Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermessensausübung im Rahmen des IAOÜbk 96. Auftragserteilung zur privaten Arbeitsvermittlung
Orientierungssatz
Ist der BA, wie in AFG § 23 geschehen, die Möglichkeit eingeräumt, nach ihrem Ermessen zu handeln, so ist es nicht fehlerhaft, wenn sie das Ermessen im Rahmen des IAOÜbk 96 ausübt.
AFG § 23 Abs 1 bietet somit der BA die Möglichkeit die Ablehnung eines Antrags auf Zulassung zur privaten Arbeitsvermittlung (hier: Künstlervermittlung für Oper, Operette und Bühnentanz) im Hinblick auf IAOÜbk 96 Art 3 Abs 1 auf das sogenannte Auslaufprinzip zu stützen.
Normenkette
AFG § 4 Fassung: 1969-06-25, § 23 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1969-06-25; IAOÜbk 96 Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-07-01
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 15.05.1975; Aktenzeichen L 9 Al 80/74) |
SG München (Entscheidung vom 19.04.1974; Aktenzeichen S 29 Al 197/72) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 1975 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger einen Auftrag zur Künstlervermittlung für Oper, Operette und Bühnentanz zu erteilen hat.
Der Kläger ist seit Juli 1966 Angestellter des von der Beklagten beauftragten Bühnenvermittlers Robert S (Sch.), der in München eine Agentur betreibt. Die Beklagte hat, erstmals durch Schreiben vom Oktober 1966, zugestimmt, daß der Kläger in der Agentur als Vermittler gegen feste Vergütung beschäftigt wird.
Der Kläger beantragte am 7. April 1970 mit Einwilligung des Inhabers der Agentur, ihn gemäß § 23 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) als Bühnenvermittler für den gleichen Personenkreis zuzulassen, für den bereits sein Arbeitgeber Sch. einen Auftrag innehat. Er begründete dies damit, daß er seit Jahren diese Tätigkeit ausübe. Ihm fielen wegen der durch anerkannte Schädigungsfolgen bedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) des Agenturinhabers Aufgaben zu, die die Kompetenz eines Mitarbeiters überstiegen. Er wolle gleichberechtigter Partner seines derzeitigen Arbeitgebers werden und mit diesem eine Bürogemeinschaft bilden.
Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid ihrer Hauptstelle vom 1. August 1972 ab.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19. April 1974). In der Berufungsinstanz hat der Kläger den Antrag gestellt, die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Auftrag zur Vermittlung bezüglich Bühne und Operette zu erteilen, hilfsweise mit der Einschränkung, daß er nur in der Agentur Sch. tätig sein dürfe. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 15. Mai 1975 die Berufung zurückgewiesen. Es hat ausgeführt: Nach § 23 Abs. 1 AFG könne die Beklagte nach ihrem Ermessen in Ausnahmefällen Vermittlungsaufträge vergeben, wenn es für die Durchführung der Arbeitsvermittlung zweckmäßig sei und der Antragsteller die Gewähr für ordnungsgemäße Ausführung des Auftrages biete. Das Gericht dürfe die Ermessensentscheidung nur darauf überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten seien oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden sei. Die Beklagte habe das ihr eingeräumte Ermessen im vorliegenden Falle nicht überschritten. Zwar habe sie ihren ablehnenden Bescheid vom 1. August 1972 in erster Linie darauf gestützt, daß entsprechend dem von der Bundesrepublik ratifizierten Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation vom 1. Juli 1949 über Büros für entgeltliche Arbeitsvermittlung (Neufassung 1949) in Zukunft die auf Gewinn gerichteten Büros für entgeltliche Arbeitsvermittlung fortschreitend aufzuheben seien. Diese Erwägungen seien nicht rechtlicher, sondern politischer Art. Sie könnten daher die Ermessensentscheidung der Beklagten nicht tragen. Maßgebend sei aber, ob die Erteilung des Auftrages im Einzelfall zur Deckung eines Bedarfs geboten und daher zweckmäßig sei. Der Bescheid der Beklagten sei aber dennoch rechtmäßig. Die Beklagte habe ohne Überschreitung ihres gesetzlich gebundenen Ermessens den Antrag des Klägers mit der Begründung ablehnen dürfen, daß dem Vermittlungsbedarf durch die Beauftragung der Agentur Sch. und die Beschäftigung des Klägers als dessen angestellter Vermittler bereits ausreichend entsprochen werde. Falls zu einem noch nicht absehbaren Zeitpunkt in der Zukunft infolge einer personellen Änderung in der Agentur Sch. ein Bedarf auf dem Gebiet der Bühnenvermittlung bestehen sollte, werde die Beklagte aufgrund der dann bestehenden Verhältnisse und eines entsprechenden neuen Antrages die Frage der Zweckmäßigkeit einer Auftragserteilung an den Kläger neu zu prüfen haben.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 23 Abs. 1 AFG durch das LSG. Er trägt insbesondere vor: Sein Antrag habe keinen anderen Sinn, als die Aufrechterhaltung der Agentur Sch. zu gewährleisten, auch für den Fall, daß Sch. aus gesundheitlichen oder anderen Gründen oder durch Tod selbst nicht mehr seine Konzession wahrnehmen könne. Deshalb reiche es ihm - dem Kläger - aus, wenn er eine Konzession erhalte, die an dem Bestand der Konzession Sch. derart gekoppelt sei, daß eine weitere Agentur neben der seines Arbeitgebers nicht entstehen könne.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil und das Urteil des Sozialgerichts München vom 19. April 1974 und den Bescheid der Beklagten vom 1. August 1972 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger mit Einwilligung des Inhabers der Agentur ... als Bühnenvermittler für den gleichen Personenkreis zuzulassen, der bereits durch die Lizenzerteilung an Robert S festgelegt worden sei.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Vermittlungsauftrages.
Über die Klage kann sachlich entschieden werden. Zwar hat ein Vorverfahren, das nach § 80 SGG in der bis zum 31. Dezember 1974 geltenden Fassung auch bei Anfechtung der vom Präsidenten der Beklagten erlassenen Verwaltungsakte erforderlich war (Urteil des BSG vom 11. Mai 1976 - 7 RAr 120/74 -), nicht stattgefunden. Dennoch ist die Klage ohne Vorverfahren deshalb zulässig, weil mangels Bestimmung einer Widerspruchsstelle die Durchführung des Verfahrens in angemessener Frist nicht zu erwarten war (BSG aaO). Der von den Gerichten zu gewährende Rechtsschutz darf nicht an der fehlenden Einrichtung einer Widerspruchsstelle scheitern (BSGE 7, 292, 294; 24, 134, 137).
Zutreffend hat das LSG entschieden, daß die Beklagte nicht verpflichtet ist, dem Kläger einen Auftrag zur Künstlervermittlung zu erteilen (§ 23 Abs. 1 AFG). Arbeitsvermittlung (§ 13 Abs. 1 AFG) ist eine Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, arbeitsuchende Arbeitnehmer (Arbeitsuchende) mit Arbeitgebern zur Begründung von Arbeitsverhältnissen zusammenzuführen. Eine Betätigung auf diesem Gebiet ist durch das Monopol der Beklagten (§ 4 AFG) privaten Vermittlern grundsätzlich untersagt. Die von dem Kläger vermittelten Künstler sind Arbeitsuchende. Ihre berufliche Tätigkeit erfolgt regelmäßig im Rahmen von Arbeitsverhältnissen. Das hierfür wesentliche Merkmal der persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers, dem auf der Seite des Arbeitgebers das Weisungsrecht hinsichtlich Art, Ort, Zeit und Dauer der Dienstleistung entspricht (BAG 12, 303, 14, 17; 19, 324), trifft bei Schauspielern und Sängern regelmäßig zu, insbesondere deshalb, weil der Künstler hierbei einer Regie- und Probenverpflichtung unterliegt (vgl. BFH Urteil vom 27. November 1962 - BStBl III 1963, 95 - und vom 24. Mai 1973 - BStBl II 1973, 636; BAG vom 15. November 1957 - AP Nr. 2 zu § 125 BGB - und vom 20. Juli 1961 - AP Nr. 2 zu § 611 Film -). Das gilt selbst für Spitzendarsteller, sogenannte Stars, die sich unbeschadet ihrer künstlerischen Eigenart in den vom Arbeitgeber bestimmten Produktionsablauf einordnen müssen. Auch soweit die Künstler ganz oder zum Teil durch ständige Engagements verpflichtet sein sollten, stünde dies einer Arbeitsvermittlung i.S. des § 13 Abs. 1 AFG nicht entgegen. Ihre Eigenschaft als "Arbeitsuchende" könnte auch in diesem Fall nicht verneint werden. Sofern der Wille zur Aufnahme eines neuen oder zusätzlichen Engagements vorhanden ist, ist der Künstler ständig "Arbeitsuchender" i.S. des Gesetzes.
Die Beklagte hat § 23 AFG fehlerfrei angewendet. Nach dieser Vorschrift kann die Bundesanstalt in Ausnahmefällen ... Personen mit der Arbeitsvermittlung für einzelne Berufe oder Personengruppen beauftragen, wenn es für die Durchführung der Arbeitsvermittlung zweckmäßig ist .... Da es sich bei § 23 Abs. 1 AFG um eine Ermessensvorschrift handelt, kann sich die gerichtliche Kontrolle nur darauf erstrecken, ob sich die Beklagte im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens gehalten hat (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Daß der Beklagten ein Ermessen zusteht, ergibt sich bereits aus dem Wort "kann" in § 23 Abs. 1 AFG. Hieran ändert sich nichts dadurch, daß neben dem Ermessen zusätzlich die Zweckmäßigkeit der Auftragserteilung beurteilt werden muß. Die Einschätzung von Vorschriften, in denen die Einräumung eines Ermessens mit unbestimmten Rechtsbegriffen gekoppelt ist, war bereits Gegenstand einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (vgl. GmS - Beschluß vom 19. Oktober 1971, NJW 1972, 1411), in der es um eine Vorschrift ging, die den Erlaß bestimmter Steuern in das Ermessen der Verwaltung stellte, wenn ihre Einziehung nach Lage des einzelnen Falles "unbillig" wäre (§ 131 Abs. 1 Satz 1 AO a.F.). Der Gemeinsame Senat hat diese Vorschrift als reine Ermessensvorschrift angesehen. Er hat dazu ausgeführt, daß kein Raum für eine Ermessensentscheidung mehr bleibe und sich der Charakter des § 131 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) ändere, wenn man den Begriff "unbillig" als unbestimmten Rechtsbegriff verstehe, was für sich und dogmatisch betrachtet möglich sei. Bei einer solchen isolierten Betrachtung mache es die Feststellung der Unbilligkeit durch ein Gericht der Verwaltung unmöglich, gleichwohl noch nach ihrem Ermessen zu entscheiden.
Diese Entscheidung besagt allerdings nicht, daß stets dann, wenn Ermessen und unbestimmter Rechtsbegriff in einer Vorschrift gekoppelt sind, dem Ermessen immer Vorrang gebührt. Vielmehr ist jede entsprechende Vorschrift im einzelnen darauf zu prüfen, ob ihre Besonderheiten die Auslegung rechtfertigen, die der Gemeinsame Senat dem § 131 Abs. 1 Satz 1 AO gegeben hat. Das ist für § 23 AFG aber geboten (BSG SozR 4100 § 23 Nr. 1). Die Beklagte hat ihre Ermessensentscheidung darauf gestützt, daß durch ihre eigenen Einrichtungen, insbesondere die zentrale Berufsvermittlung, die auch Außenstellen in mehreren deutschen Städten für Künstler unterhält, ausreichend für die Vermittlung der Künstler gesorgt sei und daß darüber hinaus genügend private Vermittler sich um die Künstler bemühten. Das gelte insbesondere für die Künstler, für die der Kläger nun tätig werden wolle (Oper, Operette und Bühnentanz). Darüber hinaus hat sie sich darauf berufen, daß in Zukunft die privaten Vermittlungsstellen auslaufen und daß deshalb neue Agenturen möglichst nicht eröffnet werden sollten. Diese Begründung läßt Ermessensfehler nicht erkennen. Wie das Ermessen der Beklagten ausgeübt werden soll, ergibt sich zum einen bereits aus § 23 Abs. 1 AFG selbst, der vorschreibt, daß "in Ausnahmefällen" und "wenn es für die Durchführung der Arbeitsvermittlung zweckmäßig ist" Aufträge zur Arbeitsvermittlung gegeben werden sollen. Der Begriff der "Zweckmäßigkeit" enthält damit eine Richtlinie, wie das Ermessen der Beklagten ausgeübt werden soll. Darüber hinaus gelten auf Grund des § 242 Abs. 8 AFG die Vorschriften des Verwaltungsrates der Beklagten über Arbeitsvermittlung und Lehrstellenvermittlung im Auftrag der Bundesanstalt vom 16.Dezember 1959 (ANBA 1960, 105) weiter, die in § 1 bestimmen, daß ein Auftrag zur privaten Arbeitsvermittlung nur erteilt werden darf, wenn für die Vermittlung bestimmter Berufe oder Personengruppen durch Dienststellen der Bundesanstalt nicht angemessen vorgesorgt werden kann. Davon, daß für die Künstlervermittlung durch die Beklagte, einmal durch deren eigene Einrichtungen, sodann durch die Beauftragung privater Vermittler, hinreichend Sorge getroffen worden ist, geht das LSG in tatsächlicher Hinsicht aus. Der Kläger hat diese tatsächlichen Feststellungen nicht substantiiert angegriffen, so daß der Senat an sie gebunden ist (§ 163 SGG). Soweit der Kläger die Notwendigkeit seiner Beauftragung durch die Bundesanstalt darlegt, beruft er sich lediglich darauf, die Beklagte sei schon deshalb nicht in der Lage, eine ausreichende Künstlervermittlung durchzuführen, weil sie in den Formen der öffentlichen Verwaltung handele. Außerdem sei seine Beauftragung auch deshalb notwendig, damit er im Rahmen der Agentur Sch. als dem Agenturinhaber gleichberechtigt auftreten könne, was durch die internen Verhältnisse gerechtfertigt sei.
Die Auffassung, daß die Bundesanstalt schon deshalb zur Künstlervermittlung nicht tauge, weil sie eine öffentliche Verwaltung darstelle, entspricht nicht dem Gesetz. Das AFG gibt der Beklagten die Möglichkeit, private Vermittler nur dort zuzulassen, wo sie selbst nicht hinreichend tätig wird. Die Frage, ob die öffentliche Verwaltung auf allen Gebieten die Arbeitsvermittlung übernehmen kann, ist damit vom Gesetzgeber schon geprüft und bejaht worden. Daß diese Frage gerade bei der Künstlervermittlung vom Gesetzgeber keineswegs übersehen worden ist, ergeben die Materialien des Gesetzes. Die Ausschüsse für Kulturfragen und der Rechtsausschuß des Bundesrates empfahlen, den Vermittlungsausschuß anzurufen, weil § 23 AFG so gefaßt werden müsse, daß Vermittler für Künstler stets zugelassen würden, wenn sie zuverlässig seien. Dem widersprach der Ausschuß für Arbeit und Sozialpolitik (Drucks. 276/1/69). Die Anrufung des Vermittlungsausschusses unterblieb. Der Bundesrat richtete lediglich einen Appell an die Bundesregierung, dafür zu sorgen, daß die staatliche Arbeitsvermittlung durch private Vermittler ergänzt werde. Die Eigenart der Künstlervermittlung verlange das. Für eine fortschreitende Aufhebung privater Bühnenvermittlungseinrichtungen lasse § 23 AFG keinen Raum (Anl. zum Schreiben des Präsidenten des Bundesrates vom 20. Juni 1969 an den Bundeskanzler - Drucks. 276/69). Auch diese Entschließung des Bundesrates geht demnach davon aus, daß die Künstlervermittlung ebenfalls von der Beklagten durchzuführen ist. Sie verlangt lediglich, daß die weitere Einschränkung der privaten Vermittlung, die die Tätigkeit der Beklagten ergänzt, unterbleiben solle. Der Bundesrat ist ferner davon ausgegangen, daß die weitere Einschränkung privater Vermittler nicht durch § 23 AFG gefordert sei.
Die Entscheidung der Beklagten ist nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte sich gleichzeitig auf das sogenannte "Auslaufprinzip" gestützt hat. Im Rahmen des § 23 AFG kann das Auslaufprinzip berücksichtigt werden. Nach Art. 3 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 96 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über Büros für entgeltliche Arbeitsvermittlung (Neufassung 1949), das die Bundesrepublik ratifiziert hat (BGBl II 1954, 456), sind die auf Gewinn gerichteten Büros für entgeltliche Arbeitsvermittlung innerhalb eines begrenzten, von der zuständigen Behörde festgesetzten Zeitraumes aufzuheben. Gemäß Art. 5 Abs. 1 des Übereinkommens hat die zuständige Behörde von der Bestimmung des Art. 3 Abs. 1 Ausnahmen in bezug auf die von der Gesetzgebung genau bezeichneten Kategorien von Personen zu gewähren, für deren angemessene Vermittlung im Rahmen der öffentlichen Arbeitsmarktverwaltung nicht vorgesorgt werden kann. Richtig ist, daß dieses Übereinkommen nach seiner Ratifizierung nicht unmittelbar geltendes Recht in dem Sinne geworden ist, daß die Bundesanstalt einen ablehnenden Verwaltungsakt gegenüber einem Bürger der Bundesrepublik nur hierauf stützen kann. Rechtsgrundlage für das Verwaltungshandeln der Beklagten bleiben insoweit die für sie geltenden Gesetze der Bundesrepublik, im vorliegenden Fall also insbesondere der § 23 AFG. Wenn aber, wie es hier der Fall ist, der Bundesanstalt die Möglichkeit eingeräumt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, so ist es nicht fehlerhaft, wenn sie das Ermessen im Rahmen dieses internationalen Abkommens ausübt. Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 AFG bietet unter den darin genannten Voraussetzungen nämlich einerseits die Möglichkeit, dem Gebot des Art. 3 Abs. 1 jenes Übereinkommens nachzukommen, andererseits aber auch - sofern zweckmäßig - weitere Aufträge zu erteilen. Aus der Begründung der Bundesrepublik zum Entwurf des AFG ist ferner zu entnehmen, daß man bei der Fassung des heutigen § 23 AFG (§ 24 des Entwurfs) die Verpflichtungen aus dem Abkommen Nr. 96 der IAO deutlich gesehen hat (Drucks. V/2291 zu § 24 AFG, S. 63).
Es kann dahingestellt bleiben, welche Bedeutung dem Appell des Bundesrates an die Bundesregierung zukommt. Seine Auffassung zum Inhalt des § 23 AFG hat in dessen Fassung bei den abschließenden Beratungen keinen Niederschlag gefunden. Im übrigen ist der Bundestag selbst von der Verpflichtung der Bundesrepublik ausgegangen, zunehmend die Tätigkeit privater Vermittler einzuschränken. Er hat lediglich gemeint, daß es auf dem Gebiet der Künstlervermittlung zweckmäßig sei (§ 23 Abs. 1 AFG; Art. 5 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 96 der IAO), die bereits beauftragten Künstlervermittler ihre Tätigkeit fortsetzen zu lassen. Das hat die Beklagte auch getan. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung, noch weitere Personen mit der Arbeitsvermittlung zu beauftragen, kann somit aus § 23 Abs. 1 AFG nicht hergeleitet werden.
Die vom Kläger gegen ein Vermittlungsmonopol der Beklagten im Bereich der Künstlervermittlung und die Einräumung eines ermessenserhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken greifen nicht durch. Der Senat hat bereits mehrfach (SozR Nr. 1 zu § 23 AFG; SozR 4100 § 23 Nr. 1) zur Verfassungsmäßigkeit des Vermittlungsmonopols für Künstler Stellung genommen. Ausgangspunkt war dabei die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. April 1967 (BVerfGE 21. 267), die sich generell mit dem Ausschluß der Wahl des Berufs des selbständigen Arbeitsvermittlers durch das Arbeitsvermittlungsmonopol der Beklagten und speziell mit der Einbeziehung der Vermittlung von Führungskräften der Wirtschaft befaßt hat. Es hat in dem Vermittlungsmonopol der Beklagten keinen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes gesehen, sondern seine Rechtfertigung darin erachtet, daß das Monopol unerläßlich sei, um Gemeinschaftsgüter von hohem Rang vor schweren und höchstwahrscheinlichen Gefahren zu schützen. Ausgehend von dieser Entscheidung war der Senat der Auffassung, daß die für die Verfassungsmäßigkeit eines Vermittlungsmonopols bei Führungskräften der Wirtschaft aufgeführten Gründe im wesentlichen auch für die Berufsgruppe der Künstler gelten. Unbedenklich ist dabei, daß § 23 Abs. 1 AFG der Beklagten ein Recht zu einer Ermessensentscheidung gibt (BSG SozR 4100 § 23 Nr. 1).
Da somit die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden ist, Klage und Berufung zu Recht ohne Erfolg geblieben sind, ist die Revision zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen