Leitsatz (redaktionell)
1. Die Inhaberschaft einer bei Inkrafttreten des AAÜG am 01.08.1991 bestehenden Versorgungsanwartschaft beurteilt sich allein nach dem zu diesem Zeitpunkt gültigen Bundesrecht. Dabei untersagt das bundesrechtliche Neueinbeziehungsverbot, neue Versorgungsberechtigungen ab 01.07.1990 zu begründen. Dies folgt aus der Anl II Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr 9a S. 1 Hs 2 zum Einigungsvertrag (EinigVtr) vom 31.08.1990 (BGBl II 889) i.V.m. dem am 03.10.1990 zu sekundärem Bundesrecht gewordenen § 22 Abs 1 des Rentenangleichungsgesetzes der DDR vom 28.06.1990 (GBl I 495).
2. Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten ist daher rückschauend auf den 30.06.1990 abzustellen. Bei Personen, die zu diesem Zeitpunkt in ein Versorgungssystem nicht einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht auf Grund originären Bundesrechts (z.B. Art. 9 Abs. 2, 17, 19 EinigVtr) einbezogen wurden, ist allerdings auf Grund verfassungskonformer Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 01.08.1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30.06.1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (festhalten an BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 und 7).
3. Die AVITech war eingerichtet für Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), und die eine entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens. Für Letzteres reicht es nicht aus, dass der Betroffene “in irgendeinem” VEB gearbeitet hat. Es muss sich vielmehr um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der “Industrie oder des Bauwesens” gehandelt haben (Festhalten an BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 6 und Nr 2).
Verfahrensgang
Sächsisches LSG (Urteil vom 05.02.2003) |
SG Leipzig (Urteil vom 23.04.2002) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 5. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem nach Nr 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für den Kläger Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und entsprechende Arbeitsverdienste festzustellen.
Dem 1935 geborenen Kläger war 1956 in der DDR nach erfolgreichem Studium die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung “Bauingenieur” verliehen worden. Ab September 1956 war er im “Entwurfsbüro für Industriebau L.…” beschäftigt; der Betrieb wurde 1960 in den “VEB Industrieprojektierung L.…” umgewandelt. Das Arbeitsverhältnis mit diesem Betrieb endete zum 31. Mai 1962. Ab 1. Juni 1962 wurde ein neues Arbeitsverhältnis mit der “DEWAG Werbung – Agitations-, Propagandamittel und Werbebau” begründet. Neben diesem Betrieb bestand in L.… ein weiterer DEWAG-Betrieb, nämlich die DEWAG Werbung L.…. Die beiden DEWAG-Betriebe sowie der VEB Messeprojekt L.… wurden mit Wirkung vom 1. Januar 1977 zu einem neuen rechtsfähigen Betrieb zusammengelegt, nämlich zu der “DEWAG L.… – Agitations-, Propagandamittel und Werbung”. Wie die Vorgängerbetriebe wurde auch der neue Betrieb in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen. In diesem Betrieb war der Kläger nunmehr als “Leitingenieur” tätig. Am 18. Mai 1990 wurde der Betrieb in “VEB DEWAG L.…” umbenannt. Die Rechtsfähigkeit dieses Unternehmens erlosch am 30. Juli 1990.
Zur Geschichte der DEWAG (Deutsche Werbe- und Anzeigengesellschaft) hat das LSG festgestellt, dass das Unternehmen 1945 als OHG von einem Privatmann gegründet und 1946 in eine GmbH umgewandelt worden war. 1949 wurde der Sitz der “Hauptverwaltung” der DEWAG von Dresden nach Berlin verlegt. Auf lokaler Ebene unterstanden der “Hauptverwaltung” verschiedene Betriebe, darunter der Beschäftigungsbetrieb des Klägers in L.…. Gesellschafter der DEWAG waren mehrere Verlage sowie die “Zentrag”. Die DEWAG erhielt die Rechtsträgerschaft über den gesamten Plakatanschlag und die Verkehrswerbung in der DDR. Später stellte das Unternehmen auch Werbefilme her und war für die Ausgestaltung von Hallen zur Leipziger Messe zuständig. Die DEWAG unterstand zunächst der Abteilung Finanzen beim ZK der SED. Ab 1963 erfolgte die Unterstellung unter die Abteilung Agitation beim ZK der SED.
Der Kläger, der in der Pflichtversicherung der DDR versichert war, hatte ab 1980 Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) gezahlt. Am 27. Mai 1999 beantragte er bei der Beklagten, seine Beschäftigungszeiten in der DDR als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech festzustellen. Im Bescheid vom 30. August 2000 entsprach die Beklagte dem Begehren für die Zeiten vom 1. September 1956 bis 31. Mai 1962; dagegen lehnte sie eine Anerkennung der Beschäftigungszeiten ab 1. Juni 1962 in den DEWAG-Betrieben ab. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit der Begründung zurück, dass der Kläger nicht in einem VEB beschäftigt gewesen sei; bei der DEWAG habe es sich um einen Parteibetrieb der SED/PDS gehandelt. Sie sei deshalb auf einer von der PDS am 10. Januar 1994 für die Beklagte erstellten Liste derjenigen Einrichtungen und Betriebe aufgeführt worden, die in den Geltungsbereich der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter der SED/PDS einbezogen gewesen seien. Allerdings hätten nur Leiter der DEWAG in das Zusatzversorgungssystem der SED/PDS eingereiht werden können (Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2000).
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23. April 2002). Die Berufung hatte keinen Erfolg (Urteil des LSG vom 5. Februar 2003). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, der Kläger falle nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG. Er sei nicht auf Grund einer Einzelfallregelung (Versorgungszusage, Einzelentscheidung, Einzelvertrag) in das Versorgungssystem der AVItech einbezogen gewesen. Auch habe er am 30. Juni 1990 aus bundesrechtlicher Sicht keinen (fiktiven) Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Versorgungszusage gehabt. Ein solcher Anspruch scheitere schon daran, dass er am 30. Juni 1990 weder in einem eingetragenen volkseigenen Produktionsbetrieb oder einer gleichgestellten Einrichtung gearbeitet habe. Seine Arbeitgeberin habe zwar ab 18. Mai 1990 als VEB DEWAG L.… firmiert, jedoch habe es sich nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gehandelt, sodass die betrieblichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung nicht vorgelegen hätten. Gegenstand der DEWAG sei die Werbung gewesen. Damit sei sie dem Dienstleistungsbereich zuzuordnen. Im Übrigen habe es sich um einen Parteibetrieb, nicht aber um einen Betrieb der volkseigenen Wirtschaft gehandelt. Die DEWAG L.… sowie der VEB DEWAG L.… seien auch nicht einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellt gewesen.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 1 Abs 1 AAÜG iVm § 5 AAÜG sowie der Vorschriften der Verordnung zur AVItech. Seine Arbeitgeberin sei am maßgeblichen Stichtag, nämlich dem 30. Juni 1990, ein VEB gewesen. Das LSG habe verkannt, dass die Quasi-Monopolstellung im Bereich der gesamten Werbung in der DDR eine industriemäßige Produktion nicht ausgeschlossen habe. Die Masse der Werbeartikel sei industriemäßig hergestellt worden, da sie vorgefertigt und standardisiert sowie massenhaft zum Einsatz gekommen seien. Auch sei sie in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen gewesen. Zumindest der Teilbetrieb, in dem der Kläger tatsächlich tätig gewesen sei, sei ein Produktionsbetrieb im Sinne eines Konstruktionsbüros gewesen. Insoweit sei die DEWAG hinsichtlich ihrer Struktur dadurch geprägt gewesen, dass sie einen eigenen Baubereich mit Bauleiter, Architekten, Statikern, Konstrukteuren und Arbeitnehmern der gewerblich ausführenden Bauberufe gehabt habe. In den erforderlichen Baugenehmigungen sei die DEWAG von der staatlichen Bauaufsicht als Projektant und Bauausführender benannt worden. Auch die Beschreibung der Aufgaben der DEWAG im Band “Industrie” im DDR-Lexikon der Wirtschaft sei ein weiteres Indiz für die tatsächliche produktive Ausprägung der Betriebe gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 5. Februar 2003 und das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. April 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Ablehnung weiterer Feststellungen im Bescheid vom 30. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2000 zu verpflichten, die Zeiten vom 1. Juni 1962 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die entsprechenden Arbeitsverdienste festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die angefochtene Entscheidung rechtlich nicht zu beanstanden sei.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung des LSG verletzt kein Bundesrecht.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das Begehren des Klägers, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 30. August 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2000 zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten vom 1. Juni 1962 bis 30. Juni 1990 in der “DEWAG Werbung-Projektierung und Werbebau L.…” bzw ab 1977 in der “DEWAG L.…- Agitations-, Propagandamittel und Werbung” als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech sowie die dabei erzielten tatsächlichen Verdienste festzustellen. Der Kläger verfolgt sein Begehren zulässig in einer Kombination von Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen. Die Klagen sind nicht begründet.
Der Kläger hat gemäß § 8 Abs 3 Satz 1 iVm Abs 1 und 2 AAÜG keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die begehrte Feststellung trifft. In dem Feststellungsverfahren des Versorgungsträgers nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs 5 SGB VI ähnlich und außerhalb des Rentenfeststellungsverfahrens des Rentenversicherungsträgers durchzuführen ist (stellvertretend: Urteil des Senats vom 18. Juli 1996, SozR 3-8570 § 8 Nr 2), konnte der Kläger schon deshalb keinen Erfolg haben, weil er nicht vom Anwendungsbereich des AAÜG erfasst wird.
Maßstabsnorm ist insoweit § 1 Abs 1 AAÜG. Danach gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind (Satz 1). Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft bei Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (Satz 2). Dieser 2. Tatbestand ist offensichtlich nicht einschlägig.
1. Der Kläger unterliegt nicht dem Anwendungsbereich des § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG.
Einen “Anspruch” auf Versorgung (= Vollrecht) hat er bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht gehabt. Denn schon ein “Versorgungsfall” (Alter, Invalidität) war bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Er war auch nicht Inhaber einer bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 bestehenden Versorgungsanwartschaft.
Dies beurteilt sich allein nach dem zu diesem Zeitpunkt gültigen Bundesrecht. Dabei untersagt das bundesrechtliche Neueinbeziehungsverbot neue Versorgungsberechtigungen ab 1. Juli 1990 zu begründen. Dies folgt aus der Anl II Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr 9 Buchst a Satz 1 Halbsatz 2 zum Einigungsvertrag (EinigVtr) vom 31. August 1990 (BGBl II 889) iVm dem am 3. Oktober 1990 zu sekundärem Bundesrecht gewordenen § 22 Abs 1 des Rentenangleichungsgesetzes der DDR vom 28. Juni 1990 (GBl I 495). Nach diesen Regelungen sind Neueinbeziehungen ab 1. Juli 1990 nicht mehr zulässig. Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten ist daher rückschauend auf den 30. Juni 1990 abzustellen. Bei Personen, die zu diesem Zeitpunkt in ein Versorgungssystem nicht einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht auf Grund originären Bundesrechts (zB Art 9 Abs 2, 17, 19 EinigVtr) einbezogen wurden, ist allerdings auf Grund verfassungskonformer Auslegung des § 1 Abs 1 AAÜG zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (hierzu: Urteile des Senats vom 9. April 2002, SozR 3-8570 § 1 Nr 2 und 7).
Eine Versorgungszusage in Form eines nach Art 19 Satz 1 EinigVtr bindend gebliebenen Verwaltungsaktes war ihm nicht erteilt worden. Er war auch nicht durch Einzelentscheidung der DDR (zB auf Grund eines Einzelvertrages) einbezogen worden. Eine Rehabilitierungsentscheidung liegt nicht vor. Er war auch früher nicht einbezogen worden. Daher konnte auch keine nach Art 19 Satz 2 oder 3 EinigVtr wegen grober Rechtswidrigkeit unbeachtliche Aufhebung einer solchen Einbeziehung verbunden mit deren Fortwirkung nach Art 19 Satz 1 EinigVtr vorliegen. Nach dem am 1. August 1991 gültigen Bundesrecht und auf Grund der am 30. Juni 1990 gegebenen tatsächlichen Umstände hatte der Kläger aus bundesrechtlicher Sicht auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage.
Der fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer solchen Zusage im Bereich der AVItech hängt gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (nachfolgend: VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl S 844) und der zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl S 487) von drei Voraussetzungen ab (vgl hierzu ua: Urteile des Senats vom 9. April 2002, SozR 3-8570 § 1 Nr 6 und Nr 2). Generell war dieses System eingerichtet für
(1) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und
(2) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar
(3) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens.
a) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG war dem Kläger nach erfolgreichem Studium 1956 das Recht verliehen worden, die Berufsbezeichnung “Bauingenieur” zu führen. Er erfüllte damit die persönliche Voraussetzung für eine Mitgliedschaft in der AVItech.
b) Auf Grund fehlender Feststellungen des LSG lässt sich nicht beurteilen, ob der Kläger die sachliche Voraussetzung erfüllt. Das LSG hat sich insoweit auf die Feststellung beschränkt, dass der Kläger ab 1. Juni 1962 in L.… in den genannten DEWAG-Betrieben beschäftigt gewesen war, und zwar ab 1977 als “Leitingenieur”. Es hat es jedoch unterlassen, den Aufgaben- und Tätigkeitsbereich des Klägers im Einzelnen zu umschreiben; daher lässt sich nicht feststellen, ob der Kläger entsprechend seiner Qualifikation als Bauingenieur technische Tätigkeiten verrichtet hat. Trotz der fehlenden Feststellungen kann der Senat von einer Aufhebung des Berufungsurteils und von einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG (§ 170 Abs 2 SGG) absehen, weil die vom LSG getroffenen Feststellungen ausreichen, um jedenfalls das Vorliegen der notwendigen dritten (betrieblichen) Voraussetzung zu verneinen.
c) Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers war kein volkseigener “Produktions”-Betrieb der “Industrie” oder des “Bauwesens”.
Abzustellen ist insoweit allein auf den Zeitpunkt des 30. Juni 1990. Zu diesem Zeitpunkt war der Beschäftigungsbetrieb des Klägers ein VEB. Denn nach den Feststellungen des LSG, die den Senat binden (§ 163 SGG), war der Betrieb am 18. Mai 1990 in einen “VEB” umgewandelt worden. Damit kann dahinstehen, in welcher Rechtsform der Betrieb vor dem 18. Mai 1990 geführt worden ist.
Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers erfüllte nach den am 30. Juni 1990 bestehenden Gegebenheiten nicht die betriebliche Voraussetzung für eine Einbeziehung. Denn es reicht nicht aus, dass der Betroffene “in irgendeinem” VEB gearbeitet hat. Es muss sich vielmehr um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der “Industrie oder des Bauwesens” gehandelt haben (Urteil des Senats vom 9. April 2002, SozR 3-8570 § 1 Nr 6; Urteil vom 9. April 2002, SozR 3-8570 § 1 Nr 2).
Welcher Kategorie ein Betrieb zuzuordnen ist, bestimmt sich nicht nach den Eigentums- bzw Beherrschungsverhältnissen. So ist nicht entscheidend, dass die DEWAG mit ihren Betrieben vom LSG als “Parteibetrieb” der SED qualifiziert worden ist. Die Zuordnung zu einer bestimmten Branche bestimmt sich allein nach dem Betriebs- bzw Hauptzweck. Diesen Zweck haben die Tatsachengerichte im Rahmen der von ihnen vorzunehmenden Beweiswürdigung festzustellen.
Nach den Feststellungen des LSG, die der Kläger nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen hat und die daher für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), war einerseits Unternehmensziel der DEWAG und andererseits zugleich Betriebszweck ihrer Einzelbetriebe die Werbung, Agitation und Propaganda. Dies spiegelt sich bezüglich des … Beschäftigungsbetriebes des Klägers schon im Firmennamen wider. Der Hauptzweck des Betriebes war somit auf die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet, und zwar in Form von Werbung, Agitation und Propaganda.
Dieser Hauptzweck wird nicht durch die Art der Hilfsgeschäfte und -tätigkeiten geändert oder beeinflusst, die zu seiner Verwirklichung zwangsläufig mit ausgeführt werden müssen oder daneben verrichtet wurden. So ist es unerlässlich, dass zB im Bereich der Werbung auch Sachgüter “produziert” werden müssen, etwa Werbematerialien bzw -artikel, um Werbung erfolgreich umzusetzen. Entgegen der Auffassung des Klägers machen solche Hilfstätigkeiten aus einem Dienstleistungsbetrieb keinen Produktionsbetrieb, selbst wenn unterstellt wird, der Beschäftigungsbetrieb und nicht beauftragte dritte Betriebe hätten diese Sachgüter hergestellt. Auch der Umstand, dass Bauten, Stellflächen, Stände etc für Werbe-, Agitations- und Propagandazwecke errichtet werden mussten, verändert nicht die Kategorie des Betriebes als Dienstleistungsbetrieb. Entscheidend ist, welches Produkt im Ergebnis erstellt werden sollte, nicht aber die “Hilfsgeschäfte”, die im Zusammenhang mit der Erstellung dieses Produktes getätigt wurden. Der Hauptzweck des Beschäftigungsbetriebes in L.… war gerade nicht die industrielle (serienmäßige wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw Produktion von Sachgütern oder die Errichtung von baulichen Anlagen, wie dies für Produktionsbetriebe der Industrie oder des Bauwesens kennzeichnend ist, sondern die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich von Werbung, Agitation und Propaganda. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers erfüllte damit nicht die betriebliche Voraussetzung, die eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der AVItech erforderte.
2. Ob die Beklagte zu Recht die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. September 1956 bis 31. Mai 1962 in dem Entwurfsbüro für Industriebau L.… bzw in dem VEB Industrieprojektierung L.… festgestellt hat, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Im Ergebnis hat das LSG zu Recht die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückgewiesen. Die Revision konnte damit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen