Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsunfähigkeit. Mehrstufenschema –Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion. Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion. besonders hoch qualifizierter Facharbeiter. Lohnordnung. rheinischwestfälischer Steinkohlenbergbau. Tarifvertrag. Einstufung. Aufsichtshauer. Berufsschutz. Verweisbarkeit
Leitsatz (amtlich)
Die tarifliche Zuordnung und Entlohnung eines Aufsichtshauers (Bergtechnik) in die Lohngruppe 13 der Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau ist in der Regel ein hinreichendes Indiz, um (innerhalb des Mehrstufenschemas) die Zugehörigkeit zur Gruppe der „besonders hoch qualifizierten Facharbeiter” anzunehmen.
Normenkette
RKG § 46; SGB VI § 43
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 28.01.1993; Aktenzeichen L 2 Kn 145/91) |
SG Duisburg (Entscheidung vom 04.09.1991; Aktenzeichen S 2 Kn 16/90) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Januar 1993 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
I
Der am 20. Februar 1947 geborene Kläger türkischer Staatsangehörigkeit begehrt Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit (BU).
Von Juni 1971 bis zum Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit am 14. März 1989 hatte er durchwegs unter Tage gearbeitet. Von Juli 1983 an war er Aufsichtshauer/Bergtechnik (Lohngruppen 13 der Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau, gültig ab 1. Mai 1980) und insgesamt 22 Monate Vertreter des Strebmeisters (Lohngruppe 14). Seit September 1989 arbeitet er als Verlade- und Versandarbeiter 1 (Lohngruppe 05) im Magazin des Bergwerks O. der R. AG.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 3. Juli 1989, bestätigt mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 1990, die Zahlung von Knappschaftsrente wegen BU (§ 46 Abs. 2 Reichsknappschaftsgesetz ≪RKG≫) ab: Die festgestellten Gesundheitsstörungen (ua insulinpflichtiger Diabetes, Wirbelsäulensyndrom) hinderten den Kläger nicht, vollschichtig zB als Magazinarbeiter im Bergbau zu arbeiten. Diese Tätigkeit sei zumutbar, denn als Aufsichtshauer/Bergtechnik, auf den nach Arbeitgeberauskünften die 1. Alternative der Tätigkeitsbezeichnung der Schlüsselnummer 130 der Erläuterungen zur Lohnordnung zutreffe (Zuteilen von Arbeiten an eine Arbeitsgruppe im Streb ≪Gewinnung oder Herrichtung≫ und mitarbeitend überwachen), sei er weder der Gruppe der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion, noch derjenigen der besonders hoch qualifizierten Facharbeiter zuzuordnen. Dagegen bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Juli 1989 ab 1. April 1989 Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 RKG.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 4. September 1991 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 28. Januar 1993 die ablehnenden Bescheide aufgehoben, das Urteil des SG abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Rente wegen BU ab 1. April 1989 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren: bisheriger Beruf des Klägers sei der des Aufsichtshauers, denn als Strebmeister sei der Kläger nicht überwiegend und nur als Vertreter im Krankheits- und Urlaubsfalle eingesetzt worden. Dennoch sei die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit des Klägers im Sinne des vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschemas dem Leitberuf des „Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion” zuzuordnen. Der Kläger habe zwar auch den Weisungen des Strebmeisters im Arbeiterverhältnis unterstanden, sei aber nach der Spitzenlohngruppe 13 entlohnt worden. Die Zugehörigkeit zur Spitzenlohngruppe (die Gruppe 14 sei nur noch dem Strebmeister vorbehalten) sei Indiz für die Zuordnung zur obersten Gruppe des Mehrstufenschemas. Daß die Einstufung auf qualitätsfremden Merkmalen beruhe, sei nicht ersichtlich. Tatsächlich habe der Kläger das gesamte Arbeitsspektrum eines Aufsichtshauers abgedeckt. Die Tarifvertragsparteien hätten bei der Einstufung nicht darauf abgestellt, ob der Aufsichtshauer den Weisungen des Steigers im Angestelltenverhältnis oder des Strebmeisters im Arbeiterverhältnis unterworfen sei. Dies sei von Schacht zu Schacht und von Revier zu Revier unterschiedlich und hänge nicht von der bergmännischen Qualität der verrichteten Tätigkeit ab. Davon habe sich das LSG anhand der Arbeitgeberauskünfte sowie der Zeugenaussagen überzeugt. Der Kläger habe in einem Abbaurevier mit besonders schwierigen geologischen Verhältnissen gearbeitet. Hier hätten neben dem Schichtsteiger noch ein oder zwei Strebmeister aufsichtsführend tätig sein müssen. Die qualitativen, bergmännischen Anforderungen an die Tätigkeit des Klägers als Aufsichtshauer im Übergangsbereich vom Streb zur Kohlenabfuhrstrecke seien eher noch höher als etwa die Arbeit eines Aufsichtshauers, der unter besseren Arbeitsbedingungen unmittelbar dem Steiger unterstellt sei. Es entspreche dem Gleichbehandlungsgebot, hier maßgeblich auf die tarifvertragliche Einstufung abzustellen. Der Kläger könne aus gesundheitlichen Gründen weder seinen bisherigen Beruf als Aufsichtshauer noch andere bergmännische Facharbeiten verrichten. Er sei wegen seiner hohen Qualifikation nur auf Tätigkeiten mit dem Leitberuf des Facharbeiters verweisbar. Entsprechende Verweisungstätigkeiten seien nicht ersichtlich. Die jetzige Beschäftigung als Magazinarbeiter sei sozial unzumutbar.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Beklagte, das Urteil des LSG stehe im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des BSG zur Einstufung eines Aufsichtshauers in das Mehrstufenschema. Danach könne ein Aufsichtshauer nur dann „Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion” sein, wenn er nicht die Weisungen eines anderen Beschäftigten im Arbeiterverhältnis befolgen müsse (Hinweis auf BSG vom 20. Februar 1980, SozR 2600 § 46 Nr. 4; vom 29. Mai 1984, SozR 2600 § 46 Nr. 13; vom 30. Oktober 1991 – 8 RKn 4/90 und 7/90, Kompaß 1992, 201, 200). Der Kläger sei nach den Feststellungen des LSG neben dem Steiger auch einem Strebmeister im Arbeiterverhältnis unterstellt gewesen, mit Ausnahme der Zeiten, in denen er letzteren zu vertreten hatte. Sollte es in Anlehnung an das Urteil des BSG vom 30. Oktober 1991 (8 RKn 4/90) darauf ankommen, in welchem Verhältnis die Weisungsbefugnis von dem einen oder anderen ausgeübt wurde, sei dies vom LSG nach Zurückverweisung des Rechtsstreits weiter aufzuklären.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Januar 1993 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 4. September 1991 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Januar 1993 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Ergänzend führt er aus, die Ausübung der Weisungsbefugnis durch einen Angestellten sei für die Anerkennung des besonderen Berufsschutzes eines „Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion” nicht unabdingbar. Entscheidend sei vielmehr das Gesamtbild, das wiederum für die tarifvertragliche Einstufung maßgeblich gewesen sei. Hierzu habe das LSG tatsächliche Feststellungen getroffen, die in der Revisionsinstanz nicht angreifbar seien.
Entscheidungsgründe
II
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Die form- und fristgerecht eingelegte Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat dem Kläger rechtsfehlerfrei Knappschaftsrente wegen BU ab 1. April 1989 zugesprochen.
Der Anspruch des Klägers richtet sich noch nach § 46 RKG, denn er hatte den Rentenantrag vor dem 1. April 1992 gestellt, und der Leistungsbeginn liegt vor dem 1. Januar 1992 (§ 300 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB VI≫; vgl BSG vom 8. Oktober 1992 SozR 3-2200 § 1246 Nr. 29).
Berufsunfähig ist nach § 46 Abs. 2 RKG ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen und geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit des Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Das LSG hat zutreffend als „bisherigen Beruf” des Klägers, welcher Ausgangspunkt für die Prüfung der BU ist und den Kreis der zumutbaren und ggf die BU ausschließenden Verweisungstätigkeiten ist, die Tätigkeit als Aufsichtshauer/Bergtechnik (Lohngruppe 13 der ab 1. Mai 1980 gültigen Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau) angesehen. Der Kläger arbeitete seit 1983 zwar zu etwa einem Drittel der Zeit auch als Strebmeister und wurde insoweit nach der Lohngruppe 14 entlohnt. Er übte diese Tätigkeit nach den Feststellungen des LSG jedoch nur vorübergehend und vertretungsweise aus. Damit blieb sein arbeitsvertraglicher Status auch nach § 34 Abs. 2 Satz 2 des Manteltarifvertrages (MTV) für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus unverändert.
Das LSG hat unter den geschilderten Umständen zu Recht angenommen, daß die Haupttätigkeit des Klägers der Spitzengruppe der Arbeiterberufe zuzuordnen ist und er deshalb zumutbar nur auf Facharbeitertätigkeiten verwiesen werden kann.
Welche Verweisungstätigkeiten zumutbar sind, bestimmt sich nach dem qualitativen Wert der bisherigen Berufstätigkeit. Das BSG hat zur Erleichterung dieser Beurteilung ein Mehrstufenschema entwickelt, das, ausgehend von unterschiedlichen Ausbildungserfordernissen, die Arbeiterberufe in Gruppen untergliedert, die durch die Leitberufe des Facharbeiters (Vorarbeiters) mit Vorgesetztenfunktion und den diesem gleichgestellten besonders hoch qualifizierten Facharbeiter, den Facharbeiter, den angelernten Arbeiter und den ungelernten Arbeiter charakterisiert sind (vgl zB BSG vom 12. Oktober 1993, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 38).
Zuordnungskriterium ist immer die Qualität der verrichteten Arbeit, dh der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb (vgl BSG vom 13. Dezember 1984, BSGE 57, 291 = SozR 2200 § 1246 Nr. 126; BSG vom 17. Dezember 1991, BSGE 70, 56 = SozR 3-2200 § 1246 Nr. 21). Erst durch eine Gesamtschau aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte (zB Ausbildung, tarifliche Einstufung und damit Höhe der Entlohnung, Anforderungen und Verantwortlichkeit und Bedeutung für den Betrieb) ist eine abschließende Beurteilung möglich.
Die Rechtsprechung des BSG zählt zur Gruppe der „Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion” oder zur Gruppe der „besonders hoch qualifizierten Facharbeiter” diejenigen Versicherten, die wegen der geistigen und persönlichen Anforderungen ihrer Tätigkeit die Facharbeiter deutlich überragen und die deswegen in die Spitzengruppe der Lohnskala eines entsprechend differenzierten Tarifvertrages eingestuft sind. Für die Zuordnung zur Gruppe der „Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion” ist im einzelnen erforderlich, daß der Versicherte in der Regel keinen Weisungen eines anderen im Arbeiterverhältnis stehenden Beschäftigten unterworfen war; ferner, daß er nicht lediglich als „schlichter Vorarbeiter” die gleichen Arbeiten wie seine Facharbeiterkollegen verrichtete, und daß er nicht nur in engem Rahmen eine herausgehobene Stellung innerhalb einer Gruppe von Ungelernten und Angelernten innehatte (vgl mwN BSG vom 19. Januar 1978, BSGE 45, 276 = SozR 2200 § 1246 Nr. 27; BSG vom 28. Juni 1979, SozR 2200 § 1246 Nr. 44; BSG vom 12. November 1980, SozR 2200 § 1246 Nr. 70; BSG vom 31. März 1981, SozR 2200 § 1246 Nr. 79; BSG vom 3. November 1982, SozR 2200 § 1246 Nr. 102; BSG vom 28. Mai 1991, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 12; BSG vom 23. August 1993, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 34).
Für die knappschaftliche Rentenversicherung gelten insoweit keine Besonderheiten (vgl BSG vom 20. Februar 1980, SozR 2600 § 46 Nr. 4 ≪Aufsichtshauer≫; BSG vom 20. Februar 1980, SozR 2600 § 46 Nr. 5 ≪Sicherheitshauer≫; BSG vom 31. Januar 1984, SozR 2600 § 46 Nr. 9 ≪Schießmeister≫; BSG vom 24. November 1982, BSGE 54, 181 = SozR 2200 § 1246 Nr. 103 ≪Betriebsstudienhauer≫).
Ausgehend von den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist die seit 1983 ausgeübte Tätigkeit des Klägers (als Aufsichtshauer/Bergtechnik) jedenfalls der Gruppe der „besonders hoch qualifizierten Facharbeiter” zuzuordnen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob dem Kläger der Status eines „Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion” abzusprechen wäre, nur weil er zeitweise den Weisungen eines im Arbeiterverhältnis stehenden Strebmeisters unterstand.
Der Kläger verfügte über eine Praxis unter Tage von mehr als zehn Jahren, ehe er im Juli 1983 mit den Aufgaben eines Aufsichtshauers/Bergtechnik betraut wurde. Diese Funktion übte er dann durchgehend bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 14. März 1989 aus. Er wurde nach der Lohngruppe 13 der Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau bezahlt. Zeitweise nahm er bei Verhinderung des Strebmeisters dessen Aufgaben wahr und war in dieser Zeit in die Lohngruppe 14 eingestuft. Nach den Feststellungen des LSG hat der Kläger eine Kolonne von fünf bis acht Bergleuten, darunter Hauer, also Facharbeiter, weitgehend selbständig in einem Revier geführt, das besondere Anforderungen an bergmännisches Können stellte. Es gibt unter diesen Umständen keine Anhaltspunkte dafür, daß die tarifvertraglichen Einstufungen von qualitätsfremden Gesichtspunkten (zB Betriebszugehörigkeit, Alter, Erschwernisse, vgl mwN BSG vom 14. Mai 1991, BSGE 68, 277 = SozR 3-2200 § 1246 Nr. 13) bestimmt waren. Bei der Lohngruppe 13 handelt es sich um eine der beiden Spitzenlohngruppen innerhalb einer 14 Stufen umfassenden Skala, wobei die Lohngruppe 14 allein dem Strebmeister zusteht. Nach der Lohnordnung ist bereits die Lohngruppe 13 besonders qualifizierten Facharbeitern mit jahrelanger Berufserfahrung und sehr hoher Verantwortung für das Leben und die Gesundheit der Mitarbeiter unter Tage vorbehalten. Genau diese Kriterien sind nach der Rechtsprechung für die Einstufung in die Gruppe der „besonders hoch qualifizierten Facharbeiter” maßgeblich. In der Tat hat die auch vom LSG herangezogene Rechtsprechung der Knappschaftssenate des BSG bei keinem der Angehörigen der Lohngruppe 13, soweit die Eingruppierung nicht nur vergönnungsweise erfolgt war, den Berufsschutz eines „Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion” oder eines „besonders hoch qualifizierten Facharbeiters” versagt. Dazu gehören die Aufsichtshauer aller drei Bereiche (Bergtechnik, Maschinenbetrieb, Elektrobetrieb); Sprengbeauftragte (Schießmeister), Betriebsstudienhauer, Ausbilder und Sicherheitsfachkräfte. Die Abgrenzungsproblematik stellte sich, wie in den beiden Urteilen des Senats vom 30. Oktober 1991 (8 RKn 4/90, 8 RKn 7/90 – Kompaß 1992, 201, 200), vorwiegend bei den Angehörigen der nächstniedrigeren Lohngruppe 12 (Kolonnenführer).
Im übrigen erscheint die Meinung des LSG, hier ausnahmsweise den Berufsschutz eines „Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion” anzunehmen, obwohl der Kläger zu einem nicht näher ermittelten Zeitanteil den Anweisungen des im Arbeiterverhältnis stehenden Strebmeisters unterstand, vertretbar. Das erstmals vom 4. Senat des BSG mit dem Urteil vom 28. Juni 1979 (SozR 2200 § 1246 Nr. 44) aufgestellte Kriterium, ein Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion müsse einem Angestellten unterstehen, ist eine sog „Hilfstatsache”, welche zusammen mit anderen Merkmalen den Schluß zulassen kann, daß die Berufsposition diejenige eines „normalen” Facharbeiters deutlich überragt hat. Im Rahmen der im Vordergrund stehenden Gesamtschau kann dieses Kriterium jedoch zurücktreten. Dies jedenfalls dann, wenn es – wie im Bergbau nach den Feststellungen des LSG der Fall – vom Zufall abhängt, ob ein Strebmeister oder ein Schichtsteiger die Aufsicht geführt hat und wegen der besonders schwierigen geologischen Verhältnisse im Abbaurevier eine größere Aufsichtsdichte als üblich erforderlich war.
Soweit das LSG die Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau nur als Indiz für die Qualität des Berufs herangezogen hat, ist dies nicht zu beanstanden und entspricht der Rechtsprechung aller Rentensenate des BSG.
Zu Recht hat das LSG entschieden, daß der Kläger zumutbar nur auf eine Tätigkeit mit dem Leitberuf eines Facharbeiters verweisbar ist (vgl BSG vom 31. August 1978, SozR 2200 § 1246 Nr. 31; BSG vom 15. Februar 1979, SozR 2200 § 1246 Nr. 37; BSG vom 12. November 1980, SozR 2200 § 1246 Nr. 70). Wegen der gesundheitlichen Einschränkungen und der fehlenden anderweitigen Qualifikation sind ihm jene Arbeitsmöglichkeiten jedoch verschlossen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1049534 |
SozSi 1997, 75 |