Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Vergütung von Krankenhausbehandlung während notwendiger Verlegungsbemühungen zu weiterführender Diagnostik. unwirtschaftliche Verlängerung der Krankenhausverweildauer. Bestehen von Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Krankenkasse muss eine notwendige Krankenhausbehandlung ihres Versicherten während erforderlicher Verlegungsbemühungen zu weiterführender Diagnostik vergüten, nicht aber Unwirtschaftliches (Aufgabe von BSG vom 28.11.2013 - B 3 KR 33/12 R = SozR 4-5562 § 9 Nr 5).
2. Kümmert sich ein Krankenhaus unzureichend um die Verlegung eines bei ihm aufgenommenen Versicherten, ist eine unwirtschaftliche Verlängerung seiner Krankenhausverweildauer zu vermuten.
Orientierungssatz
Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit iS des § 39 SGB 5 besteht, wenn ein Versicherter aus medizinischen Gründen auf die besonderen Mittel eines Krankenhauses angewiesen ist (vgl BSG vom 30.6.2009 - B 1 KR 24/08 R = BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 32).
Normenkette
SGB V § 12 Abs. 1, § 39 Abs. 1 S. 2, § 109 Abs. 4 S. 3 Fassung: 2002-04-23; KHG § 17b Fassung: 2007-03-26; KHEntgG § 2 Abs. 2, § 7 S. 1 Nr. 1 Fassung: 2002-04-23, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fassung: 2002-04-23; KHEntgG 2007 § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fassung: 2002-04-23; KHEntgG § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Fassung: 2002-04-23; KFPVbg § 1 Abs. 2, 7; KFPVbg 2007 § 1 Abs. 7
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. September 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 230,01 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Krankenhausvergütung.
Das Krankenhaus der Klägerin behandelte die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte I. G. (im Folgenden: Versicherte) vom 22. bis 30.7.2007 stationär wegen akuter abdomineller Kolik bei Vasculitis. Die Klägerin nahm die Versicherte erneut wegen Purpura Schoenlein-Henoch mit abdominellen Schmerzen am 6.8.2007 auf. Die Klägerin rief am 8.8.2007 das S. Klinikum B. (SKB) an, da sie eine weiterführende Diagnostik für erforderlich hielt und wartete auf einen Rückruf. Sie verlegte die Versicherte am 15.8.2007 in das SKB. Die Klägerin berechnete für die Behandlung vom 22.7. bis 15.8.2007 (ua) die Fallpauschale - Diagnosis Related Group - (DRG) Q60C mit einem zusätzlichen, die obere Grenzverweildauer überschreitenden Behandlungstag (Rechnung vom 20.8.2007, 2727,60 Euro). Die Beklagte bezahlte die Rechnung (abzüglich eines Betrags für die Anschubfinanzierung nach § 140d SGB V) und ließ den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) die Verweildauer prüfen. Der MDK zeigte der Klägerin die Prüfung an (14.9.2007). Er hielt nur die Behandlung bis 14.8.2007 für medizinisch begründet. Am 15.8.2007 habe keine stationäre Behandlungsbedürftigkeit bestanden. Die Entlassung hätte auch am 14.8.2007 erfolgen können. Die Beklagte verrechnete deshalb ihren ersten Zahlbetrag und überwies der Klägerin 2495,34 Euro (9.1.2008). Das SG hat die Klage auf Zahlung der Differenz von 230,01 Euro abgewiesen, da eine Verweildauer von 17 Tagen und damit ein Zuschlag für die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer nicht nötig gewesen sei (Urteil vom 5.4.2011). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Es habe an der medizinischen Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung gefehlt. Die Klägerin habe sich nicht damit zufrieden geben dürfen, auf einen Anruf aus dem SKB zu warten, sondern hätte sich aktiv bemühen müssen, die mögliche Verlegung der Versicherten zeitnah sicherzustellen (Urteil vom 20.9.2013).
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 1 Abs 2 Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2007 und des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1; § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Es gebiete einem Krankenhaus nicht, die finanziell günstigste Art der Behandlung zu wählen. Die Beklagte sei für die Möglichkeit einer früheren Verlegung beweisfällig geblieben.
|
Die Klägerin beantragt, |
|
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. September 2013 und des Sozialgerichts Potsdam vom 5. April 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 230,01 Euro nebst Zinsen hierauf in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 9. Januar 2008 zu zahlen, |
hilfsweise, |
|
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. September 2013 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen. |
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der klagenden Krankenhausträgerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat zu Recht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das SG-Urteil hat die Klage rechtmäßig abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig (vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Der Klägerin steht wegen der stationären Behandlung der Versicherten neben den von der Beklagten gezahlten 2495,34 Euro kein weitergehender Vergütungsanspruch in Höhe der darüber hinaus geforderten 230,01 Euro und auch kein Zinsanspruch zu (dazu 1.). Der Beklagten war es nicht verwehrt, sich rechtzeitig wegen der Abrechnung des zusätzlichen Behandlungstags auf eine Auffälligkeit zu berufen (dazu 2.).
1. Die Klägerin erfüllte nicht die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie die Versicherte vom 22.7. bis 15.8.2007 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und zusätzlich iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den nicht mit durchgreifenden Rügen angegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nur für die Behandlungszeit vom 22.7. bis 14.8.2007 erfüllt. Krankenhausbehandlung war danach nämlich bei der Klägerin am 15.8.2007 nicht erforderlich. Zudem hatte die Klägerin sich nicht rechtzeitig hinreichend darum gekümmert, dass die Versicherte weiterführende Diagnostik in einem anderen Krankenhaus erhielt. Die Klägerin hätte hierfür bei wirtschaftlicher Behandlungsplanung bereits vor dem 15.8.2007 Sorge tragen müssen. Bei einer Verlegung bis zum 14.8.2007 hätte die Klägerin - wie bei einer Entlassung bis zu diesem Zeitpunkt - zwar ebenfalls einen Vergütungsanspruch nach der Fallpauschale (DRG) Q60C (Erkrankungen des retikuloendothelialen Systems, des Immunsystems und Gerinnungsstörungen mit komplexer Diagnose oder äußerst schweren oder schweren CC, ohne Milzverletzung, ohne Granulozytenstörung oder Alter ≫ 15 Jahre) gehabt, nicht aber Anspruch auf Vergütung eines zusätzlichen Tages wegen Überschreitung der oberen Grenzverweildauer um einen Tag.
Zu Recht sind die Beteiligten darüber einig, dass der Anspruch auf die zusätzliche Vergütung voraussetzt, dass nicht nur die DRG Q60C abzurechnen war, sondern entsprechend § 1 Abs 2 FPV 2007 die Vergütung für einen weiteren Behandlungstag wegen Überschreitung der oberen Grenzverweildauer (dazu a). Die Abrechnung des weiteren Behandlungstages setzt nicht nur voraus, dass die Klägerin die Versicherte an diesem Tag tatsächlich behandelte, sondern auch dass diese Behandlung dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügte, weil sie ua erforderlich war (dazu b). Die Verlegung der Versicherten erst am 15.8.2007 war aber nicht wirtschaftlich, weil eine frühere Verlegung ausgereicht hätte. Zudem war am 15.8.2007 keine Krankenhausbehandlung bei der Klägerin erforderlich (dazu c).
a) Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Juli/August 2007 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser ≪Fallpauschalengesetz - FPG≫ vom 23.4.2002, BGBl I 1412 iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz ≪KHEntgG≫ idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz ≪2. FPÄndG≫ vom 15.12.2004, BGBl I 3429 und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz ≪KHG≫ idF durch Art 18 Nr 4 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung ≪GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG≫ vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, FPV) konkretisiert. Die Spitzenverbände der KKn (heute der Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG (idF vom 23.4.2002) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG (idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG (idF vom 23.4.2002). Die Behandlung der Versicherten wegen leukozystoklastischer Vasculitis, am ehesten Purpura Schoenlein-Henoch, mit abdominellen Schmerzen, die nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG erfolgte, führt im Grouper zur Fallpauschale (DRG) Q60C mit einer oberen Grenzverweildauer von 16 Tagen. Wird die obere Grenzverweildauer um einen abrechenbaren Tag überschritten, erhöht sich hierfür die Vergütung nach der Regelung des § 1 Abs 2 FPV 2007: "Ist die Verweildauer eines Patienten oder einer Patientin länger als die obere Grenzverweildauer, wird für den dafür im Fallpauschalen-Katalog ausgewiesenen Tag und jeden weiteren Belegungstag des Krankenhausaufenthalts zusätzlich zur Fallpauschale ein tagesbezogenes Entgelt abgerechnet. Dieses wird ermittelt, indem die für diesen Fall im Fallpauschalen-Katalog ausgewiesene Bewertungsrelation mit dem Basisfallwert multipliziert wird." Wäre die bloße tatsächliche Behandlungsdauer der Versicherten maßgeblich, ergäbe sich für die Klägerin bei Anwendung der Regelung des § 1 Abs 2 FPV 2007 ein zusätzlich abrechenbarer Belegungstag. Denn die Klägerin behandelte die Versicherte tatsächlich stationär vom 22. bis 30.7. und vom 6. bis 15.8.2007. Dies entspricht (ohne Entlassungs- bzw Verlegungstag, vgl § 1 Abs 7 FPV 2007) einer gesamten Behandlungsdauer von 17 Tagen und begründet Anspruch auf weitere 230,01 Euro Vergütung. Darüber besteht auch zwischen den Beteiligten kein Streit.
b) Die Vergütung für den abgerechneten zusätzlichen Behandlungstag darf nur erfolgen, wenn die Behandlung auch an diesem Tag und damit die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer um einen Tag erforderlich war. Ein Krankenhaus hat stets, auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen, einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung nur für eine erforderliche, wirtschaftliche Krankenhausbehandlung (stRspr, vgl BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 15 ff, 27 ff; BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 62/12 R - SozR 4-2500 § 12 Nr 4 RdNr 17 ff, auch für BSGE vorgesehen; BSG Urteil vom 10.3.2015 - B 1 KR 2/15 R - für BSGE und SozR vorgesehen, unter Berücksichtigung von Wortlaut, Regelungssystem und Zweck der Vergütung sowie der Entwicklungsgeschichte des Gesetzes). Bei unwirtschaftlicher Behandlung der Versicherten kann die Klägerin allenfalls die Vergütung beanspruchen, die bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten angefallen wäre (stRspr, vgl BSG Urteil vom 10.3.2015 - B 1 KR 2/15 R - für BSGE und SozR vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 12 Nr 4 RdNr 26, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17). Der erkennende Senat hat dies aus den Rechtsgedanken von § 17b KHG, § 2 Abs 2, § 7 S 1, § 8 Abs 1 und § 9 KHEntgG sowie dem Regelungssystem des SGB V abgeleitet (vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 26). Insoweit gilt im Ergebnis nichts anderes als bei früheren Abrechnungen nach der Bundespflegesatzverordnung (vgl dazu zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 10 ff, 15 ff; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 13 ff). Soweit der früher auch für das Leistungserbringungsrecht der Krankenhäuser zuständig gewesene 3. Senat hierzu abweichende Formulierungen verwendet hat (vgl BSG SozR 4-5562 § 9 Nr 5 und hierzu bereits 1. Senat BSG SozR 4-2500 § 12 Nr 4 RdNr 22, auch für BSGE vorgesehen), gibt der erkennende Senat diese Rechtsprechung klarstellend auf.
Das Wirtschaftlichkeitsgebot zwingt alle Leistungserbringer, auch Krankenhäuser, bei der Behandlungsplanung die Möglichkeit wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu prüfen. Die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots erfordert, dass bei Existenz verschiedener gleich zweckmäßiger, ausreichender und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten die Kosten für den gleichen zu erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind (stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 10.3.2015 - B 1 KR 2/15 R - für BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 113, 231 = SozR 4-2500 § 40 Nr 7, RdNr 16; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 26; BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr 2, RdNr 40; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 70; Hauck, SGb 2010, 193, 197 f mwN). Die Klägerin musste nach diesen Grundsätzen bei Behandlung der Versicherten den gleich geeigneten, aber kostengünstigeren Weg wählen.
c) Die Verlegung der Versicherten erst am 15.8.2007 war nicht wirtschaftlich im oben aufgezeigten Sinn. Ausreichend bei gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlung wäre nach den den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) eine frühere Verlegung der Versicherten gewesen, die nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG auch möglich gewesen wäre (dazu aa). Zudem war die Krankenhausbehandlung der Versicherten am 15.8.2007 nach den den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht erforderlich (dazu bb).
aa) Um die Möglichkeit einer früheren Verlegung der Versicherten zu bejahen, genügt die Feststellung der generellen Möglichkeit, wenn das behandelnde Krankenhaus - wie hier - sich nicht umfassend um eine rechtzeitige Verlegung der Versicherten gekümmert hat. Wie dargelegt gehört es zur gebotenen, vom Wirtschaftlichkeitsgebot geprägten Behandlungsplanung eines Krankenhauses, sich - bei Notwendigkeit weiterführender Diagnostik zur Krankenbehandlung eines Versicherten in einer anderen Klinik - frühzeitig um dessen Verlegung zu kümmern. Bleiben die Bemühungen allerdings trotz intensiver, dokumentierter und sachgerechter Suche zunächst ohne Erfolg und besteht die Notwendigkeit von Krankenhausbehandlung fort, hat die KK die hierauf beruhenden Kosten der Krankenhausbehandlung zu tragen. Nicht das behandelnde Krankenhaus, sondern die KKn tragen die Strukturverantwortung für die Verfügbarkeit adäquater Behandlungskapazitäten der Krankenhäuser. Kümmert sich das behandelnde Krankenhaus dagegen nicht oder unzureichend um die Möglichkeit rechtzeitiger Verlegung eines Versicherten, etwa weil es meint, entgegen der Gesetzeslage auf das Wirtschaftlichkeitsgebot und damit auf die Belange der Gemeinschaft der Beitragszahler keine Rücksicht nehmen zu müssen, kann es nicht im Nachhinein mit dem bloßen Vorbringen vor Gericht Ermittlungspflichten auslösen, es hätten keine rechtzeitigen wirtschaftlichen Behandlungsalternativen bestanden. Im Regelfall ist nämlich davon auszugehen, dass für die stationäre, auch qualifizierte Krankenbehandlung in Deutschland, in der EU und im Europäischen Wirtschaftsraum zeitgerecht ausreichend Kapazitäten zur Verfügung stehen (vgl zur Berücksichtigung der Verantwortungssphäre des Krankenhauses für die Verteilung der objektiven Beweislast bei Vorliegen eines atypischen Falles auch BSG Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 27/13 R - Juris, RdNr 18 ff, für BSGE und SozR 4-2500 § 109 Nr 40 vorgesehen).
Das LSG hat die generelle Möglichkeit einer zeitgerechten anderweitigen wirtschaftlichen Krankenhausbehandlung der Versicherten in diesem Sinne bejaht. Es hat hierzu ausgeführt, die fehlende Aufnahmebereitschaft des SKB widerlege nicht, dass eine frühere Verlegung nicht doch möglich gewesen wäre, wenn die Klägerin bereits ab dem 8.8.2007 - dem Zeitpunkt der dokumentierten Kenntnis der Klägerin von der Notwendigkeit einer weiterführenden Diagnostik in einer anderen Klinik - noch bei anderen Kliniken in der Umgebung vorstellig geworden wäre. Die Ärzte der Klägerin hätten sich nicht damit zufrieden geben dürfen, auf einen Anruf aus dem SKB zu warten, sondern hätten sich aktiv bemühen müssen, die zeitnahe Verlegung der Versicherten sicherzustellen.
Die Klägerin hat keine prozessuale Rüge gegen diese Feststellungen des LSG erhoben. Sie beruft sich lediglich auf ihre eigene, abweichende Beweiswürdigung. Hierbei lässt sie außer Acht, dass der erkennende Senat revisionsrechtlich an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden ist, außer wenn in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind (§ 163 SGG). Am Vortrag von gegen die Feststellungen des LSG eingreifenden Revisionsgründen fehlt es indes.
bb) Das LSG hat zudem ausdrücklich festgestellt, dass die medizinische Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung für den zusätzlichen 17. Belegungstag fehlte. Es hat zutreffend darauf verwiesen, dass Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit iS des § 39 SGB V besteht, wenn ein Versicherter aus medizinischen Gründen auf die besonderen Mittel eines Krankenhauses angewiesen ist (vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 32). Die getroffene Feststellung des LSG entsprach nicht nur der Einschätzung des MDK. Das LSG hat sie auch damit untermauert, dass die Weiterbehandlung der Versicherten bei der Klägerin bis zum 14.8.2007 nur mit Behandlungsprozeduren in erheblichen Zeitabständen erfolgte. Die Klägerin hat keine prozessuale Rüge gegen diese Feststellungen des LSG erhoben. Sie beruft sich - insoweit unzulässig - lediglich auf ihre eigene, abweichende Beweiswürdigung.
2. Der Beklagten war es nicht verwehrt, sich rechtzeitig wegen der Abrechnung des die obere Grenzverweildauer übersteigenden Behandlungstages auf eine Auffälligkeit zu berufen (vgl zB auch BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 38), die die KK zur Einleitung einer Abrechnungsprüfung unter Anforderung einer gutachtlichen Stellungnahme des MDK berechtigte (vgl zum Begriff der Auffälligkeit BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 18). Die Auffälligkeitsprüfung betrifft regelmäßig Fälle, in denen die KK - wie hier - Zweifel daran haben kann, dass das Krankenhaus seine Leistung unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V) erbracht hat (vgl zur Befugnis der KKn, die Wirtschaftlichkeit der Krankenhausbehandlung zu überprüfen, zB BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 62/12 R - für BSGE und SozR 4-2500 § 12 Nr 4 vorgesehen). Sie beachtete auch die Prüfungsvoraussetzungen gemäß § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V (idF durch Art 1 Nr 6b FPG), § 275 Abs 1c SGB V (idF durch Art 1 Nr 185 Buchst a GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.4.2007). Auf die Dauer der Prüfbearbeitung des medizinischen Dienstes kommt es hierbei nicht an (vgl hierzu BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.
Fundstellen
BSGE 2016, 219 |
NZS 2015, 615 |
SGb 2015, 330 |
GesR 2016, 151 |