Orientierungssatz

Die Abfindung des Witwenrentenanspruchs ist nur bei der ersten Wiederheirat zu gewähren.

 

Normenkette

RVO § 1302 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23

 

Verfahrensgang

LSG Bremen (Urteil vom 17.12.1973; Aktenzeichen L 1 J 25/73)

SG Bremen (Entscheidung vom 08.05.1973; Aktenzeichen SJ 193/72)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 17. Dezember 1973 und das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 8. Mai 1973 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin nach Eingehung ihrer dritten Ehe gemäß § 1302 der Reichsversicherungsordnung (RVO) einen Anspruch auf Abfindung der wiederaufgelebten Witwenrente aus der Versicherung ihres ersten Ehemannes hat.

Die Klägerin bezog von der Beklagten nach rechtskräftiger Scheidung ihrer zweiten Ehe die wiederaufgelebte Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen ersten Ehemannes. Nachdem die Klägerin am 20. Januar 1972 eine dritte Ehe eingegangen war, stellte die Beklagte die Zahlung der wiederaufgelebten Witwenrente ein und lehnte mit Bescheid vom 16. März 1972 die beantragte Gewährung der Abfindung ab.

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte am 8. Mai 1973 unter Aufhebung ihres Bescheides vom 16. März 1972 verurteilt, der Klägerin eine Abfindung aus der Witwenrente aus der Versicherung ihres ersten Ehemannes zu gewähren. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 17. Dezember 1973 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dieses Urteil mit der - vom LSG zugelassenen - Revision angefochten. Mit Beschluß vom 18. Dezember 1975 hat der seinerzeit zuständige 12. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) dem Großen Senat des BSG folgende Fragen vorgelegt:

1.

Ist einer Witwe die Abfindung des Rentenanspruchs (§ 1302 Abs. 1 RVO) nur bei der ersten Wiederheirat oder auch bei jeder folgenden Eheschließung zu gewähren?

2.

Lebt eine Witwenrente nur bei Auflösung der zweiten Ehe oder auch bei Auflösung der dritten und jeder weiteren Ehe wieder auf (§ 1291 Abs. 2 RVO)?

Nachdem der Rechtsstreit durch Änderung des Geschäftsverteilungsplanes auf den 5. Senat des BSG übergegangen war, hat der Große Senat des BSG am 21. Juli 1977 beschlossen: "Einer Witwe ist die Abfindung des Rentenanspruchs (§ 1302 Abs. 1 RVO, § 81 Abs. 1 AVG, § 83 RKG, § 615 Abs. 1 RVO, § 44 Abs. 1 BVG) nur bei der ersten Wiederheirat zu gewähren". Auf die Gründe dieses Beschlusses wird verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil und das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 8. Mai 1973 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Beklagten hat Erfolg. Das LSG hat durch die Zurückweisung der Berufung der Beklagten zu Unrecht das der Klage stattgebende Urteil des SG bestätigt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Abfindung der wiederaufgelebten Witwenrente aus der Versicherung ihres ersten Ehemannes.

Nach dem Beschluß des Großen Senats vom 21. Juli 1977, an den der erkennende Senat gemäß § 44 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der vorliegenden Sache gebunden ist, besteht ein Anspruch auf Abfindung des Rentenanspruchs nach § 1302 Abs. 1 RVO nur bei der ersten Wiederheirat. Die wiederaufgelebte Witwenrente nach Auflösung der zweiten Ehe kann danach bei Eingehung der dritten Ehe nicht abgefunden werden. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob aus Anlaß der zweiten Eheschließung eine Abfindung der Witwenrente aus der Versicherung des ersten Ehemannes gezahlt worden ist oder nicht.

Der Senat hat auf die danach begründete Revision der Beklagten die vorinstanzlichen Urteile aufgehoben und die unbegründete Klage abgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1651845

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