Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 19.12.1986) |
SG Konstanz (Urteil vom 27.06.1984) |
Tenor
Auf die Revision der Beigeladenen zu 1) werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Dezember 1986 und des Sozialgerichts Konstanz vom 27. Juni 1984 aufgehoben, soweit sie den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 1982 aufgehoben haben. Die Klage wird abgewiesen.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob die von der Beklagten geltend gemachten Beitragsansprüche für Urlaubsabgeltungen Masseschulden (§ 59 Konkursordnung -KO-) sind.
Über das Vermögen der früheren Arbeitgeberin der Beigeladenen zu 4) bis 16) wurde am 1. März 1982 das Konkursverfahren eröffnet. Einen Tag zuvor, am 28. Februar 1982, endeten ihre Arbeitsverhältnisse (Ausnahme: Beigeladener zu 9, dessen Arbeitsverhältnis am 16. Februar 1982 endete und der für 29,5 Tage einen Urlaubsabgeltungsanspruch hatte). Unter Berücksichtigung der Urlaubsabgeltungsansprüche erhielten die Beigeladenen zu 4) bis 16) Konkursausfallgeld (Kaug). Auf Antrag der Beklagten gemäß § 141n Abs 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entrichtete die Beigeladene zu 1) Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für die vor Eröffnung des Konkursverfahrens rückständigen Arbeitsentgelte. Zu den auf die Urlaubsabgeltungsansprüche entfallenden Beiträge teilte die Beigeladene zu 1) der Beklagten in einem Schreiben vom 22. April 1982 mit, daß hierfür keine Ansprüche gegen die Kaug-Versicherung bestünden. Sie gab aber anheim, für diese Beiträge einen gesonderten Antrag zu stellen, damit ein rechtsmittelfähiger Bescheid erteilt werden könne. Einen solchen Antrag stellte die Beklagte mit Schreiben vom 14. August 1984. Die Beklagte lehnte diesen durch Bescheid vom 7. September 1984 ab. Die mit der Beendigung der Arbeitsverhältnisse am 28. Februar 1982 fällig gewordenen Urlaubsabgeltungsansprüche hätten aufgrund des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz -AFKG- vom 22. Dezember 1981, BGBl I S 1497) die Beschäftigungsverhältnisse über den Tag der Konkurseröffnung hinaus verlängert. Auf die fiktive Verlängerung entfallende Beiträge seien nicht gemäß § 141n Abs 1 AFG aus der Kaug-Versicherung zu entrichten.
Durch Bescheid vom 19. Mai 1982 hatte die Beklagte die auf die Urlaubsabgeltungen entfallenden Beiträge (im Widerspruchsverfahren berichtigt auf insgesamt DM 4.107,92) vom Kläger als Masseschuld verlangt. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 1982). Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Konstanz -SG- vom 27. Juni 1987). Außerdem hat das SG die Widerklage der Beklagten abgewiesen, mit der diese die Feststellung begehrt hatte, es handele sich um eine Masseforderung nach § 59 Abs 1 Nr 2 KO. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, um Masseforderungen handele es sich weder nach Nr 2 noch nach Nr 3 Buchst e des § 59 Abs 1 KO.
Gegen das Urteil hat nur die Bundesanstalt für Arbeit (BA) Berufung eingelegt. Sie war vom SG gemäß § 75 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beigeladen worden, „weil sie im Falle der Aufhebung der angefochtenen Bescheide als Leistungspflichtige iS von § 141n AFG in Betracht kommt”. Während des Berufungsverfahrens hat die BA mit dem erwähnten Bescheid vom 7. September 1984 den Antrag der Beklagten auf Zahlung der Beiträge aus der Kaug-Versicherung abgelehnt und darauf hingewiesen, daß dieser Bescheid gemäß § 96 SGG Gegenstand des vorliegenden Verfahrens werde. Der Berufungsantrag der BA ging dahin, das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat nach Beiladung auch der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), der Landesversicherungsanstalt (LVA) Württemberg und der betroffenen Arbeitnehmer durch Urteil vom 19. Dezember 1986 die Berufung zurückgewiesen. Masseschulden iS des § 59 Abs 1 Nr 2, 2. Alternative KO seien die Beitragsforderungen nicht geworden. Denn sie seien nicht erst für die Zeit nach der Eröffnung des Konkursverfahrens zu erfüllen gewesen. Die vom Gesetzgeber mit Wirkung vom 1. Januar 1986 wieder beseitigte fiktive Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses um die Zeit eines abgegoltenen Urlaubs sei im Konkursrecht und für § 141n AFG unbeachtlich, soweit es dort auf die Dauer eines Arbeitsverhältnisses ankomme. Der Regelungsbereich des AFKG habe sich darauf nicht erstrecken sollen. Der Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 20. August 1986 (- 10 RAr 1/85 – in: ZIP 1986, 1580), wonach ein Urlaubsabgeltungsanspruch jedenfalls für die Geltungsdauer der durch das AFKG erfolgten Änderungen auch bei Anwendung des § 141n AFG zeitlich so einzuordnen sei, daß sich die Zeit der Urlaubsabgeltung unmittelbar an das Ende des Arbeitsverhältnisses im arbeitsrechtlichen Sinn anschließe, werde nicht gefolgt. Vielmehr sei entsprechend der Entscheidung des BSG vom 30. November 1977 (- 12 RAr 99/76 –, BSGE 45, 191) die Urlaubsabgeltung auch in der Zeit, in der jene Vorschriften des AFKG gegolten hätten, auf die der arbeitsrechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgehenden Tage zu verteilen. Schließlich handele es sich nicht um Masseschulden iS des § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO. Insoweit seien die Beitragsansprüche bereits zum Zeitpunkt des ersten von der Beklagten gemäß § 141n AFG gestellten Antrages zu Konkursforderungen mit dem Rang des § 61 Abs 1 Nr 1 KO zurückgestuft worden (vgl § 59 Abs 2 Satz 2 KO). Die Beigeladene zu 1) habe zwar den diesbezüglichen Antrag der Beklagten durch Bescheid vom 7. September 1984 abgelehnt. Durch diesen Bescheid, der nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sei, sei die Herabstufung zur Konkursforderung jedoch auch dann nicht rückgängig gemacht worden, falls er bindend geworden sein sollte. Es verstoße gegen Treu und Glauben, wenn sich die Beigeladene zu 1) auf die Bestandskraft berufe. Mit einer falschen Rechtsbehelfsbelehrung habe sie die Beklagte davon abgehalten, den Bescheid selbständig anzufechten. Außerdem habe sie im Berufungsverfahren vorgetragen, daß der Ausgang des Rechtsstreits sie auch hinsichtlich eines Anspruchs der Beklagten gemäß § 141n AFG binde.
Die beigeladene BA hat die – vom LSG zugelassene – Revision eingelegt und macht geltend, die auf die Urlaubsabgeltungen entfallenden Beiträge seien nicht für eine Zeit vor Konkurseröffnung zu zahlen, sondern wegen der durch das AFKG erfolgten Gesetzesänderungen für eine Zeit nach Konkurseröffnung. Daß für die Urlaubsabgeltungen Kaug gezahlt worden sei, ändere daran nichts. Denn der Anspruch auf Kaug sei rechtlich unabhängig vom Anspruch der Beklagten auf Beitragsentrichtung gemäß § 141n AFG.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Mit dem AFKG habe der Gesetzgeber das Rangsystem der KO nicht ändern oder neue Vorzugsrechte für bestimmte Beitragsforderungen schaffen wollen.
Die beigeladene LVA stellt mit einem als „Anschlußrevision” bezeichneten Schriftsatz vom 1. September 1987 denselben Antrag wie die BA und schließt sich deren Revisionsbegründung an.
Die Beklagte und die übrigen Beigeladenen haben sich zur Sache nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Alle Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, daß der Rechtsstreit durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der BA ist begründet, soweit sie sich gegen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch die Vorinstanzen richtet. Sie ist unbegründet, soweit die BA Aufhebung des die Widerklage abweisenden Urteils begehrt.
Die Revision ist lediglich von der beigeladenen BA eingelegt worden mit dem Antrag, die vorinstanzlichen Urteile aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die beigeladene LVA hat ebenfalls diesen Antrag gestellt. Allerdings konnte sie damit, weil die Revisionsfrist verstrichen war, keine zulässige Revision mehr einlegen. Auch eine Anschlußrevision kam nicht in Betracht, weil die LVA lediglich dem auf dasselbe Ziel gerichteten Antrag der alleinigen Revisionsklägerin (BA) folgt (vgl BSGE 19, 265, 266). Der Antrag der LVA ist daher nicht der Antrag einer Rechtsmittelführerin, sondern der einer (notwendig) Beigeladenen. Er ist ferner einschränkend dahin auszulegen, daß die Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile von der LVA nur insoweit begehrt wird, als Beiträge zur Arbeiterrentenversicherung betroffen sind.
Streitgegenstand des Verfahrens war in erster Instanz der Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 1982 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 1982), mit dem sie Beitragsforderungen gegen den Konkursverwalter erhebt. Ferner war Streitgegenstand die im Wege der Widerklage von der Beklagten beantragte Feststellung, daß die erhobene Beitragsforderung als Masseschuld nach § 59 Abs 1 Nr 2 KO zu befriedigen sei. Allerdings ist in dem Tatbestand des ohne mündliche Verhandlung ergangenen Urteils ein Antrag der Beklagten aufgeführt, festzustellen, daß die streitigen Sozialversicherungsbeiträge Masseforderungen nach § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO sind. Der Akteninhalt und die diesem Antrag folgende Begründung weisen aber aus, daß die Beklagte die Feststellung begehrt, daß es sich um Masseforderungen nach § 59 Abs 1 Nr 2 KO handelt. Hiervon ist auszugehen, da das Urteil nur bei dieser Auslegung verständlich bleibt.
Im Berufungsverfahren hat die BA uneingeschränkt die Aufhebung des Urteils erster Instanz beantragt und somit auch die Aufhebung der die Widerklage abweisenden Entscheidung. Das LSG hat diesen Antrag uneingeschränkt zurückgewiesen. Im Revisionsverfahren wird erneut uneingeschränkt Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile beantragt. Der Streitgegenstand ist insofern während des Rechtsstreits unverändert geblieben. Hingegen ist der Bescheid der BA vom 7. September 1984, mit dem sie Ansprüche der Beklagten nach § 141n AFG abgelehnt hat, nicht Gegenstand des Verfahrens geworden. Dies hat das LSG bereits zutreffend entschieden. Zu diesem Bescheid sind im Berufungs- und im Revisionsverfahren auch keine Anträge gestellt worden.
Die BA verfolgt im vorliegenden Verfahren ihr Begehren in zwei Funktionen: Einmal als Trägerin der Kaug-Versicherung, weil sie als solche bei einem Erfolg der Klage uU Leistungen erbringen müßte, zum zweiten als Trägerin der Arbeitslosenversicherung, gegenüber der die Entscheidung der Beklagten über die Beitragsforderung zu diesem Versicherungszweig nur einheitlich ergehen kann. Nachdem die BA vom SG beigeladen worden war, konnte sie ihre Rechte im Prozeß in jeder Hinsicht wahrnehmen, auch hinsichtlich der von der Beklagten für sie geforderten Beiträge. Wenn das SG die Beiladung der BA lediglich damit begründet hat, daß sie im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides als Leistungspflichtige nach § 141n AFG in Betracht komme, so führt das nicht zu einer Beschränkung der Rechtsverfolgung hierauf und dazu, daß hinsichtlich der Beitragsforderung eine zweite Beiladung der BA erforderlich gewesen wäre.
Die BA hat ein Rechtsschutzinteresse sowohl für ihr Begehren nach Wiederherstellung des angefochtenen Bescheides als auch für die Aufhebung des die Widerklage abweisenden Urteils. Dieses bedarf hinsichtlich der im Bescheid geforderten Beiträge zur BA keiner weiteren Ausführungen. Die BA hat aber darüber hinaus als Trägerin der Kaug-Versicherung auch ein Rechtsschutzinteresse daran, daß der angefochtene Bescheid auch hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung und zur Rentenversicherung Bestand hat. Dies ergibt sich zunächst daraus, daß die Einstufung der Beitragsforderung als Masseforderung nach § 59 Abs 1 Nr 2 KO Ansprüche aus der Kaug-Versicherung von vornherein ausschließen würde, weil dann diese Beitragsansprüche als Ansprüche für die Zeit nach Konkurseröffnung anzusehen und nur aus der Masse zu befriedigen wären. Aber auch, wenn die Beitragsansprüche unter § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO fallen, hat die BA ein Interesse daran, daß die Entscheidung, die Beitragsforderungen seien keine Masseforderungen, weil sie zu Konkursforderungen herabgestuft worden sind, keinen Bestand hat. Ihr Rechtsschutzbedürfnis ist nicht dadurch entfallen, daß ein Bescheid über die Ablehnung von Ansprüchen aus der Kaug-Versicherung bindend geworden ist. Denn die beklagte AOK könnte bei einem für sie ungünstigen Ausgang dieses Verfahrens gemäß § 44 des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsvorschriften – (SGB 10) einen Antrag auf Erteilung eines Zugunstenbescheides stellen.
Die Zulässigkeit des Antrags auf Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile, soweit sie die Widerklage der AOK ablehnen, wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß die BA im Berufungs- und Revisionsverfahren keinen eigenen Feststellungsantrag gestellt hat. Sie konnte sich damit begnügen, die für sie ungünstigen Rechtskraftfolgen eine Abweisung der Feststellungswiderklage zu beseitigen. Bei einem Erfolg dieses Antrages wäre im Revisionsverfahren über den dann noch offenen Widerklageantrag der AOK zu entscheiden gewesen, obwohl diese Rechtsmittel nicht eingelegt hat. Dies ist eine Folge davon, daß durch die Rechtsmittel der BA auch die Widerklage Gegenstand des Verfahrens geblieben ist.
III
In der Sache war die Revision unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Widerklage richtet. Die Widerklage ist allerdings zulässig. Sie steht in rechtlichem Zusammenhang mit der Klage. Sie ist auch nicht wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses ausgeschlossen, etwa weil die Beklagte eine Regelung durch Verwaltungsakt treffen könnte (BSGE 3, 135, 140, 141; 6, 97, 98; 15, 81, 83; 17, 139, 143); denn die Beklagte ist nicht befugt, den vom Konkursverwalter bestrittenen Rang als Masseschuld nach § 59 Abs 1 Nr 2 KO durch Verwaltungsakt festzulegen. Eine dem § 89 Abs 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entsprechende Vorschrift, die eine Widerklage im Zusammenhang mit einer Anfechtungsklage generell ausschließt, ist im SGG nicht vorgesehen. Für eine entsprechende Anwendung fehlt die Rechtsgrundlage. Deshalb richtet sich die Zulässigkeit hier nach den allgemeinen Grundsätzen, insbesondere danach, ob ein Rechtsschutzbedürfnis vorliegt. Insoweit bestehen aber, wie dargelegt, keine Bedenken (vgl BSGE 53, 212, 213; s auch BSGE 17, 139, 143).
Das SG hat auch materiell zu Recht den Charakter der Forderung als Masseforderung nach § 59 Abs 1 Nr 2 KO verneint. Nach dieser Vorschrift sind Masseschulden die Ansprüche aus zweiseitigen Verträgen, deren Erfüllung zur Konkursmasse verlangt wird oder für die Zeit nach Eröffnung des Verfahrens erfolgen muß. Dazu zählen auch Beitragsschulden, die auf Arbeitsentgelte entfallen, die für die Zeit nach Konkurseröffnung zu zahlen sind. Um solche Entgelte geht es hier jedoch nicht. Nur in einem nach Konkurseröffnung fortgesetzten Arbeitsverhältnis trifft den Konkursverwalter die Last eines bis dahin nicht erfüllten Urlaubsanspruchs (BAG AP Nrn 2, 4 und 10 zu § 59 KO). Ist jedoch das Arbeitsverhältnis nach der Konkurseröffnung nicht mehr fortgesetzt worden, so sind Urlaubsabgeltungen und die darauf entfallenden Beiträge grundsätzlich konkursrechtlich nur Forderungen für die Zeit vor Konkurseröffnung.
Dies war auch bis zum Inkrafttreten des AFKG (1. Januar 1982) unbestritten. Urlaubsabgeltungen wurden im Rahmen der Kaug-Versicherung als Ansprüche für die letzten der Dauer des abgegoltenen Urlaubs entsprechenden Tage des Arbeitsverhältnisses angesehen (BSGE 45, 191 = SozR 4100 § 141b Nr 5). Entsprechendes galt konkursrechtlich für die zugrunde liegende Urlaubsabgeltung (BAG AP Nr 10 zu § 59 KO). Dem hätte es entsprochen, auch beitragsrechtlich so zu verfahren und die Beiträge so zu berechnen, als wenn es sich bei der Urlaubsabgeltung um Arbeitsentgelt jeweils für die letzten, der Dauer des abzugeltenden Urlaubs entsprechenden Tage des Arbeitsverhältnisses handelte. Die Praxis hat allerdings weiterhin – wie zuvor (BSGE 26, 68, 72) – Urlaubsabgeltungen gemäß § 14 SGB 4 (früher § 160 Abs 3 RVO) als einmalige Leistungen angesehen, die beitragsrechtlich dem letzten Monat des Arbeitsverhältnisses zuzuordnen und bis zur Beitragsbemessungsgrenze bei der Grundlohnberechnung zu berücksichtigen waren. Auch dies änderte aber nichts daran, daß es sich um Beitragsansprüche für die Zeit vor Konkurseröffnung handelte.
Durch das AFKG wurden allerdings mit Wirkung vom 1. Januar 1982 neue Grundlagen der Beitragsberechnung geschaffen. In § 168 Abs 1 Satz 2 AFG wurde bestimmt, daß als entgeltlich beschäftigte beitragspflichtige Arbeitnehmer auch Personen gelten, die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen haben; insoweit galt das bisherige Beschäftigungsverhältnis für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs als fortbestehend. Gleichlautende Regelungen waren in § 1227 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und § 2 Abs 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) enthalten. Für das Leistungsrecht der Krankenversicherung wurde außerdem in § 311 RVO bestimmt, daß die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger auch für den Zeitraum erhalten bleibt, für den wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Urlaubsabgeltung besteht. Zur Beitragsberechnung war in § 381 Abs 6 RVO ausdrücklich geregelt, daß für den Zeitraum, für den wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Urlaubsabgeltung besteht, Beiträge von der Urlaubsabgeltung zu entrichten sind, soweit der im Durchschnitt auf den Kalendertag des abgegoltenen Urlaubs entfallende Teil der Abgeltung zusammen mit dem Arbeitsentgelt den in § 180 Abs 1 Satz 3 RVO genannten Betrag (Beitragsbemessungsgrenze) nicht übersteigt.
In den Materialien wird die fiktive Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses in § 168 Abs 1 Satz 2 AFG damit begründet, die Regelung solle gewährleisten, daß die Beitragspflicht während der Zeit, für die der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat, fortbesteht (BT-Drucks 9/846 S 47 zu Art 1 Nr 54). Eine entsprechende Begründung wurde zu der Neufassung von § 1227 RVO und § 2 AVG gegeben (aa0 S 54 zu Art 4 Nr 20 zu Buchst b und S 55 rechte Spalte zu Art 5 Nr 1). Zu den Bestimmungen der Krankenversicherung wurde ausgeführt, daß die Regelung den Krankenversicherungsschutz ausdehne und deshalb auch von der Urlaubsabgeltung Beiträge erhoben werden sollten (aa0 S 52 zu Art 4 Nr 5 zu Art 4 Buchst b und zu Nr 6 zu Buchst c).
Inhalt und Begründung dieser Neuregelung machen deutlich, daß es dem Gesetzgeber hierbei um die Ausdehnung des Versicherungsschutzes und die stärkere beitragsrechtliche Berücksichtigung der Urlaubsabgeltung ging. Dementsprechend bezieht sich die Fiktion in § 168 Abs 1 Satz 2 AFG, § 1227 Abs 2 RVO und § 2 Abs 3 AVG idF des AFKG nur auf eine fiktive Ausdehnung des versicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses. Die Einleitungsworte in § 168 Abs 1 Satz 2 AFG „als entgeltlich beschäftigte Arbeitnehmer … gelten …”) vermitteln zwar zunächst den Eindruck, als würde hier auch eine Ausdehnung des arbeitsrechtlichen Arbeitsverhältnisses angestrebt. Der zweite Halbsatz „insoweit gilt das bisherige Beschäftigungsverhältnis … als fortbestehend”) stellt jedoch die Grenzen dieser Fiktion klar.
Aus einer für Zwecke des Versicherungsschutzes und der Beitragsberechnung vorgenommenen Fiktion der Ausdehnung des Beschäftigungsverhältnisses kann keine Änderung der arbeitsrechtlichen und konkursrechtlichen Bestimmungen geschlossen werden. Hierzu hätte es einer klarstellenden Bestimmung und eines erkennbaren, solche Ausdehnung erfordernden Zweckes bedurft. Im Wortlaut unverändert durch das AFKG hält die KO zur konkursrechtlichen Einordnung von Ansprüchen der Sozialversicherungsträger und der BA ein nach Zeiträumen gestaffeltes System bereit. Beitragsansprüche, Säumniszuschläge und Umlagen sind für die Zeit nach Konkurseröffnung Masseschulden nach § 59 Abs 1 Nrn 1 und 2 KO, für die letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung Masseschulden gemäß § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO und für den siebten bis zwölften Monat vor Konkurseröffnung Konkursforderungen gemäß § 61 Abs 1 Nr 1 Buchst e KO (vgl Gagel, AFG, vor § 141a RdNrn 2 ff).
Die fiktive Verlängerung von Beschäftigungsverhältnissen ändert diese Systematik nicht. Der besondere Schutz, den § 59 Abs 1 Nr 2 KO für diejenigen zur Verfügung stellt, die ihrerseits Verpflichtungen aus fortlaufenden Schuldverhältnissen noch in der Zeit nach Konkurseröffnung erfüllen müssen (vgl Kuhn/Uhlenbruck, KO, 10. Aufl, § 59 RdNrn 9 ff; Hess/Kropshofer, KO, 2. Aufl, § 59 Anm 21 ff), rechtfertigt sich nicht ohne weiteres für Forderungen, die aus arbeitsrechtlichen Beziehungen erwachsen, welche bereits vor Konkurseröffnung abgeschlossen waren. Der Arbeitnehmer erbringt in diesen Fällen nach Konkurseröffnung keine Leistung mehr, die es erfordert, seine Arbeitsentgeltansprüche und die gleichzeitig erarbeiteten Beiträge stärker abzusichern als Ansprüche für vorhergehende Zeiten.
Auch die Entscheidung des erkennenden Senats zum Umfang der Ansprüche aus § 405 RVO für eine Zeit, für die der Arbeitgeber nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses noch eine Urlaubsabgeltung zu zahlen hat (SozR 2200 § 405 Nr 11), stützt nicht die Ansicht, daß die Beitragsforderungen Masseforderungen nach § 59 Abs 1 Nr 2 KO sind. Der erkennende Senat hat dort einen Beitragszuschuß nach § 405 RVO auch für einen Zeitraum nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses zugebilligt, der der Dauer des abgegoltenen Urlaubs entspricht. Er hat dabei aber deutlich hervorgehoben, daß es sich um Ansprüche aus dem zu Ende gegangenen Arbeitsverhältnis handelt. Diese Zuschußansprüche dienen zwar einem Versicherungsschutz nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses, bleiben aber vorher erarbeitete Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die nicht Masseschulden nach § 59 Abs 1 Nr 2 KO sein können, wenn das Arbeitsverhältnis vorher geendet hat.
IV
Begründet ist die Revision der BA jedoch, soweit sie unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile die Abweisung der Klage gegen den angefochtenen Bescheid der Beklagten begehrt. Denn dieser Bescheid ist rechtmäßig. Die streitige Beitragsforderung ist als Masseforderung gemäß § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO zu qualifizieren.
Bei den Ansprüchen auf Urlaubsabgeltungen und den darauf entfallenden Beiträgen handelt es sich um Ansprüche für die letzte Zeit der Arbeitsverhältnisse. Da hier die Arbeitsverhältnisse am Tage vor Konkurseröffnung, beim Beigeladenen zu 9) rund zwei Wochen vorher, geendet haben, betreffen diese Ansprüche die letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung. Die arbeitsrechtlichen Ansprüche auf Urlaubsabgeltungen sind deshalb Masseforderungen iS von § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst a KO, die darauf entfallenden Beitragsforderungen Masseforderungen iS von § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO.
Allerdings ergibt sich die Einordnung dieser Beitragsforderungen in der Zeit, in der das Beschäftigungsverhältnis aufgrund der Neuregelungen im AFKG fiktiv um die Dauer des abgegoltenen Urlaubs verlängert wurde, nicht mehr ohne weiteres aus dem Gesetzeswortlaut. Bisher handelte es sich bei „Rückständen für die letzten sechs Monate” vor Konkurseröffnung um Beitragsforderungen für Arbeitsentgelte dieser letzten sechs Monate, die auch beitragsrechtlich für diese sechs Monate verbucht wurden. Nunmehr entfallen die Beiträge in Fällen wie dem vorliegenden zwar weiterhin auf Arbeitsentgelte aus den letzten sechs Monaten; sie werden aber für Zeiten danach verbucht. Es fehlt eine Regelung, die konkursrechtlich klarstellt, ob diese Beiträge ebenfalls den Schutz des § 59 Abs 1 KO genießen sollen oder mangels einer einschlägigen Bestimmung als einfache Konkursforderungen nach § 61 Abs 1 Nr 6 KO anzusehen sind. Das Gesetz enthält insoweit eine Lücke.
Ihre Ausfüllung muß den erkennbaren Zielen des Gesetzgebers gerecht werden. Sie erfolgt am sachgerechtesten, indem der Wirkungsbereich des § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO weiterhin wie bisher bestimmt wird. Abgesehen davon, daß das Gesetz keinen Anhalt enthält, daß durch die Änderungen im AFKG zugleich Änderungen im Konkursrecht eintreten sollten, spricht auch der Schutzzweck der Regelung dafür, weiterhin die Beiträge, die auf Urlaubsabgeltungen entfallen, in den Schutz des § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO einzubeziehen. Der Gesetzgeber hat die Neuregelungen im AFKG eingeführt, um den Versicherungsschutz auszudehnen und das Beitragsaufkommen der Versicherungsträger zu erweitern. Im Konkursrecht sind § 59 Abs 1 KO und der Rangvorteil für Arbeitsentgelte in § 61 Abs 1 Nr 1 KO geschaffen worden, um das jeweils aktuellste Arbeitsentgelt und die entsprechenden Beiträge in einem nach der Nähe zum Konkurs abgestuften System besser abzusichern. Bei dieser Zielrichtung wäre es nicht verständlich, gerade die letzten anfallenden Beiträge von jeder Privilegierung auszunehmen (vgl die ähnlich liegenden Überlegungen in BSGE 48, 61). Der Schutzzweck des Konkursrechts und der Schutzzweck der Neuregelungen im AFKG, die hier gleichermaßen zu beachten sind, lassen eine andere Betrachtung nicht zu.
Dies hat zur Folge, daß zu den Rückständen „für die letzten sechs Monate vor der Eröffnung des Verfahrens” iS von § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO nicht nur die in den letzten sechs Monaten angefallenen Beiträge für das laufende Arbeitsentgelt gehören, sondern auch die Beiträge für die durch die Urlaubsabgeltung bewirkte Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf die fiktiv verlängerte Dauer des Beschäftigungsverhältnisses; denn für eine „Verschiebung” des Sechs-Monats-Zeitraums um die fiktive Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Folge, daß die Beiträge für die letzten Tage des sechsten Monats vor Konkurseröffnung nicht mehr dem § 59 Abs 1 KO unterfallen, gibt es keinen hinreichenden Anhalt. Diese „Anreicherung” des § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO um die Beiträge für die Urlaubsabgeltung ist schon immer vom Gesetzgeber in Kauf genommen worden. Sie ergab sich ohne weiteres nach dem alten Recht, soweit die Urlaubsabgeltung im letzten Monat des Arbeitsverhältnisses beitragspflichtig war. Die gleiche Konsequenz zeigt auch die Neuregelung der Beitragsberechnung für Urlaubsabgeltungen (und sonstige bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällige Sonderzahlungen) in § 385 Abs 1a Satz 2 und 3 RVO idF des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 (BGBl 1983 I 1532, in Kraft getreten am 1. Januar 1984). Aus dieser Regelung ergibt sich ebenfalls, daß die Beiträge für die Urlaubsabgeltung dem abgelaufenen Beschäftigungsverhältnis zuzuordnen sind und damit – trotz der in § 385 Abs 1a RVO vorgesehenen verstärkten Beitragspflicht – zusätzlich neben den laufenden Beiträgen nach § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO aus der Konkursmasse zu befriedigen sind, wenn das Beschäftigungsverhältnis vor Konkurseröffnung endet. Der Unterschied zwischen dieser Regelung (sowie der Regelung, die vor dem AFKG galt) und der Regelung im AFKG liegt nur darin, daß die Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf die Zeit nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Neuregelung entfallen ist. Dieser Unterschied in der Konstruktion rechtfertigt aber – wie dargelegt – keinen Unterschied im Umfang der konkursrechtlichen Absicherung.
Allerdings hat der 10. Senat des BSG (Urteil vom 20. August 1986 – 10 RAr 1/85 – ZIP 1986, 1580) für den Bereich der Kaug-Versicherung entschieden, daß dort die Beiträge, die auf die Urlaubsabgeltung entfallen, wie Beiträge für die Zeit, um die das Beschäftigungsverhältnis fiktiv verlängert wurde, zu behandeln sind. Für den Drei-Monats-Zeitraum, für den nach § 141n Abs 1 AFG Beiträge aus der Kaug-Versicherung zu zahlen sind, sei deshalb das Ende dieses fiktiv verlängerten Beschäftigungsverhältnisses maßgeblich (das Urteil betraf einen Fall, in dem das Ende des fiktiv verlängerten Beschäftigungsverhältnisses noch vor Konkurseröffnung lag). Diese Entscheidung bezieht sich aber nur auf das sozialrechtliche Sicherungssystem der Kaug-Versicherung und nicht auf die konkursrechtliche Einordnung der arbeitsrechtlichen Ansprüche und der Beitragsansprüche. Konkursrechtliche Auswirkungen kann sie nur insoweit haben, als damit die auf die Urlaubsabgeltung entfallenden Beitragsansprüche, die nunmehr aus der Kaug-Versicherung zu erfüllen sind, gemäß § 59 Abs 2 KO zu Konkursforderungen herabgestuft werden (und die durch die Verschiebung des Drei-Monats-Zeitraums nicht mehr aus der Kaug-Versicherung zu befriedigenden Beitragsansprüche für frühere Zeiträume nicht mehr von § 59 Abs 2 KO erfaßt werden). Abgesehen davon erscheint zweifelhaft, ob diese Entscheidung auch für den vorliegenden Fall gelten könnte, in dem der Zeitraum fiktiver Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses nicht vor, sondern nach Konkurseröffnung liegt. Die Entscheidung des 10. Senats des BSG wurde damit begründet, daß die Systematik der durch das AFKG eingeführten Regelung und das Bedürfnis, auch die Beiträge, die auf die Urlaubsabgeltung entfallen, konkursausfallgeldrechtlich abzusichern, eine Ergänzung der insoweit lückenhaften Regelung des Gesetzgebers erfordere. Diese Wirkung kann aber nur in Fällen eintreten, in denen das fiktiv verlängerte Arbeitsverhältnis vor Konkurseröffnung endet und auch dort nur zu Lasten der weiter zurückliegenden Beiträge am Beginn des Drei-Monats-Zeitraums, die damit aus dem Schutz der Kaug-Versicherung herausfallen. Für alle Fälle, in denen die fiktive Verlängerung um die Tage des abzugeltenden Urlaubs – wie hier – in die Zeit nach Konkurseröffnung hineinreicht, würde diese Konstruktion das Gegenteil bewirken. Sie würde Leistungen aus der Kaug-Versicherung ausschließen, weil diese nur für Zeiten vor Konkurseröffnung gewährt werden können. Es wäre widersprüchlich, den Schutzzweck im Wege der Lückenfüllung mit einer Konstruktion zu sichern, die in vielen, wenn nicht gar den meisten Fällen den bisher bestehenden Schutz nicht sichert, sondern ausschließt.
Die konkursrechtliche Einstufung hat sich im Ergebnis auch durch § 59 Abs 2 KO nicht geändert. Allerdings sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, daß § 59 Abs 2 KO auch in der streitigen Zeit – wie zuvor – wirksam war. Dieses hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 5. Mai 1988 – 12 RK 24/86 – (zur Veröffentlichung bestimmt) näher ausgeführt. Darauf wird Bezug genommen.
Die Herabstufung der streitigen Beitragsforderungen zu Konkursforderungen ist jedoch, sofern sie überhaupt stattgefunden hat, inzwischen hinfällig geworden. Die gesetzliche Regelung, daß mit der Antragstellung bestimmte für den Berechtigten nachteilige Wirkungen eintreten, wie der Übergang der Arbeitsentgeltansprüche nach § 141m AFG und die Herabstufung dieser Ansprüche und der Beitragsforderungen, für die Kaug beantragt ist, nach § 59 Abs 2 KO, hat zur Folge, daß diese Benachteiligungen auch in den Fällen eintreten, in denen der Antrag auf Leistungen aus der Kaug-Versicherung nicht zum Erfolg führt. Sobald die Erfolglosigkeit bindend feststeht, besteht aber keine Veranlassung mehr, die Folgen der Antragstellung aufrechtzuerhalten. Die Herabstufung hat das Ziel, die Konkursmasse zu Lasten der Kaug-Versicherung zu entlasten. Dieses Ziel kann nicht mehr erreicht werden, wenn ein Anspruch aus der Kaug-Versicherung ausscheidet, weil die Folgen dann nicht mehr die Kaug-Versicherung treffen, sondern die Arbeitnehmer und die Versicherungsträger, die gerade durch die Kaug-Versicherung geschützt werden sollen. Vielmehr ist es im Gegenteil notwendig, die Berechtigten wieder in ihre ursprüngliche Rechte einzusetzen, damit sie wenigstens die sich hieraus ergebenden Möglichkeiten nutzen können, nachdem ihnen der Schutz der Kaug-Versicherung versagt geblieben ist (vgl zum Problem des Übergangs der Arbeitsentgeltansprüche Gagel, AFG, § 141m Anm 2; Hennig/Kühl/Heuer, AFG, § 141n Anm 2; AFG-Gemeinschaftskommentar § 141m RdNr 2). Es wäre nicht einleuchtend, Anträge auf Gewährung von Leistungen aus dieser Versicherung mit dem Risiko zu belasten, bei Nichtbestehen des Anspruchs konkursrechtliche Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.
Im vorliegenden Fall ist eine bindende Ablehnung der gegen die Kaug-Versicherung gerichteten Beitragsforderung der beklagten AOK erfolgt. Wann diese erstmals einen Antrag bei der Kaug-Versicherung gestellt hat, steht allerdings nicht fest. Sollte das in der ersten Zeit nach der Konkurseröffnung nicht geschehen sein, so hätte damals auch eine Herabstufung im Verhältnis zum Kläger nicht eintreten können. Ebenso wäre es, wenn die beklagte AOK unmittelbar nach Konkurseröffnung einen Antrag gestellt haben sollte. Denn dann wäre dieser schon mit dem Schreiben der BA vom 22. April 1982 bindend abgelehnt worden.
Daran, daß somit eine Herabstufung nicht oder nicht mehr bestand, hat sich durch den Antrag der Beklagten vom 14. August 1984 nichts geändert. Mit diesem Antrag wurde, wenn ein früherer Antrag bereits bindend abgelehnt worden war, ein Zugunstenbescheid nach dem hier auch im Verhältnis der Beklagten zur BA anzuwendenden § 44 Abs 1 SGB 10 begehrt. Einem Antrag auf Erteilung eines Zugunstenbescheides kann indes konkursrechtlich nicht die gleiche Wirkung beigemessen werden, wie dem ursprünglichen Leistungsantrag. Der Antrag als solcher ändert noch nichts am Vorliegen einer bindenden Entscheidung. Im übrigen ist es aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich, daß nicht schon durch – uU wiederholte und klar unbegründete – Anträge auf Zugunstenbescheide und die Ablehnung dieser Antrag ein mehrfacher Wechsel der konkursrechtlichen Einordnung von Arbeitsentgeltansprüchen und Beitragsansprüchen eintritt. Insoweit ist dem 10. Senat des BSG (SozR 4100 § 141n Nr 14) darin zu folgen, daß eine (erneute) Rückstufung erst dann erfolgt, wenn aufgrund des Zugunstenbescheides der frühere ablehnende Bescheid aufgehoben wird.
Das Ergebnis ist kein anderes, wenn der Antrag der Beklagten vom 14. August 1984 ein erstmaliger Antrag war. Auch wenn ihm dann die Wirkung des § 59 Abs 2 KO nicht allein deshalb zu versagen wäre, weil die zweimonatige Ausschlußfrist des § 141e Abs 1 Satz 1 AFG (iVm § 141n Abs 1 Satz 3 AFG) nicht eingehalten wurde (das Gesetz läßt in § 141e Abs 1 Satz 2 AFG eine spätere Antragstellung genügen, sofern die Ausschlußfrist aus Gründen versäumt wurde, die der Antragsteller nicht zu vertreten hat), hätten die etwa eingetretenen Wirkungen des Antrags jedenfalls geendet, als seine Ablehnung durch den Bescheid vom 7. September 1984 bindend wurde. Die Bindungswirkung war angesichts des unrichtigen Hinweises auf § 96 SGG nach Ablauf eines Jahres eingetreten (vgl § 66 Abs 2 SGG). Ob die BA wegen dieses ihres Hinweises nach Treu und Glauben gehindert gewesen wäre, sich schon nach Ablauf dieses Jahres auf die Bindungswirkung zu berufen, kann offen bleiben. Denn jedenfalls war sie es nicht mehr, nachdem sich die Beklagte nicht einmal bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 19. Dezember 1986 – dem im Bescheid der BA gegebenen Hinweis auf § 96 SGG folgend – gegen den Bescheid gewandt hatte.
Der Beachtung der Bindungswirkung dieses Bescheides steht hier nicht entgegen, daß die AOK als Einzugsstelle die Ansprüche gegen die Kaug-Versicherung nicht weiterverfolgt hat. Grundsätzlich war sie als Behörde zwar verpflichtet, so zu verfahren, daß die Ziele des Gesetzes möglichst umfassend erfüllt werden. Zu den Zielen des Gesetzes gehört auch die Entlastung der Konkursmasse auf dem Wege über § 59 Abs 2 KO. Deshalb liegt in § 141n AFG zugleich ein Auftrag des Gesetzgebers überall dort, wo Ansprüche aus der Kaug-Versicherung in Betracht kommen, entsprechende Anträge zu stellen und weiterzuverfolgen. Allerdings sieht das Gesetz keine Sanktion vor für den Fall, daß die Einzugsstelle den Antrag unterläßt. Für Fälle, in denen ein Antrag gestellt, dann aber von der Antragstellerin trotz nicht ernstlich zweifelhafter Begründetheit für erledigt erklärt wird, hat der erkennende Senat jedoch bereits entschieden, daß es bei der Rückstufung zu Konkursforderungen verbleibt (Urteil vom 5. Mai 1988 – 12 RK 24/86 –). Die dort zitierte Entscheidung betraf Säumniszuschläge. Entsprechendes gilt auch für Beitragsansprüche – jedenfalls, soweit es sich nicht um Rentenversicherungsbeiträge handelt, deren Abführung im Interesse der Versicherten sichergestellt werden muß –. Diese Voraussetzungen für eine Aufrechterhaltung der „Rückstufung” nach § 59 Abs 2 KO liegen hier indes nicht vor. Für die von der BA in ihrem Bescheid vertretene Ansicht sprachen durchaus ernst zu nehmende Überlegungen, die später noch dadurch gestützt wurden, daß das BSG in der bereits zitierten Entscheidung vom 20. August 1986 (10 RAr 1/85) ebenfalls die Wirkungen der damals geltenden Vorschriften § 168 Abs 1 Satz 2 AFG, § 1227 Abs 2 RVO und § 2 Abs 3 AVG über ihren unmittelbaren Wirkungsbereich hinaus auf die Kaug-Versicherung ausgedehnt hat. Wenn die Beklagte im Hinblick hierauf gegen die Entscheidung der zuständigen BA nicht vorgegangen ist, so ist ihre Entscheidung vertretbar, und die Folgen sind hinzunehmen, auch wenn der erkennende Senat der Auffassung der BA nicht zu folgen vermag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen