Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirkung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Berichtigung von Bescheiden zugunsten oder zuungunsten des Berechtigten nach dem Tode des Beschädigten.
Leitsatz (redaktionell)
Zur Verwirkung:
Für das Rechtsinstitut der Verwirkung ist kennzeichnend, daß das Handeln dessen, der ein Recht außerordentlich spät ausübt, als illoyal zu charakterisieren ist. Die Illoyalität folgt regelmäßig daraus, daß der Berechtigte sich zu seinem eigenen früheren Verhalten in Widerspruch setzt (hier verneint, weil das Verhalten der Versorgungsverwaltung keinen Anlaß gab, darauf zu vertrauen, daß diese ihr Recht zur Berichtigung nicht mehr geltend machen werde; vgl BSG vom 1978-11-30 12 RK 7/76, BSG vom 1972-12-05 10 RV 441/71 = BSGE 35, 91, 94, BSG vom 1975-06-10 9 RV 420/74 = SozR 3900 § 41 Nr 1, BSG vom 1977-06-22 10 RV 59/76 = SozR 3900 § 47 Nr 5, BSG vom 1977-05-04 9 RV 44/76 = Breith 1978, 53, 56).
Normenkette
KOVVfG § 40 Fassung: 1960-06-27, § 41
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. November 1977 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Kläger begehren Witwen- und Waisenbeihilfe nach ihrem im Jahre 1971 verstorbenen Ehemann und Vater J D (D.). Streitig ist, ob die Versorgungsverwaltung die Entscheidungen über den Versorgungsanspruch des D. nach dessen Tod berichtigen durfte.
D. war 194-5 wegen akuten Gelenkrheumas, wegen einer Infektarthritis und wegen einer Arthritis Endokarditis mehrfach in Lazaretten behandelt worden. Die Versorgungsverwaltung hatte als Schädigungsfolgen im Sinne der Entstehung einen "ausgeglichenen Herzklappenfehler (Mitralinsuffizienz)" mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 vH (Bescheid vom 26. Januar 1955), "mäßige Herzleistungsschwäche bei Herzklappenfehler" mit einer MdE um 40 vH (Bescheid vom 6. November 1956) und "Herzklappenfehler mit Beeinträchtigung der Herzleistungsfähigkeit" mit einer MdE um 50 vH (Bescheid vom 12. Juni 1958) anerkannt. Ein Rentenerhöhungsantrag, den D. gestellt hatte, nachdem er 1967 einen Herzinfarkt erlitten hatte, hatte keinen Erfolg. Die Klage haben die Rechtsnachfolger des D., nachdem er inzwischen verstorben war, zurückgenommen.
Die Anträge der Kläger auf Witwen- und Waisenrente sowie Witwen- und Waisen- und Waisenbeihilfe lehnte die Behörde ab. Die hiergegen erhobenen Klagen haben die Kläger zurückgenommen, nachdem der Beklagte sich verpflichtet hatte, für die Zeit ab 1. Januar 1973 erneut über die Beihilfe nach § 48 Abs 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) idF des 4. Anpassungsgesetzes vom 24. Juli 1972 zu entscheiden.
Die Versorgungsbehörde bewilligte die Witwen- und Waisenbeihilfe erneut nicht, weil D. durch die anerkannten Schädigungsfolgen nicht gehindert gewesen sei, seinen Beruf als Fleischer auszuüben, und weil sein Minderverdienst nicht dazu geführt habe, daß die Hinterbliebenenversorgung um ein Viertel geringer sei als sie ohne die Schädigungsfolgen wäre (Bescheide vom 12. November 1973 und 17. Juli 1974). Im übrigen sei die schädigungsbedingte MdE des D. mit 50 vH richtig bewertet gewesen. Während des anschließenden Klageverfahrens hat das Versorgungsamt mit Zustimmung des Landesversorgungsamtes durch Berichtigungsbescheid vom 22. März 1976 die Bescheide vom 26. Januar 1955, 6. November 1956 und 12. Juni 1958 aufgehoben, weil sie zweifelsfrei aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen unrichtig seien. Die Anerkennung von Schädigungsfolgen hatte auf einer irrtümlichen Deutung klinischer und röntgenologischer Symptome beruht. Bei einer Leichenöffnung habe sich gezeigt, daß es an irgendwelchen Folgen schädigender Einwirkungen im Sinne des § 1 BVG gefehlt habe.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage gegen diesen Berichtigungsbescheid mit den anhängigen Klagen verbunden. Durch Urteil vom 21. Juni 1976 hat es den Beklagten verurteilt, der Klägerin zu 1) eine Witwenbeihilfe vom 1. Januar 1976 an zu zahlen (über die Waisenbeihilfe hat das SG weder entschieden noch Ausführungen gemacht). Das SG war der Meinung, der Beklagte habe den Berichtigungsbescheid nicht erlassen dürfen, denn er habe bei D. einen Leidenszustand anerkannt, den man richtig hätte umschreiben müssen mit "Veränderungen im Bereich des Herzens mit Beeinträchtigung der Herzleistungsfähigkeit". Dieser Leidenszustand, der weitgehend durch arteriosklerotische Veränderungen und vegetative Störungen verursacht worden sei, lasse eine Berichtigung nicht zu, denn man könne keineswegs sagen, daß Herzveränderungen arteriosklerotischer oder vegetativer Art oder andere Beeinträchtigungen im Bereich des Herzens niemals durch einen Einsatz während des Wehrdienstes verursacht werden könnten.
Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 30. November 1977 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klagen abgewiesen; es hat die Revision zugelassen. Das LSG hat dazu ausgeführt: Die gegenüber D. ergangenen Erstanerkennungs- und Neufeststellungsbescheide seien außer Zweifel unrichtig gewesen; es bestünde auch nicht die entfernte Möglichkeit, daß D. Beschädigter im Sinne des BVG gewesen sei; zweifelsfrei stehe fest, daß bei ihm keine rheumatische Endokarditis mit entsprechenden Veränderungen an den Herzklappen, sondern eine Angina pectoris als Folge einer arteriosklerotischen Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße mit zeitweiliger Herzleistungsminderung vorgelegen habe. Dieser Leidenszustand sei weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung eine Schädigungsfolge nach § 1 BVG gewesen. Für die Berichtigung von Bescheiden nach § 41 Verwaltungsverfahrensgesetz der Kriegsopferversorgung (KOVVwVfG) komme es nicht darauf an, ob die fragliche Gesundheitsstörung niemals durch einen Einsatz während des Wehrdienstes verursacht sein konnte; vielmehr reiche es aus, daß aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles jede auch entfernte Möglichkeit ausscheide, daß die Gesundheitsstörung eine Schädigungsfolge nach § 1 BVG sei. Dies sei durch die Sachverständigen dargetan. Auch scheide außer Zweifel selbst eine wehrdienstbedingte einmalige, abgegrenzte Verschlimmerung des konstitutionellen arteriosklerotischen Leidens des D. aus.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 48 Abs 1 BVG und des § 41 KOWwVfG . Sie sind der Meinung, daß die angeführten Erst- und Neufeststellungsbescheide nicht berichtigt werden durften. Die Versorgungsverwaltung dürfe zwar eine Leidensbezeichnung andern, wenn diese auf der unrichtigen Diagnose eines Leidenszustandes beruhe. Sie könne aber den Bescheid, in dem ein bestimmter Leidenszustand als Schädigungsfolge anerkannt sei, nicht zurücknehmen, solange nicht außer Zweifel stehe, daß dieser Leidenszustand tatsächlich und rechtlich zu Unrecht als Schädigungsfolge festgestellt worden sei. Bei dem verstorbenen Ehemann und Vater der Kläger sei ein Leidenszustand anerkannt gewesen, der eine Berichtigung, wie im Bescheid vom 22. März 1976 vorgenommen, nicht zulasse. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß Herzveränderungen arteriosklerotischer oder vegetativer Art niemals durch einen Einsatz während des Wehrdienstes verursacht werden könnten. Das habe Medizinaldirektor Dr. K … in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 1976 ausdrücklich ausgesagt.
Die Kläger beantragen,
1. das angefochtene Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. November 1977 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 21. Juni 1976 als unbegründet zurückzuweisen;
2. den Beklagten zu verurteilen, den Klägern die außergerichtlichen Kosten zu erstatten und
hilfsweise
3. das angefochtene Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. November 1977 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben erklärt, sie seien mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
II
Die Revision der Kläger hat keinen Erfolg.
Das LSG hat zu Recht die Klagen der Kläger abgewiesen. Den Klägern stehen Ansprüche auf Beihilfe nach § 48 Abs 1 BVG idF des 4. Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des BVG vom 24. Juli 1972 (BGBl I S 1284) nicht zu. Nach dieser Vorschrift - Satz 4 zweiter Halbsatz, der allein in Betracht kommt -, konnte der Witwe und den Waisen eines Schwerbeschädigten Beihilfe gewährt werden, wenn der Beschädigte durch die Folgen der Schädigung gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit in vollem Umfang auszuüben und dadurch die Versorgung seiner Hinterbliebenen erheblich beeinträchtigt worden war. Dieser Tatbestand ist nicht erfüllt, obwohl der Ehemann und Vater der Kläger bis zu seinem Tode Versorgung nach einer MdE um 50 vH bezogen hat. Die Behörde hat nämlich zu Recht mit dem Berichtigungsbescheid vom 22. März 1976 die Anerkennungs- und Neufeststellungsbescheide, die die Grundlage für die Versorgung des Verstorbenen bildeten, nachträglich aufgehoben.
Die zuständigen Verwaltungsbehörden können nach § 41 Abs 1 Satz 1 KOWwVfG (in der bis zum 31.12.1975 geltenden Fassung, BGBl I 1976 S 1169, 1175) zu Ungunsten des Berechtigten Bescheide über Rechtsansprüche ändern oder aufheben, wenn außer Zweifel steht, daß diese Bescheide im Zeitpunkt ihres Erlasses tatsächlich und rechtlich unrichtig gewesen sind. Die Befugnis, die früheren Bescheide zu berichtigen, war der Versorgungsverwaltung nicht deswegen genommen, weil inzwischen der durch die Bescheide Berechtigte verstorben war; das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- (vgl BSGE 7, 103, 105; 23, 7, 9f; BSG, BVBl 1965, 25; BSG, BVBl 1965 S 119, 120f).
Für diese Rechtsprechung, an welcher der Senat festhält, ist einmal der gesetzgeberische Beweggrund und zum anderen die abgeleitete Rechtsposition der Hinterbliebenen wichtig. Das Institut der Berichtigung offenbar fehlerhafter Verwaltungsentscheidungen (§41 KOWwVfG ) beruht auf der Erwägung, daß eine zu Unrecht zugebilligte Rente die wahrhaft Anspruchsberechtigten und die Allgemeinheit belastet, welche die Versorgungsleistungen aufzubringen hat (BSG, BVB1 1965, 120 mit dem Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Für die Befreiung des Versorgungshaushalts von fraglos falscher Verbindlichkeit ist es gleichgültig, ob der formal Berechtigte selbst oder ein Hinterbliebener Nutznießer wäre. Ferner ist nicht einzusehen, weshalb der Hinterbliebene unterschiedlich behandelt werden sollte je nachdem, ob der dem formal Berechtigten erteilte - offensichtlich fehlerhafte - Bescheid noch zu seinen Lebzeiten aufgehoben worden ist oder nicht. Infolgedessen war die Versorgungsverwaltung befugt, ihre unbedenklich falschen Anerkenntnisse noch nach dem Tode des primär bedachten Leistungsempfängers wieder zurückzunehmen.
Dieser Auffassung ist nicht damit zu begegnen, daß im entgegengesetzten Falle verbindlich gewordener ablehnender Verwaltungsakte nach dem Tode des Berechtigten Zugunstenbescheide nicht mehr erteilt werden (BSGE 7, 103; 22, 210; SozR Nrn 13 und 16 zu § 40 KOVVwfG). Es ist nicht zu verkennen, daß die Grundlinie der verschiedenen Behandlungsweisen im Falle der Berichtigung zu Ungunsten der Betreffenden und im Falle des Zugunstenbescheides sich nicht auf einen gemeinsamen Nenner bringen läßt. Im einen Falle beruht die Lösung auf einer formal logischen Rechtsbetrachtung. Im anderen Falle steht der Gedanke der materiellen Richtigkeit im Vordergrund. Ob vom Standpunkt der gleichen Erfüllung des gesetzgeberischen Zwecks ein Zugunstenbescheid auch noch nach dem Tod des Berechtigten zugelassen werden sollte, ist jedoch hier nicht zu entscheiden.
Weiter ist das LSG zu Recht davon ausgegangen, daß die ergangenen Erstanerkennungs- und Neufeststellungsbescheide im Zeitpunkt ihres Erlasses außer Zweifel tatsächlich und rechtlich unrichtig gewesen sind. Außer Zweifel unrichtig in diesem Sinne ist eine tatsächliche Feststellung oder eine rechtliche Bewertung in einem Verwaltungsakt dann, wenn jede, auch entfernte Möglichkeit, daß ein Versorgungstatbestand doch besteht, ausgeschlossen ist (BSG SozR 3900 § 41 Nr 5 und Nr 1 mwN). Durch diese Formel wird der Grad der Gewißheit beschrieben, der für eine Berichtigung nach § 41 KOVVwVfG erforderlich ist. Dabei ist das LSG von dem Stand der ärztlichen Wissenschaft und der diagnostischen Hilfsmittel zur Zeit des Erlasses des Verwaltungsaktes ausgegangen und nicht von dem zur Zeit des späteren Bescheides, durch den nach § 41 KOVVwVfG die früheren Verwaltungsakte berichtigt worden sind (BSGE 29, 37, 39; dazu werden Bedenken angemeldet in BSG 4.3.1977 - 9 RV 44/76 in Breithaupt 1978, S 35). Hiervon ausgehend hat das LSG festgestellt, daß die bei dem Ehemann und Vater der Kläger in den früheren Bescheiden anerkannten Leiden entweder nicht vorlagen oder nicht Folge einer Beschädigung waren. In bezug auf diese Feststellungen sind von der Revision keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht worden; sie binden deshalb das BSG (§ 163 SGG). Dabei kann dahinstehen, ob bei den Bescheiden im Vordergrund die Anerkennung eines Herzklappenfehlers mit Auswirkungen auf die Herzleistung stand oder ob eine Herzleistungsschwäche auf der Grundlage eines Herzklappenfehlers anerkannt worden ist. Die Revision meint zu Unrecht unter Berufung auf das Urteil des BSG vom 16. März 1962 in BSGE 16, 253, daß eine Berichtigung hier ausgeschlossen sei. Da nur bei unrichtiger Diagnose der Krankheit - Herzklappenfehler - ein tatsächlich vorliegender Leidenszustand - Beeinträchtigung der Herzleistungsfähigkeit - anerkannt sei, könne - so die Revision - nur die Diagnose geändert werden, denn es stehe fest, daß der Verstorbene nie an einem Herzklappenfehler gelitten habe. Die Revision übersieht dabei, daß nicht nur hinsichtlich des Herzklappenfehlers eine Fehldiagnose vorgelegen hat, sondern daß auch der als Schädigungsfolge anerkannte Zustand einer Beeinträchtigung der Herzleistungsfähigkeit außer Zweifel nicht auf einer Schädigung im Sinne des § 1 Abs 1 BVG beruht (BSGE 16, 253, 256). Zu dieser Frage hat allerdings das SG in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil eine andere Ansicht vertreten, weil es davon ausgegangen ist, ein anerkannter Krankheitszustand sei nur dann zweifelsfrei unrichtig, wenn er niemals durch einen Einsatz während des Wehrdienstes verursacht sein könnte. Dieser Maßstab ist jedoch überspannt. Das LSG ist vielmehr zutreffend davon ausgegangen, daß es für die Berichtigung ausreichend ist, wenn aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles jede auch entfernte Möglichkeit ausscheidet, daß die Gesundheitsstörung auf eine Schädigung nach § 1 Abs 1 BVG zurückzuführen ist. Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung vom 30. Juni 1977, SozR 3900 § 41 Nr 5 S 24, ausgesprochen, daß der Bereich der Tatsachen, die im Sinne des § 41 Abs 1 Satz 1 KOWwVfG rechtserheblich sind, sich nach den Umständen des Einzelfalles richten; in diesem Sachverhalt dürfe nicht die konkrete Möglichkeit enthalten sein, die den Anspruch doch rechtfertigen würde. Dabei hat der Senat die frühere Rechtsprechung fortgeführt, nach der nach Zuerkennung einer Beschädigtenversorgung diese nicht völlig zurückgenommen werden kann, wenn die Möglichkeit nicht auszuschließen ist, daß eine als Schädigungsfolge anerkannte Gesundheitsstörung durch schädigende Einwirkung zwar nicht entstanden, aber verschlimmert worden ist. Desgleichen wäre eine Berichtigung untersagt, wenn ein falsch diagnostizierter und anerkannter Leidenszustand möglicherweise doch besteht, oder wenn die Bewertung der MdE als noch vertretbar anzusehen ist. In all diesen Fällen hat man sich an den konkreten Sachverhalt und die aus ihm sich ergebenden Möglichkeiten gehalten. In gleicher Weise ist der vorliegende Fäll zu beurteilen. Wichtig ist sonach, ob bei dem Ehemann und Vater der Kläger arteriosklerotische Veränderungen und vegetative Störungen im Bereich des Herzens zweifelsfrei als Schädigungsfolge ausscheiden. Dagegen ist unerheblich, ob es Personen gibt, bei denen diese Krankheiten eine Schädigungsfolge sein könnten. Von dieser Rechtslage ausgehend, ist das LSG ohne Verstoß gegen Verfahrensvorschriften oder Denkgesetze zu der Überzeugung gelangt, daß das Herzleiden des Verstorbenen ohne Zweifel weder im Sinne einer Entstehung noch im Sinne einer Verschlimmerung auf eine Schädigung zurückgeführt werden könne.
Schließlich hat das LSG auch zu Recht angenommen, daß der Beklagte das Berichtigungsrecht nach § 41 KOVVwVfG nicht verwirkt habe. Für das Rechtsinstitut der Verwirkung ist kennzeichnend, daß das Handeln dessen, der ein Recht außerordentlich spät ausübt, als illoyal zu charakterisieren ist. Die Illoyalität folgt regelmäßig daraus, daß der Berechtigte sich zu seinem eigenen früheren Verhalten in Widerspruch setzt (vgl BSGE 35, 91, 94; BSG in SozR 3900 § 41 Nr 1; SozR 3900 § 47 Nr 3 und Nr 5 und BSG 4. Mai 1977 - 9 RV 44/76 - in Breithaupt 1978, 53, 56). Zwar sind dem Beklagten bereits seit dem Gutachten des Dr. M vom 17. April 1969 starke Zweifel darüber bekannt gewesen, ob der Verstorbene an einem Herzklappenfehler litt. Das nachfolgende Verhalten der Versorgungsverwaltung gab aber weder dem Verstorbenen noch den Klägern Anlaß, darauf zu vertrauen, daß diese ihr Recht zur Berichtigung nicht mehr geltend machen werde (vgl Urteil BSG vom 30. November 1978 - 12 RK 7/76).
Das Berufungsurteil bleibt demnach aufrechterhalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1653726 |
Breith. 1980, 409 |