Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von Kurzarbeitergeld
Beteiligte
…, Kläger und Revisionskläger |
Bundesanstalt für Arbeit,Nürnberg, Regensburger Straße 104, Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Der Kläger begehrt die Gewährung von Kurzarbeitergeld (Kug).
Er ist Professor an der Fachhochschule in O. sowie Inhaber einer Baumschule und eines Gartenbaubetriebes. Er führt in seiner Eigenschaft als Gartenbauarchitekt auch Gartengestaltungsarbeiten aus, die im Frühjahr eines jeden Jahres 40 bis 60 vH und im Herbst 20 bis 30 vH der gesamten Betriebstätigkeit ausmachen. Sein Betrieb beschäftigt im Spitzenbereich bis zu 18 Arbeitnehmer (mit Teilzeit- und Aushilfskräften). Am 14. Mai 1987 erlitt er einen (in seiner Entstehung nicht mehr aufklärbaren) Verkehrsunfall, aufgrund dessen er bis Ende August 1987 stationär behandelt wurde und an dessen Folgen er noch monatelang litt. Am 1. Dezember 1987 zeigte er dem Arbeitsamt (ArbA) an, daß er die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit vom 1. Dezember 1987 bis voraussichtlich 29. Februar 1988 herabsetzen werde. Zur Begründung gab er an, daß er durch monatelange Arbeitsunfähigkeit an der Erledigung vorgesehener Aufträge gehindert sei. Diese müßten bis zur Frühjahrssaison verschoben werden. Das sei mit Arbeitseinschränkungen für den gesamten Betrieb verbunden. Der Betrieb beschäftigte ab 1. Dezember 1987 vier Arbeitnehmer (zwei Arbeitnehmer im Bürobereich, einen Außendienstmitarbeiter und einen Mitarbeiter für den gärtneri-schen Bereich), während er im Monat zuvor und im Ver-gleichsmonat des Vorjahres jeweils sechs Arbeitnehmer beschäftigt hatte.
Das ArbA lehnte die Gewährung von Kug mit dem Hinweis ab, der Arbeitsausfall beruhe weder auf wirtschaftlichen Ursachen noch auf einem unabwendbaren Ereignis iS des § 64 Abs 1 Nr 1 Arbeitsförderungsgesetz -AFG- (Bescheid vom 18. Dezember 1987). Der Widerspruch, mit dem der Kläger die Auszahlung von Kug erstrebte, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 1988). Das Sozialgericht (SG) hat den Bescheid vom 18. November 1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 1988 (gemeint Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 1988) aufgehoben, die Beklagte verurteilt, dem Kläger Kug vom 1. Dezember 1987 bis 29. Februar 1988 zu gewähren, und die Berufung zugelassen (Urteil vom 13. Dezember 1988). Es hat seine Entscheidung damit begründet, der Arbeitsausfall beruhe auf einem unabwendbaren Ereignis und sei, da kein Arbeitnehmer aus dem Stammpersonal den Kläger in seinen Fähigkeiten habe ersetzen können, auch unvermeidbar gewesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 14. Dezember 1989). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt:
Der eingetretene Arbeitsausfall müsse gemäß § 64 Abs 1 Nr 1 AFG auf wirtschaftlichen Ursachen einschließlich betrieblicher Strukturveränderungen oder auf einem unabwendbaren Ereignis beruhen. Die 1. Alternative komme, wie zwischen den Beteiligten nicht umstritten, nicht in Betracht. Aber auch das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses (2. Alternative) scheide aus. Der Begriff des unabwendbaren Ereignisses sei nicht mit "höherer Gewalt" gleichzusetzen. Er sei vielmehr auf das engste mit wirtschaftlichen Gegebenheiten verknüpft. Dafür spreche zum einen der Wortlaut des § 64 Abs 1 Nr 1 AFG, der betriebliche Strukturveränderungen, also Situationen des Einzelbetriebs, den globalen wirtschaftlichen Ursachen zurechne. Dafür lasse sich zum anderen § 64 Abs 2 AFG anführen, der behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen, also den Einzelbetrieb betreffende Maßnahmen, in den Begriff des unabwendbaren Ereignisses einbeziehe. Der besonderen Hervorhebung dieser Einzelmaßnahme hätte es nicht bedurft, wenn dem unabwendbaren Ereignis ohnehin eine von der Entwicklung des gesamten Wirtschaftszweiges oder einer bestimmten Gruppe losgelöste Bedeutung hätte beigemessen werden sollen. Die Gesetzesmaterialien bestätigten dies. Danach habe Kug dem Ausgleich kurzfristiger konjunktureller Schwankungen und der Überbrückung betrieblicher, durch die wirtschaftliche Entwicklung verursachter Strukturveränderungen dienen sollen (BT-Drucks V/2291 S 55 zu Nr 5a).
Unter Beachtung dieses Ausgangspunktes könne der Verkehrsunfall des Klägers nicht als unabwendbares Ereignis iS des § 64 Abs 1 Nr 1 AFG angesehen werden. Möge er aus der Sicht des Klägers unabwendbar gewesen sein, so bleibe er doch ein Einzelschicksal, das typisch für den Begriff des Betriebsrisikos sei. Ein Verkehrsunfall ohne Fremdbeteiligung sei seiner Beschaffenheit nach nicht einmal abstrakt geeignet, wirtschaftliche Bedeutung über den Betrieb des Klägers hinaus zu erlangen und damit einen Wirtschaftszweig oder eine bestimmte Wirtschaftsbranche nachhaltig zu beeinflussen. Nur zum Ausgleich eines solchen Nachteils aber sei Kug gedacht.
Der Kläger rügt mit der telegrafisch eingelegten Revision eine Verletzung des § 64 Abs 1 Nr 1 AFG und trägt zur Begründung vor, der Arbeitsausfall beruhe auf einem unabwendbaren Ereignis. Die vom LSG zitierten Gesetzesmaterialien hätten in den §§ 63 ff AFG keinen Niederschlag gefunden. Die Vorschrift des § 63 AFG besage nicht, daß Kug lediglich die Überbrückung kurzfristiger konjunktureller oder betrieblicher - durch die wirtschaftliche Entwicklung verursach- ter - Schwankungen bezwecken solle. Wortlaut und Stellung des § 63 AFG ließen vielmehr erkennen, daß die vom LSG vorgenommene einschränkende Auslegung des umfassenden Zieles dieser Bestimmung keinen Bestand haben könne. Damit sei das angefochtene Urteil bereits im Ansatzpunkt fehlerhaft.
Der Begriff des unabwendbaren Ereignisses finde sich ua in § 7 Abs 2 Straßenverkehrsgesetz. Dazu habe der Bundesge-richtshof (BGH) entschieden, daß er in derselben Weise wie der Begriff der höheren Gewalt iS des § 2 Abs 3 Nr 3 Haftpflichtgesetz ausgelegt werden müsse (BGHZ 23, 90, 96). Eine Differenzierung zwischen den Begriffen des unabwendbaren Ereignisses und der höheren Gewalt sei mithin nicht gerechtfertigt.Der Hinweis des LSG auf § 64 Abs 2 AFG überzeuge nicht. Höhere Gewalt werde als ein von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes, auch durch Anwendung äußerster Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis definiert. Dazu zählten außergewöhnliche Umstände wie Krieg, innere Unruhen oder Naturkatastrophen. Die in § 64 Abs 2 AFG genannten behördlichen oder behördlich anerkannten Maßnahmen fielen nicht darunter. Damit sie bei der Gewährung von Kug Berücksichtigung finden könnten, hätte es ihrer besonderen Erwähnung in § 64 Abs 2 AFG bedurft.
Der Kläger beantragt sinngemäß,das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das zweitinstanzliche Urteil für zutreffend und erwidert: Der Arbeitsausfall sei weder durch wirtschaftliche Ursachen noch durch ein unabwendbares Ereignis iS des § 64 Abs 1 Nr 1 AFG bedingt. Unabwendbar sei nur ein solches Vorkommnis, das plötzlich, nicht vorhersehbar und schwerwiegend die betriebliche Tätigkeit in einer Weise beeinflusse, daß es unmittelbar und zwingend einen relevanten Arbeitsausfall hervorrufe. Vorliegend sei der Betrieb des Klägers durch den Verkehrsunfall bzw die darauf zurückzuführende gesundheitliche Beeinträchtigung nicht unmittelbar berührt worden; die betriebliche Tätigkeit habe zunächst ohne erhebliche Beschäftigungseinschränkungen fortgesetzt werden können. Selbst wenn man unter einem unabwendbaren Ereignis jedes objektiv feststellbare Ereignis verstehe, das auch durch äußerste, nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt nicht abzuwenden sei, könne die Revision keinen Erfolg haben. In diesem Fall sei der Verkehrsunfall nicht wesentlich ursächlich für den Arbeitsausfall gewesen. Der Kläger habe es nämlich unterlassen, rechtzeitig eine Ersatzkraft mit der Wahrnehmung der betrieblichen Leitungsfunktionen zu beauftragen. Dazu sei er spätestens nach seiner Entlassung aus der stationären Behandlung in der Lage gewesen. Unerheblich sei, ob die Bestellung eines Vertreters schuldhaft unterblieben sei. Bei rechtzeitiger Ersatzbeschaffung wäre es zu einem Arbeitsausfall nicht gekommen. Vorhandene Aufträge wären ausgeführt, neue hereingeholt worden. Dabei hätte der Kläger im Rahmen des ihm gesundheitlich Möglichen die Ersatzkraft unterstützen können. Letztlich habe sich im Fall des Klägers ein durch Kug nicht versicherbares Einzelschicksal verwirklicht, das dem vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisiko zuzuordnen sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
II
Die Revision des Klägers ist zulässig. Sie genügt insbesondere dem Formerfordernis der Schriftlichkeit (§ 164 Abs 1 Satz 1 SGG). Dazu reicht die Einlegung der Revision durch Telegramm jedenfalls dann aus, wenn dieses - wie hier - das angefochtene Urteil nach Gericht, Datum, Aktenzeichen sowie Namen und Anschrift des Klägers, seines Prozeßbevollmächtigten und der Beklagten angibt (vgl hierzu etwa BSGE 1, 243, 245; 5, 3, 4; 7, 16, 17; BSG SozR 1500 § 151 Nr 11; BAG DB 1984, 1688; BVerwG 310 § 81 VwGO Nr 6; BFHE 143, 517; Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, 3. Aufl, 1987, § 90 Rz 5, § 151 Rz 3, § 164 Rz 4a; Peters/Sautter/Wolff, Komm zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl, Stand September 1989, § 164 Anm 1j jeweils mwN). In diesem Fall kann nämlich, worauf es entscheidend ankommt, kein Zweifel darüber bestehen, welches Urteil angefochten werden sollte.
Begründet ist die Revision des Klägers iS der Zurückver-weisung. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lassen keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob den im Betrieb des Klägers tätigen Arbeitnehmern, für die der Kläger als Prozeßstandschafter auftritt (BSG vom 25. April 1990 - 7 RAr 94/87 - SozR 3-4100 § 63 Nr 1), für den hier streitigen Zeitraum (1. Dezember 1987 bis 29. Februar 1988) Anspruch auf Kug zusteht oder nicht.
Gemäß § 64 Abs 1 AFG idF des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532, 1555), in Kraft ab 1. Januar 1984 (Art 39 Abs 1), wird in einem Betrieb Kug gewährt, wenn (1.) ein Arbeitsausfall eintritt, der auf wirtschaftlichen Ursachen einschließlich betrieblicher Strukturveränderungen oder auf einem unabwendbaren Ereignis beruht, (2.) der Arbeitsausfall unvermeidbar ist, (3.) in einem zusammenhängenden Zeitraum von mindestens vier Wochen für mindestens ein Drittel der in dem Betrieb tatsächlich beschäftigten Arbeitnehmer jeweils mehr als zehn vom Hundert der Arbeitszeit (§ 69 AFG) ausfällt; dabei sind die in § 65 Abs 2 AFG genannten Personen sowie Personen, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, nicht mitzuzählen; der erste zusammenhängende Zeitraum von mindestens vier Wochen beginnt mit dem Tag, an dem ein Arbeitsausfall erstmals nach Eingang der Anzeige nach Nummer 4 eintritt, (4.) der Arbeitsausfall dem ArbA angezeigt worden ist. Nach § 64 Abs 2 AFG liegt ein unabwendbares Ereignis auch dann vor, wenn der Arbeitsausfall durch behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht ist, die der Arbeitgeber nicht zu vertreten hat (Satz 1). Ein unabwendbares Ereignis liegt insbesondere nicht vor, wenn der Arbeitsausfall durch gewöhnliche, dem üblichen Wetterverlauf entsprechende witterungsbedingte Gründe verursacht ist (Satz 2). Gemäß § 64 Abs 3 AFG schließlich wird Kug nicht gewährt, wenn der Arbeitsausfall branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt ist oder ausschließlich auf betriebsorganisatorischen Gründen beruht. Durch das 8. AFG-ÄndG vom 14. Dezember 1987 (BGBl I 2602), in Kraft ab 1. Januar 1988 (Art 13 Abs 1), ist in § 64 Abs 3 AFG nach dem Wort "Arbeitsausfall" das Wort "überwiegend" eingefügt worden.
Vorliegend ist der Arbeitsausfall dem ArbA vom Kläger zu Beginn des Gewährungszeitraumes, nämlich am 1. Dezember 1987, angezeigt worden (§ 64 Abs 1 Nr 4 iVm § 66 Satz 1 AFG). Auch dürfte, obwohl vom LSG nicht ausdrücklich festgestellt, die Mindestzahl der Arbeitnehmer, bei denen jeweils mehr als zehn vom Hundert der Arbeitszeit (§ 69 AFG) ausgefallen sein muß (§ 64 Abs 1 Nr 3 Halbs 1 AFG), verwirklicht sein. Dafür sprechen die in der Verwaltungsakte der Beklagten niedergelegten Daten. Davon gehen im übrigen die Beteiligten übereinstimmend aus.
Auf wirtschaftliche Ursachen, in die der Gesetzgeber be-triebliche Strukturveränderungen einbezogen (§ 64 Abs 1 Nr 1 Alternative 1 AFG), aus denen er aber die Ursachen ausge-grenzt hat, die dem allgemeinen Betriebsrisiko zuzurechnen sind (§ 64 Abs 3 AFG), ist der Arbeitsausfall im Betrieb des Klägers nicht zurückzuführen. Er ist, wie auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt wird, Folge des Verkehrsunfalls und der daraus resultierenden Erkrankung. Fraglich ist somit allein, ob der Arbeitsausfall auf einem unabwendbaren Ereignis beruht (§ 64 Abs 1 Nr 1 Alternative 2 AFG) und ob er unvermeidbar war (§ 64 Abs 1 Nr 2 AFG).
Entgegen der Auffassung des LSG ist der Begriff des unabwendbaren Ereignisses in Entstehung und Auswirkung nicht notwendig mit wirtschaftlichen Gegebenheiten verknüpft. Der Regierungsentwurf zum AFG 1969 versteht unter einem unabwendbaren Ereignis "jedes objektiv feststellbare Ereignis, das auch durch äußerste, nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt nicht abzuwenden war". Gerade auch in solchen Fällen soll, wie es in der amtlichen Begründung heißt, "dem Betrieb die eingearbeitete Belegschaft erhalten bleiben, damit er alsbald nach Wegfall der Ursachen für den Arbeitsausfall die Produktion wieder voll aufnehmen kann" (BT-Drucks V/2291 S 70 zu § 59 Abs 1 Nr 1). Das Schrifttum stimmt mit dieser weiten Auslegung des Begriffs des unabwendbaren Ereignisses im wesentlichen überein (vgl etwa Ketelsen in Knigge/ Ketelsen/Marschall/Wittrock, Komm zum AFG, 2. Aufl, 1988, § 64 Anm 15; Krebs/Schelter, Komm zum AFG, Stand März 1989, § 64 Rz 12; Schmidt in Gemeinschaftskomm zum AFG - GK-AFG -, Stand Februar 1991, § 64 Rz 13; Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, § 64 Rz 17). Die Vorschrift des § 64 Abs 2 Satz 1 AFG, wonach ein unabwendbares Ereignis auch dann vorliegt, wenn der Arbeitsausfall durch behördlich oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht ist, die der Arbeitgeber nicht zu vertreten hat, gestattet keinen Umkehrschluß. Diese Bestimmung stellt den Begriff des unabwendbaren Ereignisses - ähnlich wie Satz 2 des § 64 Abs 2 AFG - in einigen Beziehungen lediglich klar (BT-Drucks V/2291 S 71 zu § 59 Abs 2). Der Verkehrsunfall des Klägers kann sich demnach - ebenso wie zB ein Brand oder eine Explosion (vgl dazu etwa Bieback in Gagel, Komm zu AFG, Stand Januar 1990, § 64 Rz 32) - als ein unabwendbares Ereignis iS des § 64 Abs 1 Nr 1 AFG darstellen. Dem entspricht die von der Beklagten in ihren allgemeinen Dienstanweisungen zu § 64 AFG vertretene Rechtsauffassung (vgl Runderlaß der Bundesanstalt für Arbeit - RdErl - Nr 307/76, Ziff 9.31). Dieser Wertung steht nicht entgegen, daß der Verkehrsunfall des Klägers nicht unmittelbar zu einem Arbeitsausfall geführt hat. Der für die Zeit ab Dezember 1987 angezeigte Arbeitsausfall könnte auch dann auf dem Verkehrsunfall iS von § 64 Abs 1 Nr 1 AFG beruhen, wenn dieser den Arbeitsausfall nur über die Auslösung weiterer Ursachen wesentlich bedingt hat (vgl dazu Bieback in Gagel, aaO, § 64 Rz 20 ff, insbes 23).
Allerdings ist den Feststellungen des LSG nicht zu entnehmen, ob der Kläger den Verkehrsunfall durch äußerste, nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt hätte abwenden können oder nicht. In den Entscheidungsgründen des LSG ist davon die Rede, daß der Verkehrsunfall in seiner Entstehung nicht mehr aufklärbar sei. Das kann bedeuten, daß er für den Kläger unabwendbar war. Andererseits ist aber auch nicht auszuschließen, daß er durch ein abwendbares Versagen des Klägers bedingt wurde (zB durch Übermüdung). Das LSG wird die entsprechenden Feststellungen hierzu nachzuholen haben. Sollte sich nicht mehr klären lassen, ob der Verkehrsunfall unabwendbar war oder nicht, hat der Kläger nach allgemeinen Beweislastregeln den Nachteil hiervon zu tragen (vgl dazu Peters/Sautter/Wolff, Komm zum SGG, 4. Aufl, Stand Februar 1985, Anm 4 zu § 103).
Sofern das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses zu bejahen ist, stellt sich die Frage der Unvermeidbarkeit des Arbeitsausfalls (§ 64 Abs 1 Nr 2 AFG). Dieses Merkmal besagt - wie schon im Rahmen des § 117 Abs 1 Nr 2 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung - AVAVG -(vgl dazu Draeger/Buchwitz/Schönefelder, AVAVG, 1961, § 117 Rz 18; Krebs, AVAVG, Stand 30. September 1966, § 117 Rz 8 ff) -, daß alle Maßnahmen ergriffen werden müssen, die Kurzarbeit zu verhindern vermögen (Bieback in Gagel, aaO, § 64 Rz 67). Das gilt sowohl hinsichtlich der Entstehung wie in bezug auf das Fortbestehen des Arbeitsausfalls. "Dem Betrieb darf", wie die amtliche Begründung betont, "nicht die Verantwortung dafür abgenommen werden, daß er vor Beginn und während des Arbeitsausfalls alles in seiner Kraft Stehende unternimmt, um den Arbeitsausfall zu vermeiden oder zu beheben" (BT-Drucks V/2291 S 70 f zu § 59 Abs 1 Nr 2; vgl auch Kühl in Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, Stand November 1990, § 64 Rz 8; Schmidt in GK-AFG, aaO, § 64 Rz 28; Schönefelder/Kranz/Wanka, aaO, § 64 Rz 24). Damit ist die Möglichkeit der Gegensteuerung vor allem seitens des Arbeitgebers gegen einen an sich zu einem Arbeitsausfall nach § 64 Abs 1 Nr 1 AFG führenden Geschehensablauf angesprochen (Kühl in Hennig/Kühl/Heuer, aaO, § 64 Rz 8). Unterläßt der Betriebsinhaber es also, geeignete und wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen anzuordnen und durchzuführen, die den Arbeitsausfall mit Wahrscheinlichkeit abgewendet hätten, so ent-fällt die Gewährung von Kug (Ketelsen in Knigge/Ketelsen/ Marschall/Wittrock, aaO, § 64 Anm 28; Schönefelder/Kranz/ Wanka, aaO, § 64 Rz 25).
Als geeignete Maßnahmen der Gegensteuerung können dem Arbeitgeber im Einzelfall ua zumutbar sein: die Anordnung von Aufräumungs- und Instandsetzungsarbeiten, die Umstellung auf andere Energiequellen und Transportmöglichkeiten, die rechtzeitige Beschaffung von Rohstoffen in ausreichender Menge (Bieback in Gagel, aaO, § 64 Rz 74 ff; Ketelsen in Knigge/ Ketelsen/Marschall/Wittrock, aaO, § 64 Anm 29; Schmidt in GK-AFG, aaO, § 64 Rz 29 jeweils mwN; vgl auch RdErl der Beklagten Nr 307/76 Ziff 10.20). Der Fall der Krankheit ist von der Pflicht zur Gegensteuerung nicht ausgenommen. Fehlt es an zumutbaren Vorkehrungen, ist der Arbeitsausfall innerbetrieblich bedingt und nicht unvermeidbar (so wohl auch Krebs, aaO, § 117 Rz 13; Krebs/ Schelter, aaO, § 64 Rz 15; vgl auch OVA Düsseldorf, Das Arbeitsamt 1952, 77).
Der vorliegende Fall ist nach den bisherigen Feststellungen des LSG dadurch gekennzeichnet, daß der Kläger wegen seiner fachlichen Qualifikation in seinem Betrieb eine so herausragende Stellung einnahm, daß er durch seine Arbeitnehmer nicht gleichwertig ersetzt werden konnte. Die Auftragsvergaben waren weitgehend an seine Person gebunden. Er konnte sich aufgrund der auf dem Verkehrsunfall vom 14. Mai 1987 beruhenden schweren Erkrankung nicht mehr ausreichend um Aufträge für die Erstellung von Gartenanlagen kümmern mit der Folge, daß es ab 1. Dezember 1987 zu Arbeitsausfall kam. Ob er insoweit jedoch alles in seinen Kräften Stehende unternommen hat, um den eingetretenen Arbeitsausfall zu vermeiden oder zu beheben, läßt sich anhand der bisherigen Feststellungen des LSG nicht beurteilen.
Einem Arbeitgeber darf nicht abverlangt werden, was die betrieblichen Strukturen wirtschaftlich nicht zulassen. Dem Kläger wird deshalb kaum vorzuhalten sein, daß er nicht schon vor dem Verkehrsunfall eine vollwertige Vertretungskraft eingestellt hat. Sein Kleinbetrieb hätte dies wirtschaftlich wohl nicht verkraftet. In der Zeit zwischen dem Verkehrsunfall (14. Mai 1987) und der Entlassung aus stationärer Behandlung (Ende August 1987) dürfte der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sein, für eine angemessene Vertretung zu sorgen. Anders kann es sich indessen in der Zeit zwischen dem Ende des Krankenhausaufenthaltes und dem Beginn der Kurzarbeit (1. Dezember 1987) verhalten haben. Während dieses mehrmonatigen Zeitraumes könnte es dem Kläger möglich und zumutbar gewesen sein, eine andere Person mit der Wahrnehmung der betrieblichen Leitungsfunktion zu betrauen, so daß vorhandene Aufträge ausgeführt und neue Aufträge hereingeholt werden konnten. Trifft das zu, dürfte das Unterlassen der gebotenen und zumutbaren Maßnahmen nicht der Versichertengemeinschaft angelastet werden; es müßte der betrieblichen Risikosphäre zugeordnet werden. Das LSG wird die notwendigen tatsächlichen Feststellungen zu diesem Punkt erforderlichenfalls nachzuholen haben.
Je nach Ausgang der Prüfung zu den vorerwähnten Voraussetzungen wird das LSG schließlich ggf der Frage nachzugehen haben, ob die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kug (§ 65 AFG) erfüllt sind.
Da der Senat die fehlenden tatsächlichen Feststellungen nicht selbst nachholen kann, muß das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung gemäß § 170 Abs 2 SGG an das LSG zurückverwiesen werden. Das LSG wird auch über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen