Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann eine Maßnahme zur beruflichen Fortbildung (hier: Sparkassenfachlehrgang für Sparkassenbedienstete mit dem Ziel der Prüfung für den gehobenen Sparkassendienst) iS der Ausschlußvorschrift des AFG § 43 Abs 2 "auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes ausgerichtet" ist.
Leitsatz (redaktionell)
Sparkassen-Fachlehrgang als verbandsbezogene Maßnahme iS des AFG § 43 Abs 2:
Diese "Ausrichtung" iS des AFG § 43 Abs 2 ergibt sich aus der Beschränkung des Teilnehmerkreises auf Sparkassenbedienstete aus bestimmten Bundesländern, aus der - jedenfalls zu einem wesentlichen Teil - speziell auf das öffentliche Sparkassenwesen bezogenen Lehrplangestaltung und dem Lehrgangsziel, der Prüfung für den gehobenen Sparkassendienst. Dem steht nicht entgegen, daß die in dem Lehrgang vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten im Bereich aller Sparkassen und darüber hinaus des gesamten Kreditwesens und weiter Teile der Verwaltung und des kaufmännischen Lebens beruflich genutzt werden können. Eine solche - nach dem Wortlaut nicht gebotene - Einengung der Ausschlußvorschrift würde nicht dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck entsprechen, die Finanzierung "verbands- und interessierten Firmen und Verbänden zu überlassen.
Normenkette
AFG § 43 Abs. 2
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. März 1973 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 10. Mai 1972 wird zurückgewiesen.
Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger, der im März 1964 eine kaufmännische Lehre bei der Kreissparkasse zu D. abgeschlossen hat und seither als Angestellter bei dieser Sparkasse beschäftigt ist, nahm in der Zeit vom 28. September 1970 bis zum 22. April 1971 an dem 18. Sparkassenfachlehrgang der Sparkassenschule in M. teil. Die Schule - eine rechtlich unselbständige Einrichtung des Sparkassen- und Giroverbandes Rheinland-Pfalz - hat u. a. die Aufgabe, Bedienstete der öffentlichen Sparkassen und deren Gemeinschaftseinrichtungen durch Lehrgänge fortzubilden; sie nimmt auch die für den Sparkassendienst erforderlichen Fachprüfungen ab. Der Lehrgang, an dem der Kläger teilgenommen hat, hatte die Prüfung für den gehobenen Sparkassendienst zum Ziel. Es konnten daran Sparkassenbedienstete aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Nordrhein-Westfalen teilnehmen. Er umfaßte bei werktäglich fünf Stunden Unterricht insgesamt 770 Stunden aus den Fachgebieten Wirtschaftskunde, Rechtskunde, Staatskunde und Gemeinderecht, Sparkassenwesen, Sparkassenbetriebswirtschaft, Sparkassenrecht, Betriebswirtschaft sowie einigen Nebengebieten. Der Kläger, dessen Gehalt während des Lehrgangs weitergezahlt wurde, mußte sich verpflichten, nach Abschluß des Lehrgangs zumindest drei weitere Jahre im Dienst der Sparkasse zu bleiben oder eine Ablösungssumme zu zahlen. Er stieg nach erfolgreichem Abschluß des Lehrgangs von der Vergütungsgruppe VIb nach Vb des Bundesangestelltentarifs (BAT) auf.
Der Antrag des Klägers vom 10. November 1970, ihm Förderungsleistungen für diesen Lehrgang zu gewähren, wurde vom Arbeitsamt M. mit Bescheid vom 10. Mai 1971 abgelehnt, weil es sich dabei um eine interessengebundene Maßnahme § 43 Abs. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes - AFG -) handele und kein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse an der Förderung bestehe. Widerspruch und Klage vor dem Sozialgericht (SG) Trier waren erfolglos.
Das Landessozialgericht (LSG) hat das klagabweisende Urteil des SG vom 10. Mai 1972 abgeändert, den Bescheid vom 10. Mai 1971 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 1971 aufgehoben und die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger Leistungen nach Maßgabe der Vorschriften des AFG zur Förderung beruflicher Fortbildung für die Teilnahme an dem Lehrgang der Sparkassenschule Rheinland-Pfalz in der Zeit vom 28. September 1970 bis zum 22. April 1971 zu gewähren. In den Urteilsgründen, auf die im übrigen Bezug genommen wird, hat es dazu folgendes ausgeführt:
Bei dem Lehrgang handele es sich um eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung i. S. des § 41 Abs. 1 AFG; die Teilnahme daran setze eine abgeschlossene Berufsausbildung voraus und habe zum Ziel, die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten des Klägers zu erweitern und seinen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen. Der Lehrgang sei auch nicht i. S. des § 43 Abs. 2 AFG auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes ausgerichtet und somit nicht grundsätzlich von der Förderung ausgeschlossen. Diese Ausnahmevorschrift sei eng auszulegen. Fortbildungsmaßnahmen dienten regelmäßig nicht nur den Interessen des Arbeitnehmers, sondern zugleich auch denen des Arbeitgebers; eine Ausrichtung in diesem Sinne könne daher zur Anwendung des § 43 Abs. 2 AFG nicht genügen. Es könne dafür auch nicht entscheidend darauf ankommen, ob der Arbeitgeber ein besonderes Interesse daran habe, den fortzubildenden Arbeitnehmer in seinem Betriebe zu behalten, oder darauf, ob der Arbeitnehmer selbst die Absicht habe, dort zu bleiben. Nach § 43 Abs. 2 AFG seien Maßnahmen grundsätzlich von der Förderung ausgeschlossen, die ihrem Inhalt nach so speziell auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes ausgerichtet seien, daß der Arbeitnehmer die mit der Fortbildung erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten außerhalb dieses Bereichs nicht oder kaum auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nutzen könne. Nach Ansicht des Senats genüge es aber nicht -obgleich der allgemeine Sprachgebrauch eine solche Auslegung erlauben würde -, daß eine Maßnahme zwar von einem Betrieb oder Verband für seine Zwecke eingerichtet oder gefördert wird und auch in Lehrplan und Teilnahmebedingungen auf diese Zwecke zugeschnitten ist, die dort vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten aber - aus der Sicht des Betriebes oder Verbandes unerwünscht - von den Teilnehmern auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nutzbringend eingesetzt werden können. Im vorliegenden Fall liege auf der Hand, daß die dem Kläger bei der Teilnahme an dem Lehrgang vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten bei allen Sparkassen und darüber hinaus im gesamten Kreditwesen und in weiten Teilen der Verwaltung und des kaufmännischen Bereichs beruflich genutzt werden könnten. Bei der Ausrichtung auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes könne nicht auf die Zwecke eines Verwaltungszweiges abgestellt werden, der örtlich und organisatorisch so weit verbreitet und unterteilt sei und so viele Bedienstete habe wie "die Sparkassen" insgesamt. Der vom Senat angewendeten engen Auslegung des § 43 Abs. 2 AFG stünden auch nicht die Ausführungen im Bericht des Bundestagsauschusses zu dieser Vorschrift (§ 42 Abs. 4 des Entwurfs zu BT-Drucks. V/4110) entgegen, zumal dort von "verbands- und betriebsinternen" Maßnahmen die Rede sei. Hätte man aber - was zweifelhaft sei - damit die Förderung von Maßnahmen ausschließen wollen, die bisher üblicherweise von Betrieben oder Verbänden finanziert wurden, so habe eine solche Absicht jedenfalls im Gesetz keinen hinreichenden Ausdruck gefunden. Gegen eine weite Auslegung in dieser Richtung spreche auch die im Vergleich zu § 137 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) eingeschränkte Regelung in § 37 AFG, wonach Förderungsleistungen nicht gewährt werden, soweit andere öffentlich-rechtliche Stellen hierzu gesetzlich verpflichtet sind. Auch fehle in den Sondervorschriften für die berufliche Fortbildung eine dem - für das Gebiet der beruflichen Umschulung geltenden - § 47 Abs. 2 AFG entsprechende Vorschrift, wonach Leistungen nicht gewährt werden, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen erbringt oder voraussichtlich erbringen wird. Schließe somit § 43 Abs. 2 AFG die Förderung im vorliegenden Falle nicht aus, so sei der Anspruch des Klägers dem Grunde nach gegeben, da die übrigen Voraussetzungen (§§ 33, 34, 36, 41 - 43 AFG und §§ 1, 2, 6 - 8, 21 der Anordnung Fortbildung und Umschulung vom 18. Dezember 1969 - AFuU -) zweifelsfrei erfüllt seien. Der Kläger habe auch keinen gesetzlichen Anspruch auf die zur Förderung der Teilnahme im AFG vorgesehenen Leistungen gegen die Kreissparkasse zu D. oder den Sparkassen- und Giroverband (§ 37 AFG). Der Senat teile auch nicht die Auffassung der Beklagten, daß die Förderung unter Berücksichtigung der Lage und der Entwicklung des Arbeitsmarktes nicht zweckmäßig erscheine (§ 36 AFG). Der Kläger als Angestellter gehöre nicht zu den Personen, denen der Staat oder einer seiner Träger grundsätzlich auf Lebenszeit ein öffentlich-rechtliches, nach dem Alimentationsprinzip ausgestattetes Dienstverhältnis garantiere. Da ihm gekündigt werden könne und er somit den Krisen des Arbeitslebens ausgesetzt sei, entspreche es einer arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit, ihn durch Fortbildung krisenfester zu machen.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte Verletzung des § 43 Abs. 2 AFG und führt hierzu insbesondere aus: Entgegen der Auffassung des LSG sei der vom Kläger besuchte Sparkassenfachlehrgang als eine i. S. dieser Vorschrift auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes ausgerichtete Maßnahme anzusehen. Zutreffend gehe das LSG davon aus, daß die Vorschrift auch die Zwecke von öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder Verbänden sowie von Behörden ausgerichteten Maßnahmen erfasse. Dabei sei aber die Größenordnung dieser Einrichtungen ohne Bedeutung. Eine Förderung sei bei der Teilnahme an Maßnahmen ausgeschlossen, die im Bereich eines Zweiges der öffentlichen Hand für deren Bedienstete durchgeführt werden, soweit es sich dabei nicht um breit angelegte (z. B. Verwaltungsakademien) sondern um spezielle Maßnahmen - wie hier den Sparkassenfachlehrgang - handele. Dabei seien die Trägerschaft durch einen bestimmten Betrieb oder Verband sowie die Beschränkung des Teilnehmerkreises auf deren Bedienstete unter Fortbestand des Arbeitsverhältnisses typische Merkmale einer Interessengebundenheit. Der Lehrgang, an dem der Kläger teilgenommen habe, sei auch auf den Sparkassendienst zugeschnitten gewesen. Eine Einschränkung des Förderungsausschlusses dahin, daß in den betroffenen Maßnahmen nur Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden dürften, die allein innerhalb eines Betriebes oder Verbandes genutzt werden könnten, sei unrealistisch, da regelmäßig ein mehr oder weniger großer Teil der bei solchen Lehrgängen erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten auch anderweitig verwertet werden könne. Die Verwendbarkeit der hinzuerworbenen Kenntnisse auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei ein Aspekt der für jegliche Förderung nach dem AFG vorauszusetzenden arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit i. S. des § 36 AFG, der bei Auslegung des § 43 Abs. 2 AFG außer Betracht bleiben müsse. Eine i. S. des angefochtenen Urteils enge Auslegung entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers, wie aus dem Hinweis in der Ausschußbegründung ( zu BT-Drucks. V/4110), daß eine Verlagerung von Förderungsleistungen auf die Bundesanstalt verhindert werden solle, ersichtlich sei. Wenn hiernach die Förderung verbands- und betriebsinterner Maßnahmen "wie bisher" grundsätzlich ausgeschlossen sein solle, so werde damit auf die Regelung nach Nr. 7 Abs. 1 der Richtlinien für die Gewährung von Beihilfen zur beruflichen Fortbildung (RL) vom 6. September 1965 (Bundesanz. Nr. 170 = BABl S. 735) verwiesen. Dort werde insbesondere auf betriebs- und verbandsinterne berufliche Bildungseinrichtungen abgestellt, die nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich sind; das solle auch weiterhin gelten. Dem stehe nicht - wie das LSG meine - die Regelung nach § 37 AFG entgegen. Diese Vorschrift beziehe sich auf gesetzliche Leistungen (z. B. nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, Soldatenversorgungsgesetz, Bundesversorgungsgesetz) und stehe nicht im Zusammenhang mit Verpflichtungen des Arbeitgebers. Handele es sich somit bei dem vom Kläger besuchten Lehrgang um eine in § 43 Abs. 2 AFG angesprochene Maßnahme, so sei eine Förderung nur möglich, wenn dafür ein "besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse" bestehe. Das sei, wie bereits das SG zutreffend erkannt habe, nicht der Fall; es liege insbesondere keiner der in § 4 AFuU genannten Tatbestände vor.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 10. Mai 1972 zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die von der Revision angegriffenen Rechtsausführungen des LSG ergäben sich notwendig aus der nach Wortlaut und Sinngehalt des § 43 Abs. 2 AFG gebotenen engen Auslegung dieser Vorschrift. Mit der "Ausrichtung" werde dort eine sehr starke und unmittelbare Zweckbestimmung angesprochen. Dabei komme es allein auf den materiellen Gehalt der Maßnahme an. Hierzu habe das LSG bindend festgestellt, daß die bei dem Lehrgang vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten auch in weiteren Bereichen beruflich genutzt werden könnten. Damit entfalle die indizielle Bedeutung der von der Beklagten herangezogenen Merkmale wie Trägerschaft und Beschränkung des Teilnehmerkreises.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten in der Revisionsinstanz im einzelnen und im übrigen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Förderung seiner Teilnahme an dem Sparkassenfachlehrgang zu. Nach § 43 Abs. 2 AFG wird die Teilnahme an Maßnahmen, die auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes ausgerichtet sind, nur gefördert, wenn dafür ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht. Es handelt sich um eine Ausschlußvorschrift, die nur für besondere Ausnahmefälle nicht gilt. Da der Ausschluß von der Förderung eintreten soll, obgleich die Voraussetzungen dafür im übrigen gegeben sind - andernfalls hätte es dieser besonderen Ausschlußvorschrift nicht bedurft - kann das Vorliegen der Förderungsvoraussetzungen der Anwendung der Ausschlußvorschrift nicht entgegenstehen. Das gilt insbesondere für das allgemeine Erfordernis der arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit i. S. des § 36 AFG, zumal gerade ein "besonderes" arbeitsmarktpolitisches Interesse den Ausnahmefall begründet, in dem trotz Vorliegen des Ausschlußtatbestandes eine Förderung stattfindet. Der Regeltatbestand des § 43 Abs. 2 AFG ist also kein besonders hervorgehobener Fall des Fehlens der arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit; seine Tatbestandsmerkmale sind vielmehr unabhängig hiervon und vom Vorliegen der sonstigen Förderungsvoraussetzungen zu prüfen. Die erst durch den Ausschuß für Arbeit dem Entwurf eingefügte Ausschlußvorschrift (§ 42 Abs. 4 des Entwurfs, BT-Drucks. V/4110 S. 20) ist durch eine Verwendung weitgehend unbestimmter Begriffe gekennzeichnet, die es erforderlich erscheinen läßt, zu deren Auslegung auch ihre Entstehungsgeschichte heranzuziehen. Im Schriftlichen Bericht des Ausschusses ( zu BT-Drucks. V/4110 S. 9) heißt es dazu, die Förderung "verbands- und betriebsinterner Maßnahmen" solle "wie bisher" grundsätzlich ausgeschlossen sein; derartige Maßnahmen sollten im allgemeinen von den Firmen und Verbänden selbst finanziert werden. Die neue Vorschrift solle eine Verlagerung der Leistungen zur Fortbildungsförderung von der Wirtschaft auf die Bundesanstalt so weit wie möglich verhindern helfen. Der politische Zweck der Regelung ist damit klar herausgestellt: Die für die neue berufliche Bildungsförderung erforderlichen Mittel der Bundesanstalt für Arbeit (BA) sollten möglichst nicht für Maßnahmen verbraucht werden, die bisher schon von anderen Stellen in deren eigenem Interesse finanziert wurden. Dieses durchaus verständliche und sachgerechte Motiv des Gesetzgebers anzuzweifeln, besteht kein begründeter Anlaß. Wenn das LSG hierfür auf die im Vergleich zu der des früher geltenden § 137 AVAVG eingeschränkte Regelung in § 37 AFG hinweist, so verkennt es, daß sich § 137 AVAVG nicht auf die Maßnahme, sondern auf die persönliche Bedürftigkeit des Teilnehmers bezieht, dem die erforderlichen Mittel "auch nicht von Dritten" zur Verfügung gestellt werden. Dem entspricht - allerdings unter Einschränkung auf Förderungsleistungen anderer, dazu gesetzlich verpflichteter öffentlich-rechtlicher Stellen - die neue Regelung in § 37 AFG. Auch die vom LSG gleichfalls hierzu angezogene Sonderregelung für die Umschulung nach § 47 Abs. 2 AFG bezieht sich nicht wie § 43 Abs. 2 auf die Maßnahme, sondern auf die persönliche Förderung des Teilnehmers durch seinen Arbeitgeber ("insoweit nicht ..., als der Arbeitgeber gleichartige Leistungen erbringt").
Das hiernach klargestellte Motiv des Gesetzgebers für die Einfügung des § 43 Abs. 2 AFG ergibt keine Begründung für die Auffassung des LSG, diese Ausschlußvorschrift grundsätzlich "eng" auszulegen. Mit den Worten "wie bisher" verweist der Ausschußbericht eindeutig auf die einschlägige Bestimmung der Nr. 7 Abs. 1 RL vom 6. September 1965, wonach Beihilfen nicht gewährt werden, "wenn der Lehrgang (a) ... (b) der Schulung für Verbandsaufgaben dient, (c) von einzelnen Betrieben oder Unternehmen, einem Verband, einer Verwaltung oder einer sonstigen Organisation getragen wird und seiner Zielsetzung nach vorwiegend auf die Belange seines Trägers ausgerichtet oder nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich ist, (d) ...". Die Bedeutung der genannten RL für den Gesetzgeber des AFG ergibt sich schon daraus, daß sie nach der Überleitungsvorschrift des § 242 Abs. 10 Nr. 3 AFG bis zum - inzwischen erfolgten - Inkrafttreten einer Anordnung nach § 39 AFG weiter gelten sollten. Da die AFuU vom 18. Dezember 1969 keine einschlägigen Bestimmungen zum Regelfall des § 43 Abs. 2 AFG enthält, bestehen keine Bedenken, bei Auslegung dieser Vorschrift den Inhalt der genannten Bestimmungen der Richtlinien mitzuverwerten. Das gilt insbesondere für die Frage, was unter "Zwecke eines Betriebes oder Verbandes" zu verstehen ist. Bei der Wortverbindung "Betrieb oder Verband" handelt es sich danach nicht um eine Alternative, sondern um einen allgemeinen Sammelbegriff, der an die Stelle der früheren Anhäufung von Begriffen (Betrieb, Unternehmen, Verband, Verwaltung, sonstige Organisation) getreten ist und erkennbar jede Einrichtung erfassen soll, die überhaupt als Zweckträger für Fortbildungsmaßnahmen in Betracht kommen kann. Die Hinzufügung des "Verbandes" zu dem schon im weitesten Sinne aufzufassenden arbeitsrechtlichen Begriff des "Betriebes" soll sicherstellen, daß neben dem einzelnen Betrieb auch höhere Einheiten aller Art erfaßt werden sollen. Vom Sinn und Zweck der Vorschrift aus kann es keinen Unterschied machen, ob eine Fortbildungsmaßnahme von einem einzelnen Großbetrieb, einem Unternehmen mit mehreren Einzelbetrieben oder einer Mehrheit kleinerer Betriebe mit insoweit gleichlaufenden, gemeinsamen Interessen durchgeführt wird. Daß öffentliche Verwaltungen hiervon nicht ausgenommen werden sollten, ergibt sich außer aus der ausdrücklichen Erwähnung in den o. a. RL schon aus der dargelegten Zielsetzung des Gesetzgebers, da gerade bei ihnen interne Fortbildungsmaßnahmen für ihre Bediensteten traditionell üblich sind.
Unter "Zwecke" kann entsprechend dem früher verwendeten Ausdruck "Belange" nichts anderes verstanden werden als "Interessen" (daher der abkürzende Ausdruck "interessengebundene Maßnahmen"). Dabei muß sich die Interessengebundenheit unmittelbar auf die Fortbildung selbst beziehen. Das LSG hat insoweit zutreffend ausgeführt, hierzu genüge es noch nicht, daß etwa der Betrieb bestimmte Arbeitnehmer durch Förderung ihrer Fortbildung an sich binden will oder daß diese Arbeitnehmer ohnehin nicht vorhaben, den Betrieb zu wechseln. Im übrigen ergänzen sich die Interessen von Betrieb und Verband entsprechend der weiter oben dargestellten Bedeutung dieses Sammelbegriffs.
Ob eine Fortbildungsmaßnahme auf die Interessen eines Betriebes oder Verbandes "ausgerichtet" ist, ergibt sich nach Auffassung des Senats insbesondere aus der entsprechenden Auswahl des Teilnehmerkreises, dem Inhalt der Schulung und dem besonderen Ausbildungsziel. Unter Gesamtwürdigung dieser einander überschneidenden und ergänzenden Merkmale ist der Lehrgang, an dem der Kläger teilgenommen hat, als interessengebundene Maßnahme i. S. des § 43 Abs. 2 AFG anzusehen. Der Teilnehmerkreis war auf Bedienstete der öffentlichen Sparkassen des veranstaltenden Verbandes, die als solche von ihren Kassen dorthin geschickt wurden, beschränkt. Dabei ist es ohne Bedeutung, daß auch Teilnehmer aus einigen benachbarten Bundesländern zugelassen waren; technisch bedingte Regelungen dieser Art vermögen den fach- und verbandsinternen Charakter der Maßnahme nicht zu beeinträchtigen. Der Inhalt der Schulung war auch, wie der Lehrplan ausweist, auf die Interessen der die Teilnehmer entsendenden Kassen zugeschnitten; es sollten dort Kenntnisse vermittelt werden, die von den maßgebenden Stelle für eine gehobene Tätigkeit speziell bei den öffentlichen Sparkassen für erforderlich angesehen werden. Allerdings war der Lehrgang nach der Feststellung des LSG nicht derart spezialisiert, daß die mit der Fortbildung erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten außerhalb dieses Bereichs auf dem Arbeitsmarkt nicht oder kaum genutzt werden könnten; hiernach wurden vielmehr dort Kenntnisse vermittelt, die im Bereich aller Sparkassen und darüber hinaus des gesamten Kreditwesens und weiter Teile der Verwaltung und des kaufmännischen Lebens beruflich genutzt werden können. Das kann nach Auffassung des Senats jedoch nicht genügen, die Anwendung des § 43 Abs. 2 AFG auszuschließen. Eine so starke Einschränkung kann dem Begriff "ausgerichtet" auch bei strenger Auslegung nicht entnommen werden; es würden sonst praktisch kaum Fälle übrig bleiben, die nicht schon aus anderen Gründen, insbesondere wegen fehlender arbeitsmarktpolitischer Zweckmäßigkeit (§ 36 AFG) von der Förderung ausgeschlossen wären. Dabei ist die Verwendbarkeit der erworbenen beruflichen Qualifikation auch bei allen anderen öffentlichen Sparkassen und deren Gemeinschaftseinrichtungen schon deshalb nicht von entscheidender Bedeutung, weil es dem gemeinsamen Interesse dieser Institute entspricht, gelegentlich auftretende Lücken an qualifizierten Mitarbeitern durch ein Überwechseln solcher Kräfte ausfüllen zu können; hier ergänzen sich in typischer Weise Betriebs- und Verbandsinteressen. Das gilt bei den öffentlichen Sparkassen um so mehr, als sie institutionell und aufgabenmäßig nicht auf echten Wettbewerb untereinander - mag einer solcher praktisch auch einmal auftreten - ausgerichtet sind, sondern - wie andere kommunale Einrichtungen und Verwaltungen - in regionaler Gliederung nebeneinander ihre gleichgerichteten und gemeinsamen Aufgaben erfüllen. Vom Sinn und Zweck der Regelung her sind auch keine Gründe dafür ersichtlich, die auf regionaler Ebene organisierten Einrichtungen anders als die auf höherer Ebene organisierten zu behandeln. Für "die öffentlichen Sparkassen" muß hiernach gleiches gelten wie etwa für die Bundesbahn oder die BA im Verhältnis zu ihren einzelnen Betrieben oder Dienststellen. Gegenüber anderen möglichen Interessenten - insbesondere privaten Kreditinstituten - ist der vom Kläger besuchte Lehrgang aber - nicht nur nach den Teilnahmebedingungen - hinreichend spezialisiert, wie der Anteil der speziell auf das öffentliche Sparkassenwesen bezogenen Lehrfächer erkennen läßt. Dabei genügt es im vorliegenden Fall, daß der Anteil dieses Lehrstoffes an der Gesamtschulung jedenfalls nicht so unwesentlich ist, daß von einer Ausrichtung auf die Zwecke der öffentlichen Sparkassen nicht mehr gesprochen werden könnte. Es kommt hier nämlich hinzu, daß es sich um einen Fachlehrgang mit dem Ziel der Prüfung für den gehobenen Sparkassendienst (§ 25 BAT i. V. m. § 1 der Anlage 3 - Ausbildungs- und Prüfungspflicht der Angestellten im kommunalen Verwaltungs- und Kassendienst sowie im Sparkassendienst -) handelt. Außer auf die materielle Fortbildung der Teilnehmer ist der Lehrgang also auch auf deren speziell auf die Dienstverhältnisse bei den öffentlichen Sparkassen bezogene formelle Qualifikation ausgerichtet. Soweit die besondere Personalstruktur des öffentlichen Dienstes auch für Angestellte ein spezielles Ausbildungs- und Prüfungswesen erfordert, muß es als selbstgestellte Aufgabe des betroffenen Verwaltungszweiges angesehen werden, die hierzu erforderlichen betrieb- oder verbandsinternen Maßnahmen zu veranstalten und die Teilnahme ihrer Bediensteten daran zu fördern. Es entspricht nicht dem in § 43 Abs. 2 AFG zum Ausdruck gelangten Willen des Gesetzgebers, diese traditionell und zumutbarerweise übernommene Belastung nunmehr auf die BA zu verlagern.
Bei der Gesamtwürdigung der die "Ausrichtung" kennzeichnenden Merkmale hat der Senat hiernach keine Bedenken, den Sparkassenfachlehrgang, an dem der Kläger teilgenommen hat, als eine der von § 43 Abs. 2 AFG angesprochenen Fortbildungsmaßnahmen anzusehen, deren Förderung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Irgend ein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines "besonderen" arbeitsmarktpolitischen Interesses, die Teilnahme des Klägers an dem Lehrgang zu fördern, das - ausnahmsweise - die Förderung gleichwohl rechtfertigen würde, ist - wie auch das SG bereits ausgeführt hat - nicht zu erkennen.
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das die Klage zu Recht abweisende Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen
Haufe-Index 1647903 |
BSGE, 172 |