Entscheidungsstichwort (Thema)

Ende der beruflichen Bildungsmaßnahme (Fortbildung, Umschulung). Ende des Berufsausbildungsverhältnisses. Abschlußprüfung. Bestehen der Abschlußprüfung vor Ablauf der Ausbildungszeit. Krankenpflegehelferin. Ende der Ausbildung

 

Orientierungssatz

Mit der Ablegung der Abschlußprüfung endet die Ausbildung zur Krankenpflegehelferin (vgl gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe 1983-01-27 GmS-OGB 2/82 = NJW 1983, 815) und somit die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Bildung iS des § 34 AFG in der Fassung des AFGHStruktG.

 

Normenkette

KrPflG § 9 Abs 1 Fassung: 1965-09-20, §§ 14f, 14h; BBiG § 14 Abs 2, § 107 Abs 1; AFG § 34 Fassung: 1975-12-18

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 10.03.1981; Aktenzeichen L 7 Ar 118/80)

SG Hildesheim (Entscheidung vom 13.11.1980; Aktenzeichen S 3 Ar 81/80)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin Anspruch auf Zahlungen von Förderungsleistungen für die Zeit nach der Ablegung ihrer Prüfung als Krankenpflegehelferin hat.

Die Klägerin war von März 1965 bis Ende März 1979 als Schwesternhelferin und Operationsschwester beschäftigt. Anschließend nahm sie an einem Lehrgang für Krankenpflegehelfer teil. Nach dem Ausbildungsvertrag, der zwischen ihr und der Schule für Krankenpflegehilfe des Deutschen Berufsverbandes für Krankenpflege in Hannover geschlossen wurde, begann die nach den Bestimmungen des Krankenpflegegesetzes (KrPflG) durchgeführte Ausbildung am 1. April 1979 und sollte am 31. März 1980 enden.

Die Beklagte gewährte der Klägerin wegen Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Umschulung Unterhaltsgeld (Uhg) und Zuschußleistungen nach § 45 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Die Klägerin bestand am 4. März 1980 die Abschlußprüfung als Krankenpflegehelferin, wurde jedoch noch bis zum 31. März 1980 praktisch ausgebildet.

Mit Bescheid vom 29. Februar 1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 1980 hob die Beklagte ihre die Förderung gewährenden Bescheide für die Zeit ab 5. März 1980 auf. Zur Begründung führte sie aus, der Bildungsgang sei mit Ablauf der Prüfung beendet, was aus § 14 Abs 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) folge. Damit stünden der Klägerin die begehrten Leistungen nicht mehr zu.

Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 13. November 1980 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Umschulungsmaßnahme bis zum 31. März 1980 zu fördern. Die vom SG zugelassene Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat in seinem Urteil vom 10. März 1981 die Auffassung vertreten, eine Maßnahme der beruflichen Bildung könne zwar nur während der notwendigen Dauer der Maßnahme gefördert werden. Notwendig sei die Maßnahme an der Teilnahme hier jedoch auch für die Zeit ab 5. März 1980 gewesen. Die Ausbildung der Klägerin nach Ablegung der Prüfung sei durch praktische Unterweisung am Krankenbett fortgesetzt worden, wie es in dem Ausbildungsvertrag vorgesehen gewesen sei. Diese weitere Ausbildung sei nach dem KrPflG, wie das LSG näher ausgeführt hat, zwingend notwendig gewesen. § 14 Abs 2 BBiG, nach dem die Ausbildung nach dem Prüfungstag als beendet gelte, sei auf die Ausbildung einer Krankenpflegehelferin nach dem KrPflG nicht anzuwenden. Der gegenteiligen Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) in seinen Urteilen vom 11. März 1976 (7 RAr 63/74 und 7 RAr 67/74) könne nicht gefolgt werden. Das KrPflG enthalte eine eigenständige Regelung über die Dauer der Ausbildung und über vorgeschriebene Verlängerungen und Verkürzungen, was auch das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 12. September 1979 - 5 AZR 733/77 - entschieden habe. Hiernach werde die Erlaubnis zur Berufsausübung erst am Ende der Ausbildungszeit erteilt. Die Teilnahme an dem einjährigen Lehrgang sei neben dem Bestehen der Prüfung Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis.

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 47, 44 und 45 AFG und des § 4 der Anordnung der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung idF vom 3. Oktober 1979. Sie ist der Auffassung, maßgeblich für das Ende der Förderung sei im vorliegenden Fall allein das Bestehen der vorgesehenen Abschlußprüfung. Sie beruft sich insoweit auch auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 10. März 1981 und das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 13. November 1980 aufzuheben, die Klage abzuweisen und zu entscheiden, daß außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.

Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Gegenüber diesem Urteil seien auch die Gründe des Beschlusses des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. Januar 1983 nicht überzeugend. Gegenüber dem willkürlichen Termin der Prüfung sollte die vereinbarte Ausbildungszeit von einem Jahr Vorrang haben.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Förderungsleistungen über den 4. März 1980 hinaus.

Nach den Feststellungen des LSG war die Klägerin mit Beginn ihrer Ausbildung zur Krankenpflegehelferin Teilnehmerin an einer Maßnahme zur beruflichen Fortbildung oder Umschulung mit ganztägigem Unterricht, so daß ihr von da an Anspruch auf Uhg und Erstattung von Zuschußleistungen in dem bewilligten Umfange zustand (§§ 41, 44, 45, 47 AFG idF des Haushaltsstrukturgesetzes-AFG -HStruktG- AFG- vom 18. Dezember 1975 - BGBl I 3113 -). Dieser Anspruch erlosch mit Ablauf des 4. März 1980; denn durch die Ablegung der Abschlußprüfung an diesem Tage endete die Ausbildung der Klägerin zur Krankenpflegehelferin, mithin ihre Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Bildung iSd § 34 AFG idF des HStruktG-AFG. Ob es sich bei der Maßnahme um eine Fortbildung oder Umschulung handelte, kann hier dahingestellt bleiben. Die Rechtsfolgen sind für den Fall der Beendigung einer Maßnahme dieselben.

Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, daß der Zeitraum, für den der Teilnehmer an einer Maßnahme der beruflichen Fortbildung oder Umschulung Anspruch auf Förderungsleistungen haben kann, durch das Ende der vorgesehenen und tatsächlichen Unterrichtsveranstaltungen begrenzt wird, weil danach keine Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme iS des Förderungsanspruchs nach § 34 Abs 1 AFG mehr stattfindet (BSGE 41, 224, 227; Urteil vom 11. März 1976 - 7 RAr 67/74 -). Er hat diese Auffassung auch für die Ausbildungsgänge nach dem KrPflG bejaht, weil seiner Meinung nach die Regelungen in den §§ 9 Abs 1, 14f Abs 1 KrPflG über die grundsätzliche Dauer der Lehrgänge in der Krankenpflege (drei Jahre) und in der Krankenpflegehilfe (ein Jahr) keine Regelung einer Mindestdauer des individuellen Ausbildungsverhältnisses enthalten (BSG aaO). Diese Auffassung hat nunmehr der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in seinem Beschluß vom 27. Januar 1983 - GemS OGB 2/82 -, der den Beteiligten zur Kenntnis gegeben wurde, bestätigt. Nach diesem Beschluß endet das - wie hier - arbeitsrechtlich-betrieblich ausgestaltete Ausbildungsverhältnis einer Krankenpflegehelferin, die bereits vor Ablauf der nach § 14f KrPflG vorgesehenen einjährigen Lehrgangsdauer die Abschlußprüfung nach § 14h KrPflG erfolgreich bestanden hat, mit dem Zeitpunkt der Prüfung. Der Gemeinsame Senat hat diese Rechtsfolge aus der auch für den Bereich der Ausbildung nach dem KrPflG grundsätzlich anwendbaren Vorschrift des § 14 Abs 2 BBiG gefolgert; nach dieser Vorschrift endet das Berufsausbildungsverhältnis mit Bestehen der Abschlußprüfung, wenn der Auszubildende vor Ablauf der Ausbildungszeit die Abschlußprüfung besteht. Die vom erkennenden Senat (aaO) noch offen gelassene Frage, ob durch § 107 Abs 1 BBiG, der bestimmt, daß bundesgesetzliche Regelungen über die Berufsausbildung in Heil- und Heilhilfsberufen (vom BBiG) unberührt bleiben, die Anwendbarkeit des § 14 Abs 2 BBiG in der Krankenpflegeausbildung ausgeschlossen ist, hat der Gemeinsame Senat ausdrücklich verneint.

Er hat darüber hinaus entschieden, daß eine bereits vor Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit erfolgreich geprüfte Krankenschwester vom Prüfungszeitpunkt an Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung des Berufs unter der Bezeichnung Krankenschwester (§ 1 KrPflG) besitzt. Damit steht fest, daß diese Ausbildung unter jedem Gesichtspunkt des KrPflG im gleichen Zeitpunkt ihr Ende gefunden hat. Die entgegenstehende Rechtsprechung des 5. Senats des BAG (vgl BAG in AP Nr 2 zu § 14 BBiG), der an dem oa Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat beteiligt war, ist infolgedessen gegenstandslos geworden. Für die vorbehaltslose Weiterbeschäftigung einer Krankenschwester nach vorzeitiger Ablegung der Prüfung gilt § 17 BBiG, dh, mangels entgegenstehender Willensäußerung der Parteien des Ausbildungsverhältnisses ist zwischen ihnen kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis entstanden. Diese vom Gemeinsamen Senat aufgestellten Rechtssätze gelten sinngemäß auch für eine Ausbildung zur Krankenpflegehelferin. Diese Ausbildung unterscheidet sich von der einer Krankenschwester vor allem in der Dauer (s § 14f KrPflG) des Lehrgangs, den Zugangsvoraussetzungen (s § 14e KrPflG) und dem Unterrichtsstoff (s §§ 1-3 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Krankenschwestern, Krankenpfleger und Kinderkrankenschwestern und §§ 1 und 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Krankenpflegehelferinnen und Krankenpflegehelfer). Hinsichtlich der Frage, ob mit dem Bestehen der Prüfung das Ausbildungsverhältnis einer Krankenpflegehelferin beendet ist, ist jedoch die Sach- und Rechtslage mit der einer Krankenschwester identisch.

Damit liegt das Ende der beruflichen Bildungsmaßnahme nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Teilnehmerbegriffs, sondern auch als Folge der Beendigung des arbeitsrechtlich-betrieblich ausgestalteten Ausbildungsverhältnisses auf der Hand. Mithin endet zum gleichen Zeitpunkt der Anspruch auf Förderungsleistungen nach §§ 44, 45 AFG. Die Beklagte war infolgedessen berechtigt, die bestehende Bewilligung von Uhg und der Erstattung von Aufwendungen aufzuheben, soweit diese den Zeitraum nach dem 4. März 1980, dem Tage der Abschlußprüfung der Klägerin, betraf. Sie durfte sich dafür auf § 151 Abs 1 AFG aF berufen, wonach Entscheidungen, durch die Leistungen nach dem AFG bewilligt worden sind, insoweit aufgehoben werden, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht mehr vorliegen oder weggefallen sind. Der § 151 Abs 1 AFG ist in dieser Fassung im vorliegenden Falle anwendbar geblieben, da er durch das Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - vom 18. August 1980 (BGBl I 1469 -SGB 10-) erst mit Wirkung ab 1. Januar 1981 aufgehoben worden ist (BSG vom 16. Februar 1983 - 7 RAr 105/81 -); das Verwaltungsverfahren war hier aber bereits mit der Zustellung des Widerspruchsbescheides am 22. März 1980 beendet.

Hiernach sind die angefochtenen Bescheide nicht rechtswidrig. Die vorinstanzlichen Entscheidungen mußten daher aufgehoben werden und die Klage war abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1658990

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