Leitsatz (amtlich)
Die nach RVO § 518 ausgestellte Bescheinigung über die Zugehörigkeit eines Pflichtversicherten zur Ersatzkasse ist ein feststellender Verwaltungsakt. Er kann von der Pflichtkasse mit der Behauptung angefochten werden, die Mitgliedschaft des Versicherten bei der Ersatzkasse sei nicht wirksam begründet worden. Die Erhebung der Anfechtungsklage ist an keine Frist gebunden.
Leitsatz (redaktionell)
1. Zum Umfang des Mitgliederkreises einer Ersatzkasse.
2. Die Frage, ob die beigeladenen Feuerwehrleute zu Recht als Angestellte angesehen werden, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil jedenfalls die bei einer Behörde der ausländischen Streitkräfte beschäftigten deutschen Bediensteten, soweit es sich nicht um Büroangestellte handelt, nicht zum Mitgliederkreis der beklagten Ersatzkasse gehören. Feuerwehrleute wären zu den bei ausländischen Behörden oder Verwaltungen beschäftigten technischen Angestellten zu rechnen, soweit sie zur Gruppe der Angestellten gehören.
Normenkette
RVO § 518 Fassung: 1930-07-26; SGG § 54 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 3. Dezember 1958 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 6. Juli 1955 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die 47 beigeladenen Feuerwehrleute (Beigeladene zu 4 bis 50) Angestellte sind und zum Personenkreis derjenigen Versicherten gehören, die Mitglied der beklagten Ersatzkasse sein können.
Die beklagte Ersatzkasse nahm im Jahre 1949 und vereinzelt auch in den folgenden Jahren bis 1953/54 47 Feuerwehrleute, die bei der amerikanischen Besatzungs- (Stationierungs-) Macht in München beschäftigt sind, als Mitglieder auf und stellte Bescheinigungen über die Zugehörigkeit zur Ersatzkasse nach § 518 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aus. Im Jahre 1954 und in den folgenden Jahren schieden etwa 20 der beigeladenen Feuerwehrleute aus ihrer Tätigkeit bei der Besatzungs- (Stationierungs-) Macht aus. Im Februar 1954 forderte die klagende Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) die beklagte Ersatzkasse auf, "die ausgestellten Befreiungsbescheinigungen zurückzuziehen und die Feuerwehrleute für die Pflichtmitgliedschaft zu ihrer Kasse freizugeben". Die beklagte Ersatzkasse lehnte dies ab und bestritt, daß der Arbeitgeber zur Ummeldung der Feuerwehrleute bei der Klägerin verpflichtet sei. Darauf erhob die AOK Klage mit dem Antrag, die von der Beklagten ausgestellten Bescheinigungen aufzuheben und festzustellen, daß die beigeladenen Feuerwehrleute Pflichtmitglieder der Klägerin sind. Die Feuerwehrleute seien keine Angestellten sondern Arbeiter, da es sich nicht um eine Berufsfeuerwehr, sondern um eine Art Werksfeuerwehr handele. Die US-Besatzungs- (Stationierungs-)Macht sei im übrigen keine öffentliche Verwaltung im Sinne des deutschen Rechts, so daß deren Beschäftigte auch aus diesem Grunde der Beklagten nicht als Mitglied angehören könnten. Demgegenüber machte die Beklagte geltend, es handele sich um angestelltenversicherungspflichtige Angehörige einer Berufsfeuerwehr, die als Angestellte einer öffentlichen Verwaltung zu Recht Mitglieder ihrer Kasse geworden seien.
Das Sozialgericht (SG) München lud die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), die Landesversicherungsanstalt (LVA) Oberbayern, den Freistaat Bayern und die 47 Feuerwehrleute bei und hob die von der beklagten Ersatzkasse ausgestellten Bescheinigungen über die Ersatzkassenzugehörigkeit der beigeladenen Feuerwehrleute auf; es stellte fest, daß diese Feuerwehrleute für die Dauer ihres Beschäftigungsverhältnisses bei der US-Besatzungsmacht Pflichtmitglieder der klagenden AOK seien (Urteil vom 6.7.1955).
Gegen dieses Urteil legte die beklagte Ersatzkasse Berufung ein und trug zur Begründung vor: Die klagende AOK habe die Feuerwehrleute selbst bis zur Übernahme als Angestellte geführt. Es handele sich um Angehörige einer Berufsfeuerwehr, die der größerer Städte gleichzuachten sei. Die Behörden der US-Streitkräfte seien als öffentliche Verwaltungen anzusehen, so daß deren Angestellte Mitglieder der Ersatzkasse hätten werden können.
Demgegenüber machte die klagende AOK geltend, die beklagte Ersatzkasse habe im Zulassungsjahr 1927 nach ihrer damaligen Satzung nur Behörden- und Büroangestellte aufnehmen können, sie habe ihren Mitgliederkreis später unzulässig erweitert.
Das Landessozialgericht (LSG) hob durch Urteil vom 3. Dezember 1958 das Urteil des SG München auf und wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus: Verfahrensrechtlich handele es sich um einen Streit über das Versicherungsverhältnis, der nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand einer Feststellungsklage sein könne. In der Sache selbst sei davon auszugehen, daß die beigeladenen deutschen Feuerwehrleute versicherungspflichtig sind. Nach der Bayerischen Verordnung Nr. 54 (GVBl 1946, 187) unterlägen alle deutschen Arbeitskräfte, die bei den amerikanischen Besatzungs- und Militärbehörden beschäftigt seien, der Sozialversicherungspflicht im Rahmen der deutschen Sozialversicherungsgesetze. Die Beigeladenen seien angestelltenversicherungspflichtig. Sie seien zwar nicht Beamte der Feuerwehr im Sinne von Abschn. XVIII Nr. 1 der Bestimmung von Berufsgruppen der Angestelltenversicherung vom 8. März 1924 - idF der Verordnungen vom 4. Februar und 15. Juli 1927 -, sie erfüllten aber die Voraussetzungen der Nr. 2 des Abschn. XVIII der genannten Bestimmungen, weil sie im Hinblick auf ihre Ausbildung, ihre Aufgaben, ihre Kenntnisse und ihre Tätigkeit den beamteten städtischen Berufsfeuerwehrleuten gleichwertig seien. Sie seien nach der Verkehrsanschauung den Angestellten einer städtischen Berufsfeuerwehr gleichzustellen, so daß es unerheblich sei, ob sie überwiegend körperlich oder geistig tätig seien. Nach der bis zum 30. Juni 1951 geltenden Satzung der beklagten Ersatzkasse hätten u. a. "Behördenangestellte" zu ihrem Mitgliederkreis gehört, während nach den vom 1. Juli 1951 an geltenden Versicherungsbedingungen u. a. "Angestellte von öffentlichen Verwaltungen" beitrittsberechtigt seien. Es könne dahinstehen, ob diese Änderung eine unzulässige Erweiterung des Mitgliederkreises bedeute, denn die Verwaltungs- und militärischen Dienststellen der amerikanischen Streitkräfte hätten sowohl die Eigenschaft einer Behörde als auch einer Verwaltung. Da die Satzung der Beklagten den Mitgliederkreis nicht auf Angestellte deutscher Behörden oder deutscher öffentlicher Verwaltungen beschränke, habe die beklagte Ersatzkasse die beigeladenen Feuerwehrleute als Mitglieder aufnehmen können.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die AOK hat Revision eingelegt mit dem Antrag,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG München vom 6. Juli 1955 zurückzuweisen.
Zur Begründung der Revision macht sie geltend, die beigeladenen Feuerwehrleute könnten, soweit sie nicht eine leitende Tätigkeit verrichteten - etwa als Löschmeister oder als Gruppenführer - nach der Verkehrsanschauung nicht als Angestellte angesehen werden. Selbst wenn man aber die Angestellteneigenschaft unterstelle, habe die beklagte Ersatzkasse die Feuerwehrleute nicht als Mitglieder aufnehmen dürfen, weil die bei einer amerikanischen Dienststelle tätigen Bediensteten keine Behördenangestellten im Sinne der Satzung der Beklagten seien.
Die BfA hat sich - soweit es sich um die Frage der Angestellteneigenschaft der beigeladenen Feuerwehrleute handelt - der Ansicht der AOK angeschlossen.
Auch der Freistaat Bayern vertritt die Auffassung, daß die beigeladenen Feuerwehrleute nicht als Behörden- oder Verwaltungsangestellte im Sinne der Satzung der Beklagten anzusehen seien. Zwar habe die Besatzungsmacht bis zum Inkrafttreten des Besatzungsstatuts (1949) in ihrer Eigenschaft als Militärregierung Regierungs- und Verwaltungsfunktionen gehabt; nach Inkrafttreten des Besatzungsstatuts sei die Besatzungsmacht jedoch ausschließlich auf die im Besatzungsstatut aufgeführten Aufgaben beschränkt; Regierungs- und Verwaltungsfunktionen seien nicht mehr inbegriffen. Schon deshalb müsse den Dienststellen der amerikanischen Streitkräfte für die Zeit von 1949 an der Charakter von Behörden oder von öffentlichen Verwaltungen abgesprochen werden. Außerdem seien seit dem Inkrafttreten der Pariser Verträge (5.5.1955) die Dienststellen der ausländischen Streitkräfte nur Dienststellen einer mit der Bundesrepublik vertraglich verbundenen ausländischen Macht. Als solche hätten sie keine Regierungs- oder Verwaltungsbefugnisse innerhalb des deutschen Staatsgebietes. Der Auffassung des angefochtenen Urteils, in der Satzung der beklagten Ersatzkasse sei der Mitgliederkreis nicht auf Angestellte deutscher Behörden oder deutscher öffentlicher Verwaltungen begrenzt, sei entgegenzuhalten, daß im Zeitpunkt des Erlasses der Satzung kaum an die Möglichkeit gedacht worden sei, es könnten sich in Zukunft ausländische Besatzungs- oder Stationierungsstreitkräfte in Deutschland befinden.
Die beklagte Ersatzkasse beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das LSG habe die beigeladenen Feuerwehrleute zu Recht als Angestellte angesehen. Zum Aufnahmekreis der Kasse hätten bei ihrer Gründung am 1. Oktober 1927 nach der ältesten noch vorhandenen Satzung die Mitglieder des deutschen Werkmeisterbundes, des Verbandes deutscher Techniker, des Reichsverbandes deutscher Guts- und Forstbeamten, des Reichsverbandes der Büroangestellten und Beamten und des Berufsverbandes deutscher Dentisten gehört, soweit sie als Angestellte in Privatbetrieben oder als Angestellte oder Beamte im öffentlichen Dienst tätig gewesen seien. Der Reichsverband der Büroangestellten und Beamten, der später die Bezeichnung "Berufsverband deutscher Behörden- und Büroangestellten" und dann die Bezeichnung "Berufsgemeinschaft der Büro- und Behördenangestellten" erhalten habe, hätten alle in § 2 der Versicherungsbedingungen vom 1. Juli 1951 unter 1 a) und b) aufgeführten Angestellten als Behörden- und Büroangestellte aufnehmen können. Die späteren Änderungen des aufnahmeberechtigten Personenkreises bedeuteten allenfalls eine Beschränkung des Personenkreises, keineswegs aber eine Ausdehnung. Deutsche Bedienstete ausländischer Staaten (§ 167 RVO) hätten damit als Büro- und/oder Behördenangestellte seit Gründung der Hamburg-Münchener Ersatzkasse zum aufnahmeberechtigten Personenkreis gehört. Angestellte ausländischer Staaten seien tatsächlich auch immer bei der beklagten Ersatzkasse versichert gewesen. Dabei sei es unerheblich, daß es sich um verhältnismäßig wenig Versicherte gehandelt habe. Ausländische Staaten, die in der Bundesrepublik Missionen unterhalten, als Besatzungsmacht auftreten oder Stationierungsstreitkräfte unterhalten, übten eine hoheitliche Tätigkeit aus, so daß ihre Dienststellen als (ausländische) Behörde anzusehen seien.
II
Die Revision ist begründet.
Mit der Klage wird die Aufhebung der von der beklagten Ersatzkasse ausgestellten Bescheinigungen über die Zugehörigkeit der beigeladenen Feuerwehrleute zur Ersatzkasse und die Feststellung beantragt, daß die beigeladenen Versicherten Mitglieder der AOK seien. Soweit mit der Klage die Aufhebung der nach § 518 RVO ausgestellten Bescheinigungen über die Mitgliedschaft zur Ersatzkasse erstrebt wird, handelt es sich um eine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die von der Ersatzkasse - einer Körperschaft des öffentlichen Rechts - ausgestellten Bescheinigungen sind feststellende Verwaltungsakte (vgl. Rohwer-Kahlmann in DOK 1951, 519, 523 und Schlemmer in ErsK 1962, 35). Sie werden auf Antrag des Versicherungspflichtigen ausgestellt und bestätigen, daß er der Ersatzkasse als Mitglied angehört. Eine Befreiung von der Mitgliedschaft bei einer Pflichtkasse kommt erst dann in Betracht, wenn der Versicherte die Bescheinigung seinem Arbeitgeber vorlegt (§ 517 Abs. 2 RVO). Die Vorlage der Bescheinigung beim Arbeitgeber bewirkt, daß dieser von einer Meldung des Versicherten bei der Pflichtkasse abzusehen (§ 519 Abs. 1 RVO) oder den Beschäftigten bei dieser Kasse abzumelden hat (§ 519 Abs. 2 RVO), und verpflichtet den Arbeitgeber, den auf ihn entfallenden Beitragsteil an den Versicherten auszuzahlen (§ 520 Abs. 1 RVO). Die Bescheinigung bindet aber nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 518 Satz 3 RVO nicht die Versicherungsbehörden. Daraus ist zu schließen, daß die Bescheinigung über die Mitgliedschaft zur Ersatzkasse zwar das zwischen den unmittelbar Beteiligten (Versichertem und Ersatzkasse) bestehende Rechtsverhältnis berührt und nach ihrer Vorlage auch die Meldepflicht und die Beitragsleistung des Arbeitgebers beeinflußt, daß aber die Frage, ob die Voraussetzungen für die Befreiung von der Mitgliedschaft bei einer Pflichtkrankenkasse vorliegen (§ 517 RVO), jederzeit nachgeprüft werden kann. Deshalb muß der Pflichtkasse das Recht zustehen, die Bescheinigung anzufechten. Dabei ist sie an keine Frist gebunden, weil es dem freien Entschluß des Versicherten überlassen ist, ob er sich durch die Vorlage der Bescheinigung bei seinem Arbeitgeber (§ 517 Abs. 2 RVO) von der Mitgliedschaft bei der Pflichtkasse befreien will. Da die Ersatzkasse nicht befugt ist, über die Befreiung von der Mitgliedschaft zur Pflichtkasse mit bindender Wirkung gegenüber der Pflichtkasse zu entscheiden, bedarf es auch keines Vorverfahrens. Die Pflichtkasse hat vielmehr das Recht, die nach § 518 RVO ausgestellten Bescheinigungen im sozialgerichtlichen Verfahren mit der Begründung anzufechten, daß die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft bei der Ersatzkasse aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht gegeben seien.
Auch gegen die mit der Aufhebungsklage verbundene Feststellungsklage bestehen keine verfahrensrechtlichen Bedenken. Die Klage betrifft insoweit - wie das LSG zutreffend angenommen hat - einen Streit über das Versicherungsverhältnis im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG.
Da der beklagten Ersatzkasse nur Angestellte angehören können, hängt die Entscheidung des Rechtsstreits einmal davon ab, ob die beigeladenen Feuerwehrleute als Angestellte im Sinne des § 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) aF (= § 3 AVG idF des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes - AnVNG -) anzusehen sind. Die wirksame Begründung einer Mitgliedschaft bei der beklagten Ersatzkasse setzt ferner voraus, daß die bei einer amerikanischen Dienststelle tätigen Feuerwehrleute zum Mitgliederkreis der Beklagten gehören (vgl. BSG 16, 166). Die Frage, ob das LSG die beigeladenen Feuerwehrleute zu Recht als Angestellte angesehen hat, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil jedenfalls die bei einer Behörde der ausländischen Streitkräfte beschäftigten deutschen Bediensteten, soweit es sich nicht um Büroangestellte handelt, nicht zum Mitgliederkreis der beklagten Ersatzkasse gehören. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 der Zwölften Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung vom 24. Dezember 1935 - RGBl I 1537 - idF der Fünfzehnten Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung vom 1. April 1937 - RGBl I 939 - darf die einzelne Ersatzkasse nur solche Personen aufnehmen, die im Zeitpunkt der Aufnahme dem Mitgliederkreis angehören, für den die Ersatzkasse als solche zugelassen ist. Maßgebend für die Begrenzung des Mitgliederkreises war nach § 503 RVO, der durch § 18 der Zwölften Aufbau-Verordnung aufgehoben worden ist, der am 1. April 1909 durch die Satzung bestimmte Bezirk und der Kreis der versicherungspflichtigen Mitglieder, für den die Ersatzkasse zugelassen wurde. Diese Regelung hat auch nach Aufhebung dieser Vorschrift ihre Bedeutung nicht verloren, weil § 4 Abs. 1 Satz 2 der Zwölften Aufbau-Verordnung auf die Zulassung als Ersatzkasse abstellt und diese nach § 503 RVO wiederum grundsätzlich auf den am 1. April 1909 durch die Satzung bestimmten Kreis der versicherungspflichtigen Mitglieder beschränkt war (vgl. BSG 16, 165, 169 mit weiteren Nachweisen). Da die beklagte Ersatzkasse - bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen, nämlich die Krankenkasse des Gesamtverbandes deutscher Angestellten-Gewerkschaften (Gedag) und die Krankenkasse des Gesamtverbandes deutscher Angestelltenverbände (Geda) - erst auf Grund des Dritten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches der RVO vom 16. Juli 1927 (RGBl I 218) am 1. Oktober 1927 als Ersatzkasse zugelassen wurde, ist von der im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Zulassung geltenden Satzung auszugehen. Nach Art. 3 der Fünfzehnten Aufbau-Verordnung war der Reichsarbeitsminister ermächtigt, zur Durchführung dieser Verordnung Rechtsverordnungen und Verwaltungsbestimmungen zu erlassen. Auf dieser Ermächtigung beruht die Verordnung über den Mitgliederkreis der Ersatzkassen der Krankenversicherung - Mitglieder-Verordnung - vom 26. Oktober 1938 (RGBl I 1519 = AN 433). Nach dieser Verordnung ist unter Mitgliederkreis im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 der Zwölften Aufbau-Verordnung der Personenkreis zu verstehen, der in der von der Aufsichtsbehörde genehmigten Satzung festgelegt ist; dabei soll die Satzung maßgebend sein, die im Zeitpunkt der Aufnahme des Versicherungspflichtigen oder Versicherungsberechtigten in die Ersatzkasse in Kraft war. Auch im vorliegenden Fall kann - wie in der Entscheidung BSG 16, 165, 169 - dahinstehen, ob der Mitglieder-Verordnung eine formal heilende Wirkung dergestalt zukommt, daß eine von der Aufsichtsbehörde erteilte Satzungsgenehmigung inhaltliche Mängel der Satzung deckt, auch wenn sie den Mitgliederkreis der Ersatzkasse erweitert, oder ob - was im Hinblick auf den Charakter der Verordnung als Durchführungs-Verordnung näher liegt - diese Verordnung nur Härten für den einzelnen Versicherten mildern, jedoch eine allgemeine Ausdehnung des Mitgliederkreises der betreffenden Ersatzkasse nicht bewirken soll. Denn die Bediensteten der Behörden oder Verwaltungen der ausländischen Streitkräfte gehören, soweit sie nicht Büroangestellte sind, nicht zum Mitgliederkreis der beklagten Ersatzkasse. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob im vorliegenden Falle die Satzung vom 17. März 1936 oder die vom 1. April 1954 an gültige Satzung anzuwenden ist, und ob - wie die klagende AOK meint - durch die neue Umschreibung des Mitgliederkreises in § 4 Abs. 1 Buchst. a) der vom 1. April 1954 an geltenden Satzung (die dem § 2 Buchst. a) der vom 1. Juli 1951 an geltenden Versicherungsbedingungen entspricht) der Kreis der beitrittsfähigen Personen unzulässigerweise erweitert worden ist. Die Begriffe "Behördenangestellte" und "Angestellte von öffentlichen Verwaltungen" im Sinne der Satzung der Beklagten können nur unter Berücksichtigung des bei der ersten Zulassung der beklagten Ersatzkasse festgelegten Mitgliederkreises und unter Würdigung der späteren Entwicklung gedeutet werden.
Der bei der erstmaligen Zulassung der Kasse durch die Satzung bestimmte Kreis der versicherungspflichtigen Mitglieder umfaßte die Mitglieder der Gedag, und zwar des Deutschen Werkmeister-Bundes, des Verbandes Deutscher Techniker, des Reichsverbandes Deutscher Guts- und Forstbeamter, des Reichsverbandes der Büroangestellten und Beamten und des Berufsverbandes Deutscher Dentisten. Dieser Kreis, der die Mitgliedschaft zur Ersatzkasse von der Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsverbänden abhängig machte, wurde im Jahre 1934 - offenbar im Hinblick auf die Auflösung der Verbände seit dem Jahre 1933 - auf die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen umgestellt, und zwar auf die Berufsgemeinschaft der Büro- und Behördenangestellten, der Land- und Forstangestellten, der angestellten Ärzte und Apotheker und der seemännischen Angestellten (vgl. Abschn. A der vom 1.4.1934 an gültigen Versicherungsbedingungen der Geda-Kasse, Berufskrankenkasse der Büro- und Behördenangestellten und kleinerer Berufsgruppen, und Abschn. A der vom 1.4.1934 an gültigen Satzung der Geda-Kasse). Nach der vom 17. März 1936 gültigen Satzung führte die Beklagte die Bezeichnung Berufskrankenkasse der Behörden- und Büroangestellten - Ersatzkasse - Hamburg, die mit Wirkung vom 1. Oktober 1950 (Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde) durch die jetzige Bezeichnung "Hamburg-Münchener Ersatzkasse" ersetzt wurde. Zu ihrem Mitgliederkreis gehörten nach der vom 17. März 1936 an geltenden Satzung
a) Behördenangestellte,
b) Büroangestellte,
c) angestellte Ärzte und Apotheker.
Schließlich wurde in der vom 1. Januar 1954 an geltenden Satzung der Kreis der Mitglieder, soweit er hier in Betracht kommt, wie folgt festgelegt:
a) Angestellte von öffentlichen Verwaltungen ....,
b) Angestellte, die in privaten Betrieben und Verwaltungen überwiegend Büroarbeiten verrichten.
Aus dieser Darstellung der geschichtlichen Entwicklung geht hervor, daß Angestellte, die überwiegend Büroarbeiten verrichten, der beklagten Ersatzkasse als Mitglieder angehören können, wobei es gleichgültig ist, ob es sich um eine Beschäftigung bei deutschen oder ausländischen Behörden oder bei privaten Arbeitgebern handelt. Deshalb ist es auch unbedenklich, wenn die Beklagte die Angestellten ausländischer Missionen, bei denen es sich regelmäßig um im Bürodienst Beschäftigte handelt, als Mitglieder aufgenommen hat. Dies kann jedoch nicht für die bei ausländischen Behörden oder Verwaltungen beschäftigten technischen Angestellten gelten, zu denen die Feuerwehrleute zu rechnen wären, soweit sie zur Gruppe der Angestellten gehören. Der Kreis der keine Büroarbeiten verrichtenden technischen Angestellten, die der Beklagten oder ihren Rechtsvorgängern als Mitglieder beitreten konnten, war von jeher begrenzt. Er umfaßte seit dem 1. April 1934 außer der Berufsgruppe der Land- und Forstangestellten und der seemännischen Angestellten nur die bei Behörden beschäftigten technischen Angestellten und erstreckt sich seit dem 17. März 1936 nur auf die bei Behörden beschäftigten technischen Angestellten. Derartige Angestellte hat es aber vor dem Jahre 1945 und vor der militärischen Besetzung Deutschlands bei ausländischen Dienststellen innerhalb des Deutschen Reiches kaum gegeben. Sie sind als ins Gewicht fallende Gruppe erst seit dem Zusammenbruch im Jahre 1945 in Erscheinung getreten, nachdem die Behörden der ausländischen Streitkräfte zur Erledigung ihrer Aufgaben in größerem Umfang deutsche Arbeitskräfte heranzogen. Wenn die Satzung der Beklagten von Behördenangestellten oder Angestellten von öffentlichen Verwaltungen spricht, so können - soweit es sich um keine Büroarbeiten verrichtende technische Angestellte handelt - darunter nur die bei deutschen Behörden oder Verwaltungen tätigen Angestellten, nicht aber die bei einer Behörde der ausländischen Streitkräfte beschäftigten Angestellten verstanden werden. Allein aus der Tatsache, daß die Satzung der Beklagten den Mitgliederkreis nicht ausdrücklich auf Angestellte bei deutschen Behörden oder deutschen öffentlichen Verwaltungen begrenzt, kann nicht geschlossen werden, daß die bei ausländischen Besatzungsbehörden und -dienststellen Beschäftigten den Angestellten bei deutschen Behörden und Verwaltungsdienststellen gleichzustellen seien.
Das Urteil des LSG ist daher aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen