Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Krankenversicherung. Arbeitsunfähigkeit. zuletzt ausgeübte Beschäftigung (hier: Verkaufsleiter). Versicherungsschutz als Arbeitsloser seit mehr als sechs Monaten. Beurteilung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Arbeitsunfähigkeit richtet sich nicht mehr nach den besonderen Anforderungen der zuletzt ausgeübten Beschäftigung, wenn der Versicherte seit dem Verlust des Arbeitsplatzes mehr als sechs Monate als Arbeitsloser krankenversichert war. Das Krankengeld stellt sich in der Krankenversicherung der Arbeitslosen nämlich nicht als Ersatz für Lohnausfall, sondern als Ersatz für eine entgehende Leistung wegen Arbeitslosigkeit dar.
2. Es ist fraglich, ob es beim krankenversicherungsrechtlichen Berufsschutz bei Arbeitslosigkeit und im Rahmen es § 121 SGB III übereinstimmend um das Merkmal der zumutbaren Tätigkeit geht; im konkreten Fall bleibt die Beantwortung dieser Frage dahingestellt.
Normenkette
SGB V § 5 Abs. 1 Nrn. 2, 6, § 44 Abs. 1 S. 1, § 46 S. 1 Nr. 2, § 192 Abs. 1 Nr. 2; SGB III § 119 Abs. 1 Nr. 2, § 121 Abs. 3 Sätze 2-3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt Krankengeld.
Der Kläger war von 1985 bis Ende 1996 als Bereichsleiter für den Verkauf in einer Lebensmittelmarktkette beschäftigt. Danach bezog er zunächst Arbeitslosengeld. Am 2. Januar 1998 wurde seine Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt, und er bezog Krankengeld ab dem 13. Februar 1998, dem Ende der Leistungsfortzahlung durch die Bundesanstalt für Arbeit (BA). Eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) führte zur Einstellung der Krankengeldzahlung mit dem 5. Februar 1999 (Bescheid vom 8. Februar 1999, wiederholender Bescheid vom 12. April 1999). Der Widerspruch des Klägers, der danach wiederum Arbeitslosengeld erhielt, hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 5. August 1999). Mit Urteil vom 29. Februar 2000 hat das Sozialgericht (SG) die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, dem Kläger Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen bis zur Erschöpfung des Anspruchs im Rahmen der laufenden Dreijahresfrist zu zahlen.
Die Berufung der Beklagten führte demgegenüber zur Klageabweisung. Das Landessozialgericht (LSG) hat sein Urteil vom 28. Juni 2001 im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger durch die im Februar 1999 erhobenen Befunde zwar in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt, aber an körperlich leichten Tätigkeiten ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten und ohne Zwangshaltungen nicht gehindert sei. Diese Leistungseinschränkung begründe keine Arbeitsunfähigkeit. Maßstab hierfür seien nicht die Anforderungen am früheren Arbeitsplatz, sondern diejenigen Tätigkeiten, die dem Kläger als Arbeitslosen im Rahmen der Arbeitsvermittlung zuzumuten seien. Ein Arbeitsloser sei nur dann arbeitsunfähig, wenn er allein wegen Krankheit in eine an sich zumutbare Arbeit nicht vermittelt werden könne. Das ergebe sich aus der Lohnersatzfunktion des Krankengeldes und aus dessen Zweck. Andernfalls würde der arbeitslose Versicherte auch bei langfristiger Arbeitslosigkeit so behandelt, als könne er nach Beseitigung der Arbeitsunfähigkeit seine bereits vor deren Beginn aufgegebene Tätigkeit wieder aufnehmen. Dabei würde unbeachtet bleiben, dass sich die Versicherung des Klägers seit dem Verlust des Arbeitsplatzes nicht auf eine Beschäftigung, sondern auf den Bezug von Arbeitslosengeld gründe. Dem stehe das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. Februar 2000 nicht entgegen, denn dort sei ein besonderer Berufsschutz nur für den Fall bejaht worden, dass der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zeitlich vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses liege (BSGE 85, 271 = SozR 3-2500 § 49 Nr 4). Der Kläger sei nach über siebenmonatiger Arbeitslosigkeit nur dann krankheitsbedingt nicht vermittelbar, wenn er gesundheitlich nicht mehr in der Lage sei, ein Nettoeinkommen zu erzielen, das unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen (Werbungskosten im Sinne des Steuerrechts) zumindest den Betrag des vorher bezogenen Arbeitslosengeldes erreiche. Nach diesem Maßstab könne von der Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht ausgegangen werden.
Die Revision rügt die Verletzung von § 44 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Sie entnimmt der bereits erwähnten Rechtsprechung des BSG, dass die Arbeitsunfähigkeit eines arbeitslosen Versicherten innerhalb der ersten Blockfrist anhand von Tätigkeiten zu beurteilen ist, die der früher ausgeübten gleich geartet oder doch zumindest ähnlich sind. Die Lohnersatzfunktion des Krankengeldes spreche entgegen der Auffassung des LSG für die Berücksichtigung des bisherigen Berufs, weil der daraus erzielte Verdienst über die Höhe des Arbeitslosengeldes auch die Höhe des Krankengeldes bestimme. Da der Kläger die Tätigkeit als Verkaufsleiter nach den zutreffenden Feststellungen der Vorinstanzen nicht mehr ausüben könne, sei der Anspruch gegeben, wie das SG zutreffend entschieden habe.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 29. Februar 2000 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. Das LSG ist zutreffend zum Ergebnis gekommen, dass dem Kläger im streitigen Zeitraum ab dem 6. Februar 1999 kein Anspruch auf Krankengeld zustand. Infolgedessen hat es das zusprechende Urteil des SG zu Recht aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klage ist zulässig. Hierzu braucht nicht ermittelt zu werden, ob das beanspruchte Krankengeld höher gewesen wäre als das an seiner Stelle bezogene Arbeitslosengeld. Denn selbst wenn ein Prozesserfolg keine höhere Geldleistung für den Kläger und nach § 198 Satz 2 Nr 6, § 142 Abs 1 Nr 2 SGB III (früher: § 134 Abs 4, § 118 Abs 1 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz – AFG) iVm § 103 SGB X lediglich eine Erstattungsforderung der BA begründen würde, wäre der Klage das Rechtsschutzbedürfnis nicht abzusprechen. Der Kläger hat ein rechtlich schützenswertes Interesse an der Feststellung, welche der beiden möglicherweise gleich hohen Leistungen er zu bekommen hat. Das gilt wegen der an diese Feststellung geknüpften Fernwirkungen auch für den Fall, dass bereits vor Abschluss des Verfahrens feststeht, dass der Versicherte durch die Ablehnung des Krankengeldes unmittelbar keine wirtschaftlichen Einbußen erlitten hat. Für einen weiteren Anspruch auf Krankengeld können die Höchstbezugsdauer innerhalb der Rahmenfrist (§ 48 Abs 1 SGB V) und der genaue Zeitpunkt der Erschöpfung des Anspruchs wegen § 48 Abs 2 SGB V eine wesentliche Rolle spielen. In der Arbeitslosenversicherung können der Ausschluss des Anspruchs (§ 125 Abs 2 AFG; § 147 Abs 2 SGB III) und die Lage der weiteren Rahmenfristen (§ 104 Abs 2 und Abs 3 AFG; § 124 SGB III) von der hier zu treffenden Feststellung abhängen. Auf Grund eines ausreichend langen Krankengeldbezugs kann die Anwartschaftszeit für einen neuen Leistungsanspruch erfüllt sein (§ 117 Abs 1 Nr 3, § 123 Satz 1 Nr 1, § 26 Abs 2 Nr 1 SGB III; früher: § 100 Abs 1, § 104 Abs 1 Satz 1, § 107 Satz 1 Nr 5 Buchst a AFG). Da der Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 127 SGB III (früher § 106 AFG) dem Arbeitslosen in jedem Fall nur zeitlich begrenzt zusteht, und ein eventueller Krankengeldbezug die Leistungsdauer nicht mindert (§ 110 AFG, § 128 SGB III), kann das Ende des Arbeitslosengeldanspruchs durch die Gewährung von Krankengeld verzögert werden. Bei derartigen Abhängigkeiten für mögliche weitere Ansprüche oder Anspruchszeiträume muss es dem Versicherten gestattet sein, die Rechtslage selbst dann klären zu lassen, wenn ihm aus dem erhobenen Anspruch unmittelbar kein geldwerter Vorteil erwächst.
Die demnach zulässige Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Krankengeld über den 5. Februar 1999 hinaus.
Nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Im vorliegenden Fall geht es ausschließlich um die erste Alternative; die hier zu erörternde Frage der verbleibenden Einsatzfähigkeit für andere Tätigkeiten als den ausgeübten Beruf kann sich bei einer stationären Behandlung von vornherein nicht stellen. Das Gesetz erläutert nicht näher, was es mit dem Begriff der “Arbeitsunfähigkeit” meint. Nach dem Wortsinn muss der Versicherte durch eine Erkrankung gehindert sein, seine Arbeit weiterhin zu verrichten. Hat der Versicherte im Beurteilungszeitpunkt einen Arbeitsplatz inne, kommt es darauf an, ob er die dort an ihn gestellten gesundheitlichen Anforderungen noch erfüllen kann. Verliert er den Arbeitsplatz, bleibt die frühere Tätigkeit als Bezugspunkt erhalten; allerdings sind nicht mehr die konkreten Verhältnisse am früheren Arbeitsplatz maßgebend, sondern es ist nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen. Der Versicherte darf dann auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten “verwiesen” werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Krankengeldes eng zu ziehen ist (Senatsurteil vom 8. Februar 2000 – BSGE 85, 271, 273 = SozR 3-2500 § 49 Nr 4 S 12 f; ebenso Senatsurteil vom 14. Februar 2001 – SozR 3-2500 § 44 Nr 9 S 22 f).
Der jetzige Fall wirft die Frage auf, ob die Beschränkung auf eine der bisherigen vergleichbare Tätigkeit auch dann gilt, wenn die unter den Begriff der Arbeitsunfähigkeit zu subsumierende Leistungsminderung erst zu einem Zeitpunkt eintritt, zu dem der Versicherte seinen Arbeitsplatz verloren und über einen längeren Zeitraum Leistungen der Arbeitslosenversicherung bezogen hat. Wie das LSG unangegriffen und somit für das Revisionsverfahren bindend (§ 163 Sozialgerichtsgesetz – SGG) festgestellt hat, war der Kläger auch ab dem 6. Februar 1999 gesundheitlich nicht mehr in der Lage, als Verkaufsleiter oder in einer vergleichbaren Tätigkeit zu arbeiten, während er an leichten Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung nicht gehindert war. Demnach wäre er als arbeitsunfähig zu beurteilen, wenn der inzwischen aufgegebene Beruf weiter maßgebend wäre. Käme es demgegenüber nicht mehr auf die besonderen Anforderungen der früheren Tätigkeit des Klägers an, hätte die Beklagte ihn zu Recht als arbeitsfähig behandelt und ihm die Weitergewährung von Krankengeld versagt.
Für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers ist nicht auf die Beschäftigung als Verkaufsleiter abzustellen, denn der Kläger war zwischenzeitlich nicht als Beschäftigter, sondern über einen längeren Zeitraum als Bezieher von Arbeitslosengeld krankenversichert. Diese zwischenzeitliche anderweitige Versicherung hätte nach der früheren, unter der Reichsversicherungsordnung (RVO) entwickelten Rechtsprechung allerdings nicht unbedingt dazu geführt, dass die Arbeitsfähigkeit ohne Rücksicht auf den früher ausgeübten Beruf zu prüfen und der spezifisch krankenversicherungsrechtliche “Berufsschutz” zu verneinen gewesen wäre. Denn nach dem Konzept der “Einheit des Versicherungsfalls” konnte der rechtliche Bezug zum früheren Beruf während einer Erkrankung grundsätzlich nur dadurch verloren gehen, dass sich der Versicherte einem anderen Beruf zuwandte, indem er eine neue Tätigkeit tatsächlich aufnahm (vgl BSG SozR 4100 § 158 Nr 6 S 6 f mwN; BSG vom 27. Februar 1984 – 3 RK 8/83 – USK 8415).
Diese Rechtsprechung ist seit dem 1. Januar 1989 durch das SGB V überholt, denn nach den darin getroffenen Regelungen wird der Umfang des Versicherungsschutzes aus dem jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis abgeleitet. Ein früheres Versicherungsverhältnis vermag nur unter engen Voraussetzungen und nur für eng begrenzte Zeiträume Versicherungsansprüche zu begründen. Nach § 19 Abs 1 SGB V erlischt der Anspruch auf Leistungen grundsätzlich mit dem Ende der Mitgliedschaft. Nur wenn vorher eine Pflichtmitgliedschaft bestand und nach deren Ende keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, erlaubt § 19 Abs 2 SGB V noch Leistungsansprüche aus der früheren Versicherung, die aber auf längstens einen Monat begrenzt sind (zu deren Subsidiarität vgl BSGE 89, 254 = SozR 3-2500 § 19 Nr 5). Dass es für die Begründung von Leistungsansprüchen auf die Art der Versicherung und nicht auf das Bestehen einer Versicherung an sich ankommt, unterstreicht § 48 Abs 2 SGB V, wonach in einer neuen Rahmenfrist ein Krankengeldanspruch wegen der bisherigen Krankheit nur entstehen kann, wenn der Versicherte aktuell mit Anspruch auf Krankengeld versichert ist.
Die darin zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wertung steht gleichzeitig einem Verständnis entgegen, das die Mitgliedschaft nur dann als beendet im Sinne des § 19 Abs 1 und 2 SGB V ansieht, wenn die Eigenschaft als gesetzlich Krankenversicherter ganz entfällt (in dieser Richtung jedoch Schmidt in Peters, Handbuch der KV, Stand Oktober 2001, vor § 27 RdNr 90 f, außer beim Übergang in die Familienversicherung). Abgesehen davon, dass diese Auffassung mit der Rechtsprechung des Senats zum Kassenwechsel nicht in Einklang zu bringen wäre (BSGE 89, 86, 87 f = SozR 3-2500 § 19 Nr 4 S 18 f), ergibt schon der Wortlaut von § 19 Abs 2 SGB V, dass das Gesetz den Übergang in die freiwillige Mitgliedschaft als einen Fall der Beendigung iS von § 19 Abs 1 SGB V ansieht; dann würde es nicht einleuchten, wenn der Wechsel in ein neues Pflichtversicherungsverhältnis anders zu behandeln wäre, zumal gerade dieser mit einem obligatorischen Kassenwechsel verbunden sein kann. Infolgedessen kann bei der Frage, an welcher Tätigkeit die Einsatzfähigkeit des Versicherten zu messen ist, wenn über seine Arbeitsfähigkeit oder -unfähigkeit entschieden werden muss, ebenso wie bei den Leistungsansprüchen als solchen (vgl dazu nochmals BSGE 89, 86, 87 = SozR 3-2500 § 19 Nr 4 S 18) immer nur vom jeweils aktuellen Versicherungsverhältnis ausgegangen werden.
Als Ausnahme bedarf die Aufrechterhaltung des krankenversicherungsrechtlichen Berufsschutzes über das Ende der Erwerbstätigkeit hinaus im neuen Recht einer besonderen Rechtfertigung. Beim arbeitslosen Versicherten, der schon während des Beschäftigungsverhältnisses die Arbeitsfähigkeit für diese Beschäftigung verloren und einen Anspruch auf Krankengeld erlangt hat, liegt diese Rechtfertigung darin, dass die Beschäftigtenversicherung nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses hinaus als fortbestehend gilt. Insoweit unterstellt das Gesetz, dass der Versicherte durch die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit an der Aufnahme einer seinem bisherigen Beruf vergleichbaren Tätigkeit gehindert ist. Ähnlich wäre im Falle eines nachgehenden Anspruchs nach § 19 Abs 2 SGB V zu entscheiden, denn dabei handelt es sich um einen Anspruch aus der Beschäftigtenversicherung, wie der Senat inzwischen geklärt hat (BSGE 89, 254 = SozR 3-2500 § 19 Nr 5). Greifen Gesichtspunkte dieser Art nicht ein, kann ein Krankengeldanspruch nicht unter Berufung auf eine früher einmal ausgeübte Tätigkeit begründet werden, denn der auf diese Tätigkeit bezogene Versicherungsschutz ist weggefallen. Soweit frühere Rechtsprechung des Senats zum SGB V eine andere Auslegung zulassen sollte (etwa im Wege des Gegenschlusses aus den Urteilen BSG SozR 3-2500 § 48 Nr 5 und BSGE 73, 121 = SozR 3-4100 § 158 Nr 1), wird sie nicht aufrechterhalten.
Nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses als Verkaufsleiter war der Kläger über längere Zeit als Bezieher von Leistungen der Arbeitslosenversicherung versichert; sein Berufsschutz im Sinne einer auf bestimmte Tätigkeiten beschränkten Prüfung der Einsatzfähigkeit im Arbeitsleben könnte sich demnach nur aus dem Versicherungsschutz nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V in der sog “Krankenversicherung der Arbeitslosen” (KVdA) ergeben.
Ob die KVdA in den ersten sechs Monaten des Leistungsbezugs den Berufsschutz aus der vorherigen Beschäftigtenversicherung faktisch aufrechterhält, weil die Prüfung der Arbeitsunfähigkeit auf Grund vergleichbarer Merkmale im Zweifel zum selben Ergebnis gelangt wie während der Berufsausübung, oder ob sie vorübergehend einen – möglicherweise auch zeitlich abgestuften – eigenständigen Berufsschutz begründet, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Jedenfalls kann der Versicherte nicht als arbeitsunfähig beurteilt werden, wenn er nach mehr als sechsmonatiger Mitgliedschaft in der KVdA erkrankt, die Krankheit ihn jedoch von der Vermittlung eines leistungsgerechten Arbeitsplatzes nicht ausschließt. Denn nach den Vorschriften über den Krankengeldanspruch in der KVdA darf er seine Verfügbarkeit nicht weiter einschränken als dies durch seinen Gesundheitszustand gerechtfertigt ist.
Die KVdA kann schon deshalb nicht ohne Weiteres denselben Berufsschutz wie die Beschäftigtenversicherung vermitteln, weil sie nicht an einer versicherungspflichtigen Tätigkeit anknüpft, die auf einem bestimmten Arbeitsplatz verrichtet wird, sondern auf dem Leistungsbezug als Arbeitsloser beruht. Trotzdem setzt der auch einem Arbeitslosengeld- oder Arbeitslosenhilfebezieher grundsätzlich zustehende Anspruch auf Krankengeld voraus, dass der Versicherte “arbeitsunfähig” ist. Das gilt auch für den gegen die BA gerichteten Anspruch auf Leistungsfortzahlung nach § 126 SGB III (früher § 105b AFG), der den Krankengeldanspruch in den ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit verdrängt, weil insoweit durch § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V dessen Ruhen angeordnet ist (zu entsprechenden früheren Regelungen vgl BSG vom 15. Dezember 1993 – 1 RK 20/93 – USK 93103 = EEK I/1157; BSG SozR 4100 § 105b Nr 3 S 9; BSGE 61, 193 = SozR 2200 § 183 Nr 52). Da die KVdA den Leistungsbezug und dieser die Vermittelbarkeit des Versicherten voraussetzt, hat die bisherige Rechtsprechung zu § 105b AFG den Versicherten als arbeitsunfähig angesehen, wenn er aus gesundheitlichen Gründen der Arbeitsvermittlung (objektiv) nicht zur Verfügung stand (vgl BSG SozR 4100 § 105b Nr 4 S 19; BSG SozR 3-4100 § 105b Nr 2 S 6; so auch Gagel/Winkler, SGB III Stand: März 2002, § 126 RdNr 5). Diese Rechtsprechung wird durch den erkennbaren Zweck des Krankengeldanspruchs innerhalb der KVdA bestätigt: Deren Mitglieder benötigen einen Versicherungsschutz mit Krankengeld ausschließlich für den Fall, dass sie die Geldleistung der Arbeitslosenversicherung aus Krankheitsgründen nicht mehr erhalten können. Da diese so lange zu zahlen ist, wie der Arbeitslose für eine Vermittlung in eine neue Tätigkeit zur Verfügung steht, kann ein Schutzbedürfnis nicht schon dann angenommen werden, wenn die Einsatzfähigkeit im früheren Beruf, sondern erst dann, wenn die Vermittelbarkeit krankheitsbedingt aufgehoben ist. Das Krankengeld stellt sich in der KVdA nicht als Ersatz für Lohnausfall, sondern als Ersatz für eine entgehende Leistung wegen Arbeitslosigkeit dar.
Ob diese Auffassung bedeutet, dass sich der krankenversicherungsrechtliche Berufsschutz in der KVdA ebenfalls nach den Regeln der arbeitslosenversicherungsrechtlichen Verfügbarkeit bestimmt, ist bisher nicht geklärt und braucht hier – wie bereits angedeutet – nicht abschließend geklärt zu werden. Der für das Arbeitslosenversicherungsrecht in § 119 Abs 2 und Abs 4 SGB III definierte bzw im früheren Recht im Begriff der Verfügbarkeit unselbstständig enthaltene (vgl § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG) Begriff der Arbeitsfähigkeit dient dort vor allem als Grundlage für die Überprüfung der Arbeitsbereitschaft oder subjektiven Verfügbarkeit; in diesen systematischen Zusammenhang gehören die Zumutbarkeitsregeln des § 121 SGB III. Der Gegenschluss von der Arbeitsfähigkeit in diesem Sinne auf den krankenversicherungsrechtlichen Begriff der Arbeitsunfähigkeit ist deshalb problematisch. Das wird etwa daran deutlich, dass § 126 Abs 3 SGB III neben dem Begriff der Arbeitsunfähigkeit auch wegen anderer Anspruchselemente auf das Krankenversicherungsrecht verweist. Außerdem enthält § 121 SGB III eine Reihe von Bestimmungen, die außerhalb eines konkreten Arbeitsangebots keinen Sinn haben und daher bei der Prüfung der Arbeitsunfähigkeit nicht einschlägig sein können – so, wenn in § 121 Abs 2 SGB III von gesetzes- oder tarifvertragswidrigen Arbeitsbedingungen oder in Absatz 4 von den zumutbaren Pendelzeiten oder schließlich in Absatz 5 von befristeten Beschäftigungen die Rede ist. Dazu gehört auch die Erwähnung der “mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen” bei der Ermittlung des Nettoeinkommens in § 121 Abs 3 Satz 3 SGB III. Obwohl es beim krankenversicherungsrechtlichen Berufsschutz und im Rahmen des § 121 SGB III übereinstimmend um das Merkmal der zumutbaren Tätigkeit geht, ist infolgedessen fraglich, ob die in Absatz 3 Satz 2 und 3 der Vorschrift auf die Prüfung der Arbeitsbereitschaft des Versicherten anhand eines Arbeitsangebots zielenden Verdienstgrenzen im Zusammenhang mit einer Prüfung der Arbeitsunfähigkeit ein sinnvolles Abgrenzungskriterium darstellen. Trotz einer gewissen Parallele zur früheren Rechtsprechung im Krankenversicherungsrecht, die ebenfalls an der hinzunehmenden Lohnminderung anknüpfte (BSGE 61, 66, 72 f = SozR 2200 § 182 Nr 104 S 227 f), muss überdies an der Praktikabilität dieses Merkmals und der Aussagekraft für die konkrete Situation des Versicherten gezweifelt werden, wenn eine gesundheitliche Leistungsminderung losgelöst von einem konkreten Arbeitsplatz mit einer Verdienstminderung in Beziehung gesetzt werden soll.
Unabhängig davon, welche Schlüsse aus den dargelegten Schwierigkeiten für die Prüfung der Arbeitsunfähigkeit während der ersten sechs Monate der KVdA zu ziehen sind, bietet § 121 Abs 3 Satz 3 SGB III ab dem siebten Monat des Leistungsbezugs bereits rein faktisch keine Handhabe mehr, dem Versicherten eine über die gesundheitliche Leistungsminderung hinausgehende Einschränkung der Verfügbarkeit zuzugestehen. Eine gesundheitlich zumutbare Tätigkeit mit einem niedrigeren Netto-Verdienst als dem Betrag der Leistung wegen Arbeitslosigkeit ist praktisch nur denkbar, wenn es sich um eine Tätigkeit handelt, deren Arbeitszeit im Vergleich zum früheren Arbeitsplatz herabgesetzt ist; eine solche zeitliche Leistungsbeschränkung lässt sich aber ihrerseits nur mit der Erkrankung und nicht mit dem Gesichtspunkt des Berufsschutzes begründen. Deshalb kann dieser ab dem siebten Monat der KVdA auch dann keine Rolle mehr spielen, wenn man ihn im Übrigen mit Hilfe der arbeitslosenversicherungsrechtlichen Zumutbarkeitskriterien als konkretisierbar ansieht. Außerdem greift hier der Einwand in besonderem Maße, dass die Ermittlung der Verdienstmöglichkeiten und deren Vergleich mit der Höhe des zu zahlenden Krankengeldes (vgl § 47b Abs 1 Satz 1 SGB V) lediglich anhand von Durchschnitts- oder Tariflöhnen und der vorgeschriebene Abzug für beschäftigungsbedingte Aufwendungen allenfalls im Wege einer Pauschale möglich wären. Schlussfolgerungen hinsichtlich der objektiven Vermittelbarkeit des konkret betroffenen Versicherten könnten kaum gezogen werden. Im zeitlichen Anwendungsbereich des § 121 Abs 3 Satz 3 SGB III ist die Arbeitsunfähigkeit daher ausschließlich nach der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit zu bestimmen, sodass sich der Kläger gegenüber der ihm gesundheitlich zumutbaren leichten vollschichtigen Tätigkeit auf einen Berufsschutz als Verkaufsleiter nicht berufen kann.
An die ursprüngliche Beschäftigung als Verkaufsleiter könnte schließlich auch mit Rücksicht auf einen theoretisch denkbaren früheren – in die Zeit der Beschäftigung zurückreichenden – Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der dazu führenden Krankheit nicht angeknüpft werden. Zu dieser Frage hat der Senat im Urteil vom 19. September 2002 (B 1 KR 11/02 R – zur Veröffentlichung bestimmt) nähere Ausführungen gemacht, die hier nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt nicht veranlasst sind. Insbesondere liegen keinerlei Hinweise dafür vor, dass die im Januar 1998 festgestellte Erkrankung bereits ein Jahr früher beim Verlust des Arbeitsplatzes irgendeine Rolle gespielt haben könnte. Unter diesen Umständen braucht der Senat nicht darauf einzugehen, unter welchen Voraussetzungen der frühere Beginn der Arbeitsunfähigkeit den Berufsschutz des Klägers ausnahmsweise hätte aufrechterhalten können.
Da das LSG den Krankengeldanspruch zu Recht verneint hat, ist die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen