Entscheidungsstichwort (Thema)

Nicht gewerbsmäßige Kraftfahrzeughaltung. nicht gewerbsmäßige Bauarbeit

 

Orientierungssatz

1. Die Mithilfe beim Herrichten des Stellplatzes für den Wohnwagen eines Kraftfahrers ist nach RVO § 539 Abs 2 versichert.

2. Das Herrichten des Stellplatzes für den Wohnwagen ist eine kurze nicht gewerbsmäßige Bauarbeit (vgl BSG 1978-06-27 2 RU 41/76 = SozR 2200 § 647 Nr 4).

3. Bei kurzen nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten, die vom geplanten Umfang her nicht mehr als sechs Arbeitstage in Anspruch genommen hätte, kommen zwar grundsätzlich die Gemeinden bzw die Gemeindeunfallversicherungsverbände als Träger der Unfallversicherung in Betracht (RVO § 657 Abs 1 Nr 7). In Anlehnung an RVO § 647 sind jedoch seit jeher in Rechtsprechung und Schrifttum bestimmte, einem Unternehmen unmittelbar dienende Bauarbeiten, die ein nicht baugewerblicher Unternehmer auf betriebseigenem Gelände für seine Rechnung ohne Übertragung an einen Baugewerbetreibenden ausführt (Eigen- oder Regiebauten), derjenigen nicht baugewerblichen Berufsgenossenschaft zuzurechnen, welcher der Unternehmer als Mitglied angehört (vgl BSG 1976-10-28 8 RU 144/75 = BSGE 43, 10).

4. Zur Kraftfahrzeughaltung rechnet auch die Benutzung eines Anhängers, zumindest dann, wenn bereits ein Kraftfahrzeug vorhanden ist, mit dem der Anhänger betrieben werden soll.

5. Ein Grundstück ist als "betriebseigen" iS der Voraussetzungen für Regiebauten schon dann zu bewerten, wenn es dem Unternehmer zur Nutzung überlassen ist. Die rechtliche Grundlage der Nutzung ist nicht entscheidend.

6. Hält sich die nicht gewerbliche Bauarbeit eines Kraftfahrers vom Umfang her im Rahmen der Kraftfahrzeughaltung, so ist es unerheblich, daß diese nicht von Stammarbeitern des Unternehmens, sondern ausschließlich von vorübergehend tätigen Helfern verrichtet wurde. Die Beschäftigung von Stammarbeitern des Unternehmens ist erst bei größeren und länger dauernden Arbeiten ein Indiz, daß es sich um Bauarbeiten im Rahmen des laufenden Betriebes handelt und daher dem Unternehmen und nicht einer Bau-Berufsgenossenschaft zuzuordnen sind. Bei kleinen Bauarbeiten ist schon wegen des verhältnismäßig geringen Aufwandes an Arbeitsleistung und Betriebsmitteln grundsätzlich davon auszugehen, daß sie sich im Rahmen des laufenden Betriebes halten und daher der jeweiligen Fach-Berufsgenossenschaft zuzurechnen sind, deren Mitglied der Unternehmer ist.

 

Normenkette

RVO § 539 Abs. 2 Fassung: 1963-04-30, § 647 Abs. 1 Fassung: 1963-04-30, § 657 Abs. 1 Nr. 7 Fassung: 1963-04-30, § 658 Abs. 2 Nr. 2 Fassung: 1963-04-30, Abs. 1 Fassung: 1963-04-30

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 01.02.1978; Aktenzeichen L 2 Ua 795/75)

SG Mannheim (Entscheidung vom 26.03.1975; Aktenzeichen S 3 U 230/73)

 

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 2. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. Februar 1978 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene zu 2. hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Der bei dem Hoch- und Tiefbauunternehmen W & S GmbH in Mannheim beschäftigt gewesene Kläger half am 28. Juli 1972 dem Kraftfahrer G zusammen mit drei anderen Beschäftigten auf dem Lagerplatz des Unternehmens bei dem Herrichten eines Stellplatzes für einen Wohnanhänger, den sich G anschaffen und mit Billigung des Unternehmers dort abstellen wollte. Dazu war es erforderlich, 4 m 3 größere Bruchsteine um etwa 5 m seitwärts zu verlagern. Dies geschah unter Zuhilfenahme eines Baggers des Unternehmens. Die Bruchsteine wurden von den mithelfenden Arbeitern, ua auch vom Kläger, in den jeweils auf dem Erdboden aufgestellten Greifer des Baggers gelegt, der nach Füllung auf ein Zeichen zur Seite schwenkte. Dem Baggerführer war die Sicht auf die Stelle, an der die Steine in den Greifer eingeladen wurden, durch eine kleine Hütte verdeckt. Während der Arbeit wurde der Kläger nach einer kleinen Pause von einem anderen Arbeiter in der Nähe des Baggergreifers hinter der Hütte mit einer Kopfverletzung aufgefunden. Der Kläger gab an, vom Greifer des Baggers am Kopf getroffen worden zu sein. Ärztliche Untersuchungen ergaben eine schwere Schädelhirnverletzung mit Impressionsbruch des Schädeldaches und Hirnquetschung. Nach nahezu neun Monaten stationärer Behandlung war nur eine teilweise Heilung erzielt. Staatsanwaltschaftliche und richterliche Vernehmungen der beim Herrichten des Stellplatzes beteiligt gewesenen Arbeiter führten nicht zur Feststellung, auf welche Weise der Kläger die Kopfverletzung erlitten hat.

Durch Bescheid vom 26. Januar 1973 lehnte die Beklagte Entschädigungsansprüche ab, weil sich der Kläger die Verletzungen bei einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit zugezogen habe. Die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Mannheim abgewiesen (Urteil vom 26. März 1975). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg nach Beiladung des Badischen Gemeindeunfallversicherungsverbandes (Beigeladener zu 1.) und der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (Beigeladene zu 2.) die Beigeladene zu 2. dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger aus Anlaß des Unfalls vom 28. Juli 1972 Verletztenrente zu gewähren (Urteil vom 1. Februar 1978). Zur Begründung hat es ausgeführt: Es sei bewiesen, daß der Kläger am 28. Juli 1972 einen Unfall erlitten habe, obwohl der genaue Hergang des Unfalls nicht bekannt sei. Denn nach den bekannten Umständen scheide eine andere Möglichkeit einer so schweren Verletzung aus. Nach Bekundungen der Arbeitskollegen G, M, B und S sei der Kläger verletzt neben dem Greifer des Baggers gefunden worden, nachdem die Arbeitskollegen die Arbeitsstelle vorübergehend verlassen hatten. Für einen Sturz aus innerer Ursache während dieser Zeit seien keine Anhaltspunkte vorhanden. Es sei auch unwahrscheinlich, daß sich der Kläger auf ebener Erde stehend bei einem Zufallkommen aus innerer Ursache eine Schädelimpressionsfraktur mit Hirnquetschung hätte zuziehen können. Eine aus privaten Gründen von fremder Hand zugefügte Verletzung, die einen Arbeitsunfall ausschließen würde, scheide ebenfalls aus, da sich der Kläger nach übereinstimmenden Schilderungen der Zeugen allein hinter der Hütte befunden habe. Es bleibe somit nur übrig, daß der Kläger während der Arbeit entweder aus anderer als innerer Ursache mit erheblicher Wucht gegen den Baggergreifer gestürzt sei, was wenig wahrscheinlich sei, oder der zunächst auf den Boden aufgesetzte Greifer des Baggers geschwenkt worden sei und den Kläger dabei am Kopf getroffen habe, wie es von ihm angegeben worden sei. Die für die Bedienung des Baggers in Betracht kommenden Zeugen M und B bestritten zwar, während der Abwesenheit der übrigen Arbeitskollegen den Bagger bedient zu haben, jedoch könne es sich dabei um Schutzbehauptungen handeln, zumal da ihre Angaben untereinander und zu den Darstellungen der übrigen Zeugen im Widerspruch ständen. Die somit gegebene Gewißheit, daß kein Sachverhalt vorliege, der einen Unfall ausschließen würde, genüge zur Bejahung eines Unfalls; Kenntnisse über den genauen Hergang seien unter den dargelegten Umständen nicht zwingend erforderlich. Der Unfall des Klägers sei auch ein Arbeitsunfall iS des § 548 Abs 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) gewesen. Allerdings habe Versicherungsschutz nicht schon aufgrund der Beschäftigung des Klägers bei der Firma W & S GmbH bestanden, denn die zum Unfall führende Tätigkeit habe nicht diesem Unternehmen gedient. Die Tätigkeit sei jedoch der nicht gewerbsmäßigen Fahrzeughaltung des Kraftfahrers G zuzurechnen. Dieser habe ein Kraftfahrzeug (BMW 2002) besessen, an dem der anzuschaffende Wohnwagen angehängt werden sollte. In diesem Zusammenhang sei es rechtlich unerheblich, daß es sich bei dem Wohnwagen um kein selbstangetriebenes Fahrzeug handele und es im Zeitpunkt des Unfalls noch nicht angeschafft gewesen sei. Selbst wenn die vom Kläger verrichtete Tätigkeit nicht der Kraftfahrzeughaltung des Kraftfahrers G zuzurechnen sei, habe Versicherungsschutz bestanden. Denn nach § 3 Abs 1 der Satzung der Beigeladenen zu 2. könne auch ein Wohnwagen Gegenstand einer Fahrzeughaltung sein. Ein Wohnwagen wäre allenfalls dann kein Fahrzeug, wenn er dauernd abgestellt wäre, um Wohnzwecken zu dienen oder sonst für dauernd nicht beabsichtigt sei, ihn mit dem Zugfahrzeug zu verbinden. Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Der Zeuge G habe den Wohnwagen wenige Wochen nach dem Unfall in der Absicht gekauft, diesen für seinen Urlaub im August zu benutzen und er habe ihn auch dafür benutzt. Die beabsichtigte Anschaffung eines Wohnwagens durch den Kraftfahrer G sei somit die beabsichtigte nicht gewerbsmäßige Haltung eines Fahrzeuges iS von § 658 Abs 2 Nr 2 RVO iVm § 3 Abs 1 Nr 3 der Satzung der Beigeladenen zu 2. Zwar beginne die Fahrzeughaltung erst mit der Anschaffung des Wohnwagens, jedoch sei anerkannt, daß schon die vorbereitenden Arbeiten dem Versicherungsschutz unterstehen. Aber selbst dann, wenn das Herrichten des Abstellplatzes keine der Fahrzeughaltung oder deren Vorbereitung dienende Tätigkeit sein sollte, handele es sich doch um eine kurzfristige Bauarbeit, die der Kraftfahrer G als Halter eines bereits vorhandenen Kraftfahrzeugs oder doch zur Vorbereitung einer beabsichtigten Fahrzeughaltung als Regiearbeit ausgeführt habe. Dabei sei nicht erheblich, daß die Arbeiten nicht auf betriebseigenem Gelände und nicht mit Stammarbeitern des Unternehmens ausgeführt worden seien, wie das sonst von der Rechtsprechung gefordert werde. Diese Voraussetzungen könnten in Fällen der vorliegenden Art, wo ein betriebseigenes Gelände und Stammarbeiter gar nicht vorhanden seien, nicht erfüllt werden. Hier müsse es genügen, wenn die enge Verbindung mit dem vorgesehenen Unternehmen sich daraus ergebe, daß die Arbeiten erforderlich seien, um das eigentliche Unternehmen zu beginnen und es sich um eine Arbeit handele, die nach Eröffnung des Unternehmens als Teil der Fahrzeughaltung anzusehen wäre. Die Arbeiten seien auch nicht über das für die Fahrzeughaltung Erforderliche hinausgegangen. Das beabsichtigte Seitwärtsverlagern von 4 m 3 Steine um etwa 5 m habe einen verhältnismäßig geringen Arbeitsaufwand erfordert. Der Kläger sei im Rahmen der nicht gewerblichen Fahrzeughaltung des Kraftfahrers G wie ein Arbeitnehmer nach § 539 Abs 2 RVO tätig gewesen. Zuständiger Versicherungsträger sei die Beigeladene zu 2., da die Tätigkeit unmittelbar oder als Regiearbeit einem Unternehmen der Fahrzeughaltung gedient habe. Nach den vorliegenden ärztlichen Berichten habe bei dem Kläger über die 13. Woche nach dem Unfall hinaus eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von wenigstens 20 vH bestanden. Die Anträge der Beigeladenen zu 1. und 2., gemäß § 1739 RVO über die Verteilung der Entschädigungslast zu entscheiden, seien unzulässig. Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Beigeladene zu 2. hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Es müsse schon von vornherein in Zweifel gezogen werden, ob die Hilfeleistung des Klägers beim Herrichten des Stellplatzes für den Wohnwagen des Kraftfahrers G überhaupt zu den Kopfverletzungen geführt habe. Angesichts des diesbezüglich negativen Beweisergebnisses genüge es nicht zur Bejahung eines Unfalls, daß kein Sachverhalt vorliege, der einen Unfall ausschließen würde. Die Argumente des LSG für ihre Zuständigkeit zur Entschädigung des Unfalls seien nicht zutreffend. Sie sei nur für das Halten solcher Fahrzeuge zuständig, die mit tierischer oder motorischer Kraft betrieben würden. Daher könne der bloße Besitz eines Wohnwagens ihre Zuständigkeit nicht begründen, schon gar nicht die Absicht, sich in Zukunft einen Wohnwagen anzuschaffen. Tätigkeiten bei Vorbereitungsarbeiten seien auch nur dann versichert, wenn sie mit der Tätigkeit in dem zu eröffnenden Unternehmen gleichartig seien. Die Tätigkeiten beim Betrieb eines Fahrzeuges seien dagegen mit dem Herrichten eines Stellplatzes für ein noch nicht gehaltenes Fahrzeug nicht gleichartig. Das Halten eines Wohnwagens sei auch nicht immer eine Fahrzeughaltung. Die Wohnwagen dienten vornehmlich als Unterkunft und würden vielfach auf geeigneten Grundstücken für längere Zeit abgestellt. Hilfeleistungen im Zusammenhang mit einem Wohnwagen könnten ihr nur in der Betriebsphase zugerechnet werden, also auf der Fahrt in Verbindung mit einem Personenauto, das ihn ziehe. Auch die Tatsache, daß der Kraftfahrer G bereits ein Auto besessen habe, als er die Anschaffung eines Wohnwagens beabsichtigte, könne nicht dazu führen, das Herrichten des Stellplatzes für den Wohnwagen der privaten Fahrzeughaltung zuzurechnen.

Die Beigeladene zu 2. beantragt,

unter Aufhebung bzw entsprechender Abänderung des angefochtenen Urteils zumindest ihr gegenüber auf Klageabweisung,

hilfsweise auf Zurückverweisung an die Vorinstanz zu erkennen.

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen

Der Beigeladene zu 1. beantragt,

die Revision zurückzuweisen,

hilfsweise festzustellen, daß die Beklagte der für die Entschädigung des Unfalls vom 28. Juli 1972 zuständige Unfallversicherungsträger ist,

hilfsweise festzustellen, daß die Beigeladene zu 2. der für die Entschädigung des Unfalls vom 28. Juli 1972 zuständige Unfallversicherungsträger ist,

hilfsweise eine Verteilung der Unfallast gemäß § 1739 RVO zwischen den Beteiligten vorzunehmen,

hilfsweise die Verteilung der Unfallast gemäß § 1739 RVO auf den im Wege der Widerklage gegen die Beklagte und die Beigeladene zu 2 gestellten Antrag vorzunehmen.

Der Kläger trägt vor, die Beigeladene zu 2 sei zu Recht zur Entschädigung verurteilt worden. Der Kraftfahrer G sei bereits im Hinblick auf den von ihm gehaltenen Kraftwagen Mitglied der Beigeladenen zu 2. gewesen. Der anzuschaffende Wohnwagen sei lediglich Zubehör des Zug-Wagens, so daß das Herrichten eines Stellplatzes für den Wohnwagen der versicherten Hauptsache zuzurechnen sei. Mit der Aufnahme der vorbereitenden Arbeiten für das Unternehmen beginne nach § 659 RVO die Mitgliedschaft des Unternehmers.

Die Beklagte trägt vor, daß von der Revision die Feststellungen des LSG, die unfallbringende Tätigkeit sei ihrem Mitgliedsbetrieb W & S GmbH nicht zuzurechnen, nicht angegriffen worden seien. Damit scheide sie als leistungspflichtiger Versicherungsträger aus.

Der Beigeladene zu 1. trägt ebenfalls vor, daß seine Zuständigkeit nicht gegeben sei.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist nicht begründet.

Das LSG hat die Beigeladene zu 2. zu Recht dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 28. Juli 1972 Verletztenrente zu gewähren.

Soweit die Beigeladene zu 2. sich gegen die Feststellung des LSG wendet, daß der Kläger bei dem Herrichten des Stellplatzes für den Wohnwagen des Kraftfahrers G einen Unfall erlitten hat, enthält ihr Vorbringen keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen. Die Feststellung des LSG ist das Ergebnis einer Würdigung aller Umstände einschließlich der von ihm für glaubhaft gehaltenen Angaben des Klägers. Eine etwa unrichtige oder nicht erschöpfende Würdigung betrifft nicht den Gang des Verfahrens, sondern den Inhalt der Entscheidung. Sie ist daher auch grundsätzlich kein Verfahrensmangel, sondern ein Mangel in der Urteilsfindung. Ein Mangel des Verfahrens liegt nur vor, wenn das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen seines Rechts auf freie Beweiswürdigung überschritten, zB gegen Erfahrungssätze des täglichen Lebens oder gegen Denkgesetze verstoßen hat (BSGE 2, 236, 237 mit Nachweisen). Das Revisionsvorbringen der Beigeladenen zu 2. bezeichnet keinen Verfahrensmangel in einer dem Formerfordernis des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG entsprechenden Weise. Es führt weder einen Erfahrungssatz an, der vom LSG nicht oder nicht richtig angewandt worden ist, noch legt es eine zu den allgemeinen Denkgesetzen im Widerspruch stehende Gedankenführung des Berufungsgerichts dar. Der Senat ist daher nach § 163 SGG an die tatsächliche Feststellung gebunden, daß der Kläger beim Herrichten des Stellplatzes für den Wohnwagen einen Unfall erlitten hat.

Dieser Unfall war auch ein Arbeitsunfall, denn der Kläger hat ihn, wie es § 548 Abs 1 Satz 1 RVO voraussetzt, bei einer in § 539 RVO genannten Tätigkeit erlitten.

Als nicht gewerbsmäßiger Halter eines Kraftfahrzeuges (BMW 2002) war der Kraftfahrer G zur Zeit des Unfalls des Klägers nach § 658 Abs 1 und Abs 2 Nr 2 RVO iVm § 3 Abs 1 Nr 3 der Satzung der Beigeladenen zu 2. Mitglied der sachlich zuständigen Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen, wenngleich die Versicherung gegen Arbeitsunfall sich nach § 39 Abs 1 der Satzung nicht auf ihn selbst erstreckte und er, wenn er keine Versicherten beschäftigte, auch nicht in dem Unternehmerverzeichnis der Beigeladenen zu 2. eingetragen war (§ 6 Abs 2 der Satzung). Aufgrund der Mithilfe beim Herrichten des Stellplatzes für den Wohnwagen des Kraftfahrers G stand der Kläger zwar nicht nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO zu G in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis, er war jedoch wie ein nach dieser Vorschrift gegen Arbeitsunfall Versicherter tätig und daher nach § 539 Abs 2 RVO versichert. Seine Tätigkeit entsprach nicht nur dem Willen des Kraftfahrers G, sie war auch eine ernstliche, dessen Unternehmen dienliche und ihrer Art nach dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnende arbeitnehmerähnliche Verrichtung (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl S 475 ff mit Nachweisen).

Das Herrichten des Stellplatzes für den Wohnwagen war eine kurze nicht gewerbsmäßige Bauarbeit. Der Senat hat bereits entschieden, daß auch derartige Planierungsarbeiten zu den Bauarbeiten rechnen (SozR 2200 § 647 Nr 4). Bei kurzen nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten, die im vorliegenden Fall vom geplanten Umfang her nicht mehr als sechs Arbeitstage, sondern allenfalls ein Tagewerk (5 Arbeiter je 1 1/2 Stunde = 7 1/2 Stunden) in Anspruch genommen hätte, kommen zwar grundsätzlich die Gemeinden bzw die Gemeindeunfallversicherungsverbände als Träger der Unfallversicherung in Betracht (§ 657 Abs 1 Nr 7 RVO). In Anlehnung an § 647 RVO sind jedoch seit jeher in Rechtsprechung und Schrifttum bestimmte, einem Unternehmen unmittelbar dienende Bauarbeiten, die ein nicht baugewerblicher Unternehmer auf betriebseigenem Gelände für seine Rechnung ohne Übertragung an einen Baugewerbetreibenden ausführt (Eigen- oder Regiebauten), derjenigen nicht baugewerblichen Berufsgenossenschaft zuzurechnen, welcher der Unternehmer als Mitglied angehört (BSGE 38, 6, 7; 43, 10, 11; SozR aaO). Für die Zuordnung einer auf betriebseigenem Gelände ausgeführten nicht gewerbsmäßigen Bauarbeit zu der Berufsgenossenschaft, deren Mitglied der Unternehmer ist, kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Voraussetzung ist, daß die Arbeiten den Zwecken des Unternehmens unmittelbar dienen und den Verhältnissen des ausgeübten (laufenden) Betriebes entsprechen. Das von dem Kraftfahrer G als Unternehmer einer nicht gewerblichen Fahrzeughaltung mit Hilfe von vier Arbeitskräften in Angriff genommene Herrichten eines Stellplatzes für seinen Wohnwagen diente unmittelbar seiner Kraftfahrzeughaltung. Zur Kraftfahrzeughaltung rechnet auch die Benutzung eines Anhängers, zumindest dann, wenn - wie hier - bereits ein Kraftfahrzeug vorhanden ist, mit dem der Anhänger betrieben werden soll. Für das bei der Beigeladenen zu 2. versicherte straßengebundene Verkehrsgewerbe (§ 3 Abs 1 Nr 1 der Satzung) ist der Betrieb von Anhängern weit verbreitet. so daß der Versicherungsschutz bei Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Betrieb von Anhängern als selbstverständlich anzusehen ist. Auch im Rahmen der nicht gewerbsmäßigen (privaten) Kraftfahrzeughaltung werden Anhänger - nicht nur Wohnanhänger - betrieben. Weder das Gesetz noch die Satzung der Beigeladenen zu 2. schließen insoweit den Versicherungsschutz aus. Der Hinweis der Beigeladenen zu 2., sie sei nur für die Haltung von Fahrzeugen zuständig, die mit tierischer oder motorischer Kraft angetrieben werden, mag allenfalls in Betracht zu ziehen sein, falls die Frage zu entscheiden ist, ob allein das Halten eines Wohnwagens die Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. zur Folge haben kann, nicht jedoch, wenn die Mitgliedschaft bereits durch das Halten eines Kraftfahrzeugs begründet worden ist. Auch insoweit erstreckt sich der Versicherungsschutz auf Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Anhängers. Daß im vorliegenden Fall im Zeitpunkt des Herrichtens des Stellplatzes der Wohnanhänger noch nicht angeschafft war, ist unerheblich. Denn dadurch wird der dem Unternehmen dienende Zweck der Arbeiten nicht in Frage gestellt. Unerheblich ist auch, daß das Grundstück, auf dem der Stellplatz für den Wohnwagen hergerichtet wurde, nicht im Eigentum des Kraftfahrers G stand. Ein Grundstück ist als "betriebseigen" im Sinne der Voraussetzungen für Regiebauten schon dann zu bewerten, wenn es dem Unternehmer zur Nutzung überlassen ist. Die rechtliche Grundlage der Nutzung ist nicht entscheidend (SozR 2200 § 647 Nr. 4).

Bei der im vorliegenden Fall geplanten und zum Teil ausgeführten nicht gewerblichen Bauarbeit, die vom Umfang her im Rahmen der Kraftfahrzeughaltung des Kraftfahrers G lag, ist es unerheblich, daß diese nicht von Stammarbeitern des Unternehmens, die es hier gar nicht gab, sondern ausschließlich von vorübergehend tätigen Helfern verrichtet wurde (BSG aaO). Die Beschäftigung von Stammarbeitern des Unternehmens ist erst bei größeren und längerdauernden Arbeiten ein Indiz, daß es sich um Bauarbeiten im Rahmen des laufenden Betriebes handelt und daher dem Unternehmen und nicht einer Bau-Berufsgenossenschaft zuzuordnen sind. Bei kleinen Bauarbeiten ist schon wegen des verhältnismäßig geringen Aufwandes an Arbeitsleistung und Betriebsmitteln grundsätzlich davon auszugehen, daß sie sich im Rahmen des laufenden Betriebes halten und daher der jeweiligen Fach-Berufsgenossenschaft zuzurechnen sind, deren Mitglied der Unternehmer ist.

Da der Unfall des Klägers am 28. Juli 1972 ein Arbeitsunfall war, hat der Kläger nach §§ 580, 581 Abs 1 RVO Anspruch auf Rente, sofern er infolge des Arbeitsunfalls um mindestens 20 vH in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Das LSG hat dies unter ausführlicher Würdigung der vorliegenden ärztlichen Berichte zutreffend bejaht, ohne daß die Beigeladene zu 2. insoweit dagegen Einwendungen erhoben hätte. Daher rechtfertigt sich die Verurteilung der Beigeladenen zu 2. zur Gewährung von Verletztenrente dem Grunde nach (§ 130 SGG).

Die Frage einer nach § 1739 RVO vorzunehmenden Verteilung der Entschädigungslast bedarf keiner Entscheidung. Zwar hatte die Beigeladene zu 2. im Berufungsverfahren eine solche Verteilung hilfsweise für den Fall ihrer Verurteilung beantragt, diesen Antrag aber im Revisionsverfahren nicht wiederholt und auch zu den diesbezüglichen Ausführungen des LSG im angefochtenen Urteil nichts vorgetragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1658711

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