Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufschub der Nachversicherung. Beitragssatz
Leitsatz (amtlich)
Ein Beamter auf Widerruf scheidet mit Beendigung des Beamtenverhältnisses auch dann aus dem versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis aus, wenn er bereits im folgenden Monat bei demselben Dienstherrn als Richter auf Probe erneut in ein versicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis berufen wird.
Orientierungssatz
1. Ein Beamtenverhältnis und Richterverhältnis kann dann nicht als einheitliches Beschäftigungsverhältnis mit bloßem Ressortwechsel angesehen werden, wenn zwischen der Beendigung des vorangehenden und dem Beginn des folgenden Beschäftigungsverhältnisses ein nicht seinerseits mit einer versicherungsfreien Beschäftigung ausgefüllter zeitlicher Zwischenraum liegt.
2. Dabei kommt es auf dessen Dauer und darauf, daß das erneute versicherungsfreie Beschäftigungsverhältnis bereits in dem auf die Beendigung des vorangegangenen Beschäftigungsverhältnisses folgenden Monat begründet worden ist, nicht an.
3. Nachversicherungsbeiträge sind ungeachtet eines zwischenzeitlichen Entrichtungsaufschubs nach den im Zeitpunkt der Beendigung des Widerrufsbeamtenverhältnisses maßgebenden Rechtsvorschriften zu entrichten (§ 124 Abs 1 S 1 AVG).
Normenkette
RVO § 1232 Abs 1, § 1402 Abs 1 S 1; AVG § 9 Abs 1, § 124 Abs 1 S 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des vom klagenden Land Berlin, vertreten durch den Präsidenten des Kammergerichts (KG), zu entrichtenden Beitrages für die Nachversicherung zweier ausgeschiedener Richter auf Probe.
Der damalige Gerichtsreferendar Volker H. (H.) absolvierte vom 3. Mai 1982 bis 21. Februar 1985 als Beamter auf Widerruf seinen juristischen Vorbereitungsdienst im Bezirk des KG. Er erhielt während dieses Zeitraums Bruttobezüge in Höhe von 58.194,90 DM. Am 21. Februar 1985 bestand er die zweite juristische Staatsprüfung. Am 27. März 1985 wurde er vom Senat von Berlin unter Berufung in das Richterverhältnis auf Probe zum Richter ernannt. Das Richterverhältnis endete auf seinen Antrag mit Ablauf des 14. Juli 1985. Die dem H. in der Zeit vom 27. März bis 14. Juli 1985 gezahlten Bruttobezüge beliefen sich auf 13.450,66 DM.
Die damalige Gerichtsreferendarin Regine R. (R.) leistete vom 2. Mai 1978 bis 19. August 1980 als Beamtin auf Widerruf juristischen Vorbereitungsdienst im Bezirk des KG. Ihr wurden während dieses Zeitraums Bruttobezüge von insgesamt 47.417,96 DM gewährt. Am 19. August 1980 bestand sie die zweite juristische Staatsprüfung. Am 18. September 1980 wurde sie vom Senat von Berlin unter Berufung in das Richterverhältnis auf Probe zur Richterin ernannt und mit Ablauf des 17. September 1984 aus dem Richterverhältnis auf Probe entlassen. Während der Dauer des Richterverhältnisses erhielt sie Dienstbezüge in Höhe von insgesamt 190.540,80 DM.
Der Kläger nahm nach deren Ausscheiden die Nachversicherung des H. und der R. vor. Dabei errechnete er die Nachversicherungsbeiträge für H. für den Zeitraum vom 3. Mai 1982 bis 21. Februar 1985 nach einem Beitragssatz von 18,7 vH (von 58.194,90 DM = 10.882,45 DM) und für den Zeitraum vom 27. März bis 14. Juli 1985 nach einem Beitragssatz von 19,2 vH (von 13.450,66 DM = 2.582,53 DM) und überwies der Beklagten insgesamt 13.464,98 DM. Für R. stellte der Kläger die Nachversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 2. Mai 1978 bis 19. August 1980 nach einem Beitragssatz von 18 vH (von 47.417,96 DM = 8.535,23 DM) und für den Zeitraum vom 18. September 1980 bis 17. September 1984 nach einem Beitragssatz von 18,5 vH (von 190.540,80 DM = 35.250,05 DM) fest und überwies der Beklagten einen Gesamtbetrag von 43.785,28 DM, wovon die Beklagte später 36,77 DM erstattete, weil R. in den Jahren 1980 und 1981 beitragspflichtige Nebeneinkünfte erzielt hatte, die zusammen mit den nachversicherten Entgelten die Beitragsbemessungsgrenze überschritten.
Die Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, daß dann, wenn zwar eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis erfolgt sei, dieses jedoch nach weniger als einem Kalendermonate bei demselben Dienstherrn fortgesetzt werde, nicht schon mit der Entlassung, sondern erst mit der Beendigung des fortgesetzten Beamtenverhältnisses der Nachversicherungsfall eingetreten und deswegen der in diesem Zeitpunkt geltende Beitragssatz maßgebend sei. Daher seien die Nachversicherung des H. einheitlich nach einem Beitragssatz von 19,2 vH und diejenige der R. einheitlich nach einem Beitragssatz von 18,5 vH durchzuführen. Für die Nachversicherung des H. forderte die Beklagte mit Bescheid vom 11. November 1986 vom Kläger die Zahlung eines Differenzbetrages von 290,97 DM. Der Berechnung der Nachversicherungsbeiträge für R. unter Berücksichtigung der von dieser erzielten beitragspflichtigen Nebeneinkünfte legte sie auch für die Zeit vom 2. Mai 1978 bis 19. August 1980 einen Beitragssatz von 18,5 vH (Differenz zu 18 vH = 237,10 DM) zugrunde. Eine Rückzahlung des Differenzbetrages von 237,10 DM an den Kläger lehnte sie mit Bescheid vom 13. November 1986 ab.
Der Kläger hat wegen beider Bescheide Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat nach Verbindung beider Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit Urteil vom 9. September 1987 die Bescheide der Beklagten vom 11. November 1986 in Sachen des Versicherten Volker H. und vom 13. November 1986 in Sachen der Versicherten Regine R. aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 237,10 DM zu zahlen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt:
Die Ansicht der Beklagten, daß die Beendigung der Referendarzeit bei H. und R. im Hinblick auf die innerhalb weniger als eines Monats aufgenommene Richtertätigkeit nicht als "Ausscheiden" iS des § 124 Abs 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) anzusehen sei, treffe nicht zu. Im beamtenrechtlichen Sinne ende nach § 13 Abs 1 Satz 3 des Berliner Landesgesetzes über die juristische Ausbildung (JAG) idF vom 26. November 1984 (GVBl S 1684) das Beamtenverhältnis des Referendars mit Ablauf des Tages der mündlichen Prüfung. Auch wenn im Rahmen des § 124 Abs 1 AVG das Tatbestandsmerkmal der "Beendigung" nicht in einem dienstrechtlichen, sondern im sozialrechtlichen Sinne zu verstehen sei, bedürfe eine Abweichung von der beamtenrechtlichen Sicht einer besondern sozialrechtlichen bzw rentenversicherungsrechtlichen Legitimation. Hierfür bestehe im vorliegenden Fall keine Notwendigkeit. Zwar werde ein Ausscheiden aus einer versicherungsfreien Beschäftigung für den Fall abgelehnt, daß ein Beamter unter Beibehaltung desselben Dienstherrn lediglich in die Zuständigkeit eines anderen Ressorts falle, und nur der Übertritt in ein versicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis bei einem anderen Dienstherrn als Ausscheiden iS des § 124 Abs 1 AVG angesehen. Aber dem sei der vorliegende Fall nicht gleichzuerachten, auch wenn das Land Berlin während der Referendarzeit und während des Richterdienstes Dienstherr der Versicherten gewesen sei. Zwischen ihnen und dem Land Berlin sei in der Zeit zwischen dem Bestehen der zweiten Staatsprüfung und der Richterernennung überhaupt keine aktuelle oder ruhende Sonderrechtsbeziehung geknüpft gewesen. Da eine andere Einstellungsbehörde funktionell für die Richtereinstellung zuständig gewesen sei und hieran auch weitere maßgebliche Gremien hätten beteiligt werden müssen, habe die Begründung eines erneuten versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnisses und damit die Fortsetzung des ursprünglichen sozialversicherungsrechtlichen Status gar nicht festgestanden. Dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20. April 1972 (BSGE 34, 153 = SozR Nr 6 zu § 17 FRG), wonach im Nachversicherungsrecht bereits jede vorübergehende Unterbrechung des Dienstverhältnisses (dort: Beurlaubung ohne Dienstbezüge) zum Ausscheiden aus einer versicherungsfreien Beschäftigung führe, sei für die von der Beklagten vorgenommene Auslegung zur Höhe des Beitragssatzes nichts zu entnehmen. Daß gemäß § 124 Abs 1 Satz 1 AVG die "im Zeitpunkt des Ausscheidens" geltenden Beitragssätze maßgebend seien, sei unabhängig von der Frage zu beurteilen, ob die Nachversicherung sogleich zu erfolgen habe oder zunächst gemäß § 125 AVG aufgeschoben sei. Schließlich ergebe sich nichts aus dem von der Beklagten angeführten Gesichtspunkt, daß erst bei einer Nachversicherungslücke von mehr als einem Kalendermonat ein "rentenversicherungsrechtlicher Regelungsbedarf" entstehe. Auch wenn sich die Versicherungsverläufe der Versicherten nunmehr so darstellten, daß aufgrund der Nachversicherung jeder Kalendermonat mit einem Beitrag belegt sei, ändere dies nichts an dem Umstand, daß im Verlaufe des Versicherungslebens ein Statuswechsel erfolgt sei, der besondere Rechtsfolgen im Rahmen des Nachversicherungsrechts auslöse. Die Auffassung der Beklagten sei auch nicht aus sozialen Schutzgesichtspunkten zugunsten der Versicherten geboten. Der Kläger habe nach alledem die Beiträge für die Nachversicherung der Referendarzeiten des H. und der R. zutreffend berechnet; die entgegenstehenden Bescheide der Beklagten seien rechtswidrig.
Mit der vom SG zugelassenen und unter Beifügung der schriftlichen Zustimmungserklärung des Klägers eingelegten Sprungrevision rügt die Beklagte eine Verletzung der § 9 Abs 1 und § 124 Abs 1 AVG. Nach Sinn, Zweck und Systematik der Nachversicherungsvorschriften bewirke unabhängig davon, ob die Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge hinausgeschoben werde, das Ende einer versicherungsfreien Beschäftigung auch dann ein die Nachversicherung begründendes Ausscheiden, wenn die Unterbrechung nur vorübergehend sei. "Ausscheiden" bedeute, daß das bisherige, aufgrund der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften versicherungsfreie Beschäftigungsverhältnis beendet werde, wobei die Beendigung unabhängig von der arbeits- bzw dienstrechtlichen Betrachtung nur im sozialversicherungsrechtlichen Sinne zu verstehen sei. Demzufolge sei in Rechtsprechung und Schrifttum völlig unbestritten, daß der Wechsel eines Beamten von einem Dienstherrn zum anderen in sozialversicherungsrechtlicher Sicht zum Ausscheiden aus dem bisherigen Beschäftigungsverhältnis führe. Das BSG habe als Voraussetzung des Ausscheidens nach § 124 AVG in der Regel einen Wechsel des Dienstherrn für notwendig gehalten, weniger, nämlich einen Laufbahnwechsel mit geänderter Ressortzuständigkeit bei demselben Dienstherrn, aber nicht als ausreichend erachtet. Dabei habe sich die Wendung "in der Regel" auf Fälle bezogen, in denen sogar trotz Verbleibens bei demselben Dienstherrn ein Nachversicherungsfall angenommen worden sei. Diese Rechtsprechung habe das SG nicht berücksichtigt und damit auch nicht gewürdigt. Zu dem von ihm erreichten Ergebnis habe es nur gelangen können, wenn es den unschädlichen Ressortwechsel innerhalb des Wirkungsbereiches desselben Dienstherrn verneine. Jedoch erschienen die hierzu herbeigezogenen Argumente nicht schlüssig. Nach ihrer (der Beklagten) und der übrigen Rentenversicherungsträger Auffassung sei davon auszugehen, daß Unterbrechungen der versicherungsfreien Beschäftigung von weniger als einem Kalendermonat nicht als "Ausscheiden" iS des § 9 AVG anzusehen seien. Das gelte auch für andere Fälle des "Ausscheidens", denn nachversicherungsrechtlich sei zB auch die Beurlaubung wie ein Ausscheiden aus anderen Gründen - Dienstherrenwechsel oder Entlassung - zu werten. Daß eine Beurlaubung ohne Dienstbezüge bei der Nachversicherung wie eine Entlassung ohne Versorgung bewertet werde, beruhe darauf, daß es insoweit auf die rentenversicherungsrechtliche Auswirkung einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge ankomme. Bei einem nicht versicherungsfreien Beschäftigten würde die Rentenversicherungspflicht enden, wenn keine Entgelte gezahlt würden. Das Fehlen von Versicherungspflicht und Beitragspflicht gebe Anlaß, auch bei der Nachversicherung entsprechend zu verfahren. Grundsatz des Nachversicherungsrechts sei es, davon auszugehen, wie der Ausscheidende ohne Versicherungsfreiheit als Beamter rentenversicherungsrechtlich behandelt worden wäre. Für entgeltlose Beschäftigungszeiten hätte der Dienstherr keine Pflichtbeiträge entrichtet. Dann aber könne nicht jede Unterbrechung durch Wegfall der Entgeltzahlung (zB bei kurzfristigen Beurlaubungen) als Ausscheiden iS des § 9 AVG angesehen werden. Teilweise mit Beiträgen belegte Monate gälten als volle Beitragsmonate. Eine rentenversicherungsrechtliche Änderung trete daher für den Versicherten erst dann ein, wenn ein Kalendermonat ohne Entgelt folge. Dieser Monat wäre ohne Beitragsleistung und würde zu einer Unterbrechung der bisherigen Rentenversicherungspflicht führen. Entsprechendes gelte, wenn nicht eine Beurlaubung, sondern wie im anhängigen Streitverfahren der Ressortwechsel zu einer "Beitragslücke" von weniger als einem Kalendermonat führe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. September 1987 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. H. und R. seien mit Beendigung der Referendarzeit durch Ablegung der zweiten Staatsprüfung auch im sozialversicherungsrechtlichen Sinne aus ihrer versicherungsfreien Beschäftigung ausgeschieden. Ein Fall der vorübergehenden Unterbrechung des Dienstverhältnisses liege nicht vor. Aber selbst bei Annahme eines solchen Falles habe die tatsächliche und sozialversicherungsrechtliche Beendigung des Dienstverhältnisses stets den Eintritt des Nachversicherungsfalles zur Folge, der seinerseits den Zeitpunkt des Entstehens der Nachversicherungspflicht ohne Rücksicht darauf bestimme, ob die Beiträge tatsächlich zu entrichten seien oder ihre Entrichtung aufgeschoben sei. Das von der Beklagten angeführte Fehlen eines rentenversicherungsrechtlichen Regelungsbedarfs habe nichts mit den Fragen zu tun, wann der Nachversicherungsfall eingetreten sei und in welcher Höhe der Arbeitgeber Nachversicherungsbeiträge zu entrichten habe.
Entscheidungsgründe
Die durch Zulassung statthafte und formgerecht eingelegte Sprungrevision der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
Das angefochtene Urteil läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Das SG hat zu Recht die Bescheide vom 11. und 13. November 1986 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung eines Betrags von 237,10 DM an den Kläger verurteilt. Dieser hat zutreffend die Beiträge zur Nachversicherung des H. für den Zeitraum vom 3. Mai 1982 bis 21. Februar 1985 nach einem Beitragssatz von 18,7 vH und zur Nachversicherung der R. für den Zeitraum vom 2. Mai 1978 bis 19. August 1980 nach einem Beitragssatz von 18 vH errechnet.
Scheiden Personen aus der Beschäftigung, während der sie nach § 6 Abs 1 Nrn 2 bis 5 oder nach § 8 Abs 1 AVG versicherungsfrei waren, aus, ohne daß ihnen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen eine lebenslängliche Versorgung oder an deren Stelle eine Abfindung gewährt wird, so sind sie für die Zeit, in der sie sonst in der Rentenversicherung der Angestellten versicherungspflichtig gewesen wären, nachzuversichern (§ 9 Abs 1 AVG). Der Arbeitgeber hat die Beiträge nach den Vorschriften zu entrichten, die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung für die Berechnung der Beiträge für versicherungspflichtige Beschäftigte maßgebend sind (§ 124 Abs 1 Satz 1 AVG).
Unter den Beteiligten ist nicht streitig, daß H. und R. während der Zeiten ihres im Beamtenverhältnis auf Widerruf zurückgelegten juristischen Vorbereitungsdienstes versicherungsfrei gewesen sind. Zwar hat das SG nicht festgestellt, ob ihnen als Grundlage einer Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 AVG eine Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung und Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet worden ist. Das ist jedoch unschädlich. Denn auch ohne Gewährleistung einer solchen Versorgungsanwartschaft sind H. und R. während der Zeit ihres Referendariats als Beamte auf Widerruf jedenfalls nach § 6 Abs 1 Nr 2 AVG versicherungsfrei gewesen, weil sie für ihren Beruf ausgebildet worden sind. Ebenfalls unstreitig sind H. und R. aus ihren versicherungsfreien Beschäftigungen als Gerichtsreferendare ausgeschieden. Der Rechtsstreit wird allein um die für die Berechnung der Nachversicherungsbeiträge (§ 124 Abs 1 Satz 1 AVG) erhebliche Frage geführt, ob dieses Ausscheiden bereits mit der Ablegung der zweiten juristischen Staatsprüfung oder aber erst mit der Entlassung aus dem Richterverhältnis auf Probe erfolgt ist.
H. und R. sind mit Bestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung aus ihren versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnissen als Gerichtsreferendare ausgeschieden.
Wie das SG in Anwendung irrevisiblen Berliner Landesrechts (§ 162 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) und damit für den erkennenden Senat bindend festgestellt hat, haben die Widerrufsbeamtenverhältnisse des H. und der R. jeweils mit Ablauf des Tages der mündlichen Prüfung innerhalb der zweiten juristischen Staatsprüfung geendet. Allerdings ist, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, die Beendigung eines Beamtenverhältnisses nicht notwendigerweise und stets gleichbedeutend mit einem Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung iS der § 9 Abs 1, § 124 Abs 1 Satz 1 AVG. Der Begriff des Ausscheidens beurteilt sich allein nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen. Deswegen ist für ihn und für den Zeitpunkt des Ausscheidens nicht maßgebend, ob und wann im Sinne des Beamtenrechts oder des Arbeitsrechts die versicherungsfreie Beschäftigung endet (BSGE 38, 221, 222 = SozR 2200 § 1232 Nr 1 S 2). Entscheidend ist, ob und wann die mit dem Beschäftigungsverhältnis verbundene Versicherungsfreiheit endet, so daß selbst bei ununterbrochener Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses ein Ausscheiden im sozialversicherungsrechtlichen Sinne vorliegt, wenn zB wegen einer Aufhebung der nach § 6 Abs 2 AVG erforderlichen Gewährleistungsentscheidung (vgl BSGE 52, 78, 79 = SozR 5750 Art 2 § 3 Nr 3 S 2 mwN), wegen Absinkens der Versorgungsanwartschaften unter den für die Versicherungsfreiheit vorausgesetzten Umfang (vgl BSGE 16, 112, 114 = SozR Nr 2 zu § 1402 RVO) oder wegen Übertritts des Beschäftigten aus einer an sich arbeiterrentenversicherungspflichtigen in eine an sich angestelltenversicherungspflichtige Beschäftigung (vgl BSGE 26, 136, 139 = SozR Nr 11 zu § 1232 RVO; BSGE 39, 123, 125 = SozR 2200 § 1402 Nr 1 S 3; BSG SozR 2200 § 1232 Nr 3 S 5) die bisherige Versicherungsfreiheit entfällt (vgl zusammenfassend BSGE 54, 155, 158 = SozR 5755 Art 2 § 48a Nr 2 S 7 f). Andererseits ist die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 2 oder 3 AVG im Gegensatz zu derjenigen nach § 6 Abs 1 Nr 1 oder Nr 7 AVG beschäftigungsbezogen und nicht personenbezogen. Sie erstreckt sich ausschließlich auf die im Beamtenverhältnis ausgeübte Beschäftigung und erfaßt nicht Beschäftigungsverhältnisse, die der Beamte neben seinem Dienstverhältnis unterhält (vgl zB BSGE 50, 231, 233 = SozR 2200 § 1229 Nr 12 S 18 mwN). Damit führt die Beendigung des Beamtenverhältnisses zugleich zur Beendigung der Versicherungsfreiheit und damit zu einem Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung iS der § 9 Abs 1, § 124 Abs 1 Satz 1 AVG. Das gilt selbst dann, wenn der ausscheidende Beschäftigte unmittelbar anschließend (dazu BSG SozR 2200 § 1403 Nr 6 S 21) in ein abermals versicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis eintritt. Dies bewirkt lediglich einen Aufschub der Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge (§ 125 Abs 1 Buchst a AVG), läßt aber die Rechtsfolge, daß der Beschäftigte aus seinem ersten versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden und bezüglich dieses Beschäftigungsverhältnisses der Nachversicherungsfall eingetreten ist, unberührt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind H. und R. mit Ablauf der Tage ihrer mündlichen Prüfungen innerhalb der zweiten juristischen Staatsprüfung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne aus ihren versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnissen als Beamte auf Widerruf ausgeschieden. Daran ändert entgegen der Meinung der Beklagten nichts, daß sie im Verlaufe des auf die mündliche Prüfung folgenden Monats - R. sogar innerhalb weniger als eines Monats - erneut in ein versicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis als Richter auf Probe berufen worden sind. Die Beklagte stützt ihre gegenteilige Auffassung insbesondere auf das Urteil des erkennenden Senats vom 6. Februar 1975 (BSGE 39, 123, 124 = SozR 2200 § 1402 Nr 1 S 1 f), wonach ein Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung nach § 124 Abs 1 AVG in der Regel nicht angenommen werden kann, wenn im öffentlichen Dienst lediglich ein bloßer Laufbahnwechsel mit geänderter Ressortzuständigkeit bei demselben Dienstherrn eintritt, und leitet daraus her, daß Unterbrechungen der versicherungsfreien Beschäftigung zB infolge Beurlaubung oder Ressortwechsels von weniger als einem Kalendermonat nicht als "Ausscheiden" iS des § 9 Abs 1 AVG anzusehen seien (ähnlich Schreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung in Die Beiträge 1986, 234, wonach ein Ausscheiden erst bei einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge von mindestens einem Kalendermonat Dauer anzunehmen sein soll).
Dem folgt der Senat nicht. Das Urteil vom 6. Februar 1975 (aaO) ist nicht einschlägig. Es rechtfertigt überdies nicht die Schlußfolgerung, daß eine Unterbrechung einer versicherungsfreien Beschäftigung von weniger als einem Kalendermonat Dauer nicht als "Ausscheiden" iS der § 9 Abs 1, § 124 Abs 1 Satz 1 AVG angesehen werden kann. Eine solche Schlußfolgerung widerspricht zwingenden Vorschriften des Nachversicherungsrechts.
Im Urteil vom 6. Februar 1975 (aaO) hat der erkennende Senat über die Höhe des Beitragssatzes für die Nachversicherung eines Beschäftigten entschieden, der im Dienst der Bundesrepublik Deutschland zunächst Polizeivollzugsbeamter auf Widerruf beim Bundesgrenzschutz und sodann daran nahtlos anschließend Soldat auf Zeit bei der Bundeswehr gewesen ist. Dem sind die vorliegenden Sachverhalte nicht vergleichbar. Zwar haben H. und R. sowohl ihren juristischen Vorbereitungsdienst als Beamte auf Widerruf als auch ihre richterliche Tätigkeit als Richter auf Probe im Dienste des Landes Berlin geleistet. Die Richterverhältnisse haben aber nicht nahtlos an die Beamtenverhältnisse angeschlossen. Vielmehr haben zunächst die Beamtenverhältnisse mit Ablauf des Tages des letzten Teils der zweiten juristischen Staatsprüfung geendet. Sodann sind nach einer zeitlichen Unterbrechung durch Berufung des H. und der R. in Richterverhältnisse auf Probe erneut versicherungsfreie Beschäftigungsverhältnisse begründet worden. Ob Beamtenverhältnis und Richterverhältnis dann als einheitliches Beschäftigungsverhältnis mit bloßem Ressortwechsel angesehen werden könnten, wenn sie ohne zeitlichen Intervall aufeinander gefolgt wären, bedarf im vorliegenden Rechtsstreit nicht der Entscheidung. Jedenfalls ist dies zu verneinen, wenn wie bei H. und R. zwischen der Beendigung des vorangehenden und dem Beginn des folgenden Beschäftigungsverhältnisses ein nicht seinerseits mit einer versicherungsfreien Beschäftigung ausgefüllter zeitlicher Zwischenraum liegt.
Dabei kommt es auf dessen Dauer und darauf, daß das erneute versicherungsfreie Beschäftigungsverhältnis bereits in dem auf die Beendigung des vorangegangenen Beschäftigungsverhältnisses folgenden Monat begründet worden ist, nicht an. Angesichts der rechtlichen und inhaltlichen Unterschiede zwischen einem Beamtenverhältnis auf Widerruf und einem Richterverhältnis auf Probe bestehen selbst unter der Voraussetzung, daß sie mit ein und demselben Dienstherrn begründet worden sind, starke Bedenken gegen die Auffassung der Beklagten, ein zeitlicher Intervall zwischen der Beendigung des ersten und dem Beginn des zweiten Dienstverhältnisses stelle lediglich eine Unterbrechung dar. Dies braucht aber nicht vertieft zu werden. Selbst wenn eine bloße Unterbrechung vorläge, rechtfertigt dies nicht die rechtliche Konsequenz, daß damit der Beschäftigte nicht iS der § 9 Abs 1, § 124 Abs 1 Satz 1 AVG aus dem ersten Dienstverhältnis ausgeschieden ist. Einer solchen Schlußfolgerung steht § 125 Abs 1 Buchst b) AVG entgegen. Danach wird die Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen aufgeschoben, solange die versicherungsfreie Beschäftigung vorübergehend unterbrochen wird. Ein Aufschub der Beitragsentrichtung setzt notwendigerweise das Bestehen einer Beitragsentrichtungspflicht des Arbeitgebers (§ 124 Abs 1 Satz 1 AVG) dem Grunde nach und diese wiederum den Eintritt des Nachversicherungsfalles durch Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung voraus. Damit ist dem § 125 Abs 1 Buchst b) AVG zu entnehmen, daß auch die vorübergehende Unterbrechung eines versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnisses einen Fall des "Ausscheidens" darstellt, der dem Grunde nach die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen auslöst; allein der Vollzug dieser Verpflichtung wird durch den Aufschub der Beitragsentrichtung ausgesetzt (vgl BSG SozR 2200 § 1403 Nr 2). Der erkennende Senat hat deshalb wiederholt betont, daß im Nachversicherungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung jede vorübergehende Unterbrechung der versicherungsfreien Beschäftigung zu einem Ausscheiden iS des § 9 Abs 1 AVG führt, weil dieser Fall durch § 125 Abs 1 Buchst b) AVG ausdrücklich in diesem Sinne gesetzlich geregelt ist (vgl BSGE 34, 153, 158 = SozR Nr 6 zu § 17 FRG; BSGE 35, 183, 186 = SozR Nr 10 zu § 1402 RVO).
Zumindest aus diesem Grunde sind selbst unter Zugrundelegung der Rechtsmeinung der Beklagten, daß die versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnisse des H. und der R. durch die Beendigung ihres Vorbereitungsdienstes lediglich unterbrochen worden seien, sie mit diesem Zeitpunkt aus ihren versicherungsfreien Widerrufsbeamtenverhältnissen ausgeschieden. Demnach hat der Kläger die Nachversicherungsbeiträge ungeachtet eines zwischenzeitlichen Entrichtungsaufschubs nach den im Zeitpunkt der Beendigung der Widerrufsbeamtenverhältnisse maßgebenden Rechtsvorschriften zu entrichten (§ 124 Abs 1 Satz 1 AVG).
Der juristische Vorbereitungsdienst des H. hat am 21. Februar 1985 geendet. Seinerzeit hat der Beitragssatz 18,7 vH betragen (vgl Art 2 § 29b des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes idF des Art 3 des Arbeitsförderungs- und Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes vom 20. Dezember 1984, BGBl I S 1713). R. hat ihren juristischen Vorbereitungsdienst am 19. August 1980 abgeschlossen. In jenem Zeitpunkt hat sich der Beitragssatz auf 18 vH belaufen (§ 112 Abs 1 AVG idF des Art 1 § 2 Nr 6 Buchst a des Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes vom 28. Juli 1969, BGBl I S 956). Der Kläger hat die Nachversicherungsbeiträge im Einklang mit diesen Vorschriften errechnet und entrichtet. Das hat das SG zutreffend erkannt, so daß die Sprungrevision der Beklagten zurückzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 4 SGG.
Fundstellen