Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer "Rückkehrverhinderung" (RVO § 1251 Abs 1 Nr 3) Volksdeutscher aus Jugoslawien.
Normenkette
RVO § 1251 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1965-06-09
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 06.09.1977; Aktenzeichen L 16 Ar 142/75) |
SG München (Entscheidung vom 05.12.1974; Aktenzeichen S 11 Ar 61/73) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. September 1977 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Umstritten ist, ob dem Volksdeutschen Kläger aus Jugoslawien die Jahre von 1947 bis 1959 als Ersatzzeiten wegen "Rückkehrverhinderung" aus dem Ausland durch feindliche Maßnahmen anzurechnen sind (§ 1251 Abs 1 Nr 3 Reichsversicherungsordnung - RVO -).
Der Kläger, 1907 in Zagreb geboren und dort seit 1934 als selbständiger Elektromeister tätig gewesen, kam im Januar 1960 als Umsiedler in die Bundesrepublik Deutschland; er ist als Vertriebener anerkannt. Die Beklagte bewilligte ihm mit Bescheid vom 7. Dezember 1972 Altersruhegeld; dabei rechnete sie neben Versicherungszeiten bis März 1934 die Jahre 1945/46 sowie den Monat Januar 1960 als Vertriebenenersatzzeiten an. Das Sozialgericht (SG) München hat die Klage, die in erster Linie auf Anrechnung weiterer Beitragszeiten von April 1934 bis 1960 und nur hilfsweise darauf gerichtet war, den Zeitraum vom 15. Mai 1945 bis zum 3. Januar 1960 als Ersatzzeit zu berücksichtigen, abgewiesen (Urteil vom 5. Dezember 1974). Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat unter Abänderung des Urteils der Vorinstanz und des Bescheides vom 7. Dezember 1972 die Beklagte antragsgemäß verpflichtet, bei der Berechnung des Altersruhegeldes eine weitere Ersatzzeit von Januar 1947 bis Dezember 1959 zugrunde zu legen. Es hat im Urteil vom 6. September 1977 ausgeführt:
Anders als in Polen und in der CSSR habe in Jugoslawien nach 1945 kein generelles Ausreiseverbot bestanden. Das Recht zur Ausreise sei individuell mit Hilfe des Paßgesetzes gehandhabt worden. Die Praktizierung eines Ausreiseverbotes vor allem gegen Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit könne nicht ausgeschlossen werden, zumal sich der Stellungnahme des Instituts für Ostrecht zufolge diese Bevölkerungsgruppe bis zum Ende der Internierungs- und Zwangsarbeitsperiode im Jahre 1952 in einer äußerst schwierigen Lage befunden habe, nachdem sie aufgrund des Dekrets vom 21. November 1944 nicht mehr als Minderheit verfassungsrechtlich anerkannt gewesen sei. Deutsche Volkszugehörige hätten grundsätzlich bis Ende 1952 keine Chance gehabt, einen Paß zur Ausreise zu erhalten. Wenn auch damals die feindliche Einstellung jugoslawischer Behörden gegenüber Deutschstämmigen zu Ende gegangen sei, habe gleichwohl die verzögerliche Behandlung des Ausreiseersuchens des Klägers letztlich ihre Ursache in dieser Einstellung gehabt. Durch Zeugenaussagen sei bestätigt, daß der Kläger immer wieder vergeblich versucht habe, nach Deutschland auszureisen.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision bezweifelt die Beklagte, daß sich feindliche Maßnahmen speziell gegen den Kläger gerichtet hätten; dieser habe nach Kriegsende, also während der Internierungs- und Zwangsarbeitsperiode, über sein Elektrogeschäft und entsprechendes Vermögen verfügen können. Auch aus rechtlichen Gegebenheiten lasse sich keine feindliche Maßnahme herleiten. Die Auskunft der Deutschen Botschaft in Belgrad über die restriktive Handhabung des jugoslawischen Paßgesetzes biete keinen Anhalt, daß sich die einschränkende Anwendung des Paßgesetzes gerade gegen Volksdeutsche gerichtet habe. Das gelte auch für die Zeit bis 1952.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. September 1977 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 5. Dezember 1974 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, die darin enthaltenen Feststellungen seien von der Revision nicht überzeugend angegriffen worden.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
II
Die Revision der Beklagten ist insofern begründet, als das Urteil des LSG aufgehoben und der Rechtsstreit an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden muß. Die bisher getroffenen Feststellungen des LSG reichen für eine abschließende Entscheidung des Senats nicht aus.
Nach § 1251 Abs 1 Nr 3 RVO werden als Ersatzzeiten (und damit auch rentensteigernd, vgl für das Altersruhegeld § 1254 Abs 1 iVm § 1258 Abs 1 RVO) ua Zeiten angerechnet, in denen der Versicherte während oder nach Beendigung eines Krieges, ohne Kriegsteilnehmer zu sein, durch feindliche Maßnahmen an der Rückkehr aus dem Ausland verhindert gewesen ist. Einer "Rückkehr aus dem Ausland" steht nicht entgegen, daß der Kläger vorher nie im Inland seinen Aufenthalt oder Wohnsitz hatte (vgl SozR Nr 13 zu § 1251 RVO; SozR 2200 § 1251 Nr 7). Auch kann für die hier strittige Zeit eine "feindliche Maßnahme" Jugoslawiens als eines (ehemaligen) Feindstaates in Betracht kommen, obgleich 1945 mit der Gründung der Föderativen Volksrepublik Jugoslawiens ein staatlicher Neubeginn eingeleitet worden war. Im übrigen braucht nicht einmal ein Kriegszustand mit einem "Feindstaat" iS des § 1251 Abs 1 Nr 3 RVO bestanden zu haben, sondern es genügt die Einbeziehung des fremden Staatsgebietes in den deutschen Machtbereich im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg, selbst wenn eine feindliche Haltung des anderen Staates erst nach dem Kriege entstanden ist (vgl SozR 2200 § 1251 Nr 29).
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) faßt als "feindliche Maßnahmen" solche zusammen, die sich gegen den (früheren) Kriegsgegner oder die (frühere) Okkupationsmacht Deutschland richteten; sie versteht darunter zum einen Maßnahmen, die - personell orientiert - hauptsächlich (primär) deutsche Staatsangehörige oder deutsche Volksangehörige betrafen, zum anderen aber auch solche Maßnahmen, die - wegen der Rückkehrverhinderung objektbezogen - die Ausreise gerade (speziell) in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unterbanden (BSGE 38, 266; 43, 218; SozR 2200 § 1251 Nr 29; SozR Nr 57 zu § 1251 RVO; Urteil des 1. Senats vom 25. Oktober 1978 - 1 RA 21/78 -).
Das LSG hat, da insoweit von der Revision keine Rügen erhoben worden sind, für den Senat bindend festgestellt (§ 163 SGG), daß in Jugoslawien kein allgemeines, gegen alle jugoslawischen Bürger gerichtetes und auch kein speziell Staatsbürger deutscher Volkszugehörigkeit betreffendes Auswanderungs- und Ausreiseverbot bestanden hat, andererseits aber das jugoslawische Paßgesetz jedenfalls in den ersten Nachkriegsjahren restriktiv gehandhabt worden ist, wobei die Gründe für die Nichtausstellung eines Passes im allgemeinen nicht bekanntgegeben worden sind. Indessen läßt sich weder damit noch mit den ergänzenden Ausführungen des Berufungsgerichts schon begründen, der Kläger sei durch feindliche Maßnahmen bis 1959 an der Abwanderung in die Bundesrepublik Deutschland verhindert gewesen. Soweit das LSG meint, es könne jedenfalls nicht angenommen werden, daß (durch entsprechende Handhabung des Paßgesetzes) ein Ausreiseverbot vor allem gegen jugoslawische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit wegen ihrer Volkszugehörigkeit praktiziert worden sei, grenzt es anscheinend selbst nur negativ ab. Daß kein allgemeines, unterschiedslos gegen die Gesamtbevölkerung gerichtetes Ausreise- und Auswanderungsverbot bestanden hat, begründet keine Vermutung dafür, daß die Verweigerung der Ausreiseerlaubnis gegenüber einem Volksdeutschen auf dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe beruhe. Deshalb konnte auch die vom LSG dem Institut für Ostrecht und der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Belgrad vorgelegte Frage, ob und wann ein allgemeines, alle Bürger Jugoslawiens betreffendes Ausreiseverbot bestanden hat, zwar Erkenntnisquellen eröffnen, zur Beantwortung der entscheidungserheblichen Frage des vorliegenden Falles aber nichts Wesentliches beitragen. Allerdings befanden sich einem ergänzenden Vermerk des Instituts für Ostrecht zufolge die Volksdeutschen in Jugoslawien bis zum Ende der Internierungs- und Zwangsarbeitsperiode im Jahre 1952 in einer äußerst schwierigen Rechtslage, da ihnen außer der Staatsangehörigkeit alle staatsbürgerlichen Rechte entzogen und sie aufgrund eines Dekrets vom 21. November 1944 nicht mehr als Minderheit verfassungsmäßig anerkannt gewesen seien. Deshalb hat das LSG die Auffassung vertreten, Volksdeutsche hätten grundsätzlich bis Ende 1952 keine Chance gehabt, einen Paß zu erhalten und auszureisen. Sicher war der Entzug staatsbürgerlicher Rechte eine feindliche Maßnahme gegenüber den betroffenen Volksdeutschen. Die Beklagte hat jedoch mit Recht darauf hingewiesen, damit sei nicht dargelegt, daß andere jugoslawische Volksgruppen hätten ausreisen dürfen, zumal nach der Stellungnahme der deutschen Botschaft die Paßerteilung in den ersten Nachkriegsjahren anscheinend generell sehr restriktiv gehandhabt worden sei. Dieser Einwand ist deshalb berechtigt, weil der Kläger "durch" die Maßnahmen an der Rückkehr verhindert gewesen sein, also ein ursächlicher Zusammenhang bestanden haben muß. Dafür reicht es nicht aus, daß die deutsche Volkszugehörigkeit auch eine Ursache sein könnte; vielmehr gilt in der Rentenversicherung immer dort, wo auf den ursächlichen Zusammenhang eines eingetretenen Erfolges mit einem bestimmten Ereignis abgestellt wird, wie in der Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung der Begriff der "wesentlichen Teilursache" (so bereits SozR Nr 5 zu § 1263 a RVO aF). Danach ist ursächlich diejenige Bedingung, die im Verhältnis zu anderen Einzelbedingungen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (SozR Nr 15 Seite Aa 18 R zu § 1263 a RVO aF; Urteil des 1. Senats vom 25. Oktober 1978 - 1 RA 21/78 - mit jeweils weiteren Nachweisen). Hiernach sind noch weitere Ermittlungen des Tatsachengerichts erforderlich. Ergeben diese, daß auch anderen jugoslawischen Volksgruppen die Ausreise oder Auswanderung unmöglich war, so fehlt es am erforderlichen Kausalzusammenhang. Wurde das Paßgesetz - wie der Kläger behauptet hat - gegenüber dem kroatischen Bevölkerungsteil besonders eng angewandt und dadurch die Ausreise nahezu vereitelt, so liegt darin auch dann keine deutschfeindliche Maßnahme, wenn davon die in Kroatien wohnhaften Volksdeutschen mitbetroffen worden sein sollten.
Soweit das Berufungsgericht hinsichtlich der Zeit nach 1952 ausgeführt hat, "gleichwohl zu der Überzeugung gelangt" zu sein, die verzögerliche Behandlung des Ausreiseersuchens des Klägers habe letztlich ihre Ursache in der feindlichen Einstellung jugoslawischer Behörden gehabt, fehlt es bisher an festgestellten Tatsachen, die eine solche Bewertung rechtfertigen könnten. Immerhin heißt es in der Auskunft des Instituts für Ostrecht sogar, nach 1952 seien Auswanderungsanträge der Volksdeutschen, ähnlich denen der türkischen Minderheit, bevorzugt behandelt worden. Darauf hätte eingegangen werden müssen, zumal auch die deutsche Botschaft, die allerdings nicht gerade die Lage der Volksdeutschen ansprach, eine allmählich liberalere Anwendung des Paßgesetzes bestätigt hat.
Feststellungen dazu, welche Maßnahmen sich konkret gegen den Kläger richteten und ob dieser deshalb zu keinem früheren Zeitpunkt in die Bundesrepublik Deutschland abwandern konnte, lassen sich sinnvoll nur im Zusammenhang mit damals geltenden jugoslawischen Gesetzen, deren Anwendung sowie in Kenntnis der Praktiken der mittleren und unteren Behörden treffen. Je großzügiger generell Auswanderungsanträge Volksdeutscher beschieden wurden, um so kritischer ist das Vorbringen über die Unmöglichkeit der Auswanderung auf seinen objektiven Wahrheitsgehalt hin zu untersuchen. Als Hintergrund für die Lage der Volksdeutschen in Jugoslawien ist die Entwicklung der diplomatischen Beziehungen zwischen der Föderativen Republik Jugoslawien und der Bundesrepublik Deutschland von Bedeutung. Bereits im Jahre 1951 war die Bundesrepublik Deutschland in Jugoslawien diplomatisch vertreten. Trotz des Abbruchs der diplomatischen Beziehungen im Oktober 1957 durch die Bundesrepublik Deutschland (weil Jugoslawien diplomatische Beziehungen zur DDR aufgenommen hatte) blieb das 1954 in Zagreb eingerichtete deutsche Konsulat bestehen. Für die Flucht-, Aussiedlungs- und Umsiedlungsbewegungen Volksdeutscher aus Jugoslawien gibt die Denkschrift vom 30. November 1957 nebst Anlage (BT-DrS III/37) zum Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über die Regelung gewisser Forderungen aus der Sozialversicherung - deutsch-jugoslawischer Vertrag - vom 10. März 1956 (BGBl 1958 II 170) Aufschlüsse. Danach sind die anspruchsberechtigten Deutschen, für die der Vertrag insbesondere gilt, in die drei Gruppen der Volksdeutschen, die bereits bei Kriegsende Jugoslawien verlassen haben, der Volksdeutschen, die in der Zeit zwischen Kriegsende und dem 1. Januar 1956 in die Bundesrepublik Deutschland gekommen sind (Spätaussiedler) und der deutschen Facharbeiter sowie ehemaligen deutschen Kriegsgefangenen, die zwischen dem Kriegsende und dem 1. Januar 1956 in Jugoslawien beschäftigt waren, unterteilt worden (I zu Nr 2). Das Zahlenmaterial wurde ua Unterlagen des Bundesministeriums für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsbeschädigte und dem Ergebnis einer Prüfung entnommen, welche die Heimatauskunftsstelle Jugoslawien beim Landesausgleichsamt Baden-Württemberg durchgeführt hatte (I Nr 3). Den Schätzzahlen zufolge sind nach Kriegsende vom 8. Mai 1945 bis März 1954 16.000, von April bis Dezember 1954 7.500 und im Jahre 1955 11.000 Volksdeutsche (Spätaussiedler) in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt (I zu Nr 3 B 2; Anlage B zu B 2 a bis b der Denkschrift). Diesem Überblick läßt sich zumindest entnehmen, daß bereits Mitte der fünfziger Jahre eine größere Anzahl Volksdeutscher aus Jugoslawien in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist (wegen der genauen Anzahl der von 1950 bis 1960 jährlich in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelten Aussiedler vgl Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa, Bd V: Das Schicksal der Deutschen in Jugoslawien, herausgegeben vom BMV, Seite 117 E, Fußnote 16). Zugleich legen diese Zahlen nahe, die Zeugenaussagen entsprechend zu würdigen (so hat die Zeugin G. erklärt, "aus eigener Kenntnis" zu wissen, daß mindestens in den ersten zehn Jahren nach 1945 es für jugoslawische Staatsangehörige sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich gewesen sei, eine Ausreisegenehmigung zu erhalten).
Die Feststellungen des LSG darüber, ob und welche konkreten feindlichen Maßnahmen den Kläger an der Ausreise vor 1960 gehindert haben, reichen zur Beantwortung der beweiserheblichen Frage nicht aus. Daß der Kläger nach 1945 von den neuen Machthabern als "Volksfeind" bezeichnet und mit Schimpfworten bedacht worden sein soll, entspricht - abgesehen davon, daß nähere Angaben fehlen - der damaligen, von Ressentiments bestimmten Lage der Volksdeutschen in Jugoslawien, möglicherweise besonders in Kroatien. Auf der gleichen Linie mag liegen, daß dem Kläger Zeugenaussagen zufolge die Einnahmen aus größeren Aufträgen "weggesteuert" wurden und er zeitweise den Lebensunterhalt aus dem Verkauf von Sachvermögen bestreiten mußte. Hierbei ist jedoch auch die kommunistische Grundeinstellung des jugoslawischen Staates in die Betrachtung einzubeziehen und zu bedenken, daß in Jugoslawien Sozialisierungsmaßnahmen und -tendenzen nach 1945 schneller vorangetrieben wurden als in (anderen) Ostblockstaaten. Immerhin konnte der Kläger sein Geschäft bis zu seiner Auswanderung behalten, und er erlitt in der vom Institut für Ostrecht als "Internierungs- und Zwangsarbeitsperiode" bezeichneten Zeit nach seinem Vortrag zwar materielle Verluste, wurde aber anscheinend nicht von Enteignungsmaßnahmen betroffen (vgl Beschluß des "Antifaschistischen Rates der Nationalen Befreiung Jugoslawiens - AVNOJ - über den Übergang von Feindvermögen in das Eigentum des Staates vom 21. November 1944, dessen Auslegung zu Art 1, Nr 2 vom 8. Juni 1945 (betr. Vermögen Volksdeutscher) sowie Gesetz vom 31. Juli 1946 zur Bestätigung und Änderung des Beschlusses, abgedr. in "Das Schicksal der Deutschen in Jugoslawien", Seite 180 E bis 188 E). Jedenfalls fehlen bisher Anhaltspunkte für die Annahme, er sei in den ersten Jahren nach Kriegsende stärker in Mitleidenschaft gezogen worden als andere in Jugoslawien bzw Zagreb wohnhafte Volksdeutsche. Der bestätigte mißglückte Versuch, 1946 illegal die Grenze nach Österreich zu überschreiten, die Bescheinigung des Rechtsanwaltes Dr. B., ihn schon 10 Jahre vor der Auswanderung erfolglos um Beschaffung von Ausreisepapieren gebeten zu haben, und der Hinweis, wahrscheinlich 1957 mit einem Schreiben (welchen näheren Inhalts?) beim Staatspräsidenten Tito vorstellig geworden zu sein, lassen in zeitlicher und sachlicher Hinsicht zu viel offen. Das gilt auch für die - ggf allerdings ohnehin nur als Indiz verwertbare - Bemühung, bei der französischen Vertretung in Jugoslawien als der damaligen Schutzmacht für die Bundesrepublik Deutschland wegen der Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit nachgesucht zu haben.
Die hiernach noch erforderlichen weiteren Ermittlungen muß die Tatsacheninstanz anstellen. Es kommen ua ergänzende Anfragen bei den schon angesprochenen Stellen, aber auch Auskünfte der mit der Aussiedlung und Umsiedlung Volksdeutscher aus Jugoslawien (speziell Kroatien) befaßten Behörden und Stellen in Betracht. Erst dann kann unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut entschieden werden.
Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen