Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamt-MdE. Anerkennung. weitere Schädigungsfolge
Orientierungssatz
Stellt das Gericht fest, daß ein Leiden weitere Schädigungsfolge ist, beläßt es jedoch die Gesamt-MdE in der zuvor festgesetzten Höhe, so muß es darlegen, worauf sich seine Ansicht stützt, daß die für das neue Leiden festgestellte MdE die Gesamt-MdE nicht erhöht hat.
Normenkette
SGG § 128
Verfahrensgang
Hessisches LSG (Entscheidung vom 03.02.1962) |
SG Wiesbaden (Entscheidung vom 26.07.1957) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 3. Februar 1960 insoweit aufgehoben, als es die Berufung des Klägers betrifft.
Die Sache wird zu neuer Entscheidung über die Berufung des Klägers an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Der Kläger, geboren am 29. Juli 1890, bezog seit 1. Februar 1947 Rente nach dem Körperbeschädigten-Leistungsgesetz (KBLG) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 70 v. H. wegen "gehäufter Anfälle von Asthma bronchiale, chronischer Polyarthritis mit Verlauf in Schüben, häufiger Beschwerden infolge chronischen Magen- und Darmkatarrhs, hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 Abs. 1 KBLG". Durch Bescheid vom 16. Mai 1951 (Umanerkennung), der ohne ärztliche Nachuntersuchung erging, wurde die Rente vom 1. Oktober 1950 an nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) mit derselben Leidensbezeichnung und nach demselben Grad der MdE weitergewährt. Am 15. Juni 1951 beantragte der Kläger die Neufeststellung der Versorgungsbezüge, weil er besonders nachts unter zunehmenden Asthmaanfällen leide. Der Beklagte ließ den Kläger am 19. Juni 1951 durch den Vertragsarzt Dr. van W untersuchen, lehnte den Antrag auf höhere Rente nach dem Ergebnis dieser Untersuchung ab und stellte mit Bescheid vom 23. Juli 1951 wegen "wesentlicher und nicht nur vorübergehender Besserung der anerkannten Schädigungsfolgen" die Schädigungsfolgen und die Rente neu fest; als Schädigungsfolgen wurden bezeichnet "geringe Muskelschwäche am rechten Arm nach Gelenkentzündung. Geringe Lungenerweiterung nach Asthma", hervorgerufen durch den Wehrdienst; die Rente wurde mit Wirkung vom 1. September 1951 an nach einer MdE um 40 v. H. gewährt; der Bescheid wurde auf § 62 BVG gestützt. Der Kläger legte Berufung (alten Rechts) beim Oberversicherungsamt W ein, die Berufung ging am 1. Januar 1954 als Klage auf das Sozialgericht (SG) Wiesbaden über; in diesem Verfahren erklärte der Beklagte, "die Rentenminderung" werde auf § 86 Abs. 3 BVG gestützt. Der Kläger übergab mehrere Bescheinigungen seiner behandelnden Ärzte, der Beklagte ein innerfachärztliches Gutachten der versorgungsärztlichen Untersuchungsstelle F (Zweigstelle Bad N), das auf Grund einer Untersuchung des Klägers am 20. Dezember 1952 erstattet worden war; auf Antrag des Klägers wurde nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Dr. A gehört, er erstattete sein Gutachten am 11. Dezember 1956 und bewertete die MdE für die von ihm ermittelten Schädigungsfolgen mit insgesamt 50 v. H. Das SG erließ am 26. Juli 1957 folgendes Urteil:
Unter Abänderung des Bescheides vom 23. Juli 1951 wird der Beklagte verurteilt, unter Anerkennung von Untersäuerung des Magensaftes bei chronischem Dünndarmkatarrh, Neigung zu Asthmaanfällen als Folge einer Bronchitis und schubweise ablaufende Infekt-Arthritis als Schädigungsfolge dem Kläger eine Rente von 70 v. H. bis 30. Juni 1953 und von 40 v. H. ab 1. Juli 1953 zu gewähren.
Es schloß sich in der Feststellung der Schädigungsfolgen dem Gutachten von Dr. A an, hielt die Bewertung der MdE mit insgesamt 50 v. H. jedoch für zu hoch; hinsichtlich des Zeitpunktes, von dem an die Rente zu bewilligen sei, verwies es auf § 62 (Abs. 2 Satz 1) BVG; der Beklagte habe § 86 Abs. 3 BVG zur Begründung nicht "nachschieben" dürfen. Der Kläger legte Berufung ein und beantragte, für die Zeit vom 1. Juli 1953 an Rente nach einer MdE um 50 v. H. zu gewähren; gegen die Feststellung der Schädigungsfolgen in dem Urteil des SG wandte er sich nicht. Der Beklagte legte Anschlußberufung ein und beantragte, das Urteil des SG aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 23. Juli 1951 abzuweisen. Im Berufungsverfahren wurde erneut Dr. A nach § 109 SGG gehört, er bewertete in dem Gutachten vom 25. Mai 1959 die MdE wegen aller Schädigungsfolgen wiederum mit 50 v. H. Das Landessozialgericht (LSG) erließ am 3. Februar 1962 folgendes Urteil:
1. Auf die Berufung des Klägers und die Anschlußberufung des Beklagten wird das Urteil des SG Wiesbaden vom 26. Juli 1957 aufgehoben.
2. Unter Abänderung des Bescheides vom 23. Juli 1951 werden als Schädigungsfolgen festgestellt:
a) Lungenemphysem mit Neigung zu Asthma bronchiale und Rückwirkungen auf das Herz,
b) schubweise ablaufende Infekt-Arthritis mit Funktionseinschränkung der rechten Hand,
c) Untersäuerung des Magensaftes bei chronischem Dünndarmkatarrh,
zu a) bis c) hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 BVG.
3. Im übrigen werden die Berufung und die Anschlußberufung zurückgewiesen.
4. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
5. Die dem Kläger durch das Gutachten des Dr. med. A W, vom 25. Mai 1959 entstandenen Kosten werden auf die Staatskasse übernommen.
Es führte aus, in Erweiterung des Urteils des SG seien die durch das Lungenemphysem mit Neigung zu Asthma bronchiale bedingten Rückwirkungen auf das Herz als weitere Schädigungsfolge festzustellen, die jetzt allerdings noch zu keiner eindeutigen Minderleistung geführt habe; weitere Schädigungsfolgen seien jedoch nicht festzustellen, die gesteigerten nächtlichen Asthmaanfälle seien nach dem zweiten Gutachten von Dr. A Folge einer Verengung der Herzkranzgefäße mit dadurch bedingter Minderdurchblutung des Herzens; Dr. A habe die MdE für das Lungenemphysem und die Neigung zu Asthma bronchiale mit Rückwirkungen auf das Herz im zweiten Gutachten mit einer MdE um 25 v. H. bewertet, dies sei zutreffend, weil die nächtlichen Anfälle im wesentlichen cardialer Natur seien; wie sich die Bewertung der MdE mit insgesamt 50 v. H. durch Dr. A zusammensetze, ergebe sich aber nicht aus dem zweiten Gutachten vom 25. Mai 1959, sondern aus dem ersten Gutachten vom 11. Dezember 1956, danach sei die MdE für die Infekt-Arthritis mit Funktionseinschränkung der rechten Hand und die Untersäuerung des Magensaftes bei chronischem Dünndarmkatarrh zutreffend mit je 10 v. H. zu bewerten; daraus ergebe sich eine Gesamt-MdE mit 40 v. H., eine einfache Addition (25 + 10 + 10 = 45 v. H. und damit - gemäß § 31 Abs. 2 BVG - eine MdE um 50 v. H.) sei nicht möglich; der Grad der MdE mit 40 v. H. bestehe seit 1. September 1951, der Beklagte habe den Bescheid vom 23. Juli 1951 nachträglich auf § 86 Abs. 3 BVG gestützt, dies sei rechtlich unzulässig gewesen. Das Urteil wurde dem Kläger am 27. Februar 1960 zugestellt.
Am 29. März 1960 stellte der Beklagte in einem "Ausführungsbescheid" die Schädigungsfolgen entsprechend dem Urteil des LSG fest; er gewährte bis 30. Juni 1953 "wie bisher" Rente nach einer MdE um 70 v. H., vom 1. Juli 1953 an "wie bisher" nach einer MdE um 40 v. H.
Am 23. März 1960 legte der Kläger Revision ein. Er beantragte,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Er führte in der Revisionsbegründung vom 12. April 1960 und in einem Schriftsatz vom 11. Oktober 1962 im wesentlichen aus, das LSG habe gegen die §§ 128, 106 SGG verstoßen, es habe Beweismittel, insbesondere die Äußerung des behandelnden Dr. E vom 8. Dezember 1959, übergangen und die Beweise, vor allem das Gutachten des Dr. A vom 25. Mai 1959, unrichtig gewürdigt bzw. etwaige Zweifel über die Bewertung der MdE durch Dr. A nicht hinreichend aufgeklärt, es habe Dr. A auch nicht zu den schweren Erschöpfungszuständen des Klägers gehört. Nach dem Gutachten von Dr. A handele es sich bei dem in dem Bescheid vom 21. September 1948 festgestellten Leistungsgrund "gehäufte Anfälle von Asthma bronchiale" um zwei verschiedene Ausstrahlungen des gleichen medizinischen Befundes, also des Lungenemphysems, nämlich einerseits um die Neigung zu Bronchitiden und andererseits um die Rückwirkung auf eine Minderung der Herzleistung, diese Auswirkungen seien untereinander durch die schweren nächtlichen Anfälle kausal und schicksalhaft verbunden, der Atemnotzustand sei nach Dr. A als eine durch eine plötzlich einsetzende Durchblutungsminderung der Herzgefäße bedingte Gesundheitsstörung (Asthma cardiale) aufzufassen, beide Gesundheitsstörungen könnten nach der Ansicht von Dr. A im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr getrennt werden; das LSG habe sie zutreffend mit der Bezeichnung "Lungenemphysem mit Neigung zu Asthma bronchiale und Rückwirkungen auf das Herz" zusammengefaßt. Die Bewertung der MdE mit 50 v. H. für den wehrdienstbedingten Anteil des Gesamtleidenszustandes ergebe sich entgegen der Meinung des LSG im einzelnen aus dem Gutachten vom 25. Mai 1959 wie auch aus dem Gutachten vom 11. Dezember 1956, diese Gutachten seien in sich nicht widerspruchsvoll, das LSG habe bei ihrer Würdigung gegen Denkgesetze verstoßen; bei Zweifeln über die Ansicht von Dr. A habe es Dr. A noch hören müssen. Da Dr. A aber nicht zu den Auswirkungen des schweren Erschöpfungszustandes nach den nächtlichen Anfällen gefragt worden sei und ihn auch nicht erwähnt habe, sei die Gesamt-MdE mit Sicherheit noch höher als 50 v. H., deshalb werde vorsorglich beantragt, die Sache an das LSG zurückzuverweisen und nach § 109 SGG noch Dr. E zu hören. Im übrigen habe der Beklagte auch aus rechtlichen Gründen die MdE, die noch in dem Bescheid vom 16. Mai 1951 (Umanerkennungsbescheid) mit 70 v. H. bewertet worden sei, mit dem Bescheid vom 23. Juli 1951 nicht auf 40 v. H. herabsetzen dürfen.
Der Kläger übergab noch Bescheinigungen des Dr. A vom 5. April 1960 und des Dr. E vom 1. September 1960.
Der Beklagte beantragte,
die Revision als unzulässig zu verwerfen.
II.
Die Revision ist statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG), der Kläger rügt zu Recht wesentliche Mängel des Verfahrens des LSG.
Das SG hat den Beklagten verurteilt, bei dem Kläger in Abänderung des Bescheides vom 23. Juli 1951, mit dem die Rente vom 1. September 1951 an auf 40 v. H. herabgesetzt worden ist, weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen und bis 30. Juni 1953 Rente nach einer MdE um 70 v. H. und von diesem Zeitpunkt an nach einer MdE um 40 v. H. zu gewähren. Das LSG hat nach dem Tenor des Urteils auf die Berufung und die Anschlußberufung das Urteil des SG aufgehoben. Es hat den Bescheid vom 23. Juli 1951 auf die Berufung des Klägers teilweise, nämlich hinsichtlich der Schädigungsfolgen, abgeändert; in den Gründen hat es ausgeführt, der Grad der MdE mit 40 v. H. bestehe bereits seit 1. September 1951, der angefochtene Bescheid sei - entgegen der Auffassung des SG - "auch nicht wegen der Bestimmung des § 62 Abs. 1 BVG zu beanstanden"; insoweit, nämlich hinsichtlich der Höhe der Rente vom 1. September 1951 an, hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Wenn es "im übrigen" die Anschlußberufung des Beklagten als unbegründet zurückgewiesen hat, so kann sich dies deshalb nur auf die Feststellung der Schädigungsfolgen im Urteil des SG beziehen, hinsichtlich der Herabsetzung der Rente vom 1. September 1951 an hat das LSG offensichtlich den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig und die Anschlußberufung für begründet gehalten. Der Kläger hat mit der Revision gegen die Feststellung der Schädigungsfolgen im Urteil des LSG Revisionsrügen nicht geltend gemacht. Diese Feststellung ist daher für das Bundessozialgericht (BSG) bindend (§ 163 SGG). Als Schädigungsfolgen hat das LSG neben der Infektarthritis mit Funktionseinschränkung der rechten Hand und dem Magen-Darmleiden "Lungenemphysem mit Neigung zu Asthma bronchiale und Rückwirkungen auf das Herz" festgestellt, es hat für den gesamten Leidenszustand die MdE vom 1. September 1951 an mit 40 v. H. bewertet. Für die Frage, ob die Revision statthaft ist, kommt es deshalb zunächst darauf an, ob die Revisionsrüge des Klägers zutrifft, das LSG habe für seine Bewertung der MdE keine ausreichenden Unterlagen gehabt. Diese Rüge greift durch. Das LSG hat seine Feststellung jedenfalls zu Unrecht auf die Gutachten von Dr. A gestützt. Dr. A hat zunächst als Schädigungsfolgen in beiden Gutachten einen chronischen Magen- und Darmkatarrh und eine Funktionseinschränkung der rechten Hand bei chronisch rezidivierender Polyarthritis rheumatica festgestellt; das LSG ist ihm hinsichtlich dieser Schädigungsfolgen gefolgt, es hat diese Schädigungsfolgen nur anders bezeichnet, es hat auch festgestellt, daß die MdE wegen dieser beiden Schädigungsfolgen je 10 v. H. betrage. In der Diagnose des Gutachtens vom 25. Mai 1959 sind als weitere Gesundheitsstörungen eine "Lungenblähung" (Emphysem) mit Neigung zu Katarrhen der oberen Luftwege und Asthma bronchiale" und ein "Asthma cardiale bei allgemeiner Aderverhärtung" aufgeführt; Dr. A hat insoweit ausgeführt, daß für die Lungenblähung und die Neigung zu wiederkehrenden Bronchitiden eine MdE um 25 v. H. angemessen erscheine; er hat außerdem dargelegt, daß auf Grund ärztlicher Beobachtung eines auch vom Kläger als typisch bezeichneten Atemnotzustandes in der Nacht vom 5./6. Mai 1959 im Verein mit dem klinischen Bild unter Auswertung des EKG und unter Berücksichtigung der Lungenblähung ein sogenanntes Asthma cardiale (Folgezustand durch Verengung der Herzkranzgefäße mit dadurch bedingter Minderdurchblutung des Herzens) anzunehmen sei, daß es sich also bei den nächtlichen Atemnotzuständen nicht, wie der Kläger meine, nur um ein typisches Asthma bronchiale handele. Dr. A hat in dem Gutachten vom 25. Mai 1959 weiter gesagt, daß diese beiden Gesundheitsstörungen im Rahmen der beim Kläger vorliegenden Krankheitsentwicklung so miteinander verflochten seien, daß eine Trennung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr möglich erscheine und daß die Beeinflussung der Herzschädigung - das Asthma cardiale - durch die Entwicklung der Lungenblähung und die Neigung zu Bronchitiden fraglos zu bejahen sei; er hat die prozentuale Abgrenzung gegenüber den "selbstverständlich schicksalmäßig bedingten Verschleißerscheinungen des Herzgefäßsystems", also des von ihm als nicht wehrdienstbedingt angesehenen Asthma cardiale, als schwierig bezeichnet und hat insoweit einen Anteil der wehrdienstbedingten MdE für die Atemnotanfälle mit 25 v. H. - neben der MdE infolge der Lungenblähung mit ebenfalls 25 v. H. - als angemessen angesehen; aus diesen Schädigungsfolgen, die rein rechnerisch eine MdE von 10 + 10 + 25 + 25 = 70 v. H. ergeben, hat Dr. A eine wehrdienstbedingte Gesamt-MdE von 50 v. H. gebildet. Das LSG hat nicht dargelegt, warum sich trotz dieser Angaben aus dem zweiten Gutachten von Dr. A nicht ergebe, wie sich die von Dr. A mit 50 v. H. bewertete MdE zusammensetze; es hat sich für seine Meinung, die Gesamt-MdE sei mit 40 v. H. zu bewerten, auch nicht auf das erste Gutachten von Dr. A vom 11. Dezember 1956 stützen können; in diesem ersten Gutachten ist die MdE für das Magen-Darmleiden und die Infekt-Arthritis ebenfalls mit 10 v. H. angenommen worden, für die Neigung zu Asthma-Anfällen als Folge der wehrdienstbedingten Bronchitis ist die MdE hier mit 40 v. H. und als Gesamt-MdE ist ebenfalls eine MdE um 50 v. H. angenommen worden. Wenn das LSG zwar die Schädigungsfolgen, soweit sie die Atemnotzustände mit umfassen, auf Grund des zweiten Gutachtens ausdrücklich dadurch erweitert hat, daß es die durch das anerkannte Lungenemphysem mit Neigung zu Asthma bronchiale bedingten "Rückwirkungen auf das Herz" als "weitere Schädigungsfolge" bezeichnet hat, so hat es - auch von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus - diese Rückwirkungen auf das Herz auch bei der Bewertung der MdE berücksichtigen müssen, es hat weder aus dem ersten Gutachten, das wegen des zu den Atemnotzuständen führenden Leidenskomplexes eine MdE um 40 v. H. angenommen hat, noch aus dem zweiten Gutachten, das den "Anteil" dieser "Rückwirkungen auf das Herz" - neben dem anlagebedingten "Anteil" des Asthma cardiale - mit 25 v. H. angenommen hat, entnehmen dürfen, daß insoweit eine wehrdienstbedingte MdE überhaupt nicht vorliege; es hat bei der Bewertung der MdE den gesamten Leidenszustand der zu den nächtlichen Atemnotzuständen führt, berücksichtigen müssen, zumal Dr. A Zweifel geäußert hat, wieweit eine Trennung zwischen den Folgen des Asthma bronchiale und des Asthma cardiale überhaupt möglich sei. Damit hat das LSG aber nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens gewürdigt, es hat die Grenzen seines Rechts, die Beweise frei zu würdigen, überschritten und gegen § 128 SGG verstoßen. Wenn es das zweite Gutachten von Dr. A nicht für schlüssig gehalten hat, so hat es Dr. A hierzu noch hören müssen, wenn es dies nicht getan hat, so hat es auch gegen die §§ 103, 106 SGG verstoßen. Wegen dieser Mängel des Verfahrens, die der Kläger gerügt hat, ist die Revision statthaft nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG, es kann dahingestellt bleiben, ob das LSG etwa noch weitere Beweise, wie insbesondere die Äußerungen der behandelnden Ärzte, vor allem des Dr. E, hat berücksichtigen müssen. Da die Revision statthaft und frist- und formgerecht eingelegt ist, ist sie sonach zulässig.
Die Revision ist auch begründet. Es ist möglich, daß das LSG, wenn es die Beweise erneut würdigt, jedenfalls hinsichtlich der Bewertung der MdE, zu einem anderen Ergebnis kommt. Das Urteil des LSG ist daher aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, er darf die Beweise nicht selbst würdigen. Die Sache ist deshalb zu neuer Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG). In sachlich-rechtlicher Hinsicht wird das LSG bei seiner Entscheidung zu prüfen haben, ob nicht auch die Bindungswirkung der Bescheide, die dem angefochtenen Bescheid vom 23. Juli 1951 vorausgegangen sind, einer Nichtberücksichtigung des Asthma cardiale - als eines möglicherweise nicht wehrdienstbedingten Leidens - entgegensteht. Nach § 85 BVG ist, soweit nach bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften über die Frage des ursächlichen Zusammenhanges einer Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang im Sinne des BVG entschieden worden ist, die Entscheidung auch nach dem BVG rechtsverbindlich. Da der Bescheid vom 16. Mai 1951 ohne ärztliche Nachuntersuchung ergangen ist, ist der Beklagte zwar nach dem damaligen § 86 Abs. 3 BVG nicht gehindert gewesen, innerhalb von vier Jahren nach Inkrafttreten des BVG auch ohne eine wesentliche Änderung der Verhältnisse die Rente wegen der anerkannten Schädigungsfolgen neu festzustellen, er darf aber nicht einen nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften anerkannten Leidenszustand in dem späteren Bescheid vom 23. Juli 1951 nur deshalb niedriger bewerten, weil er bei Erlaß des späteren Bescheides der Überzeugung gewesen ist, der anerkannte Leidenszustand sei schon in dem Umanerkennungsbescheid vom 16. Mai 1951 zu Unrecht in vollem Umfange als Schädigungsfolge angesehen worden, dieser Leidenszustand sei im vorliegenden Falle schon bei Erlaß des Umanerkennungsbescheides teilweise durch das nicht wehrdienstbedingte Asthma cardiale hervorgerufen worden. Soweit in dem Bescheid vom 21. September 1948 über diesen Leidenszustand entschieden worden ist, hat die Anerkennung einerseits auf den früheren Wehrmachtspapieren beruht, insbesondere auf den Äußerungen des Oberstabsarztes Prof. Dr. W vom 27. April 1944 und 27. Mai 1944, in denen "Atembeschwerden", "asthmatische Anfallbereitschaft" als Schädigungsfolgen bejaht sind, andererseits auf den ärztlichen Bescheinigungen des Dr. W von 1945/46, in denen "Bronchialasthma und Lungenerweiterung", "schweres Asthma bronchiale, das mit häufigen Anfällen einhergeht und Anzeichen von Lungenerweiterung hervorgerufen hat" und "eine starke Dauerbeeinträchtigung der Leistungsfähigkeit bedeutet", als Schädigungsfolgen bezeichnet sind. An diese ärztliche Beurteilung des Zusammenhangs dieses Leidenszustandes, die dem Bescheid vom 21. September 1948 zugrunde liegt, ist der Beklagte auch dann gebunden gewesen, wenn die Leidensbezeichnung ohne ärztliche Nachuntersuchung in den Umanerkennungsbescheid vom 16. Mai 1951 übernommen worden ist. Der Beklagte darf zwar Schädigungsfolgen, die beim Erlaß des Umanerkennungsbescheides nicht mehr vorgelegen haben, in diesem Bescheid "weglassen" (vgl. BSG, SozR Nr. 5 zu § 86 BVG), er darf auch den Grad der MdE nach § 86 Abs. 3 BVG niedriger festsetzen, wenn er davon überzeugt ist, daß die Rente, die ohne ärztliche Nachuntersuchung aus einem früheren Bescheid übernommen worden ist, wegen dieses Leidenszustandes nach dem BVG niedriger zu bemessen ist, er darf aber nicht die Rente wegen des bisherigen Leidenszustandes nur deshalb niedriger festsetzen, weil - obwohl eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht festgestellt worden ist - nunmehr nach der Überzeugung des Beklagten ein Teil des Leidenszustandes als nicht wehrdienstbedingt anzusehen ist, nämlich als Ausfluß eines Asthma cardiale. Die Rechtsverbindlichkeit dieser früheren Entscheidungen über den ursächlichen Zusammenhang darf der Beklagte nur beseitigen, wenn "die Voraussetzungen der Bescheiderteilung sich als unzutreffend erweisen" (§ 30 Abs. 4 KBLG), also durch einen sogenannten "Berichtigungsbescheid", d. h. durch die Rücknahme des Bescheides vom 16. Mai 1951. Einen Bescheid nach Art. 30 Abs. 4 KBLG hat der Beklagte aber nicht erlassen. Eine Bindungswirkung der früheren Bescheide besteht jedoch insoweit nicht, als sich medizinisch feststellen läßt, dass das Asthma cardiale sich erst nach dem Erlaß der früheren Bescheide und unabhängig von dem "anerkannten" Leidenszustand etwa rein altersbedingt entwickelt hat.
Mit der Aufhebung des Urteils des LSG wird auch der Ausführungsbescheid des Beklagten vom 29. März 1960 hinfällig, in dem der Beklagte, offensichtlich in unrichtiger Auslegung des Urteils des LSG, dem Kläger bis 30. Juni 1953 Rente nach einer MdE um 70 v. H. bewilligt hat.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil des LSG vorbehalten.
Fundstellen