Entscheidungsstichwort (Thema)
Schiedsspruch zu § 368g Abs 5a S 2 Verfassungsmäßigkeit der Spruchkörperbesetzung
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Klage gegen den Beschluß eines in Fällen des § 368g Abs 5a S 2 RVO angerufenen Schiedsamts dahin, daß zu Terminen die Kassenzahnärztliche Vereinigung geladen werde, ist in der Revisionsinstanz der Senat für Angelegenheiten des Kassenzahnarztrechts in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenzahnärzte zuständig.
2. Verfahrenshandlungen des Schiedsamts können nur dann selbständig angefochten werden, wenn der Rechtsschutz des Beteiligten durch den Verweis auf die Möglichkeit der Anfechtung des Schiedsspruchs unzumutbar geschmälert würde.
Orientierungssatz
1. Als anfechtbare Ermessensentscheidung ist der Schiedsspruch auch in den Fällen des § 368g Abs 5a S 2 RVO anzusehen, weil in § 368g Abs 5a S 4 RVO auf die Bestimmung des § 368h RVO verwiesen und dort die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen die Entscheidungen des Schiedsamts ausdrücklich vorausgesetzt wird.
2. Keinesfalls ist es verfassungsrechtlich geboten, als ehrenamtliche Richter zwingend die der jeweiligen Angelegenheit am nächsten stehenden Personenkreise heranzuziehen. Die Heranziehung eines ehrenamtlichen Richters aus den Kreisen der Zahntechniker ist auch nicht deshalb geboten, weil im Schiedsamt in entsprechenden Verfahren Vertreter der Zahntechniker mitwirken (§ 368i Abs 3a RVO).
3. Es erscheint ausgeschlossen, die Bestimmung des § 12 Abs 3 SGG entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut verfassungskonform dahin auszulegen, daß in Angelegenheiten der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Zahntechnikern je ein ehrenamtlicher Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Zahntechniker mitzuwirken habe.
4. Die Besetzung des Senats in der Revisionsinstanz mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenzahnärzte verstößt nicht gegen die Verfassung. Insbesondere verletzt sie nicht die Art 101 Abs 1 S 2, Art 97 oder 3 GG.
Normenkette
RVO § 368g Abs. 5a S. 2 Fassung: 1977-06-27, § 368i Abs. 3a Fassung: 1977-06-27; SGG § 12 Abs. 3 S. 1 Fassung: 1972-05-26, § 31 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03, § 33 Fassung: 1972-05-26, § 40 Fassung: 1972-05-26; GG Art. 101 Abs. 1 S. 2, Art. 97 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist die Beteiligung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) an den Schiedsverhandlungen zwischen der Klägerin und den Landesverbänden der gesetzlichen Krankenkassen.
Mit Inkrafttreten des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes (KVKG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I 1069) am 1. Juli 1977 (Art 2 § 17 Abs 1 KVKG) wurde den Innungen (Innungsverbänden) der Zahntechniker die gesetzliche Aufgabe übertragen, für die zahntechnischen Leistungen der Zahntechniker mit den Landesverbänden der Krankenkassen im Benehmen mit der KZÄV besondere Vereinbarungen über die Vergütungs- sowie die Rechnungslegung nach einheitlichen Grundsätzen zu schließen (§ 368g Abs 5a Satz 2 der Reichsversicherungsordnung -RVO-). Da die demgemäß vorgeschriebene Vereinbarung nicht zustande kam, riefen die Klägerin und die Zahntechnikerinnungen Arnsberg und Bielefeld das beklagte Landesschiedsamt an. Dessen Vorsitzender beschloß am 9. Februar 1979, in dem Schiedsverfahren werde die beigeladene KZÄV Westfalen-Lippe zu künftigen Terminen zwecks Herstellung des durch § 368g Abs 5a RVO vorgesehenen Benehmens geladen, weil ihre berechtigten Interessen in diesem Verfahren berührt würden, da ein Vertragsschluß bzw eine Vertragsfestsetzung für die Gesamtverträge verbindlich werde.
Die dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) als unzulässig abgewiesen. Beim Landessozialgericht (LSG) hat die Klägerin beantragt, das Urteil des SG abzuändern und 1) festzustellen, daß der Beschluß des Vorsitzenden des Beklagten vom 9. Februar 1979 nichtig sei, 2) festzustellen, daß der Beklagte nicht berechtigt sei, die KZÄV Westfalen-Lippe an einem Schiedsverfahren zur Festsetzung des Inhalts einer Vereinbarung gemäß § 368g Abs 5a Satz 2 RVO zu beteiligen. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 2) abgewiesen. Es hat ausgeführt, für die gerichtliche Entscheidung über die hier streitige Befugnis des Landesschiedsamts, die KZÄV zu seinen Sitzungen zu laden, sei der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben. Zuständig sei der erkennende Senat für Angelegenheiten des Kassenzahnarztrechts in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenzahnärzte. Die Zuständigkeit ergebe sich aus der Sachnähe zum Kassenzahnarztrecht. Für Streitigkeiten zwischen den Zahntechnikerinnungen und den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen sei keine Besetzung der Spruchkörper mit ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Zahntechniker vorgesehen. Dies verstoße nicht gegen die grundgesetzlichen Gebote des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 Satz 2 des Grundgesetzes -GG-), der richterlichen Neutralität (Art 97 Abs 1 GG) und des Gleichheitssatzes (Art 3 GG). Die grundsätzlich im Ermessen des Gesetzgebers liegende Beteiligung der ehrenamtlichen Richter an der Rechtsprechung habe der Gesetzgeber im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit nicht nach den am Verfahren Beteiligten getroffen, sondern die Zuordnung nach dem entsprechenden Sachgebiet vorgenommen (vgl § 12 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-). Die ehrenamtlichen Richter seien keine Interessenvertreter ihrer Berufsgruppe. Maßgebend für ihre Beteiligung an der Rechtsprechung seien vielmehr ihre besonderen Kenntnisse. Die Zahnärzte müßten nach der einschlägigen Prüfungsordnung zahntechnische Kenntnisse und Fertigkeiten nachweisen, so daß sie hinreichend sachkundig seien. Zwar sei auf der Beklagten-Seite das Verhalten eines paritätisch besetzten Beschlußorgans zu beurteilen. Daraus sei aber nicht zu folgern, daß auch die Besetzung des Gerichts nach entsprechenden paritätischen Gesichtspunkten geregelt werden müßte. Eine zu weitgehende Differenzierung bei der Besetzung der Spruchkörper müßte zur Unpraktikabilität im Hinblick auf den Ablauf der Sitzungen führen. Die auf Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses vom 9. Februar 1979 gerichtete Klage sei unzulässig, weil dieser Beschluß keinen Verwaltungsakt darstelle. Es fehle an der Rechtswirkung nach außen. Vielmehr bereite der Beschluß lediglich den Erlaß eines Verwaltungsaktes, nämlich des Schiedsspruches, vor. Unzulässig sei auch der zweite Klageantrag. Es fehle ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtsschutzgewährung sei kein Grund ersichtlich, nicht erst den Abschluß des Schiedsverfahrens abzuwarten.
Die Klägerin hat Revision eingelegt. Sie rügt die unrichtige Anwendung der §§ 12 Abs 3, 14 Abs 3, 33 Satz 2 SGG, weil der Umstand unberücksichtigt bleibe, daß die Organisationen des Zahntechnikerhandwerks durch das KVKG gleichberechtigt in das System des Kassenarztrechts einbezogen worden seien. Dementsprechend seien die §§ 12 Abs 3, 14 Abs 3, 33 Satz 2 SGG verfassungskonform zu interpretieren, so daß in den Kammern für Angelegenheiten des Kassenarztrechts auch ehrenamtliche Richter aus den Kreisen der Zahntechniker mitzuwirken hätten. Folge man dieser Auffassung nicht, so seien die genannten Bestimmungen wegen Verstoßes gegen Art 101 Abs 1 Satz 2, 97 und 3 GG verfassungswidrig. Die richterliche Neutralität sei verletzt, da zwischen Kassenzahnärzten und Zahntechnikern hinsichtlich der Vergütung und Rechnungslegung der zahntechnischen Leistungen ein in der Natur der Sache liegender Interessengegensatz bestehe. Durch das Urteil des LSG werde die Bestimmung des § 55 Abs 1 Nr 4 SGG verletzt, weil der Beschluß vom 9. Februar 1979 tatsächlich ein Verwaltungsakt sei. Die unmittelbare Rechtswirkung nach außen liege darin, daß die KZÄV an den Sitzungen des Beklagten teilgenommen habe und sich wie die Klägerin als Antragstellerin des Schiedsverfahrens habe äußern können. Zu berücksichtigen sei auch, daß der Vorsitzende des Landesschiedsamtes ohne Beteiligung der Organisationen des Zahntechnikerhandwerks sein Amt ausgeübt habe. Den Kassenzahnärzten werde durch die Beteiligung der KZÄV am Schiedsverfahren eine Rolle zugewiesen, die nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht gerechtfertigt sei. Auf eine Anfechtung des Schiedsspruchs im Rechtswege könne die Klägerin nicht verwiesen werden. Vor allem habe diese Klage keine aufschiebende Wirkung. Während gerichtliche Korrekturen eines Schiedsspruchs über zahnärztliches Honorar wegen der zentralen Abrechnung über die KZÄV noch Jahre später ohne Schwierigkeiten realisiert werden könnten, sei dies im Hinblick auf die Vergütungen zahntechnischer Leistungen nicht der Fall. Dabei sei die kurze Verjährungsfrist für handwerkliche Leistungen zu beachten.
Die Klägerin beantragt, die Urteile des Sozialgerichts Münster vom 8. Mai 1979 und des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. Oktober 1982 aufzuheben und 1. festzustellen, daß der Beschluß des Vorsitzenden des Beklagten vom 9. Februar 1979 nichtig sei, 2. festzustellen, daß der Beklagte nicht berechtigt sei, die KZÄV Westfalen-Lippe an einem Schiedsverfahren zur Festsetzung des Inhalts einer Vereinbarung gemäß § 368g Abs 5a Satz 2 RVO zu beteiligen.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) bis 6) beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Für die Entscheidung über die Revision ist der Senat in der Besetzung mit je einem Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenzahnärzte zuständig. Bei dem Rechtsstreit handelt es sich um eine Angelegenheit des Kassenzahnarztrechts iS der §§ 40, 31, 33, 12 Abs 3, 10 Abs 2 SGG. Es geht weder um eine Angelegenheit der Sozialversicherung, über die ein Krankenversicherungssenat des Bundessozialgerichts (BSG) in der Besetzung mit je einem Richter aus den Kreisen der Versicherten und der Arbeitgeber zu entscheiden hätte (§§ 40, 31, 33, 12 Abs 2, 10 Abs 1 SGG), noch hat der für Angelegenheiten des Kassenarztrechts zuständige Senat statt eines Kassenzahnarztes in verfassungskonformer Auslegung des § 12 Abs 3 SGG einen Zahntechniker als ehrenamtlichen Richter zuzuziehen.
Die Zuordnung zu den einzelnen in den §§ 10 und 12 SGG geregelten Angelegenheiten richtet sich, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, nach dem Sachgebiet, und zwar dem Gebiet, in dem die Grundlage des Klaganspruchs wurzelt. Im vorliegenden Fall sind Gegenstand des Rechtsstreits Maßnahmen des beklagten Landesschiedsamts und seines Vorsitzenden. Aufgabe des Beklagten ist es, eine Einigung über den Inhalt eines Vertrages - nämlich einer Vereinbarung gemäß § 368g Abs 5a Satz 2 RVO idF des KVKG - herbeizuführen oder den Inhalt der Vereinbarung selbst festzusetzen. Die Vereinbarungen gemäß § 368g Abs 5a Satz 2 RVO gehören zu den Angelegenheiten des Kassenzahnarztrechts iS der §§ 10 Abs 2, 12 Abs 3 SGG. Gemäß § 368g Abs 5a Satz 2 RVO ist in Vereinbarungen zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Vertretern der Innungen oder Innungsverbände im Benehmen mit den KZÄV'en die Vergütung für die zahntechnischen Leistungen sowie die Rechnungslegung nach einheitlichen Grundsätzen zu regeln. Für die Vergütung der Herstellungskosten bei Zahnersatz und Zahnkronen war in den Gesamtverträgen nach § 368g Abs 5 RVO idF des KVKG zu vereinbaren, daß sie Bestandteil der Vergütung sind. Die Verträge über die kassenzahnärztliche Versorgung müssen für die Versorgung der Versicherten und ihrer Angehörigen mit Zahnersatz und Zahnkronen besondere Bestimmungen über die Vergütung der zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen sowie die Rechnungslegung nach einheitlichen Grundsätzen enthalten (§ 368f Abs 8 RVO). Darüber hinaus sind gemäß § 368g Abs 5a Satz 3 2. Halbsatz RVO die Vereinbarungen für alle zahntechnischen Leistungen der Zahntechniker für die Gesamtverträge verbindlich. Die Gesamtverträge regeln die Vergütung für die kassenzahnärztliche Versorgung. Damit wird deutlich, daß die zahntechnischen Leistungen als Zulieferung und Fremdleistung für den Zahnarzt zur kassenzahnärztlichen Versorgung gehören. Die Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen ist deshalb beispielhaft und ohne Einschränkung, dh einschließlich der zahntechnischen Fremdleistung, ausdrücklich als zahnärztliche Behandlung der kassenzahnärztlichen Versorgung zugeordnet worden (§ 368 Abs 2 RVO).
Für die Zuordnung der Angelegenheit zum Kassenarztrecht kann, wie das LSG zutreffend angenommen hat, nicht entscheidend sein, welcher Personenkreis als beteiligt anzusehen ist. Was im Sinn der Bestimmungen der §§ 40 Satz 2, 31, 33, 12 Abs 3, 10 Abs 2 SGG als Angelegenheit des Kassenarztrechts anzusehen ist, richtet sich allerdings nach § 51 Abs 2 Satz 1 SGG, denn auf diese Vorschrift wird in § 10 Abs 2 SGG verwiesen. Gemäß § 51 Abs 2 Satz 1 SGG sind Angelegenheiten des Kassenarztrechts alle Angelegenheiten, die aufgrund der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten und Krankenkassen im Rechtsweg zu entscheiden sind. Der Senat hat dazu alle Angelegenheiten gerechnet, die die Eingliederung von Ärzten in das jeweilige System ärztlicher Versorgung von Versicherten zum Gegenstand haben, die den Krankenkassen als Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung kraft Gesetzes auferlegt ist (BSGE 21, 104, 106). Im Einklang mit dieser Rechtsprechung steht die Überlegung, der Mitwirkung von ehrenamtlichen Richtern in den Angelegenheiten des Kassenarztrechts liege der Gedanke zugrunde, daß die jeweils beteiligten Personenkreise zur Rechtsprechung hinzugezogen werden sollen (Peters, Sautter, Wolff Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand: Mai 1983, § 12 Anm 3). Der Gedanke trägt aber jedenfalls nicht so weit, daß deshalb in verfassungskonformer Auslegung der §§ 40, 31, 33, 12 Abs 3, 10 Abs 2 SGG die Zuständigkeit eines anderen Senats des BSG anzunehmen oder die von der Klägerin gewünschte Besetzung des Senats geboten wäre.
Die Beteiligung der betroffenen Personenkreise an der Rechtsprechung ist zwar einer der Gründe für die Vorschrift des § 12 SGG; vor allem aber sollten ihre besonderen Kenntnisse und Erfahrungen der Rechtsprechung nutzbar gemacht werden (BVerfG in USK 69144). Keinesfalls ist es verfassungsrechtlich geboten, als ehrenamtliche Richter zwingend die der jeweiligen Angelegenheit am nächsten stehenden Personenkreise heranzuziehen. Die Heranziehung eines ehrenamtlichen Richters aus den Kreisen der Zahntechniker ist auch nicht deshalb geboten, weil im Schiedsamt in entsprechenden Verfahren Vertreter der Zahntechniker mitwirken (§ 368i Abs 3a RVO). Insoweit wird auf die Rechtsprechung des 11. Senats des BSG Bezug genommen. Danach wirken an Entscheidungen in Streitsachen aus dem Gesetz über die Altershilfe der Landwirte ehrenamtliche Richter aus den Kreisen der Arbeitgeber und der Versicherten mit, obwohl es sich bei diesem Gesetz um eine Versicherung von Selbständigen handelt und in der Selbstverwaltung der landwirtschaftlichen Alterskassen in Angelegenheiten dieses Gesetzes die Vertreter der Arbeitnehmer nicht mitzuwirken haben (BSGE 12, 80, 83). Es erscheint daher ausgeschlossen, die Bestimmung des § 12 Abs 3 SGG entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut verfassungskonform dahin auszulegen, daß in Angelegenheiten der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Zahntechnikern je ein ehrenamtlicher Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Zahntechniker mitzuwirken habe.
Eine Zuordnung dieses Rechtsstreits zu den Angelegenheiten der Sozialversicherung, über die gemäß § 12 Abs 2 SGG in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Versicherten und der Arbeitgeber zu entscheiden ist, würde den Interessen der Klägerin offensichtlich widersprechen, denn dann würden beide ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen kommen, mit denen die Zahntechniker die streitige Vereinbarung schließen sollen. Vielmehr spricht gerade der Gesichtspunkt der Beteiligung der betroffenen Personenkreise an der Rechtsprechung gegen diese Besetzung des Gerichts.
Die Besetzung des Senats mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenzahnärzte verstößt nicht gegen die Verfassung. Insbesondere verletzt sie nicht die Art 101 Abs 1 Satz 2, 97 oder 3 GG. Zu Unrecht spricht die Klägerin den ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Kassenzahnärzte die sachliche Unabhängigkeit im Sinn des Art 97 Abs 1 GG wegen des Interessengegensatzes zwischen Zahnärzten und Zahntechnikern ab. Der ehrenamtliche Richter aus den Kreisen der Kassenzahnärzte wird nicht als deren Interessenvertreter zur Rechtsprechung herangezogen. Wenn die ehrenamtlichen Richter in der Sozialgerichtsbarkeit auch als Angehörige der jeweils betroffenen Personenkreise an der Rechtsprechung teilhaben sollen, so ist es gerade in Angelegenheiten des Kassenarztrechts und der Kassenärzte ausgeschlossen, daß sie an der Sache völlig unbeteiligt sind (BSGE 23, 105, 112). Daß ein Richter von den Auswirkungen seiner Entscheidung in entfernter Weise mitbetroffen wird, läßt sich in keinem Zweig der Gerichtsbarkeit ganz ausschließen. Dadurch wird jedoch der Grundsatz der richterlichen Neutralität noch nicht in verfassungswidriger Weise in Frage gestellt. Es kann und darf davon ausgegangen werden, daß auch die ehrenamtlichen Beisitzer in den Kammern für Angelegenheiten des Kassenarztrechts sich der Anforderungen bewußt sind, die das verfassungsrechtliche Gebot der richterlichen Neutralität an sie stellt, und daß sie diesem Gebot nach Kräften gerecht werden (BVerfG in USK 69144).
Die in §§ 10 Abs 2, 12 Abs 3 SGG vorgeschriebene Besetzung des Senats verstößt ferner nicht gegen das dem Art 3 GG zu entnehmende Willkürverbot. Richtig ist allerdings, daß in den Fällen des § 368g Abs 5a Satz 2 RVO zwischen den Krankenkassen und den Zahntechnikern ein Interessengegensatz besteht. Die ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen könnten die Interessen der Krankenkassen unangemessen in den Vordergrund stellen. Auch die wirtschaftlichen Interessen der Kassenzahnärzte könnten dahin gehen, die Vergütungen für zahntechnische Leistungen niedrig zu halten, damit die verfügbaren Mittel der Krankenkassen in größerem Umfang für die Zahnärzte zur Verfügung stehen.
Eine weitergehende Differenzierung in der Besetzung der gerichtlichen Spruchkörper als in § 12 Abs 3 SGG vorgesehen, insbesondere eine Hinzuziehung von ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Zahntechniker in den Fällen des § 368g Abs 5a Satz 2 RVO, würde das Verfahren aber derart unpraktikabel machen, daß die geltende Regelung schon aus diesem Grund nicht als willkürlich angesehen werden kann (vgl BSGE 21, 104, 107). Vielmehr ist die in § 12 SGG vorgesehene typisierende Auswahl der ehrenamtlichen Richter auch im Fall des § 368g Abs 5a Satz 2 RVO gerechtfertigt. Dabei stehen deren Sachkunde und Erfahrung im Vordergrund. Diese ist bei den Zahnärzten hinsichtlich der zahntechnischen Leistungen gegeben. Zutreffend hat das SG ihre Sachkunde der Prüfungsordnung für Zahnärzte vom 26. Januar 1955 (BGBl I 37) - zuletzt geändert durch die Röntgenverordnung vom 1. März 1973 (BGBl I 173) - entnommen. Insbesondere sind danach in der zahnärztlichen Vorprüfung gründliche Kenntnisse der Werkstoffe und der Herstellungsmethoden des Zahnersatzes sowie die Teilnahme an mehreren Phantomkursen der Zahnersatzkunde nachzuweisen (§ 28 Abs 5, Buchst b § 26 Abs 4 Buchst b). Zur zahnärztlichen Prüfung gehört die Anfertigung und Eingliederung von Zahnersatz (§ 50).
Das LSG hat deshalb zutreffend festgestellt, daß die Zahnärzte hinreichend sachkundig sind, auch wenn sie nicht das handwerkliche Können eines Zahntechnikers haben. Die Sachkunde des Personenkreises der Kassenzahnärzte ist insbesondere gegeben für die Beurteilung der Frage, ob das Schiedsamt hinsichtlich der Vereinbarung über die Vergütung der zahntechnischen Leistungen sein Ermessen überschritten oder willkürlich ausgeübt hat. Allerdings mögen die Zahntechniker für die Beurteilung des Aufwandes für die zahntechnischen Leistungen im eigenen Labor die größeren Erfahrungen und die größere Sachkunde haben als die Zahnärzte, so daß sie auch die Kosten besser beurteilen können. In den Vereinbarungen über Vergütung der zahntechnischen Leistungen geht es aber nicht nur um die Preise, sondern auch um die Qualität der Werkstücke (Heinemann/Liebold Kassenarztrecht, 5. Aufl, Stand Januar 1979 § 368g RdNr C 510). Diese fällt unmittelbar in den Verantwortungsbereich der Kassenzahnärzte, deren Vereinigungen die zahnärztliche Versorgung sicherzustellen haben (§ 368n Abs 1 RVO).
Die sachliche Legitimation der Zahnärzte wird dadurch unterstrichen, daß die Vereinbarungen nach § 368g Abs 5a Satz 2 RVO im Benehmen mit den KZÄV'en zu schließen sind und an den Sitzungen des Schiedsamts in diesen Fällen Zahnärzte beratend teilnehmen (§ 368i Abs 3a Satz 1 2.Halbsatz RVO). Für die beratende Mitwirkung der Zahnärzte ist ihre Position als Vertragspartner der Kassen und der Zahntechniker im Zusammenhang mit den zahnmedizinischen Leistungen maßgebend (BT-Drucks 8/173, Begründung zu Art 1 § 1 Nr 33 - Entwurf eines KVKG - S 7). Unter diesen Umständen kann die nicht völlig auszuschließende Möglichkeit einer, sei es auch unbewußten, nicht ganz unparteilichen Einstellung der ehrenamtlichen Richter in Kauf genommen werden, zumal da in den höheren Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit die Berufsrichter das Übergewicht haben (vgl BSG USK 73163).
Die Revision der Klägerin ist zurückzuweisen. Zutreffend hat das LSG das klageabweisende Urteil des SG bestätigt und die Klage hinsichtlich des zweiten Antrags abgewiesen. Beide Klageanträge sind unzulässig.
Die Klage auf Feststellung, daß der Beschluß des Vorsitzenden des Beklagten vom 9. Februar 1979 nichtig sei, ist als Feststellungsklage gemäß § 55 Abs 1 Nr 4 SGG nicht zulässig, weil der Beschluß des Vorsitzenden kein Verwaltungsakt ist. Zu diesem Ergebnis ist das LSG mit zutreffender Begründung gekommen. Der Beschluß des Vorsitzenden hat keine unmittelbare Rechtswirkung, die zum Begriff des Verwaltungsakts gehört (BSGE 17, 124, 126 und jetzt § 31 SGB X). Behördliche Verfahrenshandlungen sind grundsätzlich nicht selbständig anfechtbar, weil sie lediglich der Vorbereitung einer - den Einzelfall erst regelnden - Entscheidung dienen und nur zusammen mit dieser überprüft werden können (BSG BVBl 1964, 80; BSG SozR 4100 § 34 Arbeitsförderungsgesetz -AFG- Nr 6 S 7; BVerwG NJW 1982, 120; Schroeder-Printzen/Engelmann, SGB X § 31 Anm 3.5.). Dieser Grundsatz liegt auch der durch § 97 Nr 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 25. Mai 1976 (BGBl I 1253) eingeführten Vorschrift des § 44a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zugrunde. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß behördliche Verfahrenshandlungen nicht selbständig angefochten werden können, muß gelten, wenn die streitige Maßnahme Rechtsbeeinträchtigungen bewirkt, die auch durch ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren nicht oder nicht ausreichend wieder gutgemacht werden können (Kopp, Kommentar zu VwGO § 44a RdNr 8). Eine derartige Beeinträchtigung hat der Beschluß vom 9. Februar 1979 nicht bewirkt. Allerdings ist durch den Beschluß der KZÄV das Recht eingeräumt worden, an den Sitzungen des Landesschiedsamtes teilzunehmen und sich zur Sache zu äußern. Die Außenwirkung einer Maßnahme allein macht sie aber noch nicht zum Verwaltungsakt und ersetzt nicht die begrifflich dazu gehörende Regelung (BSG SozR 4100 § 34 AFG Nr 6 S 9). Entscheidend ist, daß der Rechtsschutz der Klägerin nicht unzumutbar geschmälert wird, wenn sie auf die Möglichkeit der Anfechtung eines etwaigen, sie beschwerenden Schiedsspruchs verwiesen wird. Es ist gerechtfertigt, diesen Gesichtspunkt schon bei der Prüfung heranzuziehen, ob der Beschluß ein Verwaltungsakt ist. Der Begriff des Verwaltungsakts ist eine Zweckschöpfung der Verwaltungswissenschaft und soll einen wirksamen Rechtsschutz des Bürgers gegen die öffentliche Gewalt gewährleisten. Daher ist das Rechtsschutzbedürfnis bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs von wesentlicher Bedeutung.
Eine nicht mehr zu behebende Rechtsbeeinträchtigung des Klägers entsteht nicht dadurch, daß aufgrund des Beschlusses vom 9. Februar 1979 die Interessen der KZÄV im Schiedsverfahren unangemessen zur Geltung kommen könnten. Mit der Anfechtung des sie etwa beschwerenden Schiedsspruchs kann die Klägerin vorbringen, das Schiedsamt sei durch die Anhörung der KZÄV zu einer fehlerhaften Ermessensentscheidung gekommen. In dem Verfahren wegen Anfechtung des Schiedsspruchs wäre zu prüfen, ob das Landesschiedsamt die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder das Ermessen fehlerhaft gebraucht hat (§ 54 Abs 2 SGG). Als anfechtbare Ermessensentscheidung ist der Schiedsspruch auch in den Fällen des § 368g Abs 5a Satz 2 RVO anzusehen, weil in § 368g Abs 5a Satz 4 RVO auf die Bestimmung des § 368h RVO verwiesen und dort die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen die Entscheidungen des Schiedsamts ausdrücklich vorausgesetzt wird.
Die Klägerin wendet dagegen ein, sie könne nicht in zumutbarer Weise auf eine Anfechtung des Schiedsspruchs im Rechtsweg verwiesen werden. Dabei sei zu berücksichtigen, daß einer Klage gegen einen Schiedsspruch keine aufschiebende Wirkung zukomme und daß die Realisierung der gerichtlichen Korrektur eines Schiedsspruchs im Hinblick auf die Vergütungen zahntechnischer Leistungen Schwierigkeiten mache. Sowohl die kurze Verjährungsfrist für handwerkliche Leistungen als auch die Tatsache, daß der Kassenzahnarzt den nicht von der Krankenkasse übernommenen Anteil für zahntechnische Leistungen mit dem Versicherten verrechne, führten zu Auswirkungen, die im Verhältnis zwischen Krankenkassen und Kassenzahnärzten nicht zu verzeichnen seien. Mit diesem Einwand wird im vorliegenden Fall die Unzumutbarkeit des Verweises auf die mögliche Anfechtung des Schiedsspruchs nicht dargetan, soweit es um die Höhe der Vergütung geht. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage, das entgegen der Auffassung des Senats etwa insoweit bestanden haben sollte, wäre jedenfalls nachträglich weggefallen. Zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Zahntechnikerinnungen in Westfalen-Lippe ist nämlich mit Wirkung vom 1. Januar 1980 eine Vereinbarung über die Höhe der Vergütung für zahntechnische Leistungen zustande gekommen. Ebenfalls nicht unzumutbar ist der Verweis auf eine Anfechtung des noch ausstehenden Schiedsspruchs zu den offengebliebenen Fragen, insbesondere der Rechnungslegung nach einheitlichen Grundsätzen. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß eine durch fehlerhaft zustande gekommenen Schiedsspruch festgesetzte Vereinbarung über die Rechnungslegung für die Zahntechniker zu unzumutbaren Rechtsbeeinträchtigungen führen könnte, die sich durch die nachträgliche Aufhebung nicht mehr beheben ließe, insbesondere, daß deshalb etwa die Auszahlung der Vergütung der zahntechnischen Leistungen entsprechend der Vereinbarung über die Höhe ernsthaft beeinträchtigt werden könnte. Gewisse Schwierigkeiten, die den einzelnen Zahntechnikern durch einen ermessensfehlerhaften Schiedsspruch über die noch offenen Fragen insbesondere der Rechnungslegung entstehen, müssen in Kauf genommen werden. Die Möglichkeit, daß ein ermessensfehlerhafter und für die Klägerin ungünstiger Schiedsspruch ergeht und daß daraus solche Schwierigkeiten entstehen, rechtfertigt es nicht, die Gerichte schon vor dem Schiedsspruch wegen des vorbereitenden Beschlusses vom 9. Februar 1979 in Anspruch zu nehmen.
Unzulässig ist die Klage auch, soweit die Klägerin begehrt festzustellen, daß der Beklagte nicht berechtigt sei, die beigeladene KZÄV an einem Schiedsverfahren zur Festsetzung des Inhalts einer Vereinbarung gemäß § 368g Abs 5a Satz 2 RVO zu beteiligen. Mit zutreffender Begründung hat das LSG entschieden, daß ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der alsbaldigen Feststellung fehle. Die Klägerin begehrt eine vorbeugende Feststellung, denn sie will erreichen, daß der Beklagte eine zukünftige Maßnahme unterläßt. Für die Zulässigkeit eines vorbeugenden Rechtsschutzes ist aber entscheidend, ob der Kläger in zumutbarer Weise auf den nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann, den das SGG grundsätzlich als angemessen und ausreichend ansieht (vgl BVerwG Buchholz 310 § 43 VwGO Nr 50 und zur vorbeugenden Unterlassungsklage BSG SozR 4100 § 34 AFG Nr 6 S 10). Die Klägerin will mit ihrem zweiten Feststellungsantrag verhindern, daß das beklagte Landesschiedsamt die KZÄV an dem Schiedsverfahren beteiligt. Eine solche Beteiligung wäre ihrerseits nur eine Maßnahme zur Vorbereitung des Schiedsspruchs. Inhaltlich stimmt diese von der Klägerin befürchtete Maßnahme mit dem Beschluß vom 9. Februar 1979 überein. Der Umstand, daß sie vom Landesschiedsamt in voller Besetzung und nicht allein vom Vorsitzenden veranlaßt wird, bedeutet keinen erheblichen Unterschied; weder die Rechtsnatur der Maßnahme noch das Rechtsschutzbedürfnis werden dadurch berührt. Wie bei der Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses vom 9. Februar 1979 kann die Klägerin auch hinsichtlich der Feststellung, daß der Beklagte nicht berechtigt sei, die KZÄV zu beteiligen, auf den nachgehenden Rechtsschutz gegen den Schiedsspruch verwiesen werden.
Aus allen diesen Gründen kann die Revision nicht zum Erfolg führen und ist mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Fundstellen