufmännischer und pädagogischer Art, als horizontale Fortbildung iSd § 41 Abs 1 AFG anerkannt (vgl BSGE 39, 194 = SozR 4100 § 41 Nr 19; Urteile vom 6. Mai 1975 - 7 RAr 98/73 -, vom 11. Mai 1976 -7RAr113/74 und 7 RAr 127/74 -; ähnlich auch BSG SozR 4100 § 41 Nr 34). - Nach dieser Rechtsprechung steht es dem Fortbildungscharakter der Maßnahme für den einzelnen Teilnehmer nicht entgegen, daß dieselbe Maßnahme für andere Teilnehmer diesen Inhalt nicht besitzt, sofern die Maßnahme nach ihrer äußeren Gestaltung den Förderungsvoraussetzungen des AFG entspricht.
Das LSG hat nicht festgestellt, in welcher Weise die beim Kläger vorhandenen technischen Berufskenntnisse in Verbindung mit den im Sprachkurs E. vermittelten Kenntnissen ein vom Kläger angestrebtes Fortbildungsziel ergeben konnten (vgl dazu auch BSG SozR 4100 § 41 Nr 25 und BSGE 42, 203 = SozR 4100 § 41 Nr 26). Es hätte hierzu Veranlassung gehabt, wie der Kläger zutreffend ausführt. Nicht nur hat der Kläger im Verfahren darauf verwiesen, daß er für die qualifizierte Ausübung seines technischen Berufs als Elektroniker in verschiedener Hinsicht Fremdsprachenkenntnisse benötige, die er auf andere Weise als durch den Besuch einer allgemeinen Sprachschule nicht erlangen könne. Auch der im Klageverfahren vor dem SG Stuttgart - S 7 AR 2570/73 - gehörte Sachverständige hat dies offenbar bestätigt. Ungeachtet mangelnder Rechtswirkungen aus dem in jenem Verfahren ergangenen Urteil auf den streitgegenständlichen Anspruch hätte das LSG dieses in tatsächlicher Hinsicht berücksichtigen müssen, zumal da es selbst auf diesen Vorgang eingeht. Das LSG hat ferner festgestellt, daß die vom Kläger erworbenen Englischkenntnisse seiner Anstellung beim F.-Verlag förderlich gewesen sind (vgl dazu BSG SozR 4100 § 41 Nr 33). Dem LSG lag eine entsprechende Bestätigung des F.-Verlages vor, aus der auch ersichtlich zu sein scheint, daß der Kläger als technischer Lektor fremdsprachliche Korrespondenz zu erledigen hatte. Das LSG hätte sich deshalb gedrängt fühlen müssen, aufzuklären, ob die Verbindung des technischen Vorwissens des Klägers mit dem in dem Sprachkurs E. vermittelten Berufswissen eines fremdsprachigen Wirtschaftskorrespondenten das Fortbildungsziel (auch) eines technischen Lektors ergeben konnte. Der Kläger hat dies sinngemäß ebenfalls zu Recht gerügt. Mangels ausreichender Feststellungen läßt sich deshalb gegenwärtig nicht abschließend beurteilen, ob die beantragte Förderung die Teilnahme an einer Maßnahme betrifft, die inhaltlich als berufliche Fortbildung iSd § 41 Abs 1 AFG zu werten ist.
Auch in der Auslegung des § 41 Abs 2 AFG vermag der Senat dem LSG nicht zu folgen. Nach dieser Vorschrift wird die Teilnahme an einer Maßnahme, die nicht eine Fortbildungsmaßnahme iSd § 41 Abs 1 AFG ist, gefördert, wenn sie für den Antragsteller eine berufliche Fortbildung gewährleistet und es keine geeigneten Fortbildungsmaßnahmen (iSd § 41 Abs 1) gibt oder deren Besuch nicht zumutbar ist. Das LSG hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, daß mit dieser Vorschrift die Absicht des Gesetzgebers verbunden war, "Problemgruppen des Arbeitsmarktes" einer Förderungsmöglichkeit zuzuführen, die sonst nicht besteht (vgl BT-Drucks 7/4127, S 49, Begr zu § 41 Abs 2). Indessen enthält § 41 Abs 2 AFG hinsichtlich seines Anwendungsbereichs keine ausdrückliche Beschränkung auf bestimmte, nach äußeren Merkmalen gekennzeichnete Personenkreise. Selbst wenn er als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist, kann nicht davon ausgegangen werden, daß Personen, die - wie der Kläger - bereits eine Berufsausbildung besitzen, welche nach dem Berufsbild im allgemeinen die Möglichkeit für eine vertikale Fortbildung eröffnet, von der Anwendbarkeit des § 41 Abs 2 AFG ohne weiteres stets ausgeschlossen sind. Maßgeblich ist vielmehr nur, ob im Einzelfall die Voraussetzungen des § 41 Abs 2 AFG gegeben sind. Dies kommt nach Auffassung des Senats auch darin zum Ausdruck, daß das Gesetz selbst die Zumutbarkeit bzw Nichtzumutbarkeit des Besuchs einer (anderen) geeigneten Fortbildungsmaßnahme als Maßstab für die Förderung einer Maßnahme nach § 41 Abs 2 AFG nennt, mithin ein Prüfungselement enthält, welches nur nach den Individualverhältnissen beurteilt werden kann. Dem entspricht für die hier geltende Rechtslage die Rechtsprechung des Senats, daß die Beklagte den Antragsteller grundsätzlich nicht auf eine andere als die von ihm ausgewählte Fortbildungsmaßnahme verweisen darf; denn es ist dem Fortbildungswilligen selbst überlassen, welche zu dem von ihm gewünschten Ziel führende Maßnahme er auswählt (vgl die Nachweise bei Hennig/Kühl/Heuer, Komm z AFG, Anm 4 zu § 36, Erg.-Lfgen Oktober 1979 und Oktober 1980; s insbes BSG SozR 4100 § 41 Nr 33 und Urteil vom 14. Februar 1978 - 7 RAr 65/76 - Breithaupt 1979, 170 = DBlR der Beklagten, § 41 AFG, Nr 2304a).
Das LSG hat es deshalb für die Anwendung des § 41 Abs 2 AFG zu Unrecht unterlassen, Feststellungen dazu zu treffen, ob es für das vom Kläger angestrebte Fortbildungsziel geeignete Fortbildungsmaßnahmen iSd § 41 Abs 1 AFG gab und ob deren Besuch dem Kläger anstelle der gewählten Maßnahme zumutbar gewesen ist, sofern es sich bei der streitigen Maßnahme nicht bereits um eine solche iSd § 41 Abs 1 AFG gehandelt haben sollte.
Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen für die geltend gemachten Leistungsansprüche nach § 46 Abs 1 AFG hat das LSG festgestellt, daß der Kläger im Sinne dieser Vorschrift nicht in den letzten drei Jahren vor Beginn der Maßnahme (1. April 1977) zwei Jahre lang eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt hat. Diese Feststellung hat der Kläger nicht angegriffen, so daß sie für den Senat bindend ist (§ 163 SGG). Das gilt auch für die Feststellung des LSG, daß es sich bei den vom Kläger besuchten Englischkursen um (getrennte) Einzelmaßnahmen gehandelt hat. Der Kläger hat zwar vorgebracht, daß sich alle diese Kurse als Gesamtmaßnahme begreifen ließen. Darin liegt jedoch kein ausreichender Angriff gegen die anderslautende Feststellung des LSG, da der Kläger nicht im einzelnen die Tatsachen bezeichnet, aus denen sich seine Auffassung in tatsächlicher Hinsicht rechtfertigen könnte und deretwegen das LSG zwingend zu einer anderen Folgerung hätte gelangen müssen. Die Auffassung des LSG, daß (auch) die streitige Maßnahme in der Handelsschule E. folglich als Einzelmaßnahme hinsichtlich der Förderungsvoraussetzungen für sich zu beurteilen ist, ist mithin nicht zu beanstanden. - Weiter hat das LSG unangegriffen festgestellt, daß der Kläger in der danach maßgeblichen Frist zwar Alg bezogen, die Entscheidung über dessen Bewilligung von der Beklagten aber bindend wieder aufgehoben worden ist. Zu Recht hat das LSG daraus gefolgert, daß es infolgedessen an einem wirksamen Bezug von Alg iSd § 46 Abs 1 AFG fehlt; denn dies setzt den rechtmäßigen Alg-Bezug voraus, wie der Senat für Bestimmungen des AFG dieser Art bereits ganz allgemein entschieden hat (BSGE 47, 241, 245 = SozR 4100 § 134 Nr 11).
Ob die Voraussetzungen nach § 46 Abs 2 AFG vorliegen, vermag der Senat nicht zu entscheiden; denn der Kläger hat gegen die insoweit vom LSG getroffenen Feststellungen zulässige und begründete Revisionsrügen erhoben. Soweit er sich dabei ergänzend auf sein Vorbringen in den Beschwerdeverfahren stützt, ergeben sich keine Bedenken, denn im wesentlichen trägt der Kläger die seine Verfahrensrügen begründenden Tatsachen in der Revisionsbegründung selbst vor (vgl BSG SozR 1500 § 164 Nrn 3, 4, 18).
Nach § 46 Abs 2 AFG erhalten Antragsteller, die nicht die Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 AFG, jedoch die des § 44 Abs 2 AFG erfüllen und die sich verpflichten, im Anschluß an die Maßnahme mindestens drei Jahre lang eine beitragspflichtige Beschäftigung auszuüben, Förderungsleistungen, wenn sie wegen einer Veränderung ihrer persönlichen Verhältnisse oder aus anderen Gründen gezwungen sind, eine beitragspflichtige Beschäftigung auszuüben. Nach § 44 Abs 2 Nr 1 AFG erhalten Antragsteller ein höheres Unterhaltsgeld, wenn die Teilnahme notwendig ist, damit der arbeitslose Antragsteller beruflich eingegliedert wird. Weitere Tatbestände des § 44 Abs 2 AFG (nämlich dessen Nrn 2 und 3) kommen nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des LSG zugunsten des Klägers nicht in Betracht.
Zur Anwendung des § 44 Abs 2 Nr 1 AFG hat das LSG ausgeführt, es spreche nichts dagegen, daß der Kläger 1977 nicht in seinem Beruf als Radio- und Fernsehtechniker-Gehilfe hätte eingegliedert werden können. Daß er tatsächlich nicht untergebracht worden sei, führe zu keiner anderen Beurteilung, da er dieses nach dem Gesamtinhalt der Akten selbst nicht mehr ernsthaft gewollt habe. Der Kläger rügt insoweit zutreffend Verfahrensmängel.
Das LSG hat zum einen nicht wirklich aufgeklärt, ob der Kläger bei Beginn der streitigen Maßnahme oder in absehbarer Zeit danach (vgl BSG SozR 4100 § 44 Nr 33) ohne die Teilnahme an ihr hätte beruflich eingegliedert werden können. Es hat dies lediglich anhand des beruflichen Werdegangs des Klägers vermutet, ohne die tatsächliche Lage auf dem Arbeitsmarkt zu ermitteln. Aus der Überzeugung, der Kläger habe eine Tätigkeit in seinem erlernten Beruf gar nicht mehr ausüben wollen, hat es derartige Feststellungen offenbar für überflüssig gehalten. Zu der letztgenannten Erkenntnis ist das LSG jedoch unter Verstoß gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör gelangt (§ 62 SGG), so daß diese Feststellung nicht mehr Grundlage einer rechtlichen Beurteilung sein kann.
Erkennbar ist das LSG zu seiner Auffassung über die fehlende Bereitschaft des Klägers zu Tätigkeiten in seinem Beruf dadurch gelangt, daß es dessen Erklärung, er habe seit 1970 von seinen Ersparnissen gelebt, für unglaubhaft gehalten und sein übriges Verhalten in dieser Zeit dahin gewertet hat, er habe eine unabhängige Tätigkeit gefunden, die ihm mehr entspräche, als sein bisheriger Beruf. Das LSG durfte diese Feststellungen nicht treffen, ohne dem Kläger Gelegenheit gegeben zu haben, sich hierzu zu äußern. Der Kläger rügt zu Recht, daß ihm die Bedeutung seiner auf Fragen des Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG erteilten Auskünfte über die Bestreitung seines Lebensunterhalts nicht ohne erläuternde Hinweise erkennbar sein mußte. Im bisherigen Verfahren hatten sie für ablehnende Entscheidungen keine Rolle gespielt. Der Kläger hat schlüssig dargelegt, daß er bei einem entsprechenden Hinweis auf diesen für ihn neuen rechtlichen Gesichtspunkt weitere Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt hätte, die eine abweichende Beurteilung durch das LSG zur Folge gehabt haben könnten. Hätte das LSG ihm danach abgenommen, daß er in der Tat von vorhandenen Ersparnissen gelebt hat und leben konnte und hätte das LSG deshalb aufgeklärt, ob der Kläger 1977 iSd § 44 Abs 2 Nr 1 AFG in seinem erlernten Beruf eine Arbeit tatsächlich hätte finden können, wäre seine Entscheidung möglicherweise anders ausgefallen. Die getroffene Entscheidung beruht deshalb auf dem zutreffend gerügten Verfahrensmangel; dies hindert ihren Bestand.
Dasselbe gilt für die weitere Frage, ob der Kläger 1977 iSd § 46 Abs 2 Nr 1 AFG wegen Änderung seiner persönlichen Verhältnisse gezwungen war, eine Beschäftigung aufzunehmen. Die Verneinung dieser Rechtsfrage hat das LSG im Ergebnis auf die gleichen Tatsachen gestützt, die es als tragend für seine Beurteilung der Voraussetzungen nach § 44 Abs 2 Nr 1 AFG zugrunde gelegt hat. Auch insoweit wurde der Kläger überrascht, wie er zutreffend geltend macht, und es ist nicht auszuschließen, daß die Verwertung des vom Kläger bei Wahrung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör angekündigten ergänzenden Tatsachenvortrags zu einer anderen Entscheidung geführt hätte.
Die Sache muß deshalb unter entsprechender Teilaufhebung des angefochtenen Urteils an das LSG zurückverwiesen werden.
Bei seiner neuen Entscheidung braucht das LSG allerdings dem Vorbringen des Klägers nicht nachzugeben, sein Anspruch rechtfertige sich auch aus der Entscheidung des SG Stuttgart vom 14. Januar 1975 - S 7 Ar 12570/73 -, er besitze als Folge davon Vertrauensschutz bzw einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Die vom LSG in dem angefochtenen Urteil hierzu vertretene Rechtsauffassung läßt nämlich Rechtsfehler nicht erkennen. Dasselbe gilt für das Berufen des Klägers auf eine Förderungszusage durch die Beklagte.
Das LSG wird hingegen noch darüber zu befinden haben, ob die vom SG nicht zugelassene Berufung hinsichtlich aller mit der Klage geltend gemachter Streitgegenstände zulässig ist (vgl dazu BSG SozR 1500 § 144 Nr 16). Es wird ferner über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 1659050 |
Breith. 1984, 508 |