Entscheidungsstichwort (Thema)
Jahresarbeitsverdienst für Zeiten ohne Arbeitsentgelt
Orientierungssatz
1. Die Anwendung des § 571 Abs 1 S 2 RVO entfällt nicht deshalb, weil der teilweise Verdienstausfall im Jahre vor dem Arbeitsunfall aufgrund einer eigenen Willensentscheidung des Verletzten eingetreten ist. Es ist vielmehr insoweit grundsätzlich unerheblich, aus welchen Gründen es innerhalb des Jahres vor dem Arbeitsunfall zu Zeiten ohne Arbeitseinkommen gekommen ist.
2. Bei der Anwendung des § 571 Abs 1 S 2 RVO ist nicht das vom Verletzten vor der Zeit ohne Arbeitseinkommen erzielte Arbeitseinkommen zur Auffüllung heranzuziehen, sondern es muß ein fiktives Arbeitseinkommen für die Zeit ohne Arbeitseinkommen ermittelt werden. Das geschieht in der Weise, daß festgestellt wird, welches Arbeitseinkommen durch eine Tätigkeit erzielt worden wäre, die der letzten Tätigkeit des Verletzten vor der Zeit ohne Arbeitseinkommen entspricht.
3. Sowohl für das tatsächlich erzielte als auch für die Zeit ohne Arbeitseinkommen zugrunde zu legende fiktive Arbeitseinkommen ist von einem Bruttoarbeitseinkommen auszugehen, es sei denn, die Tätigkeit war und wäre sozialversicherungs- und steuerfrei (Anschluß an BSG 1979-11-22 8a RU 28/79 = HVGBG RdSchr VB 98/80).
Normenkette
RVO § 571 Abs 1 S 2 Fassung: 1976-12-23
Verfahrensgang
Tatbestand
Der 1953 geborene Kläger war vom 14. August 1972 an beim Organisationskomitee für die Spiele der XX. Olympiade in München tätig. Am 28. August 1972 erlitt er auf einem mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Weg von dem Ort der Tätigkeit nach Hause einen Unfall, bei dem er erheblich verletzt wurde. In Ausführung des Urteils des Sozialgerichts (SG) Lübeck vom 27. Januar 1976 (S 1 U 194/74) gewährte ihm die Beklagte durch Bescheid vom 26. April 1978 Verletztenrente, und zwar vom 3. Februar 1973 bis 31. Dezember 1973 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 vH, vom 1. Januar 1974 bis 31. Dezember 1974 nach einer MdE von 40 vH und ab 1. Januar 1975 bis auf weiteres nach einer MdE von 30 vH. Der Rentenberechnung legte die Beklagte als Jahresarbeitsverdienst (JAV) vom 3. Februar 1973 bis 25. Mai 1974 das Dreihundertfache des täglichen Ortslohnes für Beschäftigte von 19 bis 21 Jahren (300 x 20,80 DM = 6.240,-- DM) und ab 26. Mai 1974 das Dreihundertfache des täglichen Ortslohnes für Beschäftigte über 21 Jahre (300 x 25,20 DM = 7.560,-- DM) zugrunde. Ab 1. Januar 1975 erfolgte die Anpassung des JAV nach den jeweiligen Rentenanpassungsgesetzen. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 22. November 1978 zurück.
Das SG Lübeck hat, nachdem der Kläger seine Klage auf die Höhe des JAV beschränkt hatte, die Beklagte verurteilt, der Rentenberechnung nach den in den Gründen des Urteils näher ausgeführten Grundsätzen einen höheren JAV zugrunde zu legen und darüber einen neuen Bescheid zu erteilen (Urteil vom 27. Mai 1980). Nachdem die Beklagte dagegen Berufung eingelegt hatte, stellte sie die Verletztenrente des Klägers durch Bescheid vom 25. Juni 1980 ab 1. August 1980 nach einer MdE von 20 vH fest. Der Rentenberechnung legte sie den bisherigen JAV zugrunde. Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage - auch gegen den Bescheid vom 25. Juni 1980 - abgewiesen (Urteil vom 12. Mai 1982). Obwohl der JAV des Klägers, der im Jahr vor dem Arbeitsunfall nicht ununterbrochen tätig gewesen sei, grundsätzlich nach § 571 Abs 1 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) berechnet werden müsse, liege dieser JAV unter dem von der Beklagten nach § 575 Abs 1 Nr 2 RVO ermittelten Mindest-JAV von 6.240,-- DM bzw 7.560,-- DM, nämlich bei 5.484,99 DM. Der Kläger sei im Jahr vor dem Arbeitsunfall (28. August 1971 bis 27. August 1972) nur vom 18. Mai bis 10. Juli 1972 bei der Bundespost mit einem Arbeitseinkommen von 1.901,01 DM und vom 13. August bis 27. August 1972 beim Organisationskomitee mit einem Arbeitseinkommen von 199,50 DM beschäftigt gewesen. Vor dem 18. Mai 1972 sei der Kläger zuletzt vom 8. Juli bis 21. August 1971 als Werkschüler bei der Firma D. L. in L. gegen ein Arbeitseinkommen von 379,-- DM (täglich 8,42 DM) tätig gewesen. Daraus ergebe sich zur Ausfüllung der Zeit ohne Arbeitseinkommen vom 28. August 1971 bis 17. Mai 1972 ein Arbeitseinkommen von (264 Tage x 8,42 DM) 2.222,88 DM. Vor dem 14. August 1972 sei der Kläger zuletzt vom 18. Mai bis 10. Juli 1972 bei der Bundespost tätig gewesen, so daß das bisherige Einkommensniveau (täglich 35,20 DM) auch für die Zeit vom 11. Juli bis 12. August 1972 mit (33 x 35,20 DM) 1.161,60 DM zugrunde zu legen sei. Danach ergebe sich für das Jahr vor dem Arbeitsunfall ein Arbeitseinkommen von (2.222,88 DM + 1.901,01 DM + 1.161,60 DM + 199,50 DM) 5.484,99 DM. Dieser Betrag liege erheblich unter dem von der Beklagten gem § 575 Abs 1 Nr. 2 RVO ermittelten Mindest-JAV.
Eine Berechnung des JAV nach § 573 RVO komme nicht in Betracht, da der Kläger sich zur Zeit des Unfalls nicht in einer Schul- oder Berufsausbildung befunden habe. Die Beschäftigungen bei der Bundespost und beim Organisationskomitee hätten nicht den Charakter von Beschäftigungen zur Überbrückung der Zeit zwischen der Beendigung der Schulausbildung und dem Beginn der Berufsausbildung gehabt. Denn nach Auskunft des Vereins zur Förderung des seemännischen Nachwuchses e.V. in B. vom 21. Januar 1977 hätte der Kläger die von ihm damals angestrebte Ausbildung zum Schiffsoffizier unmittelbar nach Ablegung der Reifeprüfung beginnen können. Weil der Kläger aber als Helfer an den Olympischen Spielen habe teilnehmen wollen, habe er den Beginn seiner Ausbildung erst für den Winter 1972/73 vorgesehen. Der Kläger könne eine höhere Festsetzung des JAV auch nicht nach billigem Ermessen gem § 577 RVO verlangen. Denn er habe sich nach dem Abitur freiwillig in eine Situation mit sehr niedrigem Einkommen begeben; die Feststellung des Mindest-JAV stelle insoweit bereits eine deutliche Vergünstigung dar. Eine weitere Korrektur nach oben sei nicht geboten.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat die Revision zugelassen (Beschluß vom 15. Dezember 1982 - 2 BU 133/82 -).
Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Das LSG sei im angefochtenen Urteil von den Entscheidungen des BSG vom 24. Februar 1977 - 8 RU 54/76 - (BSGE 43, 204) und vom 22. November 1979 - 8 RU 28/79 - abgewichen. Im ersten Urteil habe das BSG ausgeführt, daß der Verletzte bei der Berechnung des JAV so zu stellen sei, als habe er während der Ausfallzeit seine frühere Tätigkeit fortgesetzt. Mit dem Einkommen, das er während dieser - fingierten - Tätigkeit hätte erzielen können, seien Einkommenslücken während der Ausfallzeit zu schließen. Danach sei das LSG nicht verfahren. Es habe für die Ausfallzeit vom 28. August 1971 bis 17. Mai 1972 das von ihm tatsächlich erzielte Einkommen von 8,42 DM pro Tag der Berechnung des JAV zugrunde gelegt. Es sei aber absolut unwahrscheinlich, daß vergleichsweise ein Hilfsarbeiter bei vollschichtiger Tätigkeit mit Akkordlohn über einen Zeitraum von neun Monaten einen durchschnittlichen Lohn von 8,42 DM täglich erzielt haben würde. Das LSG hätte zumindest einen Tageslohn von 50,-- DM für die Ausfallzeit zugrunde legen müssen. Im zweiten Urteil habe das BSG entschieden, daß sich der JAV nach dem Bruttolohn bemesse. Das LSG habe aber für die Zeit vom 18. Mai bis 10. Juli 1972 einen Nettolohn zugrunde gelegt. Außerdem habe das LSG § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verletzt, indem es unterlassen habe, die für die Feststellung des JAV erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 12. Mai 1982 entsprechend dem sozialgerichtlichen Urteil zu erkennen, hilfsweise, die Sache an das LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor, daß der JAV gem § 575 RVO nach dem Ortslohn festzusetzen gewesen sei, weil das tatsächliche Einkommen des Klägers unter dem Ortslohn gelegen habe. Eine Anwendung des § 571 Abs 1 Satz 2 RVO entfalle, da der Kläger aufgrund eigener Willensentscheidung in der Schulzeit kein Einkommen gehabt habe. Würde sich nach § 571 Abs 1 Satz 2 RVO ein höherer JAV als der Ortslohn ergeben, wäre dieser grundsätzlich in erheblichem Maße unbillig. Hierzu werde auf das Urteil des BSG vom 28. Juli 1982 - 2 RU 47/81 - verwiesen, in dem ein vergleichbar gelagerter Fall entschieden und die Anwendung des § 571 Abs 1 Satz 2 RVO abgelehnt worden sei. Zutreffend habe das LSG ausgeführt, daß sich der Kläger nicht auf § 573 RVO berufen könne und somit eine spätere Erhöhung des JAV nicht möglich sei. Inzwischen habe sie dem Kläger die Rente durch Bescheid vom 25. November 1982 mit Ablauf des Monats Dezember 1982 entzogen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.
Die dem Kläger von der Beklagten durch die Bescheide vom 26. April 1978 und 25. Juni 1980 gewährte Verletztenrente gehört zu den Leistungen in Geld, die nach dem JAV berechnet werden (§ 581 RVO iVm § 570 RVO). Für dessen Berechnung finden die §§ 571 bis 578 RVO Anwendung.
Nach § 571 Abs 1 RVO in der hier noch anzuwendenden bis zum 30. Juni 1977 geltenden Fassung gilt als JAV das Arbeitseinkommen des Verletzten im Jahre vor dem Arbeitsunfall (Satz 1). Für Zeiten, in denen der Verletzte im Jahre vor dem Arbeitsunfall kein Arbeitseinkommen bezog, wird das Arbeitseinkommen zugrunde gelegt, das durch eine Tätigkeit erzielt wird, die der letzten Tätigkeit des Verletzten vor dieser Tätigkeit entspricht (Satz 2). Ist er früher nicht tätig gewesen, so ist die Tätigkeit maßgebend, die er zur Zeit des Arbeitsunfalls ausgeübt hat (Satz 3).
Die Regelung des § 571 Abs 1 Satz 1 RVO geht davon aus, daß der Verletzte während des vor dem Arbeitsunfall liegenden Jahres ununterbrochen Arbeitseinkommen bezogen hat (BSGE 28, 274, 275; 43, 204, 205; 51, 178, 180; BSG SozR 2200 § 571 Nr 21). Der Kläger war im Jahre vor dem Arbeitsunfall (28. August 1971 bis 27. August 1972) in der Zeit vom 28. August 1971 bis 17. Mai 1972 und vom 11. Juli 1972 bis 12. August 1972 ohne Arbeitseinkommen, so daß der JAV nicht nach dieser Vorschrift, sondern nach § 571 Abs 1 Satz 2 RVO zu berechnen ist. Mit dieser Regelung soll bezweckt werden, daß der durch den Ausfall von Arbeitseinkommen während eines Teiles des Jahres vor dem Arbeitsunfall bedingte niedrigere Lebensstandard, der in der Regel nicht lange anhält, nicht zum Maßstab für die gesamte Laufzeit der Rente gemacht wird (BSGE aa0; BSGE 44, 12, 14; BSG Urteile vom 22. November 1979 - 8a RU 28/79 - und vom 11. Februar 1981 - 2 RU 69/79 -). Die Anwendung des § 571 Abs 1 Satz 2 RVO entfällt in Fällen der vorliegenden Art nicht deshalb, weil der teilweise Verdienstausfall im Jahre vor dem Arbeitsunfall aufgrund einer eigenen Willensentscheidung des Verletzten eingetreten ist. Es ist vielmehr insoweit grundsätzlich unerheblich, aus welchen Gründen es innerhalb des Jahres vor dem Arbeitsunfall zu Zeiten ohne Arbeitseinkommen gekommen ist. Davon zu trennen ist die Frage, ob der solchermaßen ermittelte JAV bei erheblicher Unbilligkeit gem § 577 RVO zu korrigieren ist (BSG aa0).
Der ersten Zeit ohne Arbeitseinkommen vom 28. August 1971 bis 17. Mai 1972, während der der Kläger die Schule besuchte und die Reifeprüfung ablegte, war eine Beschäftigung des Klägers als Werkschüler bei der Firma D. L. in L. vorausgegangen. Diese Tätigkeit hat das LSG zu Recht bei der Berechnung des JAV berücksichtigt. Sie stand mit der im Unfallzeitpunkt ausgeübten Tätigkeit in einem durch sein Arbeitsleben bestimmten Zusammenhang (BSGE 28, 274, 277; BSG Urteil vom 24. April 1975 - 8 RU 36/74 - Lauterbach Kartei Nr 9686 zu § 571 RVO). Der Kläger ist mehrfach während der Schulzeit (Ferien) erwerbstätig gewesen und hat diese Tätigkeit auch nach Ablegung der Reifeprüfung bei der Bundespost und beim Organisationskomitee für die Spiele der XX. Olympiade in München fortgesetzt.
Das LSG hat für die erste Zeit ohne Arbeitseinkommen vom 28. August 1971 bis 17. Mai 1972 (264 Tage) das entsprechende Vielfache des täglichen Bruttoverdienstes des Klägers von 8,42 DM während seiner Tätigkeit bei der Firma D. L. (2.222,88 DM) für die Berechnung des JAV in Ansatz gebracht. Das ist methodisch nicht richtig, wenn auch möglicherweise im Ergebnis zutreffend. Wie das BSG bereits entschieden hat, ist bei der Anwendung des § 571 Abs 1 Satz 2 RVO nicht das vom Verletzten vor der Zeit ohne Arbeitseinkommen erzielte Arbeitseinkommen zur Auffüllung heranzuziehen, sondern es muß ein fiktives Arbeitseinkommen für die Zeit ohne Arbeitseinkommen ermittelt werden. Das geschieht in der Weise, daß festgestellt wird, welches Arbeitseinkommen durch eine Tätigkeit erzielt worden wäre, die der letzten Tätigkeit des Verletzten vor der Zeit ohne Arbeitseinkommen entspricht. Es muß somit ermittelt werden, wieviel ein dem Verletzten gleichartiger Arbeitnehmer in der Zeit, in der der Verletzte kein Arbeitseinkommen bezog, erzielt hat oder wahrscheinlich erzielt hätte (BSGE 43, 204, 206; 51, 178, 181). Der Verletzte ist so zu stellen, als ob er auch während der Ausfallzeit eine der zuletzt ausgeübten entsprechende Tätigkeit verrichtet hätte. Eine solche Tätigkeit ist die eines Werkschülers und nicht, wie der Kläger meint, die eines vollschichtig arbeitenden Hilfsarbeiters mit Akkordlohn. Vom LSG wäre festzustellen gewesen, was ein Werkschüler, wie der Kläger einer war, in der Zeit ohne Arbeitseinkommen vom 28. August 1971 bis 17. Mai 1972 verdient haben würde. Das ist offensichtlich nicht geschehen und muß vom LSG daher nachgeholt werden. Möglicherweise ergibt sich wegen der zeitlichen Nähe zur Tätigkeit des Klägers bei der Firma D. L. kein höherer Verdienst als er vom LSG angenommen worden ist.
Für die Zeit der Tätigkeit des Klägers bei der Bundespost vom 18. Mai 1972 bis 10. Juli 1972 und die daran anschließende zweite Zeit ohne Arbeitseinkommen vom 11. Juli 1972 bis 12. August 1972 ist das LSG, der Auffassung der Beklagten folgend, von einem Nettoeinkommen ausgegangen, das der Kläger während der Beschäftigung bei der Bundespost vom 15. Mai 1972 bis 10. Juli 1972 tatsächlich erzielt hat. Zutreffend weist die Revision auf die Entscheidung des 8. Senats des BSG vom 22. November 1979 - 8a RU 28/79 - hin, wonach sowohl für das tatsächlich erzielte als auch für die Zeit ohne Arbeitseinkommen zugrunde zu legende fiktive Arbeitseinkommen von einem Bruttoarbeitseinkommen auszugehen ist, es sei denn, die Tätigkeit war und wäre sozialversicherungs- und steuerfrei. Diese Auffassung teilt der erkennende Senat (ebenso Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl S 574d; Gitter in SGB - Sozialversicherung - Gesamtkommentar, § 571 Anm 3 Buchst d; s auch § 14 SGB IV). Den Feststellungen des LSG kann jedoch nicht entnommen werden, daß es das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zugrundelegung des Nettoeinkommens als gegeben angesehen hat. Das LSG wird diese Feststellungen nachzuholen haben.
Erst nachdem der JAV nach § 571 Abs 1 Satz 2 RVO berechnet ist, kann geprüft werden, ob der JAV in erheblichem Maße unbillig ist, so daß er gem § 577 RVO im Rahmen des § 575 RVO nach billigem Ermessen festgestellt werden muß. Dabei ist neben dem schon von der Beklagten erwähnten Urteil des erkennenden Senats vom 28. Juli 1982 (2 RU 47/81 = SozR 2200 § 571 Nr 21) auch das weitere Urteil vom 19. Mai 1983 (2 RU 62/82) zu berücksichtigen.
In bezug auf die Ausführungen des LSG, daß eine Neufeststellung des JAV nach § 573 RVO nicht in Betracht kommt, weil der Kläger zur Zeit des Arbeitsunfalls sich nicht in einer Schul- oder Berufsausbildung befunden hat, trägt die Revision nichts vor; es fehlt ihr insoweit an einer Begründung. Eine Verweisung auf das gesamte erst- und zweitinstanzliche Vorbringen des Klägers genügt nicht. Die Revisionsbegründung legt nicht dar, welche konkreten Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art nach Meinung des Klägers das angefochtene Urteil hinsichtlich der Nichtanwendung des § 573 RVO als unrichtig kennzeichnen und welche Gesichtspunkte dem entgegenstehen (BSG SozR 1500 § 164 Nr 5 und 12). Der kurze Hinweis auf das frühere Vorbringen des Klägers läßt nicht erkennen, daß der Prozeßstoff insoweit von den Prozeßbevollmächtigten des Klägers geprüft und durchgearbeitet worden ist (BVerfG SozR 1500 § 164 Nr 17; Meyer-Ladewig, SGG, 2. Aufl § 164 Anm 9; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 164 Anm 4).
Das LSG hat in dem erneuten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden
Fundstellen