Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitserlaubnis an Spanierin
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Begriff der Härte als Folge besonderer Familienverhältnisse im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis nach AFG § 19 Abs 1 iVm ArbErlaubV § 2 Abs 5 oder mit Art 10 Abs 5 NiederlVtr ESP vom 1970-04-23 (Fortführung von BSG 1977-11-22 7 RAR 5/77).
2. Zu Art und Umfang der Pflichten der BA bei der Feststellung, ob einem ausländischen Arbeitslosen, der für eine Beschäftigung einer Arbeitserlaubnis bedarf, der Arbeitsmarkt verschlossen ist, und zu den Folgerungen, die daraus auf die Verfügbarkeit nach AFG § 103 zu ziehen sind (Fortführung von BSG 1977-11-22 7 RAr 5/77).
Leitsatz (redaktionell)
Eine spanische Staatsangehörige kann dann einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe geltend machen, wenn sie einen Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis nach AFG § 19 hat. Allerdings ist die Arbeitserlaubnis auch nicht mit Rücksicht auf zwischenstaatliche Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem spanischen Staat entbehrlich. Die Unmöglichkeit, eine Arbeitserlaubnis zu beanspruchen, steht dem Anspruch auf Arbeitslosenhilfe solange nicht entgegen, als der spanischen Staatsangehörigen der Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik Deutschland nicht verschlossen ist. Als verschlossen ist der Arbeitsmarkt dann anzusehen, wenn sich aus konkreten Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes für einen längeren Zeitraum ergeben sollte, daß eine Unterbringung der spanischen Staatsangehörigen auf dem Arbeitsmarkt nicht möglich erscheint.
Normenkette
AFG § 19 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 103 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 134 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fassung: 1969-06-25; ArbErlaubV §§ 1, 2 Abs. 5; ArblVAbk ESP Art. 12 Fassung: 1966-04-20; NiederlVtr ESP Art. 10 Abs. 5 Fassung: 1970-04-23; AFG § 134 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1969-06-25
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 09.03.1976; Aktenzeichen L 7 Ar 103/75) |
SG Hannover (Entscheidung vom 24.07.1975; Aktenzeichen S 3 Ar 39/75) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 9. März 1976 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Die 1946 geborene Klägerin ist spanische Staatsangehörige und hält sich seit August 1971 in der Bundesrepublik auf. Sie lebt hier mit ihrem Ehemann, der ebenfalls spanischer Staatsangehöriger ist, und ihren drei im Februar 1967, Februar 1973 und Februar 1974 geborenen Kindern zusammen. Vom 23. August 1971 bis 30. Juni 1973 arbeitete sie als Schokoladenfabrikarbeiterin. Das Arbeitsverhältnis endete durch fristgemäße Kündigung des Arbeitgebers. Die Beklagte bewilligte der Klägerin antragsgemäß ab 1. August 1973 Arbeitslosengeld (Alg) für 234 Tage; die Klägerin schöpfte diesen Anspruch - unterbrochen durch den Bezug von Mutterschaftsgeld - bis 30. August 1974 aus.
Den Antrag der Klägerin vom 17. September 1974 auf Gewährung von Alhi lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 14. November 1974 mit der Begründung ab, aus arbeitsmarktpolitischen Gründen könne der Klägerin eine Arbeitserlaubnis nicht erteilt werden; sie stehe daher der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung und habe keinen Leistungsanspruch. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 1975).
Die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Hannover durch Urteil vom 24. Juli 1975 abgewiesen.
Durch Urteil vom 9. März 1976 hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob der von der Klägerin erhobene Anspruch auf Anschluß-Alhi schon deshalb nicht gegeben sei, weil die Klägerin im Hinblick auf das monatliche Bruttoeinkommen ihres Ehemannes in den Monaten Juni bis August 1974 bedürftig im Sinne von § 134 Abs 1 Nr 3 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) gewesen sei und wie sich die Einkommensverhältnisse des Ehemannes in der Folgezeit entwickelt hätten. Die Klägerin habe nämlich schon deshalb keinen Anspruch auf Alhi, weil sie in der Zeit ab 17. September 1974 der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe. Die Verfügbarkeit setze nach § 103 Abs 1 Nr 1 AFG voraus, daß der Arbeitslose eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben könne und dürfe. Zum Dürfen gehöre bei ausländischen Arbeitnehmern auch die Erteilung einer Arbeitserlaubnis (AE), sofern diese zur Ausübung der entsprechenden Beschäftigung erforderlich sei. Auch für die Klägerin sei eine AE erforderlich. Dem stehe es weder entgegen, daß nach Art 12 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat über Arbeitslosenversicherung vom 20. April 1966 (BGBl II 1967, 1945) spanische Gastarbeiter wie deutsche Arbeitnehmer Anspruch auf Alhi eingeräumt erhalten, noch daß sie gemäß Art 4 des genannten Abkommens jenen gleichzubehandeln seien. Daraus ergebe sich nicht, daß spanische Arbeitnehmer wie deutsche Arbeitnehmer keiner AE bedürfen. Nach Art 10 Abs 1 des Niederlassungsvertrages vom 23. April 1970 (BGBl II 1972, 1041) regele sich die Aufnahme und Ausübung einer Tätigkeit als Arbeitnehmer nämlich nach den Gesetzen und Verwaltungsvorschriften des Gastlandes über ausländische Arbeitnehmer.
Nach den maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen des AFG und der Arbeitserlaubnis-Verordnung vom 2. März 1971 (BGBl I S. 152 - AEVO -) habe die Klägerin keinen Anspruch auf eine AE. Im Falle der Vermittlung der Klägerin hätte die Beklagte nach §§ 19 AFG und 1 AEVO auch bei Ausübung pflichtgemäßen Ermessens die Erteilung einer AE ablehnen müssen; denn sie hätte dabei die ungünstige Lage des Arbeitsmarktes im Arbeitsamtsbezirk Hannover, auf den sie eine AE hätte beschränken können, berücksichtigen müssen. Ende September 1974 seien im Arbeitsamtsbezirk Hannover, 8.178 Arbeitnehmer, darunter 3.364 Frauen, arbeitslos gemeldet gewesen. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen habe zu diesem Zeitpunkt 5.150 betragen, wovon 2.102 Stellen für Frauen waren. In der Gruppe der Ernährungsberufe, der die Klägerin zuletzt angehört habe, seien auf 91 Stellenangebote 306 arbeitslose Frauen entfallen. Danach habe nicht damit gerechnet werden können, daß der Klägerin damals eine AE erteilt worden wäre. Es wäre nicht ermessensfehlerhaft gewesen, wenn die Beklagte die AE im Hinblick auf die hohe Zahl in Arbeit zu vermittelnder deutscher Arbeitnehmer unter Hinweis auf die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes versagt hätte.
Die Klägerin hätte jedoch auch keinen von der Lage des Arbeitsmarktes unabhängigen Anspruch auf eine AE geltend machen können im Sinne von § 2 Abs 1 Nr 1 AEVO oder im Sinne von Art 10 Abs 3 des Deutsch-Spanischen Niederlassungsvertrages. Weder habe die Klägerin fünf Jahre im Bundesgebiet eine unselbständige Tätigkeit ausgeübt noch befinde sie sich als Familienangehörige im Sinne von Art 10 Abs 5 des Niederlassungsvertrages seit fünf Jahren im Bundesgebiet. Sie sei erst im August 1971 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, so daß sie sich zu Beginn des Anspruchszeitraumes vom 17. September 1974 an noch keine fünf Jahre hier aufgehalten habe. Es könne daher offenbleiben, ob der Ehemann der Klägerin selbst die Voraussetzungen einer AE nach Art 10 Abs 3 des Niederlassungsvertrages erfülle. Die Beklagte hätte der Klägerin die AE auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer besonderen Härte im Sinne von Art 10 Abs 4 des Niederlassungsvertrages oder von § 2 Abs 5 AEVO erteilen müssen. Allein der Umstand, daß der Ehemann der Klägerin möglicherweise eine AE gehabt habe und die Klägerin daher daran interessiert gewesen sei, ebenfalls eine AE zu bekommen, begründe keine besondere Härte. Insoweit handele es sich um eine bei Familienangehörigen allgemein auftretende Härte, die im Niederlassungsvertrag in Art 10 Abs 5 auch eine allgemeine Regelung gefunden habe. Der Umstand, daß die Klägerin zum Kreis der sozial Schwachen und damit Schutzbedürftigen gehöre, rechtfertige nicht die Anwendung der Härteklausel; denn insoweit handele es sich um einen Dauerzustand. Die Anwendung der Härteklausel sei auf die Fälle beschränkt, in denen einer vorübergehenden Notlage Rechnung getragen werden müsse.
Mit der Revision rügt die Klägerin sinngemäß eine Verletzung der §§ 19, 103, 134 AFG. Sie trägt insbesondere vor: Die Voraussetzungen für den Bezug von Alhi nach §§ 134ff AFG seien erfüllt. Das Fehlen einer AE nach § 19 Abs 1 AFG schließe den Anspruch nicht aus; die Klägerin stehe gleichwohl der Arbeitsvermittlung im Sinne von § 103 AFG zur Verfügung. Die Beklagte dürfe sich nämlich für die Frage der Verfügbarkeit im vorliegenden Falle nicht auf eine fehlende AE berufen. Maßgeblich sei hier nur, ob die Arbeitslosigkeit der Klägerin durch Vermittlung in Arbeit hätte beendet werden können; das wäre der Fall gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Situation auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere die Arbeitsmarktlage, für die Frage der Verfügbarkeit ohne Bedeutung. Da aber das Fehlen einer AE im vorliegenden Fall auf eine ungünstige Arbeitsmarktlage zurückzuführen wäre, handele es sich gerade um einen Umstand, der nicht in den Verantwortungsbereich des Arbeitslosen falle; hierauf könne daher die Ablehnung der AE nicht gestützt werden.
Ein solches Vorgehen würde dem Sinn und Zweck der Arbeitslosenversicherung widersprechen. Ausländische Arbeitnehmer müßten wie deutsche Beschäftigte Beiträge zur Sozialversicherung, insbesondere zur Arbeitslosenversicherung leisten. Wenn die fehlende AE den Ausländer vom Bezug der Leistungen der Arbeitslosenversicherung von vornherein ausschlösse, läge in der Beitragserhebung eine Verletzung des Versicherungsprinzips; im übrigen wäre ein Versicherungsschutz praktisch wertlos, der von einer Ermessensentscheidung der Beklagten nach § 19 Abs 1 AFG abhinge. Durch die schlechte Arbeitsmarktlage trete vielmehr gerade der Versicherungsfall der Arbeitslosenversicherung ein. Wenn diese, wie hier, den Versicherungsfall "Arbeitslosigkeit" ausgelöst habe, sei es Aufgabe des Trägers dieser Versicherung, den Schutz des Arbeitnehmers vor den wirtschaftlichen Folgen einer unverschuldeten Arbeitslosigkeit zu übernehmen. Wenn die Beklagte die Alhi von der AE abhängig mache, nehme sie der Klägerin den gesetzlichen Schutz. Sie verweigere die Leistung, weil die Klägerin arbeitslos ist, dh, sie gewähre keine Alhi, weil die Klägerin keine AE habe, und die Beklagte erteile keine AE, weil die Arbeitsmarktlage es nicht erlaube, also letztlich, weil die Klägerin arbeitslos ist. Eine solche Begründung könne nur als ein unzulässiger Zirkelschluß bezeichnet werden.
Das LSG und die Beklagte hätten außer Acht gelassen, daß die Klägerin Alg erhalten habe, ohne im Besitz einer gültigen AE gewesen zu sein. Infolgedessen könne ihr nun nicht die Alhi mit der Begründung verweigert werden, daß eine AE nicht vorliege. Im übrigen könne die Beklagte für die Zukunft nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß eine AE nicht erteilt werden könne; insoweit stelle sie eine reine Vermutung auf. Es sei unzulässig, einem Leistungsantrag lediglich aufgrund einer Vermutung, für die es keinen Beweis gebe, nicht zu entsprechen. Die Vermutung werde dazu durch die Vielzahl von Beispielen anderer spanischer Arbeitnehmer widerlegt, in denen die Beklagte zunächst ebenfalls die Versicherungsleistung mit dem Hinweis auf eine fehlende AE verweigert, später jedoch eine neue AE erteilt habe.
Schließlich habe das LSG die Bedeutung des Deutsch-Spanischen Abkommens über Arbeitslosenversicherung vom 20. April 1966 verkannt und den dort enthaltenen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verwirklicht. Da deutsche Staatsangehörige für die Ausübung einer Beschäftigung eine AE nicht benötigten, könne sie nach diesem Abkommen auch nicht von spanischen Staatsangehörigen verlangt werden als Voraussetzung für den Bezug einer Versicherungsleistung. Ergänzend weist die Klägerin auf die Rechtsprechung des 12. Senats des BSG zur Frage der Abhängigkeit des Leistungsanspruchs von der Erteilung einer AE hin sowie auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat über soziale Sicherheit vom 24. Oktober 1960 in Art 4.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 24.7.1975 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.11.1974 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.1.1975 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin vom 17.9.1974 an Arbeitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend führt sie aus: Das BSG habe im Urteil vom 22. November 1977 - 7 RAr 5/77 - in Fortführung früherer Rechtsprechung den Anspruch auf Alhi für einen ausländischen Arbeitnehmer, der keinen Anspruch auf eine AE nach sonstigen Vorschriften besitze, bejaht, solange diesem der Arbeitsmarkt nicht verschlossen sei. Dies habe die Beklagte durch konkrete Maßnahmen zu prüfen, wobei das BSG von "Vermittlungsversuchen" gesprochen habe. Hiergegen sei einzuwenden, daß es der Beklagten häufig nicht möglich sei, konkrete Vermittlungsversuche zu machen, also dem arbeitslosen Ausländer offene Stellen anzubieten, zT deswegen, weil bevorrechtigte deutsche oder gleichberechtigte Arbeitslose vorhanden seien. Diese Rechtsprechung widerspreche deshalb dem Gebot des Vorrangs dieser Arbeitslosen vor anderen Ausländern. Auch berufliche Bildungsmaßnahmen könne sie konkret nicht stets anbieten. Die strikte Anwendung des oa Urteils hätte zur Folge, daß zahlreichen ausländischen Arbeitslosen wegen Fehlens der Möglichkeit zu konkreten Vermittlungsversuchen oder zu konkreten Bildungsangeboten unbefristet Alhi zu gewähren sei. Dies stelle einen - auch verfassungsrechtlich relevanten - Eingriff in die Ausländerpolitik dar. Nach Auffassung der Beklagten beginne die sogenannte Prüfungsfrist vielmehr mit der ersten Arbeitslosmeldung, da der Vermittler bereits von diesem Zeitpunkt an prüfe, ob der Arbeitslose vermittelt werden könne. Im Streitfalle müsse dessen Zeugenaussage genügen, den Nachweis dieser Prüfung zu erbringen. Die Beklagte sieht in der oa Entscheidung ferner eine Unterscheidung zwischen laufenden und zurückliegenden Fällen, die sie nicht für gerechtfertigt hält. Solange der Arbeitslose Leistungen bezogen habe, müsse vielmehr davon ausgegangen werden, daß sich die Arbeitsvermittlung stets bemüht habe, ihn so schnell wie möglich zu vermitteln.
Im vorliegenden Falle ergebe sich aus den Feststellungen des LSG, daß die Beklagte der Klägerin wegen der Arbeitsmarktlage eine AE nicht habe erteilen dürfen. Es könne deshalb nicht darauf ankommen, ob sie Vermittlungsversuche gemacht habe. Auch für Bildungsmaßnahmen sei die Klägerin nicht in Betracht gekommen. Damit habe festgestanden, daß der Klägerin der Arbeitsmarkt nach Ablauf der Prüfungsfrist - beginnend ab 1. August 1973 und nur durch Zeiten des Mutterschutzes und anderer fristhemmender Zeiten im Sinne ihres Runderlasses Nr. 236/77 unterbrochen - ab 1. Dezember 1974 verschlossen gewesen sei.
Die Voraussetzungen für den Anspruch auf Erteilung einer AE nach Art 10 Abs 5 des deutsch-spanischen Niederlassungsvertrages habe die Klägerin ehestens ab 15. Februar 1977 erfüllt, mithin nach Erlaß des Berufungsurteils.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht begründet.
Nach den Feststellungen des LSG kann nicht abschließend entschieden werden, ob der Klägerin ein Anspruch auf Alhi zusteht. Zu den Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi gehört nach § 134 Abs 1 Nr 1 AFG, daß der Arbeitslose der Arbeitsvermittlung im Sinne von § 103 AFG zur Verfügung steht. Diese Verfügbarkeit ist nur dann gegeben, wenn der Arbeitslose eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben darf (§ 134 Abs 2 in Verbindung mit § 103 Abs 1 Nr 1 AFG). Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn der Arbeitslose, insbesondere der ausländische Staatsangehörige, für die Ausübung einer Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland einer besonderen Erlaubnis bedarf und diese nicht besitzt (vgl BSG vom 27. Januar 1977 - 12 RAr 83/76 - 12 RAr 49/76 - und 12 RAr 50/76 -). Dies ist nach § 19 Abs 1 AFG der Fall. Nach dieser Vorschrift besteht für ausländische Arbeitnehmer ein allgemeines Beschäftigungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt, soweit zwischenstaatliche Vereinbarungen oder die Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaften und des § 17 Abs 1 des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet nichts anderes bestimmen (§ 19 Abs 2 AFG).
Eine AE nach § 19 AFG ist für die Klägerin auch unter Berücksichtigung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat über Arbeitslosenversicherung vom 20. April 1966 (BGBl II 1967, 1945) nicht entbehrlich. Das LSG hat zutreffend erkannt, daß aus Art 4 dieses Abkommens nicht geschlossen werden kann, daß spanische Arbeitnehmer keiner AE bedürfen. Wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat (Urteile vom 27. Januar 1977 - 12 RAr 49/76 und 12 RAr 50/76 -, ferner Urteil des Senats vom 22. November 1977 - 7 RAr 5/77 -), ergibt sich dies insbesondere aus Art. 10 Abs 1 des deutsch-spanischen Niederlassungsvertrages vom 23. April 1970 (BGBl II 1972, 1041). Nach dieser Bestimmung regelt sich die Aufnahme und Ausübung einer Tätigkeit als Arbeitnehmer durch Staatsangehörige der einen Vertragspartei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei vorbehaltlich nachfolgender Bestimmungen nach den Gesetzen und Verwaltungsvorschriften der letztgenannten Vertragspartei über ausländische Arbeitnehmer. In den nachfolgenden Bestimmungen (Absätze 2 ff) werden sodann die Voraussetzungen für die Erteilung von Arbeitserlaubnissen näher geregelt. Dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 4 des oben angeführten Abkommens kann nicht entnommen werden, daß eine AE im Rahmen des Leistungsrechts generell zu fingieren sei. Eine solche vom System des AFG völlig abweichende Regelung hätte im Wortlaut des Abkommens mit besonderer Deutlichkeit zum Ausdruck kommen müssen. Daß eine derartige Regelung nicht gewollt war, ergibt sich im übrigen aus dem von der Klägerin erwähnten Schlußprotokoll zum Abkommen vom 20. April 1966. Dort ist nämlich bestimmt, daß sich die Regierungen der vertragschließenden Staaten verpflichten, darauf hinzuwirken, daß allgemeine oder besondere Beschäftigungsbeschränkungen Arbeitnehmern, die Angehörige des anderen Staates sind, nicht auferlegt werden, um die Verwirklichung des Anspruchs auf Leistungen aufgrund der Vorschriften des Abkommens zu beeinträchtigen. Damit wird vorausgesetzt, daß Beschäftigungsbeschränkungen einen Einfluß auf die Gewährung von Alg und Alhi haben können.
Zu Unrecht beruft sich die Klägerin ferner auf das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat über soziale Sicherheit vom 29. Oktober 1959 und das hierzu ergangene Zusatzprotokoll vom 24. Oktober 1959 (BGBl II 1961, 599). Dieses Abkommen findet nach seinem Art 2 keine Anwendung auf Ansprüche im Falle von Arbeitslosigkeit.
Der Anspruch der Klägerin auf Alhi kann jedoch deshalb begründet sein, weil sie aus dem Niederlassungsvertrag vom 23. April 1970 einen Anspruch auf Erteilung einer AE haben kann, und ihr im Rahmen des § 103 AFG das Fehlen dieser AE deshalb nicht entgegengehalten werden darf. Zwar ist dem LSG darin beizupflichten, daß der Anspruch auf Erteilung einer AE sich nicht aus Art 10 Abs 3 des Niederlassungsvertrages ergeben kann, denn nach den insoweit bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) war die Klägerin im Bundesgebiet weder mindestens fünf Jahre ununterbrochen als Arbeitnehmerin beschäftigt, noch hat sie sich hier ununterbrochen ordnungsgemäß acht Jahre aufgehalten. Entgegen der Auffassung des LSG kann sich ein Anspruch der Klägerin jedoch aus Art 10 Abs 5 des Niederlassungsvertrages ergeben. Nach dieser Vorschrift genügt ein fünfjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet, wenn der Ehegatte des Antragstellers im Besitz einer AE ist (vgl BSG vom 27. Januar 1977 - 12 RAr 49/76 und 12 RAr 50/76 -). Die Klägerin hält sich nach den Feststellungen des LSG seit August 1971 im Bundesgebiet auf. Demnach war sie zwar bei der Stellung ihres Antrages auf Alhi am 17. September 1974 noch nicht fünf Jahre in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft; dieser Zeitraum war frühestens im September 1976 erreicht. Das LSG hat jedoch übersehen, daß auch eine Abkürzung dieser Wartezeit in Betracht kommen kann. Nach Art 10 Abs 5 Satz 2 des Niederlassungsvertrages sind Anträge der in Abs 5 genannten Familienangehörigen, die sich auf die Anwendung des Abs 4 von Art 10 beziehen, "besonders wohlwollend zu prüfen". Abs 4 dieser Vorschrift eröffnet die Möglichkeit, die AE auch schon vor Ablauf der vorgeschriebenen Aufenthaltsdauer zu erteilen, wenn dadurch eine besondere Härte von dem Antragsteller abgewendet wird. Insoweit (Abs 5 Satz 2) handelt es sich um eine Entscheidung, bei der der Beklagten ein Ermessen eingeräumt ist. Das LSG hat die Frage der besonderen Härte bisher nur unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob der Klägerin überhaupt eine AE zustehen kann. Mit Rücksicht auf die unterschiedliche Rechtsfolge und die besondere Bestimmung des genannten Abs 5 Satz 2 von Art 10 des Niederlassungsvertrages reichen die dabei getroffenen Feststellungen nicht aus, die Frage zu beantworten, ob die Beklagte bei ihrer ablehnenden Entscheidung von dem genannten Ermessen überhaupt oder den richtigen Gebrauch gemacht hat, so daß nicht entschieden werden kann, ob im Falle der Klägerin eine Abkürzung der für den Anspruch auf Erteilung einer AE erforderlichen Aufenthaltsdauer in Betracht kommt, gegebenenfalls welche. Das LSG wird dabei insbesondere zu berücksichtigen haben, daß die Klägerin am 15. Februar 1974 ihr drittes Kind geboren hat. Unter dem Gesichtspunkt der besonders wohlwollenden Prüfung von Anträgen der in Abs 5 des Art 10 des Niederlassungsvertrages genannten Familienangehörigen, zu der die Klägerin gehört, hält es der Senat für angebracht, die bei der Klägerin besonders gelagerten Familienverhältnisse während des in Rede stehenden Leistungszeitraumes mit den damit für diese Einzelfamilie verbundenen besonderen Auswirkungen auch unter dem Aspekt eingehend zu prüfen, ob die Abkürzung der allgemein vorgesehenen Wartefrist für die Erteilung einer AE nach dem Niederlassungsvertrag in Betracht kommen kann. Familienverhältnisse des Arbeitslosen können hier jedenfalls dann nicht unbeachtet bleiben, wenn sich daraus - abweichend vom "Normalfall" - im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Alhi-Anspruchs wegen fehlender AE persönliche Zwangs- oder Notlagen ergeben, die mit der Verpflichtung zu einer "wohlwollenden" Prüfung gerade vermieden werden sollen. Wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen, insbesondere zur Frage der insoweit erforderlichen Ermessensentscheidung der Beklagten, konnte der Senat hierzu jedoch nicht abschließend entscheiden. Im übrigen fehlen insoweit noch Feststellungen zu der Frage, ob der Ehemann der Klägerin Inhaber einer AE im Sinne von Art 10 Abs 3 des Niederlassungsvertrages war; das LSG hat dies ausdrücklich offengelassen. Sofern es diese Frage nunmehr bejahen sollte, stand der Klägerin jedenfalls die AE nach Ablauf des Zeitraumes nach Art 10 Abs 5 des Niederlassungsvertrages zu, möglicherweise - wie ausgeführt - jedoch auch bereits von einem früheren Zeitpunkt an.
Das LSG wird die insoweit erforderlichen weiteren Feststellungen nachzuholen und danach erneut über das Recht der Klägerin auf Erteilung einer AE im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Alhi zu entscheiden haben. Es wird dabei davon auszugehen haben, daß es sich bei dem Anspruch auf Erteilung einer AE nach § 19 AFG, der die auch für die AE nach Art 10 des Niederlassungsvertrages maßgebliche innerstaatliche Rechtsgrundlage darstellt, um einen Rechtsanspruch handelt, ohne daß es darauf ankommt, ob der Antrag eine AE für eine bestimmte Beschäftigung im Sinne von § 1 Nr 1 AEVO oder eine darüber hinausgehende (besondere) AE nach § 1 Nr 2 in Verbindung mit § 2 AEVO betrifft (vgl BSG in SozR 4100 § 19 Nr 3). Für den Umfang der der Klägerin in diesem Falle zustehenden AE kommt es allerdings lediglich auf die Regelung in Art 10 Abs 3 des Niederlassungsvertrages an; denn diese zwischenstaatliche Vereinbarung geht der innerstaatlichen Regelung des § 19 AFG und der AEVO vor. Das wird bereits aus § 19 Abs 1 Satz 1 AFG deutlich. Dort heißt es zwar, daß Arbeitnehmer, die nicht Deutsche im Sinne des Art 116 des Grundgesetzes (GG) sind, zur Ausübung einer Beschäftigung einer Erlaubnis bedürfen, "soweit in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist". Diese Regelung ist aber nicht dahin zu verstehen, daß sie den Vorrang zwischenstaatlicher Vereinbarungen nur für den Fall einräumen will, daß danach eine AE für ausländische Arbeitnehmer überhaupt nicht erforderlich ist. Sie hat vielmehr zum Inhalt, daß zwischenstaatliche Vereinbarungen dem innerstaatlichen Recht auch dann vorgehen, wenn danach eine günstigere Regelung zur Erteilung einer AE gegenüber dem innerstaatlichen Recht vorgesehen ist (vgl Urteil des Senats vom 22. November 1977 - 7 RAr 5/77 - mit weiteren Nachweisen).
Sofern und soweit sich aus Art 10 Abs 5 des Niederlassungsvertrages der Anspruch der Klägerin auf eine AE - damit auf Alhi - nicht ergeben sollte, bedarf es weiterer Feststellungen des LSG. Das LSG hat zwar zutreffend erkannt, daß sich die Klägerin für ihren Anspruch auf Erteilung einer AE als Voraussetzung für den Anspruch auf Alhi nicht auf die Regelungen in § 19 AFG, §§ 1, 2 Abs 1 AEVO berufen kann. Nach § 1 AEVO kann die AE nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes erteilt werden:
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1. |
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für eine bestimmte berufliche Tätigkeit in einem bestimmten Betrieb oder |
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2. |
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ohne Beschränkung auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit und ohne Beschränkung auf einen bestimmten Betrieb. |
§ 2 AEVO sieht die Erteilung der AE unabhängig von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und ohne die Beschränkung nach § 1 Nr 1 AEVO vor, wenn der Antragsteller bestimmte, näher angeführte Voraussetzungen erfüllt. Nach § 2 Abs 1 Nr 1 AEVO ist dies zB dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Geltungsdauer der AE ununterbrochen eine unselbständige Tätigkeit rechtmäßig im Geltungsbereich der AEVO ausgeübt hat.
Der Anspruch der Klägerin nach § 19 AFG in Verbindung mit § 1 Nr 1 AEVO scheitert an der für sie ungünstigen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne dieser Vorschrift. Insoweit hat der Senat von den Feststellungen des LSG auszugehen, die die Klägerin substantiiert nicht angegriffen hat (§ 163 SGG). Danach war Ende September 1974 die Situation auf dem für die Klägerin fachlich und regional in Betracht kommenden Arbeitsmarkt derart, daß den offenen Stellen eine Vielzahl an arbeitslosen und arbeitsuchenden Deutschen oder gegenüber der Klägerin bevorrechtigten Arbeitnehmern gegenüberstand. Bei dieser Sachlage war die Versagung der AE aus Arbeitsmarktgründen nicht rechtsfehlerhaft.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf § 19 AFG in Verbindung mit §§ 1 Nr 2, 2 Abs 1 Nr 1 AEVO berufen; denn nach den ebenfalls unangegriffenen Feststellungen des LSG hatte sie eine berechtigte ununterbrochene Arbeitnehmertätigkeit im Bundesgebiet für wenigstens fünf Jahre am 17. September 1974 nicht ausgeübt. Nicht abschließend entschieden werden kann aber die Frage, ob der Klägerin die AE nach § 19 AFG in Verbindung mit § 2 Abs 5 AEVO zusteht. Danach kann die AE nach Abs 1 unabhängig von den Voraussetzungen der Abs 1 und 3 des § 2 AEVO erteilt werden, wenn die Versagung nach den besonderen Verhältnissen des Arbeitnehmers eine Härte bedeuten würde (zum Verhältnis dieser beiden Anspruchsgrundlagen und für die Erteilung einer AE und zu deren Rechtsnatur vgl die Entscheidung des Senats vom 22. Juni 1977 - 7 RAr 75/76 - BSG in SozR 4100 § 19 Nr 3). Das LSG hat zwar zutreffend erkannt, daß die Versagung der AE als solche keine besondere Härte im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, so daß die für ausländische Arbeitnehmer allgemein gültigen Verhältnisse hier außer Betracht bleiben. Wenn das LSG darüber hinaus jedoch ausführt, daß die Härteregelung in § 2 Abs 5 AEVO einer vorübergehenden Notlage Rechnung tragen soll, so hätte es bereits von dieser Auffassung her die besonderen Familienverhältnisse der Klägerin in der fraglichen Zeit in die Würdigung einbeziehen müssen. Härte ist nicht, was für jeden eine vergleichbare oder nur ähnliche Belastung darstellt. Auswirkungen der Versagung der AE auf Familienverhältnisse ohne Besonderheiten sind demnach keine Härte in diesem Sinne. Handelt es sich jedoch bei der Arbeitslosen um die Mutter von drei kleinen Kindern, davon eines sogar noch im Säuglingsalter, dann liegen Besonderheiten in einem Maße vor, die nach Auffassung des Senats auch eine individuelle Behandlung erfordern. Es mag offen bleiben, ob Schwangerschaft und Geburt allein die Anwendung der Härteregelung rechtfertigen können. Jedenfalls können sich in einem Falle wie dem der Klägerin für die einzelne Familie Auswirkungen besonderer Art in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht ergeben, daß sie eine pauschale Beurteilung verbieten. Hierzu bedarf es deshalb ebenfalls noch weiterer Feststellungen des LSG.
Selbst wenn und soweit nach den noch erforderlichen Feststellungen des LSG der Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer AE nicht in dem von ihr geltend gemachten Umfang begründet sein sollte, rechtfertigt dies nicht ohne weiteres die Versagung der Alhi. Wie der Senat im Anschluß an die schon mehrfach zitierten Entscheidungen des 12. Senats des BSG vom 27. Januar 1977 entschieden hat, kann das Erfordernis des "Arbeitendürfens" in § 103 AFG nicht so verstanden werden, daß die Verfügbarkeit eines ausländischen Arbeitslosen stets das Vorhandensein einer AE voraussetzt; das wäre mit der Regelung des § 19 Abs 1 AFG unvereinbar. Eine AE ist danach nicht schon für die Arbeitsuche, sondern erst für die Ausübung einer Beschäftigung erforderlich. Es wäre mit der Systematik des Gesetzes nicht zu vereinbaren, die Leistung von Alhi (und Alg) davon abhängig zu machen, daß bei Beginn der Arbeitslosigkeit bereits eine AE erteilt wird. Es geht nämlich nicht an, die Gewährungen von Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, von einer Ermessensentscheidung (Erteilung oder Nichterteilung einer generellen AE) bei Beginn der Arbeitslosigkeit abhängig zu machen.
Die Verweigerung der genannten Leistungen bei wörtlicher Anwendung des § 103 Abs 1 Nr 1 AFG müßte dazu führen, daß die ausländischen Arbeitnehmer Leistungen aus der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in Anspruch nehmen. Das wiederum könnte dazu führen, daß ein solcher ausländischer Arbeitsloser nach § 10 Abs 1 Nr 10 des Ausländergesetzes (AuslG) alsbald ausgewiesen werden muß, obwohl mittel- oder langfristig gesehen noch Bedarf für derartige Arbeitskräfte bestehen kann, der dann durch - möglicherweise kostenaufwendigere - Neuanwerbungen gedeckt werden müßte.
Letztlich würde die Verweigerung von Alg und Alhi gegenüber ausländischen Arbeitslosen auch zu einer vom Gesetz nicht gewollten Veränderung der Lastenverteilung zwischen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) und dem Bund (vgl § 188 AFG) einerseits und den Trägern der Sozialhilfe, insbesondere den Kommunen (§ 96 BSHG) andererseits führen. Der 12. Senat des BSG hat hierzu näher ausgeführt, daß die mit Ziel, Sinn und Zweck des AFG nicht zu vereinbarenden Folgen der Verweigerung von Leistungen in diesen Fällen nur zu vermeiden sind, wenn § 103 Abs 1 Nr 1 AFG dahin verstanden wird, daß erst dann feststeht, daß ein ausländischer Arbeitnehmer eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht ausüben darf, wenn diesem Arbeitnehmer der ihm nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten und nach dem Umfang seiner Arbeitsbereitschaft zugängliche Arbeitsmarkt verschlossen ist. Die Möglichkeit einer Vermittlung besteht dabei, solange es im Geltungsbereich des AFG überhaupt noch einen Bedarf an ausländischen Arbeitskräften in dem Berufsbereich gibt, dem der einzelne angehört. Um zu einer entsprechenden Feststellung gelangen zu können, müssen konkrete Vermittlungsbemühungen der BA stattgefunden haben; gegebenenfalls muß auch geprüft werden, ob durch berufliche Fortbildung oder Umschulung in Berufe, in denen eine bessere Unterbringungschance besteht, die Unterbringung des ausländischen Arbeitsuchenden gefördert werden kann. Erst wenn alle diese Bemühungen mindestens ein Jahr lang nicht zum Erfolg führen, ist der ausländische Arbeitslose im Sinne des § 103 Abs 1 Nr 1 AFG nicht mehr als verfügbar anzusehen, so daß ihm dann auch kein Anspruch auf Alhi mehr zustehen kann.
Der erkennende Senat hat sich dieser Auffassung schon im Urteil vom 22. November 1977 - 7 RAr 5/77-angeschlossen und hält hieran fest. Das hat zur Folge, daß die Beklagte während eines Zeitraumes von mindestens einem Jahr, der frühestens mit dem Antrag auf Leistungen beginnt, dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegenhalten kann, es fehle an der Anspruchsvoraussetzung der Verfügbarkeit nach § 103 Abs 1 Nr 1 AFG, weil eine AE für die Aufnahme einer Beschäftigung nicht erteilt werden könne. Der Zeitraum kann jedoch auch länger als ein Jahr sein, wenn sich bis dahin keine hinreichenden Anhaltspunkte ergeben haben, daß dem Arbeitslosen der Arbeitsmarkt in diesem Sinne verschlossen ist.
Im vorliegenden Falle sind hierzu noch weitere Feststellungen des LSG erforderlich, da bisher nicht zu erkennen ist, ob die oben angeführten Voraussetzungen vorlagen, um die Ablehnung der Alhi zu rechtfertigen. Erforderlich ist es dazu, daß die Beklagte gezielt und nachweisbar diejenigen Maßnahmen durchführt oder durchgeführt hat, die erforderlich sind, um die notwendigen rechtlichen Schlußfolgerungen zuzulassen. Nach derart objektiven Merkmalen muß erkennbar sein, von wann bis wann der Zeitraum tatsächlich läuft oder gelaufen ist, in dem also geprüft wurde, ob dem Arbeitslosen der Arbeitsmarkt verschlossen war. Das beginnt frühestens mit dem ersten konkreten Vermittlungsversuch oder - anstelle dessen - mit der ersten konkreten Maßnahme zur beruflichen Bildung bzw dem Bemühen um einen entsprechenden Vorschlag, dh mit der individuellen Prüfung, auf welchen Arbeitsplatz der Ausländer vermittelt werden kann, ob und wo es einen solchen gibt und gegebenenfalls, aus welchen Gründen die mögliche Arbeit nicht angeboten wird, bzw wie es sich insoweit mit Maßnahmen der beruflichen Bildung verhält. Die Beklagte wendet zu Unrecht gegen diese Rechtsprechung ein, sie müsse danach gegebenenfalls unbegrenzt Alhi zahlen, weil sie den Nachweis für die Verschlossenheit des Arbeitsmarktes dann nicht führen könne, wenn sie im Einzelfall - aus den verschiedensten Gründen, zB auch wegen des Vorrangs deutscher Arbeitsloser - vorhandene offene Arbeitsplätze oder konkrete Bildungsmaßnahmen dem ausländischen Arbeitslosen nicht anbieten könne. Damit hat die Beklagte den Inhalt ihres hiernach geforderten Tuns verkannt. Der Senat hat in der oa Entscheidung zwar von "konkreten Vermittlungsversuchen" im Zusammenhang mit der Prüfung der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes gesprochen. Daß mit diesem Begriff nicht nur das Angebot offener Stellen oder bereits ausgewählter Bildungsmaßnahmen gemeint war, ergibt sich daraus, daß es in Fällen dieser Art darum geht, den Charakter einer Zeit anhaltenden Arbeitslosigkeit festzustellen, die eben gerade nicht oder nicht frühzeitig beendet werden kann, wie es durch Angebote geeigneter freier Stellen aber regelmäßig erreicht wird. Im übrigen macht der Zusammenhang der oa Entscheidung des Senats, insbesondere die ausführlich erwähnte Anschließung an die Rechtsprechung des 12. Senats deutlich, daß die Interpretation der Beklagten nicht zutrifft; aus diesem Grunde sind die Befürchtungen der Beklagten wegen eines etwaigen Eingriffs in die "Ausländerpolitik" nicht gerechtfertigt.
Ein Vermittlungsversuch in dem vom Senat verstandenen Sinne zur Prüfung des Verschlossenseins des Arbeitsmarktes findet nicht erst statt, wenn das Arbeitsamt dem Arbeitslosen eine offene Stelle konkret anbietet oder ihm eine konkrete Bildungsmaßnahme vorschlägt. Es genügt vielmehr - dieses ist allerdings erforderlich -, daß der zuständige Vermittler im Einzelfall nachweisbar prüft, ob und welche Möglichkeiten zur Vermittlung oder beruflichen Bildung gegeben sind. Wenn er dabei, zB wegen des Vorrangs deutscher Arbeitsloser vor der Vermittlung erlaubnispflichtiger Ausländer, den der Senat im übrigen bereits ausdrücklich bestätigt hat (Urteil vom 14. Februar 1978 - 7 RAr 81/76 -), zu einer negativen Entscheidung für den ausländischen Arbeitslosen gelangt und ihm deshalb eine etwa vorhandene offene Stelle gar nicht erst anbietet, so liegt gleichwohl ein konkreter Vermittlungsversuch im Sinne der oa Entscheidung des Senats vom 22. November 1977 vor. Maßgebend ist, ob der zuständige Vermittler pflichtgemäß geprüft hat, ob der ausländische Arbeitslose für eine der für eine Vermittlung zur Verfügung stehenden Stellen in Betracht kommt (vgl dazu auch die Grundsätze über die Durchführung der Arbeitsvermittlung in Nrn 28 ff der Richtlinien der Beklagten für die Arbeitsvermittlung vom 3. September 1962 - ANBA 1962 Nr 10 S. 462 - Beilage -).
Die Annahme, daß diese Prüfung stattgefunden hat, ist allerdings nicht bereits deswegen gerechtfertigt, weil der Arbeitsvermittler nach dem AFG verpflichtet ist, arbeitslose Leistungsempfänger in Arbeit zu vermitteln (§ 5 AFG). Für die Frage der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes in den hier in Rede stehenden Fällen kommt es nämlich gerade darauf an, daß die danach erforderlichen Bemühungen auch tatsächlich stattfinden und diese - im Streitfall - nachgewiesen werden. Nur unter dieser Voraussetzung und nicht ohne weiteres - wie es dem Runderlaß der Beklagten Nr 236/77 vom 4. August 1977 (Dienstblatt A der BA Nr 53 S. 728) entnommen werden könnte - beginnt die Prüfungsfrist mit dem Tage der Arbeitslosmeldung im Sinne der §§ 104, 105 AFG, dh nur dann, wenn der zuständige Vermittler - entsprechend seiner Verpflichtung - noch an diesem Tage die hier erforderlichen Bemühungen nachweisbar unternimmt.
Die Beklagte hat das oa Urteil des Senats auch dahin mißverstanden, daß sie ihm eine unterschiedliche Bedeutung für die Behandlung von zurückliegenden und laufenden Leistungsfällen beimißt. Wenn der Senat dort ausgeführt hat, welche Bedingungen bei rückschauender Betrachtung erfüllt sein müssen, um Schlüsse auf die Verschlossenheit des Arbeitsmarktes in der Vergangenheit zu ziehen, so entsprach das dem Sachverhalt dieser Entscheidung. Es wäre in der Tat nicht einsehbar, warum diese Bedingungen, wenn sie bei rückschauender Betrachtung erforderlich sind, im laufenden Leistungsfall von der Beklagten nicht zu beachten wären.
Weder aus den Ermittlungen des LSG noch aus den Verwaltungsakten der Beklagten ist ersichtlich, daß und wann im Falle der Klägerin überhaupt ein so gearteter Vorschlag oder Vermittlungsversuch erwogen oder unternommen worden ist. Über den Beginn der Feststellung des Verschlossenseins oder Nichtverschlossenseins des Arbeitsmarktes hinaus muß dieses Tätigwerden der Beklagten fortgesetzt werden. Es genügt also nicht etwa eine einmalige Vermittlungsbemühung, die Jahresfrist anfangen und ablaufen zu lassen. Vielmehr ist eine nachhaltige, fortgesetzte Tätigkeit der Beklagten erforderlich. Umstände und Intensität können allerdings nach den Besonderheiten des Einzelfalles unterschiedlich sein. Kommt es darauf an, die bisherige Tätigkeit der Beklagten im Einzelfalle in rückschauender Betrachtung zu beurteilen, dann ist von ihrer dargestellten Verpflichtung auszugehen, dh, es ist erforderlich, im einzelnen festzustellen, wie sich der Arbeitsmarkt für den betreffenden Arbeitslosen konkret dargestellt hat, welche für ihn in Betracht kommenden Stellenangebote in dieser Zeit der Beklagten vorgelegen haben und aus welchen Gründen gerade er hierfür nicht in Betracht gekommen ist; gegebenenfalls muß auch festgestellt werden, welche Vermittlungen die Beklagte in dieser Zeit in diesem Bereich getätigt hat, welche Arbeitsuchenden sie dabei berücksichtigt und aus welchen Gründen sie diese dem ausländischen Arbeitslosen - hier der Klägerin - vorgezogen hat. Erforderlichenfalls sind auch entsprechende Äußerungen der betreffenden Arbeitgeber einzuholen und in die Wertung einzubeziehen. Der Senat verkennt nicht, daß der Beklagten von Anbeginn ihrer Prüftätigkeit über das Verschlossensein des Arbeitsmarktes für den betreffenden Arbeitslosen ein erheblicher Verwaltungsaufwand entstehen kann. Im Interesse der wohlverstandenen Sicherung eines gesetzlich erworbenen Rechtsanspruchs auf soziale Leistungen hält er es jedoch nicht für angängig, dessen Ablehnung auf eine globale Betrachtung des Arbeitsmarktes zu stützen oder auf die pauschale Behauptung, der zuständige Arbeitsvermittler habe hier - wie auch sonst - seine gesetzliche Pflicht zu sachgerechten Vermittlungsbemühungen erfüllt. Aus diesem Grunde reichen entgegen der Auffassung der Beklagten die Feststellungen des LSG zu der allgemeinen Situation auf dem für die Klägerin in Betracht kommenden Arbeitsmarkt nicht aus, ihren Anspruch auf Alhi zu verneinen, zumal da diese nur die Verhältnisse Ende September 1974 betreffen und damit keine Aussage darüber enthalten, wie sich der Arbeitsmarkt während des genannten Verlaufs der hier maßgeblichen Prüfungsfrist dargestellt hat. Das entspricht im übrigen den auch sonst geltenden Grundsätzen bei der Frage nach der Verfügbarkeit eines Arbeitslosen gemäß § 103 AFG; denn auch insoweit kommt es in erster Linie auf die für den betreffenden Arbeitslosen individuellen Verhältnisse an (vgl Hennig/Kühl/Heuer, Komm z. AFG, Anm 2 zu § 103; zu den Anforderungen an sachgerechte Vermittlungsbemühungen der Arbeitsämter vgl auch BSG in SozR 4100 § 119 Nr 3 und zum Zeitraum, für den der Arbeitsvermittler die Möglichkeiten der Vermittlung für die Zukunft vorausschauend beurteilen kann, vgl BSG in SozR 4100 § 103 Nr 8).
Auf der Grundlage dieser Erwägung wird das LSG im einzelnen festzustellen haben, von wann an die Beklagte im Falle der Klägerin welche Maßnahmen fortgesetzt vorgenommen hat, und es wird daraus den Schluß zu ziehen haben, ob und für welche Zeit der Arbeitsmarkt für die Klägerin verschlossen war. Fehlt es danach an dem erforderlichen Verhalten der Beklagten überhaupt, kann sie sich gegebenenfalls bis zur Gegenwart nicht auf diese Rechtsfolge berufen.
Soweit das LSG zu dem Ergebnis gelangen sollte, daß bei der Klägerin das Fehlen einer AE dem geltend gemachten Anspruch auf Alhi nicht entgegensteht, wird es noch die übrigen Voraussetzungen für den Anspruch nach §§ 134 ff AFG festzustellen und danach abschließend auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen