Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsunfähigkeit einer Verkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk. rechtliches Gehör. Gerichtskunde

 

Orientierungssatz

1. Eine erst während der Berufsausübung erfolgte Höherqualifizierung des Berufs steht einer Einstufung der bislang verrichteten Tätigkeit in die Gruppe der Gelernten nicht entgegen. Voraussetzung hierfür ist aber, daß der Versicherte den nunmehr höhere Anforderungen stellenden Beruf im wesentlichen vollwertig und unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes wettbewerbsfähig ausüben konnte und ausgeübt hat, wobei nach der Verschärfung der Ausbildungsvorschriften allenfalls weniger gewichtige neue Anforderungen im Randbereich der Tätigkeit außer Betracht bleiben können (vgl BSG 3.11.1982 1 RJ 42/82 = SozR 2200 § 1246 Nr 100).

2. Der in den §§ 62, 128 Abs 2 SGG normierte Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist ua dann verletzt, wenn auf eine - eventuell durch Beweisaufnahmen in anderen Verfahren erlangte - Gerichtskunde - zB über die Anforderungen der Verweisungstätigkeit an das Leistungsvermögen des Versicherten - nicht hingewiesen wird oder wenn die Erkenntnisquellen, aus denen das Gericht die festgestellten Tatsachen gewonnen hat, nicht in das Verfahren eingeführt worden sind. Das Gericht hat insbesondere in anderen Verfahren eingeholte Gutachten oder Auskünfte, die es im Wege des Urkundenbeweises verwerten will, den Beteiligten rechtzeitig zugänglich und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung zu machen sowie ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme und ggf zur Stellung von Beweisanträgen zu geben. Gleiches gilt für eine Gerichtskunde; auch sie muß entsprechend in das Verfahren eingeführt werden (vgl BSG 15.7.1982 5b RJ 86/81 = SozR 1500 § 62 Nr 11).

 

Normenkette

RVO § 1246 Abs 2 S 2; SGG §§ 62, 128 Abs 2

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 20.05.1986; Aktenzeichen L 5 J 60/85)

SG Itzehoe (Entscheidung vom 29.01.1985; Aktenzeichen S 1 J 201/84)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der beklagten Landesversicherungsanstalt (LVA) die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU).

Die im Jahre 1934 geborene Klägerin war nach bestandener Prüfung als Gewerbegehilfin von 1954 bis 1970 mit Unterbrechungen versicherungspflichtig im Fleischerhandwerk beschäftigt. Ihren am 30. Juni 1983 gestellten - dritten - Antrag auf Gewährung einer Versichertenrente lehnte die LVA mit dem streitigen Bescheid vom 10. Februar 1984 ab, weil die Versicherte noch als Kassiererin in einem Kaufhaus oder als Telefonistin vollschichtig arbeiten könne. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 1984).

Auch mit Klage und Berufung ist die Klägerin nicht durchgedrungen (Urteil des Sozialgerichts -SG- Itzehoe vom 29. Januar 1985; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts -LSG- vom 20. Mai 1986). Das LSG hat ausgeführt, der mit der Berufung allein verfolgte Anspruch auf Rente wegen BU stehe der Klägerin nicht zu. Durch ihre bisherige Berufstätigkeit als Gewerbegehilfin habe sie zwar den Berufsschutz als Facharbeiterin erworben, auch wenn sie nur die damals vorgeschriebene Lehre von zwei Jahren absolviert habe, weil die Ausbildungszeit für den von der Klägerin ausgeübten Beruf der "Verkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk" später auf drei Jahre aufgestockt worden sei. Aus gesundheitlichen Gründen könne sie auch nicht mehr im erlernten Beruf oder in berufsnahen Verkaufstätigkeiten eingesetzt werden. Wegen ihrer Veränderungen an der Wirbelsäule, an beiden Händen, der Neigung zu Venenentzündungen und ihrer Fußfehlstatik sei sie nämlich nur noch in der Lage, leichte Arbeiten vollschichtig im Sitzen und Stehen im Wechselrhythmus ohne einseitige Körperhaltung, Überkopfarbeit, Einwirkungen von Nässe und Kälte und ohne Tragen von Lasten über 5 kg zu verrichten. Zudem seien Bewegungen des rechten Armes über Schulterhöhe ausgeschlossen und die Feinmotorik beider Hände zB bei der sicheren Handhabung gefährlicher Instrumente, etwa eines Schlachtermessers, eingeschränkt. Nach Arbeiten im Stehen von einer halben Stunde, im Gehen und Sitzen von einer Stunde solle schließlich für etwa fünf bis zehn Minuten eine andere Position eingenommen werden. Mit diesem Leistungsvermögen könne sie aber jedenfalls noch als "Personalpförtnerin" insbesondere im Handel arbeiten. Diese Tätigkeit lasse einen Wechselrhythmus zu und erfordere keine Zwangshaltungen. Hierbei handle es sich, wie "dem Senat auch aus zahlreichen anderen Beweisaufnahmen bekannt" sei, um Arbeitsplätze, die auf dem Arbeitsmarkt auch im Anlernbereich (nach Inhalt und Entlohnung) in nennenswerter Zahl (zB in größeren Kaufhäusern) vorhanden seien. Die Arbeit bestehe überwiegend in Kontrollen des Personals und Füllarbeiten. Die Klägerin könne sie nach einer Einarbeitung von höchstens drei Monaten verrichten.

Mit ihrer - vom Senat zugelassenen - Revision rügt die Klägerin, das LSG habe die Verweisung auf die Tätigkeit einer Personalpförtnerin im Handel auf Kenntnisse aus Beweisaufnahmen in anderen Verfahren gestützt, ohne Gelegenheit gegeben zu haben, hierzu Stellung zu nehmen. Ferner habe es einen Beweisantrag zur Aufklärung eventuell vorliegender weiterer Einschränkungen ihres Leistungsvermögens und einen Antrag auf Vernehmung des berufskundlichen Terminsachverständigen ohne hinreichenden Grund nicht stattgegeben. Bei fehlerfreiem Verfahrensgang hätte das LSG zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß sie auch als Personalpförtnerin gesundheitlich nicht einsetzbar sei.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 20. Mai 1986 aufzuheben und die Sache zur erneuten mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend, auch wenn ihr der Begriff der "Füllarbeiten" bislang verschlossen geblieben sei. Ferner trägt sie vor, das LSG habe keine hinreichenden Feststellungen darüber getroffen, ob die Klägerin den Beruf der "Verkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk" vollwertig ausgeübt habe.

Inzwischen hat die Beklagte einen weiteren Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 29. Oktober 1986 abgelehnt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet, weil die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts zur abschließenden Entscheidung des Rechtsstreits nicht ausreichen (§ 170 Abs 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).

Das Begehren der Klägerin auf Gewährung einer Rente kann gemäß § 1246 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) nur Erfolg haben, wenn sie berufsunfähig (bu) iS des § 1246 Abs 2 RVO ist. Nach dieser Bestimmung ist eine Versicherte bu, deren Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Nach § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO umfaßt der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihr unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit "zugemutet werden" können. Zur Handhabung dieser Vorschrift hat das Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung die Arbeiterberufe aufgrund von Beobachtungen der Arbeits- und Berufswelt nach ihren qualitativen Anforderungen in ein "Vierstufen-Schema" eingeordnet, das durch die Leitberufe des Ungelernten, des sonstigen - nicht dem Facharbeiter entsprechenden - Ausbildungsberufs (Angelernten), des Facharbeiters (Gelernten) und des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw des besonders qualifizierten Facharbeiters gekennzeichnet wird (vgl BSGE 59, 201 = SozR 2200 § 1246 Nr 132 mwN). Im Sinne von § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO "zugemutet werden" kann den Versicherten der berufliche Abstieg nur zur nächstniedrigen Gruppe des Schemas.

Die Prüfung, ob ein Versicherter bu ist, hat von dessen bisherigen Beruf auszugehen, der nach seinen qualitativen Anforderungen in das vorgenannte "Vierstufen-Schema" einzuordnen ist. Dazu hat das LSG lediglich festgestellt, die Klägerin habe eine Ausbildung als Gewerbegehilfin von zweijähriger Dauer absolviert und sei als Gewerbegehilfin tätig gewesen. Die Ausbildungszeit für diesen Beruf sei später auf drei Jahre aufgestockt worden. Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, daß die von ihm festgestellten Tatsachen nicht ausreichen, den qualitativen Wert der von der Klägerin tatsächlich verrichteten Tätigkeit und deren Einordnung in das Mehrstufenschema zu beurteilen. Die Ansicht des LSG, die 1954 erfolgte "Aufstockung" der Ausbildungszeit rechtfertige als solche bereits, der Klägerin den Berufsschutz einer Facharbeiterin zuzuerkennen, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 2200 § 1246 Nr 100, 67 mwN) steht zwar eine erst während der Berufsausübung erfolgte Höherqualifizierung des Berufs einer Einstufung der bislang verrichteten Tätigkeit in die Gruppe der Gelernten nicht entgegen. Voraussetzung hierfür ist aber, daß der Versicherte den nunmehr höhere Anforderungen stellenden Beruf im wesentlichen vollwertig und unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes wettbewerbsfähig ausüben konnte und ausgeübt hat, wobei nach der Verschärfung der Ausbildungsvorschriften allenfalls weniger gewichtige neue Anforderungen im Randbereich der Tätigkeit außer Betracht bleiben können. Das LSG hat jedoch nicht geprüft, ob die Klägerin über die theoretischen und praktischen Kenntnisse und Fertigkeiten einer "Verkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk" verfügt und diesen Beruf vollwertig ausgeübt hat, obwohl die Handwerkskammer Lübeck in ihrer an das LSG gerichteten Auskunft vom 5. März 1982, die sich in den vom LSG in bezug genommenen Akten der Beklagten befindet, darauf hingewiesen hat, bei Ablösung des Berufs der "Gewerbegehilfin im Fleischerhandwerk" durch den der "Verkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk" im Jahre 1954 sei die Ausbildungszeit auf drei Jahre aufgestockt worden, weil sich das Arbeitsgebiet erweitert und die leistungsmäßigen Anforderungen erhöht hätten.

Auch hinsichtlich der vom LSG der Klägerin zugemuteten Verweisungstätigkeit bietet das angefochtene Urteil keine ausreichende Entscheidungsgrundlage. Dazu hat das LSG festgestellt, die Klägerin müsse sich auf den Beruf der "Personalpförtnerin" insbesondere im Handel verweisen lassen. An diese Feststellung ist der Senat jedoch nicht gebunden, weil die Klägerin zulässig und begründet eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (§§ 62, 128 Abs 2 SGG) gerügt hat (§§ 163 Halbsatz 2, 164 Abs 2 Satz 3 SGG).

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl Senatsurteil vom 13. Mai 1986 - 4a RJ 19/85; BSG SozR 1500 § 62 Nr 11; SozR 2200 § 1246 Nr 98) ist der in den §§ 62, 128 Abs 2 SGG normierte Grundsatz des rechtlichen Gehörs ua dann verletzt, wenn auf eine - eventuell durch Beweisaufnahmen in anderen Verfahren erlangte - Gerichtskunde - hier: über die Anforderungen der Verweisungstätigkeit an das Leistungsvermögen des Versicherten - nicht hingewiesen wird oder wenn die Erkenntnisquellen, aus denen das Gericht die festgestellten Tatsachen gewonnen hat, nicht in das Verfahren eingeführt worden sind. Das Gericht hat insbesondere in anderen Verfahren eingeholte Gutachten oder Auskünfte, die es im Wege des Urkundenbeweises verwerten will, den Beteiligten rechtzeitig zugänglich und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung zu machen sowie ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme und ggf zur Stellung von Beweisanträgen zu geben. Gleiches gilt für eine Gerichtskunde; auch sie muß entsprechend in das Verfahren eingeführt werden.

Das LSG hat sich jedoch ausdrücklich auf Kenntnisse aus "anderen Beweisaufnahmen" gestützt, ohne die dabei entstandenen Unterlagen im vorgenannten Sinne ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt oder auf die daraus zum Anforderungsprofil im Beruf einer "Personalpförtnerin" gewonnene Gerichtskunde hingewiesen und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme und zu Beweisanträgen gegeben zu haben. Der vom LSG im Termin am 20. Mai 1986 gehörte berufskundliche Sachverständige K. hat nämlich ausweislich der Sitzungsniederschrift über den Beruf der "Personalpförtnerin" nur folgendes zu Protokoll erklärt: "Es käme aber auch die Tätigkeit einer Personalpförtnerin insbesondere im Handel, die auch auf qualifiziert angelernter Ebene angesiedelt ist, für Frau J., ohne daß die Einarbeitungszeit 3 Monate überschreitet, in Frage. Die erhaltene Ausbildung ist hierfür sehr dienlich. Es handelt sich hierbei um Arbeitsplätze, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angeboten werden. Die Tätigkeit selbst besteht im wesentlichen aus der Kontrolle des Personals sowie je nach Größe des Unternehmens Füllarbeiten".

Dieser gutachtlichen Äußerung und dem übrigen Akteninhalt läßt sich nichts darüber entnehmen, welche Arbeitsvorgänge mit welchen körperlichen und geistigen oder nervlichen Anforderungen eine "Personalpförtnerin" zu verrichten hat. Das LSG konnte sich demgemäß für die Feststellung, die Tätigkeit lasse einen Wechselrhythmus zu und erfordere auch keine Zwangshaltungen, nicht auf die berufskundliche Äußerung des Terminsachverständigen stützen, sondern hat auf seine eigenen Kenntnisse "aus zahlreichen anderen Beweisaufnahmen" abgestellt, auf die es die Beteiligten nicht aufmerksam gemacht hatte. Auf dieser somit verfahrensfehlerhaft zustandegekommenen Feststellung kann die angefochtene Entscheidung auch beruhen, weil das LSG keine andere Verweisungstätigkeit konkret benannt hat. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Streitsache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Das LSG wird bei der Prüfung, ob es eine der Klägerin iS des § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO "zumutbare" Erwerbstätigkeit gibt, folgendes zu beachten haben: Fraglich ist, ob die Klägerin nach ihrem "bisherigen Beruf" im Rahmen des "Vierstufen-Schemas" in die Gruppe mit dem Leitbild der Facharbeiterin einzustufen ist, die nach der nunmehr übereinstimmenden Rechtsprechung der für die Arbeiterrentenversicherung zuständigen Senate des BSG durch eine Regelausbildung von m e h r als zwei Jahren (nicht: mindestens zwei Jahre), regelmäßig von drei Jahren gekennzeichnet ist (vgl Senatsurteile vom 21. Juli 1987 - 4a RJ 39/86 und vom 26. Februar 1987 - 4a RJ 47/86; BSGE 59, 201 = SozR 2200 § 1246 Nr 132; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 140 jeweils mwN). Nach den Feststellungen des LSG hat die Klägerin nur die Ausbildung zur Gewerbegehilfin im Fleischerhandwerk mit einer Ausbildungszeit von zwei Jahren durchlaufen und danach Verkaufstätigkeiten im Nahrungsmittelhandwerk verrichtet. Jedoch erst durch den Erlaß des Bundesministers für Wirtschaft (BMWi) vom 11. Mai 1954 - II B1 734/54 - (vgl Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe, Ausgabe 1980, Seite 43) wurde statt dessen der Beruf der Verkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk mit einer Ausbildung von drei Jahren eingeführt, während nach dem Erlaß des BMWi vom 27. März 1968 - II B5-465022-10 (Ministerialblatt des BMWi 1968, 83), ergangen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, die Tätigkeit der Verkäuferin mit einer Ausbildung von zwei Jahren als erste Stufe der Stufenausbildung zur Einzelhandelskauffrau ausgestaltet war und erst durch die Rechtsverordnung vom 14. Januar 1987 (BGBl I S 153) der Ausbildungsberuf der Kauffrau im Einzelhandel mit einer Ausbildung von drei Jahren gesetzlich anerkannt wurde.

Sollte die Nachprüfung ergeben, daß die Klägerin den Berufsschutz einer Facharbeiterin nicht genießt, wird das LSG zu erwägen haben, daß sie innerhalb der Gruppe mit dem Leitberuf der Angelernten wegen der Qualität der bisherigen Berufstätigkeit, die durch die Regelausbildung von zwei Jahren ausgewiesen wird, dem oberen Bereich dieser Berufsgruppe angehört mit der Folge, daß sie nicht auf diejenigen Tätigkeiten der Gruppe mit dem Leitberuf der Ungelernten verwiesen werden kann, die nur ganz geringen qualitativen Wert habe, so daß zumindest eine als zumutbar in Betracht kommende Tätigkeit konkret benannt werden muß (vgl BSGE 59, 201, 206 = SozR 2200 § 1246 Nr 132; BSG aaO Nr 40).

Dieses Bezeichnungsgebot setzt die Feststellungen sowohl der beim Versicherten vorhandenen als auch der für die konkrete Verweisungstätigkeit erforderlichen gesundheitlichen und beruflichen Leistungsfähigkeit voraus, die danach auf ihre Übereinstimmung miteinander zu vergleichen sind (vgl Senatsurteil vom 18. Dezember 1986 - 4a RJ 79/85; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 98 mwN).

Das LSG wird ferner zu beachten haben, daß die Beklagte mit Bescheid vom 29. Oktober 1986 einen weiteren Rentenantrag der Klägerin abgelehnt hat (§§ 171 Abs 2, 96 Abs 1 SGG). Weiterhin wird es abschließend auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1663116

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