Verfahrensgang

Hessisches LSG (Urteil vom 20.06.1988)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. Juni 1988 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi).

Er war von November 1977 bis zum 30. April 1980 Beamter auf Widerruf (Studienreferendar). Ab 1. Mai 1980 bewilligte ihm die Beklagte antragsgemäß Alhi. Am 28. Mai 1980 nahm er eine bis zum 31. August 1980 befristete Beschäftigung als Sekretär auf. Die Beklagte bewilligte ihm danach ab 1. September 1980 erneut Alhi, zuletzt mit Bescheid vom 30. September 1981 für die Zeit vom 1. September 1981 bis 31. August 1982 (Ende des Bewilligungsabschnitts).

Mit Bescheid vom 7. April 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 1982 hob die Beklagte die Bewilligung der Alhi mit Wirkung vom 1. April 1982 auf. Grundlage für die Bewilligung sei § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Fassung gewesen. Nach Art 1 § 2 Nr 17 des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes (AFKG) habe diese Vorschrift nur noch während einer Übergangszeit, die zum 31. März 1982 endete, angewandt werden können. Die Voraussetzungen des § 134 Abs 1 Nr 4 AFG idF des AFKG erfülle der Kläger nicht. Er habe innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung (1. September 1980) keine 150 Kalendertage in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden, sondern lediglich für 96 Tage. Die Neufassung des § 134 AFG durch das AFKG sei eine wesentliche Änderung gegenüber den rechtlichen Verhältnissen, die bei der Bewilligung der Alhi vorgelegen hätten. Bei Eintritt einer solchen Änderung sei nach § 48 Abs 1 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB 10) die Bewilligung der Leistung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.

Vor dem Sozialgericht (SG) nahm der Kläger ein Anerkenntnis an, wonach sich die Beklagte bereit erklärte, ihm in der Zeit vom 1. bis 10. April 1982 Alhi in gesetzlichem Umfang zu gewähren. Seine weitergehende Klage auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide im übrigen hat das SG mit Urteil vom 28. Juli 1983 abgewiesen.

Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Zur Begründung seines Urteils vom 20. Juni 1988 hat das Landessozialgericht (LSG) im wesentlichen folgendes ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Weitergewährung der Alhi über den 10. April 1982 hinaus. Gemäß § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG idF des AFKG reiche die 96-tägige Beschäftigung als Sekretär nicht zur Begründung eines Alhi-Anspruchs aus. Erforderlich seien nunmehr mindestens 150 Kalendertage Beschäftigungszeit. Insoweit sei in den rechtlichen Verhältnissen, die bei der Bewilligung der Alhi vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eingetreten. Entgegen der Ansicht des Klägers lasse sich der Anspruch auf Alhi nicht dadurch begründen, daß man zu den 96 Tagen des Beschäftigungsverhältnisses als Sekretär die Zeit des Referendariats hinzuziehe, die nicht mehr als ein Jahr vor der Antragstellung liege. Der Anspruch auf Alhi aufgrund der Referendarzeit sei nämlich durch die Entstehung des Anspruchs auf Alhi aufgrund der Beschäftigungszeit als Sekretär endgültig erloschen. Über § 134 Abs 4 AFG (davor Abs 2) gelte § 125 Abs 1 AFG entsprechend, wonach der Erwerb eines neuen Anspruchs auf Alhi den bestehenden zum Erlöschen bringe. Ein auf der Erfüllung der Voraussetzungen des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b AFG beruhender Anspruch erlösche daher mit dem Erwerb eines neuen, sich auf die Erfüllung dieser Voraussetzungen gründenden Anspruchs. Diese Rechtsfolge ergebe sich auch aus der Regelung des § 135 AFG; danach erlösche ein Anspruch auf Alhi, der auf der Erfüllung der Voraussetzungen von § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG beruhe, nicht durch Erfüllung der Voraussetzungen nach § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b, Abs 2 oder Abs 3 AFG (zuvor Buchst c oder nach einer Rechtsverordnung gemäß § 134 Abs 3 AFG). Der Hinweis des Klägers, er habe lediglich deshalb drei Monate als Sekretär gearbeitet, weil die Katalogisierungsarbeiten mehr Zeit als ursprünglich geplant erfordert hätten, lasse keine andere rechtliche Beurteilung zu. Maßgebend sei die tatsächliche Dauer eines Beschäftigungsverhältnisses.

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG im Zusammenhang mit Art 1 § 2 Nr 17 AFKG, § 134 Abs 4 AFG iVm § 125 AFG, § 48 Abs 1 SGB 10. Er trägt vor, die Betrachtungsweise des LSG führe zu rechtlich mißzubilligenden Ergebnissen. Der Alhi-Anspruch des Klägers, den er aufgrund der Referendarzeit erworben habe und der durch die Beschäftigung als Sekretär erloschen sei, müsse dann wieder aufleben, wenn durch die Neuregelung des § 134 Abs 1 Nr 4b AFG dem zuletzt erlassenen Alhi-Bescheid die Grundlage entzogen worden sei. Anderenfalls würde man zu dem sinnwidrigen Ergebnis kommen, daß dem Kläger die kurzzeitige Beschäftigung geschadet habe. Ein sozial adäquates, dh rechtlich nicht zu mißbilligendes Verhalten könne nicht zu Lasten des Klägers gehen. Deshalb sei davon auszugehen, daß durch die Beschäftigung als Sekretär kein neuer originärer Anspruch auf Alhi entstanden sei. Wenn man der Auffassung sei, daß hier eine für den Kläger sprechende günstige gesetzliche Norm fehle, dann könne dies nur auf einem Versehen, also einer Planwidrigkeit beruhen. Diese Gesetzeslücke habe das Gericht im Sinne des Klägers zu schließen.

Der Kläger beantragt,

die Urteile der Vorinstanzen und die angefochtenen Bescheide insoweit aufzuheben, als die Bewilligung der Alhi für die Zeit ab 11. April 1982 aufgehoben worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Ihrer Auffassung nach liegt eine planwidrige Gesetzeslücke nicht vor, weil es Regelungsabsicht des AFKG gewesen sei, die Anwartschaftserfordernisse zur Erfüllung der Alhi-Voraussetzungen zu verschärfen. Im übrigen könne der durch Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung von 96 Tagen zum Erlöschen gebrachte Anspruch nicht wieder aufleben.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Streitgegenstand ist nur noch, ob die Beklagte berechtigt war, den Bewilligungsbescheid vom 30. September 1981 für die Zeit ab 11. April 1982 aufzuheben. Soweit die Beklagte die Bewilligung bereits mit Wirkung ab 1. April 1982 aufgehoben hatte, hat sich der Rechtsstreit gemäß § 101 Abs 2 SGG erledigt. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, wonach eine Aufhebung des Bewilligungsbescheides erst mit Wirkung vom 11. April 1982 erfolgen soll.

Ob und in welchem Umfang die Beklagte die Alhi-Bewilligung aufheben durfte, richtet sich nach § 48 SGB 10. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, um den es hier geht, aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eintritt. Das war hier der Fall. Eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen des Klägers ist ab 1. April 1982 eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt ist infolge einer Gesetzesänderung die Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Alhi entfallen, der ihm vor diesem Zeitpunkt eingeräumt war.

Nach § 134 Abs 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) hatte Anspruch auf Alhi ua, wer a) Alg bezogen hatte, ohne daß der Anspruch nach § 119 Abs 3 AFG erloschen war, oder b) mindestens 70 Kalendertage, sofern kein Erlöschenstatbestand nach § 119 Abs 3 AFG vorlag, in entlohnter Beschäftigung gestanden hatte. Die unter b) genannten Voraussetzungen hatte der Kläger durch seine Tätigkeit als Sekretär erfüllt. Er hatte in dem Jahr vor seiner Arbeitslosmeldung zum 1. September 1980 insgesamt 96 Tage eine entlohnte Beschäftigung ausgeübt.

Diese Rechtslage wurde vom 1. Januar 1982 an geändert. Nach § 134 Abs 1 Nr 4 AFG idF des seit dem 1. Januar 1982 geltenden AFKG vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) hat Anspruch auf Alhi grundsätzlich nur, wer innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung, die dem Antrag auf Alhi vorangeht, a) Alg bezogen hat, ohne daß der Anspruch nach § 119 Abs 3 AFG erloschen ist, oder b) mindestens 150 Kalendertage – nach einem Erlöschenstatbestand iS von § 119 Abs 3 AFG mindestens 240 Kalendertage – in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt hat, die zur Erfüllung der Anwartschaft dienen können. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger hat nach den Feststellungen des LSG kein Alg bezogen. Es kann zwar davon ausgegangen werden, daß seine Tätigkeit als Sekretär beitragspflichtig und insoweit geeignet war, zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen zu können. Indes erfordert das AFKG jetzt eine zeitlich längere Beschäftigung im letzten Jahr vor der maßgeblichen Arbeitslosmeldung, nämlich eine solche von mindestens 150 Kalendertagen. Hieran fehlt es.

Der Kläger kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, daß er mit seiner Arbeitslosmeldung zum 1. September 1980 einen Anspruch auf Alhi erfüllt hatte. Er hat diese Rechtsposition für die Zeit ab 1. April 1982 als Folge der Rechtsänderung durch das AFKG verloren. Es entsprach der Absicht des Gesetzgebers, die mit der Änderung des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG ab 1. Januar 1982 gegenüber dem bisherigen Recht erweiterten Anwartschaftsvoraussetzungen nach einer Übergangszeit von drei Monaten auch auf bei Inkrafttreten des AFKG bereits laufende Leistungsfälle auszudehnen. Dies folgt aus der Übergangsregelung in Art 1 § 2 Nr 17 AFKG. Danach ist ua § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG in der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Fassung bis zum 31. März 1982 anzuwenden, wenn die Voraussetzungen des Alhi-Anspruchs hiernach für einen Zeitraum im Dezember 1981 erfüllt waren, wie es beim Kläger der Fall war.

Mit diesem Eingriff in den Fortbestand eines Alhi-Anspruchs hat der Gesetzgeber nicht gegen das Grundgesetz verstoßen, wie der Senat wiederholt entschieden hat. Der Gesetzgeber hat hier eine auch im Hinblick auf die vorgesehene Übergangszeit verfassungsrechtlich fehlerfreie Abwägung zwischen öffentlichen und Individualinteressen vorgenommen und dabei weder in grundgesetzlich geschützte Eigentumsverhältnisse eingegriffen noch das Verbot der Rückwirkung von Gesetzen verletzt (vgl BSGE 59, 227, 233 ff = SozR 4100 § 134 Nr 29 mwN; ebenso BSG vom 24. Juli 1986 – 7 RAr 94/84 – SozSich 1987, 189).

Auf andere Rechtsgründe läßt sich der Anspruch des Klägers auf Fortzahlung der Alhi nicht stützen. So scheidet von vornherein eine Anspruchsbegründung gem § 134 Abs 3 AFG idF des AFKG aus, wonach der Bezug bestimmter Sozialleistungen im letzten Jahr vor der maßgeblichen Arbeitslosmeldung (zB von Krankengeld, bestimmten Renten uä) den Anspruch auf Alhi begründen kann. Nach den Feststellungen des LSG ist für einen solchen Sachverhalt nichts ersichtlich; anderes wird auch vom Kläger nicht behauptet.

Ferner kann sich der Kläger nicht darauf berufen, daß er als Beamter auf Widerruf mehr als 150 Kalendertage in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gestanden hat, dessen Zeiten einer anspruchsbegründenden Beschäftigung iS von § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG idF des AFKG gleichstehen (§ 134 Abs 2 Nr 1 AFG idF des AFKG). Aufgrund dieses Sachverhaltes hatte der Kläger mit seiner Arbeitslosmeldung und Antragstellung zum 1. Mai 1980 bereits einen Anspruch auf Alhi erworben und dementsprechend Leistungen erhalten. Dieser Anspruch ist jedoch als Folge des Umstandes erloschen, daß der Kläger aufgrund seiner nachfolgenden Beschäftigung als Sekretär von mehr als 70 Kalendertagen mit seiner Arbeitslosmeldung und Antragstellung zum 1. September 1980 einen neuen Anspruch auf Alhi erworben hat. Die Erlöschenswirkung ergibt sich aus § 125 Abs 1 AFG.

Nach § 125 Abs 1 AFG, der für die Alhi entsprechend gilt (vgl § 134 Abs 2 Satz 1 AFG in der hier noch maßgeblichen Fassung vor Inkrafttreten des AFKG, seither: § 134 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 1 AFG), erlischt wie beim Alg grundsätzlich der Anspruch auf Alhi mit der Entstehung eines neuen Anspruchs. Eine Ausnahme gilt lediglich für Alhi-Ansprüche, die auf dem Vorbezug von Alg beruhen, dem neuen Anspruch aber bestimmte andere anwartschaftsbegründende Sachverhalte zugrunde liegen (§ 135 Abs 2 AFG idF vor und nach dem AFKG). Da der Kläger vor der Arbeitslosmeldung zum 1. September 1980 kein Alg bezogen hat, liegt ein solcher Fall hier nicht vor.

Ergibt sich somit, daß mit der Entstehung des (neuen) Alhi-Anspruchs am 1. September 1980 der am 1. Mai 1980 entstandene frühere Alhi-Anspruch des Klägers gem § 125 Abs 1 AFG erloschen ist, so bedeutet dies, daß damit das Stammrecht seines früheren Anspruchs untergegangen ist. Folglich kann ein neuer Anspruch auf Alhi erst wieder entstehen, wenn alle dafür erforderlichen Voraussetzungen erneut erfüllt sind. Dies war zwar am 1. September aufgrund der Tätigkeit des Klägers als Sekretär auf der Grundlage der damaligen Rechtslage der Fall, wie schon ausgeführt wurde. Dieser neue Anspruch unterliegt jedoch den Rechtsfolgen aus der Gesetzesänderung durch das AFKG.

Dessen Regelung zu § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG enthält nicht in dem Sinne eine planwidrige Gesetzeslücke, daß ungeachtet dieser Rechtsentwicklung nunmehr noch ein Rückgriff auf den Alhi-Anspruch aus der früheren Referendartätigkeit erlaubt bliebe. Dies folgt aus der Rechtstatsache, daß das Alhi-Recht seit langem den endgültigen Verlust eines auf Tätigkeit in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen beruhenden Anspruchs bei Erwerb eines auf sonstiger beruflicher Tätigkeit fußenden neuen Anspruchs kennt. So bestimmte schon § 5 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) vom 7. August 1974 (BGBl I 1929), daß die eine Anspruchsbegründung aus sogenannten Ersatzzeiten regelnden §§ 1 bis 4 der AlhiV nur gelten, wenn der Arbeitslose die Voraussetzungen des § 134 Abs 1 Nr 4 AFG nicht erfüllte, er also keinen Anspruch aufgrund Alg-Vorbezugs oder bestimmter regulärer Beschäftigungszeiten nachweisen konnte. Schon hiernach war folglich ua der Anspruch aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses (§ 1 AlhiV) nachrangig, wenn der Arbeitslose ausreichend lange (auch) in entlohnter Beschäftigung gestanden hatte. Dieser im späteren Recht – wie dargelegt – fortgeschriebene Regelungszusammenhang konnte dem Gesetzgeber nicht verborgen geblieben sein. Wenn er dennoch die gegenüber dem bisherigen Recht erweiterten Anspruchsvoraussetzungen nach dem AFKG auf bei dessen Inkrafttreten laufende Leistungsfälle ausdehnte, kann dies nur bedeuten, daß er die sich hieraus ergebenden Folgen bewußt gewollt hat. Folglich verbietet sich die Annahme, das Gesetz enthalte nunmehr insoweit eine ausfüllungsbedürftige Lücke, als wegen des Untergangs des am 31. Dezember 1981 bestehenden Alhi-Anspruchs durch die Neuregelung des AFKG offen sei, ob bereits früher einmal erloschene Ansprüche jetzt wieder aufleben könnten. Das ist nicht der Fall. Das AFKG entzieht nicht einem nach früherem Recht entstandenen Alhi-Anspruch die Rechtsgrundlage von Anfang an (ex tunc), sondern regelt lediglich, unter welchen Voraussetzungen dieser Anspruch als Grundlage für den Weiterbezug von Alhi ab 1. Januar 1982 Bestand behält, er also ex nunc noch Rechtsgrundlage dafür sein kann. Infolgedessen werden durch das AFKG auch nicht die Rechtswirkungen berührt, die von dem früheren Anspruch in Bezug auf weitere, davor bestehende Ansprüche ausgegangen sind.

Schließlich ist es nicht möglich, auf die im letzten Jahr vor der maßgeblichen Arbeitslosmeldung (1. September 1980) liegenden Zeiten des Referendariats als solche zurückzugreifen, um mit deren Hilfe die 96 Tage beitragspflichtiger Tätigkeit (28. Mai bis 31. August 1980) bis zu dem nach § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG idF des AFKG erforderlichen Maß von 150 Tagen beitragspflichtiger Tätigkeit aufzufüllen. Vom Charakter dieser Beschäftigung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Beamter her wäre das zwar möglich (§ 134 Abs 2 Nr 1 AFG idF des AFKG). Jedoch verbietet sich dies aus einem anderen Grund.

Diese Zeiten haben nämlich bereits einmal zur Begründung eines Anspruchs auf Alhi (ab 1. Mai 1980) gedient (§ 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG idF des 5. AFG-ÄndG, iVm § 1 Nr 1 AlhiV). Dies hindert es, sie ein zweitesmal zur Begründung eines (weiteren) Anspruchs heranzuziehen. Ausdruck findet dieser Grundsatz in § 104 Abs 3 Halbs 2 AFG, der bestimmt, daß die für die Begründung eines Anspruchs auf Alg maßgebliche Rahmenfrist (vgl § 104 Abs 1 bis 3 AFG) nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinreicht, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte. Die Vorschrift betrifft zwar den Anspruch auf Alg, für den dieses Prinzip schon vor dem Inkrafttreten des AFG auch ohne ausdrückliche Gesetzesbestimmung galt (vgl BSGE 13, 155, 158; s auch Heuer in Hennig/Kühl/Heuer, Kommentar zum AFG, Juli 1988, RdNr 12 zu § 104). Obwohl sowohl 1980 als auch 1982 eine ausdrückliche dementsprechende Bestimmung für die Alhi fehlte, galt dasselbe auch dort. Seit jeher ist vorgeschrieben, daß die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts über Alg, in dem sich die Regelung des § 104 befindet, für die Alhi entsprechend gelten, soweit deren Besonderheiten dem nicht entgegenstehen (vgl § 134 Abs 2 idF des AFG vom 25. Juni 1969 – BGBl I 582 –, seit dem AFKG: § 134 Abs 4 AFG). Die Abhängigkeit des Alhi-Anspruchs von der Verwirklichung bestimmter anwartschaftbegründender Umstände innerhalb eines bestimmten Zeitraumes vor seiner Geltendmachung ist aber keine Besonderheit der Alhi. Dies entspricht vielmehr, wenn auch mit unterschiedlichem Umfang dieses Zeitraums, der Rahmenfrist des § 104 AFG für den Anspruch auf Alg.

Bestätigt wird diese Rechtslage von der Rechtsentwicklung. Seit der Änderung des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG durch das AFKG können – neben anderen Tatbeständen – grundsätzlich nur beitragspflichtige Beschäftigungen bestimmten Umfangs den Anspruch auf Alhi begründen (BSGE 59, 227, 230 = SozR 4100 § 134 Nr 29). Zumindest partiell ist dadurch die Alhi der versicherungsmäßig ausgestalteten Leistungsart Alg strukturell angenähert worden, jedenfalls soweit es die Begründung des Anspruchs durch Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anbelangt (vgl dazu Gitter, FamRZ 1989 S 1077 ff). Folgt bereits hieraus, daß Besonderheiten der Alhi nicht entgegenstehen, auch für ihren Bereich den Grundsatz des Alg gelten zu lassen, daß ein und dieselben Beschäftigungen nicht mehrfach zur Begründung von jeweils für sich selbständigen Ansprüchen derselben Art dienen können, hat der Gesetzgeber selbst letztlich bestehende Zweifel hieran ausgeräumt. Seit der Fassung des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AFG durch das Siebte Gesetz zur Änderung des AFG (7. AFG-ÄndG) vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2424) ist nicht nur durch die Bezeichnung der Jahresfrist der Vorschrift als sogenannte „Vorfrist” ein Terminus eingeführt worden, der dem Begriff der Rahmenfrist des § 104 AFG vergleichbar ist. Durch die Anfügung eines Satzes 2 an § 134 Abs 1 Satz 1 AFG, der bestimmt, daß für diese Vorfrist § 104 Abs 3 Halbs 2 AFG entsprechend gilt, ist vielmehr außerdem ausdrücklich geregelt worden, daß die Vorfrist nicht in eine vorangegangene Vorfrist hineinreicht, in der der Arbeitslose eine Anwartschaft auf Alhi erfüllt hatte. Nach den Motiven zu dieser Vorschrift handelt es sich dabei nicht um die Abänderung einer bisher anderen Rechtslage, sondern um eine Klarstellung gegenüber geäußerten Zweifeln an dieser Rechtsfolge. „Tatbestände, die nach § 134 Abs 1 Nr 4, Abs 2 oder 3 AFG einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe begründet haben, können daher auch künftig nicht herangezogen werden, um einen neuen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe zu begründen” (vgl BT-Drucks 10/3923, Begr zu Nr 29 -§ 134- – Buchst a Doppelbuchst bb – S 25).

Aus alledem folgt, daß für die Entstehung des Anspruchs des Klägers auf Alhi ab 1. September 1980 nur die Verhältnisse in dem Zeitraum maßgebend waren, der vom 1. Mai bis 31. August 1980 reichte, was damals allerdings angesichts des seinerzeit geltenden Wortlauts des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG für die Entstehung eines Anspruchs auf Alhi durch mindestens 70 Tage entlohnter Beschäftigung reichte. Eine Berücksichtigung der vor dem 1. Mai 1980 liegenden Zeiten der Tätigkeit als Beamter schied jedoch schon aus Rechtsgründen aus, weil diese bereits einmal, nämlich für die Begründung des Alhi-Anspruchs ab 1. Mai 1980, verwertet worden sind. An dieser Rechtslage hat sich durch das AFKG nichts geändert. Auf die Zeiten vor dem 1. Mai 1980 kann deshalb auch nicht zurückgegriffen werden, um im Sinne des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG idF des AFKG zu 150 Tagen beitragspflichtiger bzw gleichgestellter Zeiten als Voraussetzung für das Fortbestehen eines Anspruchs nach dem seit 1. Januar 1982 geltenden Recht zu gelangen.

Entgegen der Auffassung des Klägers bietet schließlich die Regelung in § 112 Abs 7 AFG keine Grundlage für seinen Klageanspruch. Die Vorschrift löst Härtefälle, die sich aus einem vergleichsweise niedrigen Bemessungsentgelt ergeben. Ihre Anwendung setzt den Bestand eines Anspruchs dem Grunde nach voraus und regelt lediglich dessen Höhe in besonderen Fällen. Sie kommt folglich nicht zum Tragen, wenn schon – wie hier – die Voraussetzungen für den Anspruch dem Grunde nach fehlen.

Nach allem sind die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden, soweit sie noch im Streit sind. Die Aufhebung der Bewilligung von Alhi ab 11. April 1982 für die Zukunft ist gem § 48 Abs 1 SGB 10 zu Recht erfolgt. Der Revision des Klägers muß deshalb der Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1174457

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