Leitsatz (amtlich)
1. Anspruchsgrundlage für einen Rückforderungsanspruch von Arbeitgeberbeitragsanteilen ist AVG § 146 Abs 1 (= RVO § 1424 Abs 1).
2. Für die Rückzahlung von Arbeitgeberbeitragsanteilen ist die Einzugsstelle zuständig.
3. Zum Sinn und Zweck des AVG § 113 S 1 (= RVO § 1386 S 1).
4. Arbeitgeber, die einen Ruhegeldempfänger als Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft beschäftigen, sind auch dann nicht verpflichtet, für einen solchen Beschäftigten Arbeitgeberbeitragsanteile zur Angestelltenversicherung zu entrichten, wenn für diesen vor Beginn des Altersruhegeldes als fiktiv Versicherungspflichtigen nach AnVNG Art 2 § 5b Beiträge entrichtet worden sind.
Leitsatz (redaktionell)
Beiträge nach AVG § 113 für Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft und Erstattung der Beiträge:
Sind für ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft, das gleichzeitig Altersruhegeldempfänger ist, die Arbeitgeberanteile nach AVG § 113 S 1 zu Unrecht entrichtet worden, so kann der Arbeitgeberanteil nach AVG § 146 Abs 1 zurückgefordert werden, denn wenn schon der gesamte Beitrag nach dieser Vorschrift zurückgefordert werden kann, gilt dies um so mehr, wenn der Rückforderungsanspruch sich allein auf einen Beitragsanteil des Arbeitgebers beschränkt.
Normenkette
AVG § 3 Abs. 1a Fassung: 1969-07-28, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1229 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23; AVG § 113 Fassung: 1967-12-21; RVO § 1386 Fassung: 1967-12-21; AVG § 146 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1424 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; AVG § 147 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1425 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23; AnVNG Art. 2 § 5b S. 2 Fassung: 1969-07-28; GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23
Tenor
Auf die Sprungrevision der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 4. August 1975 und der Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 1974 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Dezember 1974 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, der Kläger die ab 1. Mai 1972 entrichteten Beitragsanteile zur Angestelltenversicherung für die Beschäftigung ihres Vorstandsmitglieds P zu erstatten.
Es wird festgestellt, daß die Klägerin über den von der Erstattung erfaßten Zeitraum hinaus keine Beitragsanteile zur Angestelltenversicherung für die Tätigkeit ihres Vorstandsmitglieds P an die Beklagte zu entrichten hat.
Die Beklagte und die Beigeladene haben der Klägerin deren außergerichtliche Kosten der beiden Rechtszüge als Gesamtschuldner zu erstatten. Im übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für ihr Vorstandsmitglied Otto P (P.), dem die beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) ab 1. Mai 1972 Altersruhegeld gewährt, den Arbeitgeberbeitrag zur Angestelltenversicherung (AnV) nach § 113 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) zu entrichten hat.
P., der seit dem 1. Juli 1967 Vorstandsmitglied der Klägerin ist, entrichtete vom 1. Juli bis 31. Dezember 1967 für sich freiwillige Beiträge zur AnV. Vom 1. Januar 1968 an bis zum 30. April 1972 entrichtete die Klägerin für P. Pflichtbeiträge zur AnV, danach gemäß § 113 AVG die Arbeitgeberanteile.
Mit Schreiben vom 21. März 1974 forderte die Klägerin von der Beklagten, sie von der weiteren Beitragszahlung für P. zu befreien und ihr die zuviel gezahlten Arbeitgeberanteile zurückzuerstatten. Hierauf stellte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Oktober 1974 fest, gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 AVG bestehe ab 1. Mai 1972 Versicherungsfreiheit zur AnV, jedoch habe die Klägerin nach § 113 AVG die Arbeitgeberanteile für den Rentenempfänger über den 1. Mai 1972 hinaus weiter zu entrichten.
Widerspruch und Klage sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 1974; Urteil des Sozialgerichts - SG - Itzehoe vom 4. August 1975). Das SG hat die Sprungrevision zugelassen.
Mit schriftlicher Zustimmung der Beklagten und der Beigeladenen hat die Klägerin gegen das Urteil des SG Sprungrevision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 113 AVG und des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Itzehoe vom 4. August 1975 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 1974 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Dezember 1974 aufzuheben, die Beklagte zu verurteilen, ihr die ab 1. Mai 1972 entrichteten Beitragsanteile zur AnV für die Beschäftigung des Vorstandsmitglieds P. zu erstatten und ferner festzustellen, daß sie über den von der Erstattung erfaßten Zeitraum hinaus keine Beitragsanteile zur AnV für die Tätigkeit des Vorstandsmitglieds P. an die Beklagte zu entrichten hat.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Sprungrevision der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) damit einverstanden erklärt, daß der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet.
Entscheidungsgründe
Die Sprungrevision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des SG und der Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheids sind aufzuheben. Die Beklagte hat der Klägerin die ab 1. Mai 1972 entrichteten Beitragsanteile zur AnV für die Beschäftigung ihres Vorstandsmitglieds P. zu erstatten. Ferner ist festzustellen, daß die Klägerin über den von der Erstattung erfaßten Zeitraum hinaus keine Beitragsanteile zur AnV für die Tätigkeit ihres Vorstandsmitglieds P. an die Beklagte zu entrichten hat.
Der Klägerin steht ein Rückforderungsanspruch auf die von ihr entrichteten streitigen Beitragsanteile gegen die Beklagte als Einzugsstelle gemäß §§ 146 Abs. 1, 147 Abs. 2 AVG zu. Nach dem Wortlaut des § 146 Abs. 1 AVG können "Beiträge", die zu Unrecht entrichtet sind, binnen zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Entrichtung zurückgefordert werden. Damit ist ersichtlich der jeweilige volle Beitrag gemeint, der sich aus dem Arbeitgeber- und Versichertenanteil zusammensetzt. Wird der Rückforderungsanspruch - wie hier - auf den Arbeitgeberanteil beschränkt, findet dieses Verlangen ebenfalls in § 146 Abs. 1 AVG seine Stütze. Wenn schon der gesamte Beitrag nach § 146 Abs. 1 AVG zurückgefordert werden kann, gilt dies um so mehr, wenn der Rückforderungsanspruch sich allein auf einen Beitragsanteil des Arbeitgebers beschränkt.
Für die Rückzahlung ist die Beklagte zuständig. Allerdings fehlt im Gesetz hierzu eine ausdrückliche Regelung. Diese Lücke läßt sich jedoch im Wege der Analogie zu § 147 Abs. 2 Satz 1 AVG schließen. In § 147 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 AVG ist bestimmt, welche Stelle für die Rückzahlung zu Unrecht entrichteter Beiträge (§ 146 AVG) zuständig ist. Die beigeladene BfA ist für die Rückzahlung zu Unrecht entrichteter Beiträge zuständig, "soweit sie nach Antragstellung von Rente von ihr beanstandet werden oder durch Verwendung von Beitragsmarken entrichtet sind". Diese Voraussetzungen für die Zuständigkeit der beigeladenen BfA fehlen im Falle der Klägerin. Allerdings trifft auch die Zuständigkeitsregelung des § 147 Abs. 2 Satz 1 AVG auf den Fall der Klägerin nicht unmittelbar zu. Denn nach dieser Vorschrift ist die Einzugsstelle "für die Fälle zuständig, in denen die Versicherungskarte noch nicht aufgerechnet ist". Indes geht diese Zuständigkeitsregelung davon aus, daß ein Rentenantrag noch nicht gestellt ist (vgl. Koch/Hartmann/von Altrock/Fürst, AVG, Bd. IV a § 147 B I, S. V 896). Diese Fallgestaltung ähnelt derjenigen des hier zu entscheidenden Falles, in dem dem Wesen der Sache nach ein Rentenantrag schlechthin ausgeschlossen ist. Denn aus den von der Beklagten nach §§ 113, 121 AVG eingezogenen Beitragsanteilen des Arbeitgebers - hier der Klägerin - erwachsen der Beigeladenen keine Leistungsverpflichtungen. Vielmehr handelt es sich um Beitragsanteile, die für den Versicherten wirkungslos und daher ohne Einfluß auf eine Rente bleiben. Auf diese Beitragsanteile kann kein Rentenantrag wirksam gestützt werden. Es handelt sich insoweit um verlorene Beitragsanteile. Dies rechtfertigt es, § 147 Abs. 2 Satz 1 AVG auf den Fall der Klägerin entsprechend anzuwenden. Damit ist die Beklagte als Einzugsstelle für den Rückforderungsanspruch der Klägerin zuständig.
Die Klägerin hat diesen Anspruch fristgerecht binnen zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Entrichtung (§ 146 Abs. 1 AVG) erhoben. Sie hat nämlich die Beitragsanteile ab 1. Mai 1972 mit Schreiben vom 21. März 1974 von der Beklagten zurückgefordert.
Der Rückforderungsanspruch selbst ist auch begründet. Denn die Klägerin hat die Beitragsanteile zur AnV für die Tätigkeit ihres Vorstandsmitglieds P. seit dem 1. Mai 1972 zu Unrecht entrichtet. Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen war die Klägerin nicht verpflichtet, gemäß § 113 AVG den Arbeitgeber-Beitragsanteil zu entrichten, nachdem die Beigeladene dem Vorstandsmitglied P. Altersruhegeld vom 1. Mai 1972 an gewährte. § 113 AVG ist auf Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft nicht anzuwenden.
Die Beklagte und die Beigeladene möchten die Pflicht der Klägerin, Arbeitgeberanteile zur AnV ab 1. Mai 1972 zu entrichten, daraus herleiten, daß das Vorstandsmitglied P. seit dem 1. Mai 1972 Altersruhegeld aus der AnV bezieht und nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 AVG solche Personen vom Rentenbeginn an versicherungsfrei sind. Dafür mag der Wortlaut des § 113 Satz 1 AVG sprechen, wenngleich es zweifelhaft sein kann, ob P. unmittelbar nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 AVG versicherungsfrei ist. P. ist als Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft für Zeiten nach dem 31. Juli 1969 lediglich kraft einer Fiktion versicherungspflichtig. Es heißt nämlich in Art. 2 § 5 b Satz 2 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG): "Personen, für die Beiträge entrichtet sind, die nach Satz 1 Pflichtbeiträgen gleichstehen, gelten für Zeiten nach dem 31. Juli 1969, in denen sie Mitglied des Vorstands einer Aktiengesellschaft sind, als versicherungspflichtig." Dies könnte die Erwägung nahelegen, daß ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft, das Altersruhegeld bezieht, lediglich in entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 AVG als versicherungsfrei anzusehen ist. Indes kann dies auf sich beruhen. Jedenfalls ist nach dem Sinn und Zweck des § 113 Satz 1 AVG diese Vorschrift auf Empfänger von Altersruhegeld, die zugleich Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft sind, nicht anzuwenden. Der Sinn und Zweck der Regelung des § 113 Satz 1 AVG, den Arbeitgeber, der einen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 AVG versicherungsfreien Empfänger von Altersruhegeld beschäftigt, mit dem Arbeitgeberanteil des Rentenversicherungsbeitrags zu belasten, den er entrichten müßte, wenn der Beschäftigte versicherungspflichtig wäre, ist vornehmlich wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitisch begründet. Der Arbeitgeber, der Altersruhegeldempfänger beschäftigt, soll gegenüber solchen Arbeitgebern, die voll versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen, keinen Wettbewerbsvorteil dadurch erlangen, daß er von der Entrichtung des Arbeitgeberanteils freigestellt ist. Es soll so dem arbeitsmarktpolitisch unerwünschten Ergebnis entgegengewirkt werden, offene Stellen aus Kostengründen vorzugsweise mit Altersruhegeldempfängern zu besetzen. Dies hätte nämlich die Folge, daß Personen, die kein Altersruhegeld beziehen und deshalb nicht versicherungsfrei sind, für den Arbeitgeber eine höhere Kostenbelastung darstellen. Sie wären dann aus diesem Grund als Arbeitnehmer gegenüber dem Altersruhegeldempfänger weniger gefragt, eher arbeitslos und damit auf Arbeitslosengeld oder -hilfe angewiesen. Dem Arbeitgeber wird durch die ihm auferlegte anteilige Beitragsentrichtung der Anreiz genommen, Altersrentner nur wegen ihrer Versicherungsfreiheit und der damit grundsätzlich verbundenen Beitragsfreiheit zu beschäftigen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht anläßlich der verfassungsrechtlichen Überprüfung des § 113 AVG aF in seinem Beschluß vom 16. Oktober 1962 - 2 BvL 27/60 - (BVerfGE 14, 312, 319 f = SozR Nr. 1 zu Art. 108 GG, Bl. Ab 1) ausgesprochen (vgl. auch BSGE 22, 288, 291 = SozR Nr. 1 zu § 113 AVG). Wenn auch § 113 AVG aF durch Art. 1 § 2 Nr. 36 des Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes vom 9. Juni 1965 (BGBl I 746) mit Wirkung vom 1. Juli 1965 gestrichen wurde, trägt der Senat dennoch keine Bedenken, diese Wertung auch auf den jetzigen § 113 Satz 1 AVG zu übertragen, der der Sache nach mit § 113 AVG aF übereinstimmt und mit Wirkung vom 1. Januar 1968 an durch Art. 1 § 2 Nr. 14 des Finanzänderungsgesetzes 1967 vom 21. Dezember 1967 (BGBl I 1259) in das AVG eingefügt worden ist. Auch in der Literatur wird dem § 113 Satz 1 AVG die bezeichnete wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitische Motivation zugeschrieben (Eicher/Haase/Rauschenbach/Nordhorn/Laufer, Die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, 5. Aufl. 1973, § 1386, Anm. 2; Hanow/Lehmann/Bogs, 4. Buch der RVO, § 1386, Anm. 1, 2, 3. Lieferung März 1969; Verbandskomm., RVO § 1386, Anm. 1, 3, 9. Ergänzung 1. Oktober 1968; zweifelnd: Koch/Hartmann/von Altrock/Fürst, aaO, § 113 II).
Gerade die wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitische Zwecksetzung des § 113 Satz 1 AVG geht davon aus, daß es für die davon betroffenen abhängig Beschäftigten einen Arbeitsmarkt gibt. Für die überwiegende Zahl aller abhängig Beschäftigten ist das der Fall. Dies trifft aber nicht auf die verhältnismäßig kleine Gruppe von Angestellten zu, die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft sind. Sie stehen außerhalb des üblichen Arbeitsmarktes. Bei aller Verschiedenheit in Größe, Wirtschaftskraft und Bedeutung von Aktiengesellschaften und damit auch der Stellung der jeweiligen Vorstandsmitglieder ist doch als Gemeinsamkeit bei allen Aktiengesellschaften und deren Vorstandsmitgliedern festzustellen, daß derartige Spitzenstellungen der Wirtschaft nicht unter arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Gesichtspunkten besetzt zu werden pflegen. Im Rentenversicherungsrecht ist der Sonderstellung von Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften gegenüber allen anderen abhängig beschäftigten Angestellten dadurch Rechnung getragen worden, daß die Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft nach § 3 Abs. 1 a AVG vom 1. Januar 1968 an nicht mehr zu den Angestellten des Absatz 1 des § 3 AVG "gehören". Insofern werden sie wegen ihrer Sonderstellung nicht wie andere abhängig Beschäftigte als wirtschaftlich und sozial schutzbedürftig angesehen. Sie stehen aus diesem Grund außerhalb der AnV (BSGE 36, 164, 165, 167 = SozR Nr. 23 zu § 3 AVG; BSGE 36, 258, 259 ff = SozR Nr. 24 aaO).
Dieses dem Grundgedanken des § 113 Satz 1 AVG entnommene Ergebnis wird zusätzlich noch von folgender Erwägung getragen. Die Voraussetzungen des § 113 Satz 1 AVG könnten allenfalls bei solchen Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft - wie hier P. - erfüllt sein, für die Beiträge für Zeiten nach dem 31. Juli 1969 entrichtet worden sind und für die Beiträge, die zwischen dem 1. Januar 1968 und dem 31. Juli 1969 in der Annahme der Versicherungspflicht entrichtet wurden, nicht bis zum 31. Dezember 1969 zurückgefordert worden sind. Nur diese "gelten" nach der Übergangsregelung des Art. 2 § 5 b AnVNG als versicherungspflichtig. Demnach wäre ein Arbeitgeber nur bei der Beschäftigung eines Altersruhegeldempfängers als Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft, der zu der verhältnismäßig kleinen Gruppe der fiktiv versicherungspflichtigen Vorstandsmitglieder nach Art. 2 § 5 b AnVNG gehört, gehalten, nach § 113 Satz 1 AVG den Arbeitgeberanteil zur AnV zu entrichten, während er bei der Beschäftigung aller anderen, nicht zu der Sondergruppe des Art. 2 § 5 b AnVNG gehörigen Vorstandsmitglieder von einer derartigen Leistungsverpflichtung freigestellt wäre. Ein solches Ergebnis wäre aber mit der in § 113 Satz 1 AVG enthaltenen Grundvorstellung nicht vereinbar, die den Arbeitgeber, der Altersruhegeldempfänger beschäftigt, durch die Freistellung von der anteiligen Beitragsentrichtung nicht bevorzugt, aber auch - was hier entscheidend ist - den Beschäftigten selbst nicht benachteiligt. Der zur Sondergruppe des Art. 2 § 5 b AnVNG gehörige Beschäftigte wäre nämlich gegenüber allen anderen als Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft beschäftigten Altersruhegeldempfängern dadurch benachteiligt, daß seine Beschäftigung für den Arbeitgeber mit einer anteiligen Beitragslast verbunden wäre. Dies könnte aber den Arbeitgeber bestimmen, von der Beschäftigung eines solchen Altersruhegeldempfängers als Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft abzusehen.
Für den hier zu entscheidenden Fall bleibt daher festzuhalten: Die Beklagte war nicht berechtigt, von der Klägerin zu verlangen, daß sie für die Tätigkeit ihres Vorstandsmitglieds P. seit dem 1. Mai 1972 Beitragsanteile zur AnV entrichtete. Diese Beitragsanteile fordert die Klägerin von der Beklagten zutreffend als zu Unrecht entrichtet zurück.
Auch dem weiteren Antrag der Klägerin festzustellen, daß sie über den von der Erstattung erfaßten Zeitraum hinaus keine Beitragsanteile für die Tätigkeit ihres Vorstandsmitglieds P. zur AnV an die Beklagte zu entrichten hat, ist stattzugeben. Das Begehren hat die Feststellung des Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) - ein auf die Entrichtung von Beitragsanteilen gerichtetes Rechtsverhältnis - zum Gegenstand. Die Klägerin hat dafür ein Feststellungsinteresse. Es ist nämlich auch für die Zukunft klarzustellen, daß die Beklagte von ihr keine Beitragsanteile aus Anlaß der Tätigkeit des Vorstandsmitglieds P. nach § 113 AVG zu fordern berechtigt ist. Dafür sind dieselben Gründe wie für den Rückforderungsanspruch der Klägerin maßgebend.
Da die Vorschrift des § 113 AVG in dem hier zu entscheidenden Fall nicht anzuwenden ist, erübrigt es sich, auf die Rüge der Klägerin einzugehen, § 113 AVG sei mit dem verfassungsmäßig verbürgten Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 193, 194 SGG.
Fundstellen