Leitsatz (amtlich)
1. Die römisch-katholische Kirche in der Bundesrepublik Deutschland ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts iS von RVO § 539 Abs 1 Nr 13.
2. Ein Ministrant übt eine ehrenamtliche Tätigkeit iS des RVO § 539 Abs 1 Nr 13 aus.
3. Leistet die Krankenkasse Familienkrankenpflege wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls, so hat sie in entsprechender Anwendung von RVO § 1510 Abs 2 einen Ersatzanspruch gegen die Berufsgenossenschaft.
4. Bei Krankenhausbehandlung ist der Ersatzanspruch nicht auf Pauschbeträge beschränkt.
5. Hat eine Krankenkasse wegen eines tödlichen Unfalls Familiensterbegeld in Ungewißheit darüber, ob es nach RVO § 205b um den Betrag eines zu erwartenden Sterbegeldes aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu kürzen war, voll gewährt, so kann sie, auch wenn die Kürzung zu Unrecht unterblieben sein sollte, von dem Träger der Unfallversicherung nicht Ersatz des zuviel gezahlten Familiensterbegeldes verlangen (Anschluß an BSG 1971-09-28 7 RU 73/70 = SozR Nr 4 zu RVO § 205b).
Normenkette
RVO § 205 Abs. 1 S. 1, § 205b Fassung: 1956-06-12, § 539 Abs. 1 Nr. 13 Fassung: 1963-04-30, § 1504 Abs. 1 Fassung: 1963-04-30, § 1510 Abs. 2 Fassung: 1963-04-30
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Dezember 1972 geändert. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25. Februar 1970 wird geändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 6.433,78 DM zu zahlen. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der am 1. April 1954 geborene Schüler Konrad Z (Z.) ministrierte am 13. Februar 1966 bei dem sonntäglichen Pfarrgottesdienst in der Katholischen Pfarrkirche S. Auf dem Heimweg nach L wurde er auf der Straße S angefahren und schwer verletzt. Am 5. November 1966 starb er, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben.
Die Klägerin forderte die Beklagte zuletzt am 20. März 1967 auf, ihr die durch den Unfall des Konrad Z. entstandenen Kosten in Höhe von 6.658,78 DM zu ersetzen. Konrad Z. habe auf dem Heimweg von der Pfarrkirche gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 13 und § 550 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) unter Versicherungsschutz gestanden.
Die Beklagte lehnte die Ersatzansprüche der Klägerin mit der Begründung ab, Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO könnten nur solche Personen haben, die in den satzungs- oder verfassungsmäßigen Organen der öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen tätig würden. Amt und Tätigkeit des Ministranten ergäben sich nicht aus der Verfassung, sondern aus den kirchenrechtlichen Vorschriften über die Gestaltung des Gottesdienstes. Solche reinen Kulthandlungen seien keine versicherten Arbeitstätigkeiten.
Die Klägerin hat am 6. Juni 1967 Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat durch Urteil vom 25. Februar 1970 die Beklagte verurteilt, der Klägerin den Betrag von 6.658,78 DM zu ersetzen. Es hat zur Begründung ausgeführt: Die Tätigkeit als Ministrant sei eine ehrenamtliche Tätigkeit im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO. Hierbei handele es sich nicht um eine Tätigkeit, die lediglich einem subjektiven religiösen Anliegen des sich Betätigenden entspringe, sondern im Dienst der Kirche der jeweiligen Allgemeinheit der Kirchenmitglieder bei den kirchlichen Veranstaltungen geschehe.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die von der Beklagten eingelegte Berufung durch Urteil vom 13. Dezember 1972 (Breith. 1973, 361) zurückgewiesen und in den Entscheidungsgründen u. a. ausgeführt: Die Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin die ihr durch den Unfall des Konrad Z. entstandenen Kosten zu ersetzen. Konrad Z. sei bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO verunglückt. Die katholische Kirche in der Bundesrepublik Deutschland sei eine öffentlich-rechtliche Körperschaft im Sinne dieser Vorschrift. Ein Ministrant übe für diese Körperschaft des öffentlichen Rechts eine ehrenamtliche Tätigkeit aus. Ein wesentlicher Anhaltspunkt hierfür ergebe sich auch daraus, daß die Tätigkeit des Ministranten auch als die Ausübung eines kirchlichen Amtes gewertet werde, wie auch dem von Prof. Dr. Dr. M erstatteten Gutachten zu entnehmen sei. Da Konrad Z. sonach zu dem Kreis der nach § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO gegen Arbeitsunfälle versicherten Personen gehört habe, könne die Frage, ob für ihn Versicherungsschutz auch nach § 539 Abs. 2 RVO bestanden habe, dahingestellt bleiben.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt. Sie führt aus: Selbst wenn man davon ausgehe, daß der Ministrant ein Ehrenamt ausübe, so bleibe noch fraglich, ob der Ministrant bei jeder Ministrantentätigkeit geschützt sei.
Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung erstrecke sich grundsätzlich nur auf Arbeitstätigkeiten, nicht aber auf rein ideelle Dinge. Auch der Ministrant der katholischen Kirche würde derartige weltliche, nicht kultbezogene und nicht religionsbezogene Tätigkeiten ausführen, z. B. wenn er Heiligenfiguren säubere oder Meßgewänder und Meßgeräte reinige, in Ordnung bringe oder verwahre. Dagegen seien bei reinen Kulthandlungen, beim Ministrieren, beim Meßopfer oder bei sakralen Akten die Ministranten nicht versichert. Das sei keine Arbeitstätigkeit mehr, welche die gesetzliche Unfallversicherung schützen wolle. Der Ministrant, der beim Meßopfer assistiere, arbeite nicht, sondern er bete, er führe keine profanen Handgriffe aus, sondern vollziehe kultische Ritualen. Es handele sich nicht um Arbeit im weltlichen Sinne, sondern um Gottesdienst. Selbst wenn der Ministrant Z. am Tag des Unfalles auch Meßgeräte gereinigt und verwahrt haben sollte, könne diese Tätigkeit nicht den Ausschlag gegenüber den sakralen Handlungen gegeben haben.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Dezember 1972 und des Sozialgerichts Landshut vom 25. Februar 1970 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Konrad Z. habe als Ministrant eine ehrenamtliche Tätigkeit für eine Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO ausgeübt und sei bei dieser verunglückt. Im Rahmen dieser Vorschrift sei nicht zwischen weltlichen und sakralen Handlungen zu unterscheiden.
II.
Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Die zulässige Revision ist nur zum Teil begründet.
Das LSG hat als Rechtsgrundlage des Ersatzanspruches der Klägerin die "§§ 1504, 1510" angesehen. Beide Vorschriften regeln jedoch unterschiedliche Tatbestände und sind deshalb jedenfalls nicht kumulativ anwendbar.
§ 1504 RVO bezieht sich schon seinem Wortlaut nach nur auf den Ersatz der Kosten, die einer Krankenkasse durch die Leistung an den Verletzten entstanden sind, der bei einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung "versichert" ist. Konrad Z. war jedoch nicht selbst bei einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Die Klägerin mußte für ihn Leistungen vielmehr aufgrund der Versicherung seines Vaters als Familienkrankenpflege, Familienkrankenhauspflege und Familiensterbegeld erbringen.
§ 1504 RVO ist jedoch auch nach Sinn und Zweck hier nicht anwendbar (so schon RVA AN 1937, 231). Diese Vorschrift dient dem Ausgleich für die Vorleistungspflicht der Krankenkasse in Versicherungsfällen, die zwar auch ihre Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten begründen, aber dem Risikobereich der Unfallversicherung zuzurechnen sind (BSG 34, 85, 86; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung. 1. - 8. Aufl., S. 964 q ff; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., § 1504 Anm. 2). § 1504 RVO geht davon aus, daß sowohl die Krankenkasse als auch der Träger der Unfallversicherung an sich leistungspflichtig sind, die Leistungspflicht der Unfallversicherung lediglich wegen der Vorleistungspflicht der Krankenkasse zunächst entfällt (s. § 565 Abs. 1 RVO). Die Beschränkung der Ersatzpflicht auf die Kosten nach Ablauf des 18. Tages sowie vor allem der Ausschluß der Ersatzpflicht für die Kosten der Krankenpflege beruhen wesentlich auch darauf (s. Brackmann aaO S. 964 r), daß bei einem Arbeitsunfall grundsätzlich die Leistungspflicht sowohl des Trägers der Krankenversicherung als auch des Unfallversicherungsträgers besteht. Ein Anspruch auf Familienkrankenpflege und Familienkrankenhauspflege besteht jedoch u. a. nur, wenn die unterhaltsberechtigten Kinder nicht anderweit einen Anspruch auf Krankenpflege haben. Ein anderweitiger Anspruch auf Krankenpflege besteht jedoch bei einem Kind eines bei einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten, wenn die Krankenpflege aufgrund eines Arbeitsunfalles im Sinne der §§ 548 ff RVO zu gewähren ist (Brackmann aaO S. 408 f; s. auch RVA EuM 44, 55, 56 und 162, 163).
§ 1510 RVO ist ebenfalls nicht unmittelbar als Grundlage für den Ersatzanspruch der Klägerin anzusehen. Die Klägerin hat die Familienkrankenpflege und -krankenhauspflege sowie das -sterbegeld als Eigenleistung aus der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht. § 1510 Abs. 1 RVO setzt jedoch grundsätzlich voraus, daß die Krankenkasse die dem Träger der Unfallversicherung obliegenden Leistungen an den Verletzten und an seine Angehörigen zu gewähren hat. Es handelt sich dann somit um eine Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. Brackmann aaO S. 964 g). Bereits das Reichsversicherungsamt (RVA) hat jedoch in ständiger Rechtsprechung (s. RVA AN aaO, EuM aaO) ein auftragsähnliches Verhältnis zwischen der Krankenkasse und dem Träger der Unfallversicherung angenommen, wenn die Krankenkasse im Rahmen der Familienkrankenpflege die Leistungen aus Anlaß eines Arbeitsunfalles erbringt (ebenso u. a. Sabel, WzS 1953, 270, 272; Rechtsauskunft WzS 1960, 343 und BKK 1961, Sp. 142; s. auch die weiteren Nachweise bei Brackmann aaO S. 964 i). Der Ersatzanspruch der Krankenkasse gründet sich in diesen Fällen auf eine entsprechende Anwendung des § 1510 Abs. 2 RVO. Das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz (UVNG) hat insoweit keine Änderung gebracht (vgl. Brackmann aaO). Die Spitzenverbände der Krankenversicherung und der Unfallversicherung haben dies schon in ihrer Besprechung am 19. Dezember 1963 (s. Rdschr. des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften VB 19/64 vom 22. Januar 1964) durch die Festsetzung eines neuen Pauschbetrages für den Ersatz für die ambulante Behandlung bekräftigt. Zum 1. Januar 1972 und 1. Januar 1973 haben sie durch eine Vereinbarung den Pauschbetrag erhöht (vgl. Lauterbach aaO, § 1504 Anm. 10 Buchst. c, WzS 1973, 153).
Hinsichtlich des Familiensterbegeldes hat der 7. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Urteil vom 28. September 1971 (SozR Nr. 4 zu § 205 b RVO) ausdrücklich einen speziellen oder generellen Auftrag für die Auszahlung des Sterbegeldes verneint. Der 7. Senat des BSG hat jedoch nicht erörtert, inwieweit auch für die Zahlung von Familiensterbegeld ein auftragsähnliches Verhältnis entsprechend der Gewährung von Familienkrankenpflege bei Arbeitsunfällen vorliegen könnte. Auch der erkennende Senat kann diese Frage offenlassen, denn selbst wenn insoweit ein auftragsähnliches Verhältnis angenommen oder von einem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruch ausgegangen (s. BSG aaO) werden könnte, ist die Klage auf Ersatz des Familiensterbegeldes aus den unten noch darzulegenden Gründen nicht begründet.
Sowohl der Ersatzanspruch hinsichtlich der Familienkrankenpflege und der -krankenhauspflege aufgrund einer entsprechenden Anwendung der Grundsätze des § 1510 Abs. 2 RVO als auch der Anspruch auf Ersatz des Familiensterbegeldes nach diesen Grundsätzen oder aufgrund eines allgemein öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruches setzen jedoch zunächst voraus, daß die Klägerin diese Leistungen erbracht hat, obgleich sie nicht dazu verpflichtet war, weil der Vater des Konrad Z. im Hinblick auf Entschädigungsansprüche seines Sohnes gegenüber dem Unfallversicherungsträger keinen Anspruch auf Familienkrankenpflege, Familienkrankenhauspflege und Familiensterbegeld hatte.
Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß durch die Tätigkeit als Ministrant ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO zwischen Konrad Z. und der katholischen Kirchengemeinde nicht begründet wurde. Es bestand weder eine persönliche noch eine wirtschaftliche Abhängigkeit. Konrad Z. übte die Tätigkeit als Ministrant vielmehr aufgrund seiner Mitgliedschaft in der katholischen Kirche aus. Deshalb war er auch nicht wie ein nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO Beschäftigter im Sinne des Abs. 2 dieser Vorschrift tätig.
Das LSG hat mit Recht einen Versicherungsschutz des Konrad Z. nach § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO angenommen (ebenso Lauterbach aaO § 539 Anm. 80). Nach dieser Vorschrift sind gegen Arbeitsunfälle u. a. versichert, die für den Bund, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband oder eine andere Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ehrenamtlich Tätigen, wenn ihnen nicht durch Gesetz eine laufende Entschädigung zur Sicherstellung ihres Lebensunterhaltes gewährt wird.
Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil vom 27. April 1972 (BSG 34, 163, 164) entschieden, daß die evangelisch-lutherische Kirche Bayerns und ihre Kirchengemeinden Körperschaften des öffentlichen Rechts im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO sind. Dies gilt auch für die katholische Kirche und ihre Kirchengemeinden. Sie sind ebenfalls gemäß Art. 140 des Grundgesetzes (GG) i. V. m. Art. 138 Abs. 5 Satz 1 der Weimarer Verfassung Körperschaften des öffentlichen Rechts. Auch die weiteren vom erkennenden Senat in seinem Urteil vom 27. April 1972 hierfür angeführten Gründe, auf die im einzelnen Bezug genommen wird (vgl. auch v. Campenhausen, Staatskirchenrecht, 1973, S. 93 ff), daß die evangelisch-lutherische Kirche Bayerns und ihre Kirchengemeinden Körperschaften des öffentlichen Rechts im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO sind, gelten in gleichem Maße für die katholische Kirche und ihre Kirchengemeinden.
Das LSG und das SG haben auch zutreffend entschieden, daß Konrad Z. eine ehrenamtliche Tätigkeit im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO ausgeübt hat. Wie der Senat in seinem Urteil vom 27. April 1972 (aaO S. 165) ausgeführt hat, ist der ehrenamtlichen Tätigkeit nicht nur die Ehre, sondern auch das "Amt" eigen. Ein ehrenamtlich Tätiger nimmt ein Amt ehrenhalber wahr (Brackmann aaO S. 474 k). Der Senat hat in seinem Urteil vom 27. April 1972 (aaO S. 165/166) auch betont, daß er mit der Prüfung der Merkmale einer ehrenamtlichen Tätigkeit nicht in die Ämterhoheit der Kirche eingreift. Ebenso wie die Kirche nur selbst verbindlich zum Ausdruck bringen kann, wie sie ihren geistlichen Auftrag versteht (s. BSG 16, 289, 281), kann auch die RVO sie nicht in der Ausgestaltung ihrer Ämter beschränken. Davon zu trennen ist jedoch die hier wesentliche weitere Frage, ob kirchliche Ämter nach ihrem Inhalt oder ihrer Ausgestaltung durch die Kirche bestimmten Tatbestandsmerkmalen der RVO entsprechen; dies beantwortet sich durch Auslegung der maßgebenden Vorschriften dieses Gesetzes. Die Bewertung einer Tätigkeit durch die Kirchenordnung als Ausübung eines "Amtes" kann allerdings auch für die Auslegung des § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO ein wesentlicher Anhaltspunkt sein.
Der Senat hat in seinem Urteil vom 27. April 1972 (aaO) nicht abschließend zu den einzelnen Begriffsmerkmalen der ehrenamtlichen Tätigkeit im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO Stellung zu nehmen brauchen. Auch im vorliegenden Fall bedarf es keiner abschließenden Klärung der Begriffsbestimmung. Das Schrifttum zum allgemeinen Verwaltungsrecht nimmt, wie der Senat in seinem Urteil vom 27. April 1972 (aaO S. 167) näher dargelegt hat, zum Begriff des Amtes zum Teil etwas näher Stellung. Nach Wolff (Verwaltungsrecht II, 3. Aufl., 1970, § 73 I a, S. 26) bedeutet "Amt" den verantwortlich wahrzunehmenden Pflichtenbereich eines Menschen, der ihm für andere obliegt, und zwar sowohl gegenüber dem eigentlichen Träger der betreffenden Rechte und Pflichten (Innenverhältnis) als auch gegenüber dem von der Pflichtausübung Betroffenen (Außenverhältnis) als auch gegenüber der Allgemeinheit. Merk (Deutsches Verwaltungsrecht, 1. Bd. 1962, § 20, S. 423) sieht als Amt einen durch das öffentliche Recht bestimmten Kreis staatlicher Geschäfte an; es würden nur die Personen wechseln, denen das Amt zur Verwaltung übertragen werde, während der Kreis der Geschäfte derselbe bleibe oder bleiben könne. Nach Mang/Maunz/Mayer/Obermayer (Staats- und Verwaltungsrecht in Bayern, 1962, S. 44) versteht man in aller Regel unter dem Begriff "öffentliches Amt" nicht nur das hauptamtliche öffentliche Amt, sondern auch das öffentliche Ehrenamt; entscheidend für das öffentliche Amt sei die Abgrenzung eines Kreises von Geschäften, deren Besorgung durch den Amtsträger nicht ihm persönlich, sondern dem Rechtssubjekt zugerechnet werde, dessen Geschäfte er innerhalb jenes Kreises wahrnehme. Die Wahrnehmung eines öffentlichen Ehrenamtes geht schon begrifflich von einem öffentlichen Amt, einem bestimmt umgrenzten, institutionell geordneten Wirkungskreis im Bereich öffentlicher Gewalt aus (Korte, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd. 3, 1961, S. 27). Zwar zeigt sich auch hier, daß die Begriffsbestimmungen zum allgemeinen Verwaltungsrecht in erster Linie auf andere öffentlich-rechtliche Körperschaften als die Kirchen hinsichtlich dieser allenfalls auf die ehrenamtliche Tätigkeit in der Kirchenverwaltung abgestellt sind. Sie lassen jedoch erkennen, daß dem Amt das Besorgen eines bestimmten "Kreises von Geschäften" (Mang/Maunz/Mayer/Obermayer aaO; Merk aaO), eines "geordneten Wirkungskreises" (Korte aaO), "festbemessenen Teils" von "Funktionen" bzw. eines "zugewiesenen Wirkungskreises" (Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. 1, Allgem. Teil, 10. Aufl., 1973, S. 442) oder eines "verantwortlich wahrzunehmenden Pflichtenbereiches" für die Körperschaft eigen ist (Wolff aaO; s. auch Brackmann WzS 1965, 33, 35). Alle diese für ein Amt aufgezeigten verschiedenen Begriffsmerkmale treffen im wesentlichen auf die Tätigkeit eines Ministranten zu. Er hat vor allem im Rahmen der Meßfeier, aber auch bei anderen kirchlichen Veranstaltungen (z. B. Andachten, Beerdigungen), einen durch kirchliche Regelungen bestimmten - umgrenzten, geordneten - "Wirkungskreis", muß einen bestimmten "Kreis von Geschäften" besorgen. Dem Ministranten obliegt auch ein Pflichtenbereich, der ihm - wie Wolff (aaO) für die Ausübung eines Amtes voraussetzt - für andere obliegt, und zwar sowohl gegenüber dem eigentlichen Träger der betreffenden Rechte und Pflichten als auch gegenüber dem von der Pflichtausübung Betroffenen. Der Pflichtenbereich braucht bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit für eine Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts ebenso wie z. B. bei einem Sozialversicherungsträger nicht auch gegenüber der Allgemeinheit außerhalb dieser Körperschaft bestehen. In diesen und ähnlichen Körperschaften und Anstalten sowie in Stiftungen des öffentlichen Rechts erstrecken sich weite Bereiche der ehrenamtlichen Tätigkeit nur auf Pflichten gegenüber deren Mitgliedern (s. Mang/Maunz/Mayer/Obermayer aaO). Auch nach dem kirchenrechtlichen Schrifttum ist die Tätigkeit eines Meßdieners als Ausübung eines Kirchenamtes zu werten (s. u. a. Mörsdorf, Lehrbuch des Kirchenrechts, Bd. 2, 11. Aufl., 1967, S. 325; Holböck, Handbuch des Kirchenrechts, 1951, Bd. 1, S. 254, Bd. 2, S. 768; s. auch die Ausführungen von Prof. Dr. Dr. M in seinem vom LSG eingeholten Gutachten vom 23. Oktober 1972). Dem widerspräche es nicht, wie die Beklagte in dem Schriftsatz vom 20. November 1972 meint, wenn in der nach Auffassung der Beklagten richtigen Übersetzung des Art. 29 der Liturgie-Konstitution die Tätigkeit der "Ministranten, Lektoren, Kommentatoren und Mitglieder der Kirchenchöre" als Dienst und Aufgabe bezeichnet und nicht, wie Prof. Dr. Dr. M in seinem Gutachten auf Seite 5 ausgeführt hat, als "Amt" gekennzeichnet ist.
Das Amt des Ministranten wird auch als Ehrenamt ausgeübt. Dem steht nicht entgegen, daß für das Ministrieren zum Teil ein geringer Geldbetrag gezahlt wird (nach dem Gutachten von Prof. Dr. Dr. M - Seite 7 - für die Diözese P 0,40 bis 1,00 DM für alle beteiligten Ministranten zusammen, die das Geld regelmäßig in eine gemeinsame Ministrantenkasse abführen). Zwar ist die Unentgeltlichkeit der ehrenamtlichen Tätigkeit eigen (Brackmann aaO S. 474 l). Eine Aufwandsentschädigung widerspricht ihr jedoch nicht (Brackmann aaO). Ein Versicherungsschutz für ehrenamtliche Tätigkeit setzt nach § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO nur voraus, daß dem ehrenamtlich Tätigen nicht durch Gesetz eine laufende Entschädigung zur Sicherstellung des Lebensunterhalts gewährt wird.
Entgegen der Auffassung der Beklagten üben nicht nur die ehrenamtlich im Bereich der Verwaltungsorgane und der Kirchenverwaltung Tätigen ein Ehrenamt im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO bei einer Kirche aus. Zwar mag diese Vorschrift im wesentlichen ehrenamtlich Tätige im Bereich der Selbstverwaltungsorgane der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts erfassen. Weder dem Gesetzeswortlaut noch der Entstehungsgeschichte des § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO sind jedoch ausreichende Anhaltspunkte für eine Beschränkung des Versicherungsschutzes auf diese Personen zu entnehmen. Ebenso sind nicht, wie die Revision meint, ehrenamtlich Tätige für die katholische Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts von dem Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift ausgeschlossen, wenn ihrem Ehrenamt die Mitwirkung an Kulthandlungen eigen ist. Die ehrenamtliche Tätigkeit im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO braucht nicht die Voraussetzungen einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit zu erfüllen. Es würde Sinn und Zweck dieser Vorschrift widersprechen, die ehrenamtlich tätigen Personen deshalb von dem Versicherungsschutz auszuschließen, weil sie zwar ein dem Wesen der Körperschaft des öffentlichen Rechts entsprechendes Ehrenamt ausüben, ihre Tätigkeit aber ihrer Art nach so auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts bezogen ist, daß sie nicht von Personen verrichtet werden kann, die - wie es für den Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 2 RVO erforderlich ist - in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen. Der Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO wäre sonst gerade bei den Personen häufig ausgeschlossen, für die der Versicherungsschutz durch diese Vorschrift geschaffen wurde.
Der Unfall des Konrad Z. stand auch im ursächlichen Zusammenhang mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO (s. § 550 Satz 1 RVO).
Der Ersatzanspruch der Klägerin ist jedoch entgegen der Ansicht des LSG nur zum Teil, wenn auch überwiegend begründet.
Nach den Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren und auf die das LSG verweist, sind der Höhe nach unstreitig der Klägerin für die Familienkrankenpflege und -krankenhauspflege des Konrad Z. 6.433,78 DM Kosten entstanden, und zwar für Erste Hilfe 2,50 DM, für den Krankentransport 409,58 und für die Krankenhausbehandlung 6.021,70 DM.
Insoweit ist der Ersatzanspruch begründet.
Die Kosten der ambulanten Familienkrankenpflege zählen zu den nach den Grundsätzen des § 1510 Abs. 2 RVO ersetzenden Kosten. Das RVA hat allerdings einen Ersatz für die Kosten einer ambulanten Familienkrankenpflege nur im Rahmen der Pauschbeträge der §§ 18, 19 der Bestimmungen des RVA über die Unterstützungspflicht der Krankenkassen und Unternehmer gegenüber dem Träger der Unfallversicherung und über Ersatzleistungen zwischen Krankenkassen, Ersatzkassen und Trägern der Unfallversicherung (§§ 1504 bis 1510 RVO) sowie in Fällen des § 1543 RVO vom 19. Juni 1936 (AN S. 195) für berechtigt erklärt (RVA EuM 44, 55, 57; Sabel WzS 53, 270, 272; Rechtsauskunft in WzS 1960, 343 und BKK 1961, Sp. 142; s. aber auch RVA EuM 44, 162). Es kann dahinstehen, ob § 18 der Bestimmungen des RVA nur noch für Arbeitsunfälle vor dem 1. Juli 1963 gilt (s. Brackmann aaO S. 964 k; Bossmann, Die Beziehungen zwischen Krankenversicherung und Unfallversicherung, 1964, S. 109) und die Spitzenverbände der Träger der Krankenversicherung und der Unfallversicherung noch rechtswirksam weiterhin eine Pauschalierung verabreden durften (s. Brackmann aaO; Bosmann aaO; Scheuer, Sozialversicherung 1971, 257, 261; Rechtsauskunft in BKK 1964, Sp. 100); denn die Klägerin macht nur einen Betrag von DM 2,50 für ambulante Familienkrankenpflege geltend, und dieser Betrag überschreitet nicht den Pauschsatz, der im Zeitpunkt des Unfalles von Konrad Z. vorgesehen war.
Die Transportkosten zählen hier zu den ebenfalls zu ersetzenden Kosten der stationären Behandlung. Die Kosten der Familienkrankenhauspflege sind nach den entsprechend geltenden Grundgedanken des § 1510 Abs. 2 RVO vom ersten Tage an zu ersetzen und auch nicht auf tägliche Pauschbeträge beschränkt (vgl. Podzun/Adolph, Zusammenarbeit, Ersatzansprüche und Streitverfahren zwischen Krankenkassen und Berufsgenossenschaften, 2. Aufl., 1963, S. 30; Sabel aaO; Scheuer aaO). Bereits die §§ 18, 19 der Bestimmungen des RVA vom 19. Juni 1936 (aaO) sahen für den Ersatzanspruch der Krankenkassen bei stationärer Behandlung keine Pauschalsätze vor. Davon gehen für die Zeit nach Inkrafttreten des UVNG auch die Träger der Krankenversicherung und der Unfallversicherung zunächst in ihren gemeinsamen Besprechungen und später in ihren Verwaltungsvereinbarungen aus (vgl. Lauterbach aaO, § 1504 Anm. 10 Buchst. c und WzS 1973, 153, s. I Satz 1 und 2), da ausdrücklich nur für die ambulante Familienkrankenpflege Pauschbeträge vorgesehen sind.
Dagegen ist die Beklagte nicht verpflichtet, der Klägerin auch das gezahlte Familiensterbegeld zu ersetzen. Das BSG hat noch nicht entschieden, ob - was Voraussetzung für einen Ersatzanspruch der Klägerin wäre - das Sterbegeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf das der Krankenversicherung im Rahmen der Familienhilfe anzurechnen ist (vgl. Brackmann aaO S. 424 c; Wilde WzS 1972, 225). Auch der erkennende Senat braucht diese Frage hier nicht zu entscheiden. Er schließt sich dem Urteil des 7. Senats des BSG vom 28. September 1971 an (SozR Nr. 4 zu § 205 b RVO). Danach besteht kein Anspruch der Krankenkasse auf Ersatz des Familiensterbegeldes, wenn sie wegen eines tödlichen Unfalles Familiensterbegeld in der Ungewißheit darüber, ob es nach § 205 b RVO um den Betrag eines zu erwartenden Sterbegeldes aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu kürzen war, voll gezahlt hat.
Insoweit war das Urteil des SG zu ändern und der Klage nur in Höhe von 6.433,78 DM stattzugeben.
Eine Kostenentscheidung entfällt (s. § 193 Abs. 4 SGG).
Fundstellen