Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des Rentenhöchstbetrages einer Altersrente aus der Angestelltenversicherung. Rentenbeginn und Versicherungsdauer. Einfluß des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG)
Orientierungssatz
Bei Rentenumstellungen nach dem Angestelltenversicherungsneuregelungsgesetz (AnVNG) schreibt Art 3 § 5 Abs 2 AnVNG für die Berechnung der Rente als Jahr des Rentenbeginns das Jahr 1956 schematisch zwingend vor, was sowohl für die Ermittlung des Umstellungsfaktors als auch für die Ermittlung des Rentenhöchstbetrags gilt.
Eine Verlegung des Rentenbeginns und damit längere Versicherungsdauer kommt auch unter Berücksichtigung des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) nicht in Betracht.
Normenkette
AnVNG Art. 3 § 5 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23, Art. 2 § 33 Fassung: 1957-02-23; FANG Art. 3 Nr. 10 Fassung: 1960-02-25; ArVNG Art. 3 § 6 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23, § 34 Fassung: 1957-02-23
Verfahrensgang
LSG Berlin (Entscheidung vom 22.05.1962) |
SG Berlin (Entscheidung vom 05.09.1960) |
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 22. Mai 1962 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. September 1960 werden aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Altersruhegeldes des Klägers, insbesondere über die Frage, wie der Höchstbetrag nach den Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetzen für eine Rente mit früheren Berliner Beiträgen zu bemessen ist.
Der 1894 geborene Kläger bezieht seit Dezember 1959 das Altersruhegeld aus der Rentenversicherung der Angestellten (AnV). Weil bei ihm Beiträge nach dem Berliner Rentenversicherungs-Überleitungsgesetz ( RVÜG ) vom 10. Juli 1952 zu berücksichtigen waren, berechnete die Beklagte die Rente nach Art. 3 § 5 Abs. 2 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG). Sie ging dabei von dem in dieser Vorschrift genannten "Rentenbeginn im Jahre 1956" nicht nur bei der Ermittlung des Umstellungsfaktors der Anlage 3 des AnVNG, sondern auch bei der Begrenzung durch den Rentenhöchstbetrag nach Art. 2 § 33 AnVNG aus. Sie begrenzte danach die Rente des Klägers auf den für eine Versicherungsdauer von 47 Jahren vorgesehenen Höchstbetrag von 528,80 DM. Der Kläger erhielt einschließlich eines Steigerungsbetrages aus der Höherversicherung und eines Kinderzuschusses vom 1. Dezember 1959 an einen Rentenzahlbetrag von 570,80 DM monatlich (Bescheid vom 19.11.1959; - der Zahlbetrag für Dezember 1959 erhöhte sich bei der späteren Berechnung nach Art. 3 Nr. 10 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes - FANG - auf 573,30 DM - Bescheid vom 16.6.1960 -).
Der Kläger meint, für den Rentenhöchstbetrag sei der tatsächliche Rentenbeginn (1959) zugrunde zu legen, so daß eine Versicherungsdauer von 50 Jahren und der hiernach bemessene Höchstbetrag (562,50 DM) richtig seien. Während des Klageverfahrens erteilte die Beklagte unter Aufhebung des vorausgegangenen Bescheides einen neuen Bescheid über den Rentenanspruch des Klägers auf Grund des inzwischen verkündeten FANG. Die nach Art. 3 Nr. 10 dieses Gesetzes berechnete Rente beträgt (einschließlich des Steigerungsbetrages aus der Höherversicherung, aber ohne Kinderzuschuß) 533,20 DM monatlich (Bescheid vom 16.6.1960).
Das Sozialgericht Berlin verurteilte die Beklagte, bei der Bemessung des Rentenhöchstbetrages eine Versicherungsdauer von 50 Jahren zugrunde zu legen (Urteil vom 5.9.1960). Das Landessozialgericht Berlin wies - unter Zulassung der Revision - die Berufung der Beklagten zurück (Urteil vom 22.5.1962). Nach der Auffassung der Vorinstanzen bezieht sich der in Art. 3 § 5 AnVNG festgelegte Rentenbeginn (1956) nur auf die Tabellenwerte der Anlagen 3 und 4 des AnVNG, dagegen sei bei der Berechnung der Versicherungsdauer vom tatsächlichen Rentenbeginn (1959) auszugehen und danach die Begrenzung für den Höchstbetrag vorzunehmen.
Mit der Revision beantragte die Beklagte, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen. Sie rügte eine Verletzung des Art. 2 § 33 AnVNG.
Der Kläger war in der Revisionsinstanz nicht vertreten.
Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet.
Die Beklagte hat zwar den Bescheid vom 19. November 1959, in dem sie das Altersruhegeld des Klägers auf Grund der Vorschrift in Art. 3 § 5 AnVNG berechnet hatte, in dem Bescheid vom 16. Juni 1960, der auf Grund des FANG ergangen ist, ausdrücklich aufgehoben. Trotz dieser Aufhebung ist aber die frühere Rentenberechnung für den Ruhegeldanspruch des Klägers nicht bedeutungslos geworden, weil die Besitzstandsgarantie in Art. 6 § 17 Abs. 1 Satz 3 FANG die Höhe des im Bescheid vom 16. Juni 1960 neu berechneten Altersruhegeldes weiterhin beeinflussen kann. Wegen dieser Auswirkungen der Übergangsregelung ist das Rechtsschutzinteresse des Klägers gegeben; der Senat muß deshalb die Rentenberechnung im Bescheid der Beklagten vom 19. November 1959 nachprüfen.
Die Nachprüfung ergibt jedoch, daß die Beklagte die Vorschrift in Art. 3 § 5 AnVNG richtig angewandt hat. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 20. Juni 1962 - 1 RA 171/61 - (SozR Bl. Aa 1 Nr. 1 zu Art. 3 § 6 ArVNG) entschieden hat, gilt der in Art. 3 § 5 Abs. 2 AnVNG genannte, für die Umstellung von Renten mit früheren Berliner Beiträgen während einer Übergangszeit maßgebliche "Rentenbeginn im Jahre 1956" nicht nur für die Ermittlung des Umstellungsfaktors nach den Tabellen der Anlagen 3 und 4 des Gesetzes, sondern auch für die Begrenzung durch den Rentenhöchstbetrag nach Art. 2 § 33 AnVNG. Der Senat ist zu dieser Auslegung gekommen, weil sowohl die Tabellenwerte für die pauschale Rentenumstellung als auch die Rentenhöchstbeträge auf eine angenommene, nach gleichen Maßstäben schematisch festgelegte Versicherungsdauer zwischen der Vollendung des 15. Lebensjahres und dem Rentenbeginn bzw. Eintritt des Versicherungsfalls zurückgehen und weil es deshalb richtig erscheint, daß der als maßgeblich bezeichnete "Rentenbeginn im Jahre 1956" für beide Berechnungselemente, also für den Umstellungsfaktor und den Rentenhöchstbetrag gleichermaßen gilt, zumal der Wortlaut des Art. 3 § 5 Abs. 2 AnVNG dieser Auslegung nicht entgegensteht. Eine wesentliche Stütze für diese Auffassung sah der Senat auch in der Regelung, die das erste und das zweite Rentenanpassungsgesetz für die nach Art. 3 § 5 AnVNG festgesetzte Rente gebracht hat. Wenn in diesen Gesetzen (§ 2) bestimmt ist, daß die fraglichen Renten auch dann der Anpassung aus Anlaß der Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage für die Jahre 1958 und 1959 unterliegen, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 1957 bzw. 31. Dezember 1958 eingetreten ist, so wäre eine solche Anpassung wenig sinnvoll, wenn bei der Rentenberechnung auch nur hinsichtlich des Höchstbetrags der tatsächliche Rentenbeginn in diesen Jahren zugrunde zu legen gewesen wäre. Wie der Senat in seinem früheren Urteil weiter ausgeführt hat, stellt die Rentenberechnung nach Art. 3 § 5 AnVNG eine Notlösung des Gesetzes für eine Übergangszeit (d. h. bis zum Inkrafttreten des FANG vom 25.2.1960) dar; sie führt nicht zu Auswirkungen, die für die Betroffenen unerträglich sind. Ihre berechtigten Interessen werden durch die Besitzstandsgarantie und die Vergleichsberechnung nach Art. 2 § 41 AnVNG - letztere sogar ohne die sonst bestehende Notwendigkeit der Entrichtung von neun Monatsbeiträgen in jedem Kalenderjahr - genügend geschützt (vgl. Art. 6 § 17 FANG). Auch dem Kläger ist durch die Berechnung seines Altersruhegeldes im Bescheid der Beklagten vom 19. November 1959, d. h. durch die Begrenzung seiner Rente auf den für eine Versicherungsdauer von 47 Jahren geltenden Betrag, kein Unrecht geschehen; dies zeigt die Berechnung der Rente nach dem endgültigen Recht des FANG, die nach einer tatsächlichen Versicherungsdauer von 44 Jahren vorgenommen wurde. Sein Anspruch, die Rente nach einer Versicherungsdauer von 50 Jahren zu bemessen, ist unbegründet.
Die von der gegenteiligen Annahme ausgehenden Urteile des Landessozialgerichts und des Sozialgerichts müssen daher aufgehoben und die Klage abgewiesen werden (§§ 170 Abs. 2, 193 SGG).
Fundstellen