Leitsatz (amtlich)
Die Neufeststellung einer endgültig festgestellten Ausgleichsrente wegen einer Einkommenserhöhung unter 10 DM ist gemäß BVG § 62 Abs 1 S 2 idF des NOG KOV unzulässig. Eine solche Einkommenserhöhung darf auch dann nicht berücksichtigt werden, wenn die Rente aus anderem Anlaß neu festgestellt wird.
Normenkette
BVG § 62 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1964-02-21
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 16. August 1965 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 21. Januar 1965 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin erhält als Witwe ihres 1942 gefallenen Ehemannes Hinterbliebenenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG); sie bezieht außerdem Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Durch Bescheid vom 27. Juli 1962 wurde die Ausgleichsrente ab 1. Oktober 1962 endgültig auf 65,- DM mtl. festgestellt. Durch Bescheid vom 7. März 1963 setzte das Versorgungsamt (VersorgA) nach den §§ 62 Abs. 1, 3, 60 a Abs. 4 BVG idF des Ersten Neuordnungsgesetzes (1. NOG) die Ausgleichsrente ab 1. Juni 1963 endgültig auf 60,- DM fest; hierbei wurde die nach dem Fünften Rentenanpassungsgesetz (5. RAG) vom 21. Dezember 1962 der Klägerin aus der gesetzlichen Rentenversicherung zustehende Rente von 80,80 DM als Einkommen berücksichtigt. Mit Bescheid vom 27. April 1964 wurden die Versorgungsbezüge aufgrund des Zweiten Neuordnungsgesetzes (2. NOG) vom 21. Februar 1964 (BGBl. I 85) neu festgestellt. Unter Berücksichtigung der Witwenrente von 80,80 DM wurde nach Abzug des Freibetrages die Ausgleichsrente ab 1. Januar 1964 auf 90,- DM, ab 1. Juni 1964 unter Anrechnung der nach dem 6. RAG vom 21. Dezember 1963 (BGBl. I 1008) auf 87,40 DM erhöhten Witwenrente auf 85,- DM festgesetzt. Gegenüber dem Bescheid vom 7. März 1963 erhöhten sich ab 1. Januar 1964 die gesamten Versorgungsbezüge (einschließlich Grundrente) von 160,- DM auf 210,- DM, vom 1. Juni 1964 an auf 205,- DM. Der auf § 62 Abs. 1 Satz 2 BVG idF des 2. NOG gestützte Widerspruch, mit dem die Klägerin geltend macht, die Erhöhung ihrer Witwenrente um 6,60 DM hätte, da sie unter 10,- DM läge, unberücksichtigt bleiben müssen, war erfolglos. Mit Urteil vom 21. Januar 1965 hob das Sozialgericht (SG) den Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 1964 auf und änderte den Bescheid vom 27. April 1964 dahin ab, daß die Neufeststellung ab 1. Juni 1964 aufgehoben wurde. Es ließ die Berufung zu. Auf die Berufung des Beklagten hob das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 16. August 1965 das Urteil des SG auf, wies die Klage ab und ließ die Revision zu. Der Bescheid vom 7. März 1963 enthalte mit Wirkung vom 1. Juni 1963 an die letzte rechtsverbindliche Feststellung, durch die die Ausgleichsrente unter Berücksichtigung des durch das 5. RAG von 75,80 DM auf 80,80 DM erhöhten Renteneinkommens von 65,- DM auf 60,- DM festgestellt worden sei. Eine Änderung dieser Verhältnisse sei in rechtlicher Hinsicht durch das am 1. Januar 1964 in Kraft getretene 2. NOG eingetreten. Durch das 6. RAG hätten sich vom 1. Januar 1964 an auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin geändert; diese Änderung sei nach Art. III § 2 des 6. RAG erst ab 1. Juni 1964 wirksam geworden. Da die tatsächliche Änderung der Verhältnisse ab 1. Juni 1964 voraussehbar war, hätten keine Bedenken bestanden, sie grundsätzlich schon vor Eintritt der Wirksamkeit in einem Neufeststellungbescheid zu berücksichtigen. § 62 Abs. 1 Satz 2 BVG stelle keine einseitige Schutzvorschrift dar, durch die unter Gewährung eines weiteren Freibetrags eine Änderung der Ausgleichsrente wegen einer Änderung des Einkommens um weniger als 10,- DM schlechthin ausgeschlossen sei. Mit der auch vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA) in dem Rundschreiben vom 15. März 1965 vertretenen Auffassung sei vielmehr davon auszugehen, daß diese Vorschrift eine gewisse Stetigkeit der Rente für einen längeren Zeitraum gewährleisten und der Verwaltung zeitraubende Neufeststellungen, die sich nur unerheblich auf die Rentenhöhe auswirken, ersparen solle. Bei einer Neufeststellung wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse sei die hiervon betroffene Leistung den veränderten Verhältnissen auch unter Einbeziehung der nach § 62 Abs. 1 BVG unwesentlichen Änderungen anzupassen. Die Auffassung, daß die Nichtberücksichtigung einer geringfügigen Einkommenserhöhung der Verwaltungsvereinfachung dienen solle, werde auch durch die bis zum Inkrafttreten des 1. NOG geltende Vorschrift des § 62 Abs. 3 BVG aF, die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges vom 12. September 1950 (BT Drucksache Nr. 1333), das Protokoll der 30. Sitzung des Fachausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen vom 26. September 1950 und den Bericht des Ausschusses zur Änderung des § 62 BVG im Entwurf des 2. NOG (BT Drucks. IV 1831) gestützt. Wenn daher auch eine Neufeststellung allein wegen einer im Sinne des § 62 Abs. 1 Satz 2 BVG unwesentlichen Einkommensänderung nicht erfolgen dürfe, so zwinge das doch nicht zu dem Schluß, daß bei einer aus anderen Gründen notwendigen Neufeststellung ein Einkommen zugrunde zu legen sei, das dem tatsächlichen, seit der letzten Feststellung geänderten Einkommen nicht entspreche.
Die Revision der Klägerin rügt Verletzung des § 62 Abs. 1 Satz 2 BVG idF des 2. NOG (nF). Der Bescheid vom 27. April 1964 sei rechtswidrig, soweit er in die Neufeststellung ab 1. Juni 1964 die Rentenerhöhung nach dem 6. RAG einbezogen habe, denn sie habe weniger als 10,- DM betragen. Die Neufeststellung der laufenden Bezüge nach Art. VI § 1 Abs. 1 des 2. NOG habe nur unter Beachtung der sachlich-rechtlichen Vorschriften des Art. I erfolgen dürfen, zu denen auch § 62 Abs. 1 Satz 2 BVG nF gehöre. Die Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 2 BVG nF setze begrifflich keine Neufeststellung nach dem 2. NOG voraus. Ob die Änderung wesentlich gewesen sei, hätte nach den letzten vor Inkrafttreten des 2. NOG getroffenen Feststellungen beurteilt werden müssen. Die Klägerin beantragt, das Urteil des LSG vom 16. August 1965 aufzuheben und entsprechend dem Urteil des SG vom 21. Januar 1965 zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -); sie ist auch sachlich begründet.
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 27. April 1964, soweit die Ausgleichsrente der Klägerin mit Wirkung vom 1. Juni 1964 an neu festgestellt wurde. Mit diesem Bescheid wurden die zuletzt am 7. März 1963 endgültig festgesetzten laufenden Versorgungsbezüge der Klägerin gemäß Art. VI § 1 Abs. 1 des 2. NOG ab 1. Januar 1964 von Amts wegen neu festgestellt, weil sie durch dieses Gesetz eine Änderung erfahren hatten. Durch das 2. NOG war insbesondere die Ausgleichsrente von 100,- DM monatlich auf 120,- DM erhöht (§ 41 Abs. 2 BVG nF) und der Freibetrag geändert worden (§ 41 Abs. 3 BVG nF). Der Beklagte hat der Neufeststellung in dem Bescheid vom 27. April 1964 aber auch die Erhöhung der Witwenrente der Klägerin von 80,80 DM auf 87,40 DM, die im 6. RAG bestimmt worden war, zugrunde gelegt. Nach Art. III § 2 Abs. 1 des 6. RAG hatten die Erhöhungsbeträge für die Monate Januar bis einschließlich Mai 1964 bei der Ermittlung des Einkommens zur Errechnung der Versorgungsbezüge nach dem BVG unberücksichtigt zu bleiben. Der Beklagte hat sie demgemäß auch erst mit Wirkung vom 1. Juni 1964 an angerechnet. Nach § 62 Abs. 1 Satz 2 BVG nF ist eine Änderung der Verhältnisse nicht wesentlich, wenn sich das Nettoeinkommen um weniger als 10,- Deutsche Mark monatlich erhöht oder das Durchschnittseinkommen im Sinne des § 30 Abs. 4 um weniger als 10,- Deutsche Mark mindert. Das LSG hat keinen Verstoß gegen diese Vorschrift darin erblickt, daß der Beklagte mit Bescheid vom 27. April 1964 die Erhöhung des Renteneinkommens um weniger als 10,- DM in die Neufeststellung einbezogen hat. Es ist der Auffassung des BMA gefolgt, der in dem Rdschr. vom 15. März 1965 (BVBl. S. 38 Nr. 27) ausgeführt hat, bei der Neufeststellung einer einkommensabhängigen Leistung, die auf einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse nach § 62 Abs. 1 Satz 1 BVG beruhe, sei auch eine unwesentliche Änderung des Nettoeinkommens (§ 62 Abs. 1 Satz 2 BVG) zu berücksichtigen, jedoch frühestens von dem Zeitpunkt an, von dem an die Neufeststellung wegen der wesentlich veränderten Verhältnisse wirksam sei. Dabei sei es rechtlich unerheblich, ob die unwesentliche Änderung vor oder nach dem Eintritt der wesentlichen Änderung der Verhältnisse liege. Das Recht zur Neufeststellung werde nur insoweit eingeschränkt, als der frühere Bescheid in seinem Rechtsbestand hinsichtlich der unverändert gebliebenen Anspruchsgrundlagen nicht angetastet werden dürfe. § 62 BVG solle lediglich eine gewisse Stetigkeit der Rente für einen längeren Zeitraum gewährleisten und der Verwaltung zeitraubende Neufeststellungen ersparen, die sich nur unerheblich auf die Rentenhöhe auswirken. Sei aber der Anspruch auf Versorgung aus anderen Gründen neu festzustellen, so sei im allgemeinen kein Rechtsgrund ersichtlich, die tatsächlichen Gegebenheiten nicht zu berücksichtigen. Dabei bestünden keine Bedenken, auch künftige Änderungen in die Neufeststellung einzubeziehen, sofern ihr Umfang und der Zeitpunkt ihres Eintritts eindeutig bestimmt seien. Der schon in dem Rdschr. des BMA vom 27. Februar 1964 zu § 62 BVG nF vertretenen Auffassung (BVBl. 1964 S. 34, 40), daß eine Einkommenserhöhung auch unter 10,- DM dann zu berücksichtigen ist, wenn eine Neufeststellung der in Betracht kommenden Leistung aus anderem Anlaß notwendig wird, hat sich Wilke angeschlossen (Wilke, BVG, Handkomm., 2. Aufl., § 62 I, 13; ebenso Frank KOV-Mitteilungen des Landesversorgungsamts - LVersorgA - Berlin 1966, S. 2; a. M. Sigmund, VersorgB 1965, S. 70, 81 und van Nuis-Vorberg, Das Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, VI. Teil, 1965, F III 4 h S. 59). Die von der Gegenmeinung vertretene Auffassung führt zu dem Ergebnis, daß bei jeder Neufeststellung einkommensabhängiger Leistungen aus den verschiedenen tatsächlich eingetretenen Änderungen zunächst jene auszuscheiden sind, die nicht wesentlich im Sinne des § 62 Abs. 1 Satz 2 BVG sind. Nur im Rahmen der verbleibenden wesentlichen Änderungen ist dann noch eine Neufeststellung des Anspruchs zulässig (van Nuis-Vorberg, aaO S. 59 unter h). Die Streitfrage hat, worauf Sigmund mit Recht hinweist (aaO S. 71, 81), nicht nur Bedeutung für die Feststellung der Ausgleichsrente der Beschädigten, der Witwen und Waisen, sondern auch in allen Fällen, in denen das Nettoeinkommen eine Vorstufe des anzurechnenden Einkommens und damit die Grundlage der einkommensabhängigen Leistungen bildet, z. B. des Ehegattenzuschlags (§ 33 a Satz 2 BVG nF), des Kinderzuschlags (§ 33 b Abs. 5 b BVG nF) und der Elternrente (§ 51 Abs. 4 BVG nF). Der Senat ist der Auffassung, daß die wegen der Erhöhung des Nettoeinkommens vorgenommene Neufeststellung rechtswidrig war, weil die Berücksichtigung der unter 10,- DM mtl. liegenden Erhöhung gegen § 62 Abs. 1 Satz 2 BVG nF verstößt. Der Meinung des LSG und des BMA, daß diese Vorschrift nur im Verwaltungsinteresse erlassen wurde, um der Gewährung von Rente für einen längeren Zeitraum eine gewisse Stetigkeit zu verleihen und der Versorgungsverwaltung zeitraubende Neufeststellungen zu ersparen, kann nicht zugestimmt werden, denn dabei wird übersehen, daß auch bei einer Neufeststellung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 BVG nF der Anspruch nur "entsprechend", d. h. nach Maßgabe der wesentlichen Änderung neu festzustellen ist und daß durch § 62 Abs. 1 Satz 2 BVG nF die Stetigkeit der Rente nur gesichert werden soll, soweit sie eine Minderung der Rente, nicht auch ihre Erhöhung zur Folge haben könnte. Es wird daher die der Vorschrift innewohnende Schutzwirkung verkannt, die nicht nur im Verwaltungsinteresse, sondern auch zu Gunsten des Versorgungsberechtigten verhindern will, daß jede geringfügige Einkommenserhöhung zum Anlaß einer Neufeststellung genommen wird (vgl. auch Sigmund aaO S. 70/71, 81). Die Neufeststellung wegen einer Einkommenserhöhung unter 10,- DM ist - zur Vermeidung unerheblicher Rentenänderungen - auch dann ausgeschlossen, wenn aus anderen Gründen eine Neufeststellung vorzunehmen war. Denn § 62 Abs. 1 Satz 2 BVG ist sinngemäß dahin zu verstehen, daß eine Neufeststellung der Ausgleichsrente dann nicht mit einer Erhöhung des Nettoeinkommens begründet werden kann, wenn die Erhöhung weniger als 10,- DM beträgt. Die Vorschrift enthält eine Legaldefinition, was als wesentliche Einkommenserhöhung anzusehen ist; sie hat dieselbe sachlich-rechtliche Bedeutung wie § 62 Abs. 3, 2. Halbsatz BVG idF des Gesetzes vor dem 1. NOG. Hier hieß es, daß Ausgleichsrenten "wegen einer Erhöhung des sonstigen Einkommens um nicht mehr als 5 Deutsche Mark monatlich nicht neu festgestellt" werden. Im vorliegenden Fall ist aber ab 1. Juni 1964 allein wegen der Erhöhung des Nettoeinkommens ein anderer Rentenbetrag festgesetzt worden. Dies war unzulässig. Etwas anderes würde im übrigen auch dann nicht gelten, wenn beide Änderungen zum gleichen Zeitpunkt eingetreten wären. Da die Schutzvorschrift es grundsätzlich untersagt, wegen einer Erhöhung des Nettoeinkommens um weniger als 10,- DM den Rentenbetrag neu, d. h. niedriger festzustellen, durften im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des 2. NOG nur die sonstigen Änderungen zum Anlaß einer Neufeststellung genommen werden. Die Erhöhung des Renteneinkommens unter 10,- DM mußte außer Betracht bleiben, weil insoweit die sachlichen Voraussetzungen einer wesentlichen Änderung im Sinne des § 62 Abs. 1 Satz 1 BVG nF nicht erfüllt waren. Es kann nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber, als er = an die frühere Regelung in § 62 Abs. 3 BVG aF anknüpfend - § 62 Abs. 1 Satz 2 BVG mit Wirkung vom 1. Januar 1964 in das Gesetz einfügte und zugleich bestimmte, daß die in diesem Zeitpunkt laufenden Versorgungsbezüge von Amts wegen neu festzustellen seien, eine solche sich aus der Auffassung des BMA ergebende Entwertung dieser Schutzvorschrift besonders auch für den großen Kreis der Empfänger von Bezügen aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Kauf genommen haben sollte, zumal bei Erlaß des 2. NOG mit erneuten geringfügigen Rentenerhöhungen aus Anlaß des 6. RAG zu rechnen war, wie sie schon das 5. RAG vom 21. Dezember 1962 mit der Maßgabe bestimmt hatte, daß die Rentenerhöhungen für die Monate Januar bis Mai 1963 auf die Bezüge nach dem BVG nicht anzurechnen seien (§ 8 Satz 1). Hätte der Gesetzgeber die Beachtung dieser Schutzvorschrift in Fällen einer Neufeststellung aus anderem Anlaß ausschließen wollen, hätte das im Gesetz zum Ausdruck kommen müssen. Diese Schutzwirkung des § 62 Abs. 1 Satz 2 BVG nF muß nicht nur dem Wortlaut des Gesetzes entnommen werden, den der Beklagte beachten muß, aus welchen Gründen auch immer die Regelung getroffen wurde, sie ergibt sich auch schon hinreichend aus der amtlichen Begründung zu dem vergleichbaren, bis zum Inkrafttreten des 1. NOG geltenden § 62 Abs. 3 BVG aF (vgl. Deutscher Bundestag, 1. Wahlp., Drucks. 1333 zu §§ 59 bis 62, S. 64). Die Nichtberücksichtigung der Erhöhung des sonstigen Einkommens um nicht mehr als 5,- DM erschien nach dieser Begründung geboten, "um die Berechtigten nicht unnötig zu verärgern und die Verwaltungsarbeit einzuschränken". In diesem Sinne wurde auch in der Sitzung des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) vom 3. Oktober 1950 die vorgeschlagene Erhöhung des Betrages von 5,- DM auf 10,- DM damit begründet, daß man "großzügiger sein (solle), da auf der anderen Seite auch der Verwaltung Arbeit erspart würde ..." (Verhandlungen des 26. Ausschusses, S. 84 B). Die Begründung zum Entwurf des 2. NOG enthält zu § 62 Abs. 1 BVG nur den Hinweis, daß die Erweiterung um Satz 2 nach der Neugestaltung des § 60 a erforderlich sei; in diesem Zusammenhang wird im übrigen nur noch auf § 62 Abs. 3 BVG aF verwiesen, was nach den obigen Ausführungen auch ganz folgerichtig war (vgl. DB 4 Wahlp. Drucks. IV 1305, S. 23 und 1831, S. 9).
Der Bescheid vom 27. April 1964 ist somit rechtswidrig, soweit durch ihn die Ausgleichsrente der Klägerin mit Wirkung vom 1. Juni 1964 neu festgestellt wurde. Das der letzten Neufeststellung vom 7. März 1963 zugrunde gelegte Renteneinkommen der Klägerin von 80,80 DM, bei dem die letzte Rentenerhöhung nach dem 5. RAG bereits berücksichtigt war, hatte sich nur um 6,60 DM erhöht. Deshalb war die Neufeststellung der Ausgleichsrente ab 1. Juni 1964 rechtswidrig. Das SG hat zutreffend diesen Bescheid geändert und den Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 1964 aufgehoben. Das LSG hat zu Unrecht das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Sachverhalt gab keinen Anlaß, dazu Stellung zu nehmen, wie zu entscheiden ist, wenn das Nettoeinkommen sich nach der letzten Feststellung um weniger als 10,- DM erhöht hat, bei dieser Feststellung aber eine Erhöhung nicht berücksichtigt wurde, die zusammen mit der späteren 10,- DM erreicht. Ebenso war nicht zu entscheiden, was bei einer nur vorläufigen Feststellung nach § 60 a Abs. 4 BVG nF zu gelten hat.
Da die Revision begründet ist, war das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 2351492 |
BSGE, 1 |