Leitsatz (amtlich)
Die Frist von 15 Jahren (GAL § 25 Abs 1 Buchst b aF) ist bei einem ehemaligen hauptberuflichen landwirtschaftlichen Unternehmer vom Zeitpunkt einer Verpachtung an zu rechnen, wenn der Pachtvertrag auf mindestens 6 Jahre (GAL § 2 Abs 2 aF) abgeschlossen war, aber wegen unvorhergesehener, von dem Unternehmer nicht zu vertretender Umstände vor Ablauf der 6 Jahre wieder aufgehoben wurde und wenn der Unternehmer den Betrieb noch vor dem Inkrafttreten des GAL (1957-10-01) endgültig abgegeben hatte.
Normenkette
GAL § 25 Abs. 1 Buchst. b Fassung: 1957-07-27, § 2 Abs. 2 Fassung: 1957-07-27
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 6. April 1960 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Der am 11. Februar 1893 geborene Kläger war seit 1922 Pächter und seit 1932 Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes von 24,6 ha. Der Betrieb war früher Erbhof und ist jetzt Hof in Sinne der Höfeordnung. Der Kläger hatte von 1922 bis 1949 den Hof selbst bewirtschaftet. Mit schriftlichem Vertrag vom 25. Februar 1949 verpachtete er ihn für die Zeit vom 1. März 1949 bis zum 1. Mai 1955 an seinen Schwiegersohn Georg ... dieser Pachtvertrag wurde am 1. Mai 1950 in einigen Punkten abgeändert und das Ende der Pacht auf den 30. April 1955 festgesetzt. Ab 1953 übernahm der Kläger die Bewirtschaftung wieder selbst, weil sein Schwiegersohn nach Kanada auswanderte. Er verpachtete den größeren Teil des Landes jeweils auf fünf Jahre, jedoch mit dem Vorbehalt eines vorzeitigen Kündigungsrechts im Falle einer Veräußerung. Auf Grund notariellen Vertrages vom 2. Juni 1955 übergab er mit Wirkung vom 1. Mai 1955 den Hof an seine Tochter Lore.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf landwirtschaftliches Altersgeld durch Bescheid vom 8. Mai 1958 mit der Begründung ab, der Kläger sei während der letzten 15 Jahre vor der Übergabe des Hofes nicht ununterbrochen landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen (§ 25 Abs. 1 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte vom 27. Juli 1957 -BGBl I 1063- - GAL aF -), weil er den Hof von 1949 bis 1953 verpachtet gehabt habe. Das Sozialgericht (SG) wies die Klage ab (Urteil vom 18. Juni 1959), das Landessozialgericht (LSG) verurteilte die Beklagte, dem Kläger vom 1. Februar 1958 an Altersgeld zu zahlen (Urteil vom 6. April 1960). Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei während der letzten 15 Jahre vor der Übergabe des Hofes landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen. Als Zeitpunkt der Übergabe sei nicht der Vertrag von 1955 mit der Tochter …, sondern der von 1949 mit dem Schwiegersohn anzusehen. Denn dieses Pachtverhältnis sei für mehr als sechs Jahre/gewesen vorgesehen (§ 2 Abs. 2 GAL aF). An dieser Entäußerung des landwirtschaftlichen Unternehmens habe sich durch die vorzeitige Auflösung des Pachtvertrages nichts geändert. Es sei ohne Bedeutung, daß das Rechtsverhältnis z.Zt. der Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers nicht mehr bestanden habe und nach der zunächst vorgesehenen Verpachtungsdauer nicht mehr bestehen sollte. Die spätere, vorübergehende Eigenbewirtschaftung des Hofes ändere daran nichts; dies werde auch durch § 6 Abs. 2 GAL aF bestätigt. Dem Kläger stehe daher Altersgeld zu. Das LSG ließ die Revision zu.
Die Beklagte legte gegen das am 12. Mai 1960 zugestellte Urteil am 24. Mai 1960 Revision ein und begründete ihr Rechtsmittel im gleichen Schriftsatz.
Sie trägt vor, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 GAL aF seien nur dann erfüllt, wenn der Kläger während der 15 Jahre, die der Übergabe des Hofes im Mai 1955 vorausgegangen seien, hauptberuflicher landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen sei. Daran habe es aber in der Zeit der früheren Verpachtung an den Schwiegersohn gefehlt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen vom 6. April 1960 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Oldenburg vom 18. Juni 1959 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die durch die Zulassung statthafte, auch form- und fristgerecht eingelegte Revision ist nicht begründet.
Nach § 25 GAL aF erhalten ehemalige hauptberufliche landwirtschaftliche Unternehmer Altersgeld, wenn sie - neben hier nicht streitigen Voraussetzungen - während der 15 Jahre, die der Übergabe oder Entäußerung des Unternehmens vorausgegangen sind, hauptberufliche landwirtschaftliche Unternehmer waren. Bei der Entscheidung, ob diese Voraussetzung gegeben ist, kommt es im vorliegenden Falle darauf an, ob man die 15 Jahre von der Verpachtung 1949 oder von der ungültigen Abgabe 1955 zurückrechnet. Ginge man von der letzteren aus, so wäre der Kläger nicht innerhalb der letzten. 15 Jahre landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen, weil er während der Verpachtung von 1949 bis 1953 nicht das Betriebsrisiko getragen hatte, die Unternehmereigenschaft aber im wesentlichen ununterbrochen bestanden haben muß und eine Pause von vier Jahren eine zu große Unterbrechung darstellt (BSG 12, 91). Dem Kläger steht daher ein Anspruch auf Altersgeld nur zu, wenn man von der Abgabe 1949 ausgehen kann, weil vor diesem Zeitpunkt eine fünfzehnjährige ununterbrochene Unternehmertätigkeit vorgelegen hat. Die Frage ist zu bejahen. Der Pachtvertrag von 1949 war auf über sechs Jahre mit dem Schwiegersohn abgeschlossen, er gilt deshalb gemäß § 2 Abs. 2 GAL aF als eine Entäußerung. Unerheblich ist, daß er vor Ablauf der Vertragsdauer aus unvorhergesehenen, vom Kläger nicht zu vertretenden Umständen wieder aufgehoben wurde. Damit war zur Zeit seines Abschlusses nicht zu rechnen. Mit der Vertragsaufhebung wird die Entäußerung nicht rückwirkend beseitigt, sie behält ihre Wirkung zum mindesten für die Vergangenheit. Dies ergibt sich auch aus § 6 Abs. 2 GAL aF, wonach der Anspruch auf Altersgeld ruht, wenn ein Berechtigter erneut ein landwirtschaftliches Unternehmen in eigene Bewirtschaftung übernimmt. Die bisher erworbenen Ansprüche bleiben erhalten. Inzwischen gezahlte Altersgeldbeträge sind nicht zu Unrecht geleistet und können nicht zurückgefordert werden. Nur während der Zeit der neuen Unternehmertätigkeit, kann der Altersgeldanspruch nicht geltend gemacht werden, weil während dieser Zeit eine seiner Voraussetzungen, die Trennung von dem Unternehmen, nicht mehr vorliegt. Wird dieses Unternehmen aber später wieder abgegeben, so entsteht nicht etwa ein neuer Anspruch auf Altersgeld, sondern der alte Anspruch lebt in voller Wirksamkeit wieder auf. Diese bei einer vorübergehenden Bewirtschaftung des Unternehmens nach Bezug von Altersgeld geltenden Grundsätze müssen auch zum Zuge kommen, wenn es sich um eine vorübergehende Unternehmertätigkeit, und zwar in dem gleichen Betrieb, vor dem Inkrafttreten des GAL handelt. Mit der erneuten, endgültigen Abgabe des Betriebs im Jahre 1955, also vor Inkrafttreten des GAL, ist der Zustand wiederhergestellt, der von 1949 bis 1953 bestanden hat; das Unternehmen ist wieder abgegeben. Es wäre daher unbillig, wenn man nicht den ursprünglichen, eine Voraussetzung des GAL auslösenden Termin nehmen würde. Unschädlich ist dabei, daß der Kläger 1949 noch nicht 65 Jahre alt war. Dieses Alter ist eine weitere Voraussetzung des Altersgeldanspruchs; es braucht nicht schon im Zeitpunkt der Abgabe erreicht zu sein, und zwar auch dann nicht, wenn es sich um eine Verpachtung handelt. Ist schon früher abgegeben, so entsteht ein Anspruch auf Altersgeld erst mit der Vollendung des 65. Lebensjahres.
Da der Kläger bei der Abgabe 1949 mehr als 15 Jahre landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen war, hat das LSG die Beklagte zu Recht zur Zahlung von Altersgeld verurteilt, und zwar vom 1. Februar 1958 an, weil der Kläger in diesem Monat das 65. Lebensjahr vollendet hat.
Die Revision ist daher zurückzuweisen. - Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen