Leitsatz (amtlich)
1. Lohnausfälle infolge Wahrnehmung des Schöffenamts mindern nicht das Krankengeld. Der für die Höhe des Krankengeldes maßgebende Grundlohn ist so zu berechnen, als ob der Versicherte durch den Schöffendienst keinen Lohnausfall gehabt hätte.
2. Der RAM-Erl 1942-01-28 = AN 1942, 91 betrifft nicht Arbeitsunterbrechungen durch Schöffendienst.
Normenkette
RVO § 180 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1927-07-15, § 382 Fassung: 1924-12-15; RAMErl 1942-01-28
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden- Württemberg vom 15. Juli 1954 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Vorentscheidung des Vorsitzenden des Spruchausschusses des Versicherungsamts M vom 29. Januar 1952 aufgehoben wird.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I
Der Kläger ist Pflichtmitglied der beklagten Krankenkasse; sein Grundlohn wird nach dem wirklichen Arbeitsverdienst bemessen (§ 180 Abs. 2 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung - RVO -) und im Krankheitsfalle aus dem Entgelt während der letzten vier, den Lohnperioden des Betriebs entsprechenden Wochen errechnet (§ 9 Abs. 1 der Kassensatzung). Er war vom 19. April 1951 bis zum 26. August 1951 wegen Krankheit arbeitsunfähig und erhielt Krankengeld. Bei der Ermittlung des für das Krankengeld maßgebenden Grundlohns ging die Beklagte von dem Arbeitsverdienst aus, den der Kläger während der letzten vier Lohnwochen vor der Erkrankung tatsächlich bezogen hatte. Während dieser Zeit (19. März bis 14. April 1951) ist er einen Tag als Schöffe bei Gericht tätig gewesen und hat für diesen Tag keinen Lohn bezogen. Er ist der Ansicht, der dadurch entstandene Verdienstausfall dürfe sich bei der Festsetzung des Grundlohns nicht zu seinen Ungunsten auswirken; der Grundlohn sei vielmehr so zu berechnen, als ob er an jenem Tage gearbeitet und Lohn erhalten hätte.
Da die Beklagte sich weigerte, dem Kläger den verlangten Mehrbetrag an Krankengeld (0,23 DM täglich für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit) zu zahlen, erhob der Kläger beim Versicherungsamt M Klage. Dieses wies die Klage durch Vorentscheidung vom 29. Januar 1952 ab: nach den - im Gebiet des ehemaligen Landes Württemberg-Baden noch gültigen - Bestimmungen des Reichsarbeitsministers vom 28. Januar 1942 (sog. Bummelerlaß; Amtl. Nachr. 1942 S. II 91) seien bei Versicherten, deren Grundlohn nach dem wirklichen Arbeitsverdienst festgesetzt werde, die Barleistungen allein nach dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt zu bemessen, wenn der Versicherte, wie hier, mit Zustimmung des Arbeitgebers bis zu drei Tagen nicht gearbeitet und kein Entgelt erhalten, das Beschäftigungsverhältnis aber fortgedauert habe.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung beim Oberversicherungsamt (OVA.) K ein und machte geltend, der auf die besonderen Verhältnisse des Krieges zugeschnittene Erlaß vom 28. Januar 1942 sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Das OVA. gab die Sache durch Beschluß vom 13. April 1953 gemäß § 1693 RVO alter Fassung zur Entscheidung an das Landesversicherungsamt (LVAmt) Württemberg-Baden ab, damit dieses die Frage, ob die erwähnten Bestimmungen auch auf Fälle der vorliegenden Art anzuwenden seien, grundsätzlich kläre. Das Landessozialgericht (LSG.), das nach dem Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zuständig wurde, verurteilte die Beklagte, die dem Kläger für die Zeit vom 22. April bis 26. August 1951 zu gewährenden Barleistungen nach dem Grundlohn und damit dem Arbeitsverdienst zu berechnen, den der Kläger in der Zeit vom 19. März bis 14. April 1951 bei tatsächlich geleisteter ununterbrochener Arbeit erzielt hätte (Urteil vom 15.7.1954). Das LSG. hält die "Bestimmungen" vom 28. Januar 1942 für nicht anwendbar, wenn die Arbeitsunterbrechung und der Lohnausfall durch eine Schöffentätigkeit bedingt seien. Im übrigen ist es den Rechtsgrundsätzen gefolgt, die das Reichsversicherungsamt (RVA.) in der Grundsätzlichen Entscheidung Nr. 5406 (AN. 1941 S. II 86) für die Berechnung des Grundlohns in Fällen unbezahlten Urlaubs aufgestellt hat.
Die - vom LSG. zugelassene - Revision der beklagten Kasse rügt die Nichtanwendung der erwähnten Bestimmungen aus dem Jahre 1942. Sie ist der Ansicht, die "Bestimmungen" seien nicht nur aus kriegsbedingten Gründen erlassen; der diesen Bestimmungen zugrunde liegende Zweck, die Verwaltung der Krankenkassen und Betriebe zu vereinfachen, lasse es auch heute noch geboten erscheinen, bei kürzeren Arbeitsunterbrechungen den Grundlohn nach dem (in den Lohnlisten ausgewiesenen) tatsächlich erzielten Arbeitsverdienst zu berechnen. Die Beklagte hat beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Entscheidung des Versicherungsamts Mannheim vom 29. Januar 1952 wiederherzustellen.
Der Kläger hat um Zurückweisung der Revision gebeten.
II
Das Berufungsgericht hat die Berufung mit Recht als zulässig angesehen.
Die Streitsache war, als das SGG in Kraft trat (1.1.1954), beim LVAmt Württemberg-Baden rechtshängig. Sie ist daher gemäß § 215 Abs. 3 SGG - als Berufung (BSG. 1 S. 62 und 264) - auf das LSG. übergegangen, das nunmehr anstelle des LVAmts über die Sache zu entscheiden hatte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG.) ist bei einer nach § 215 Abs. 3 SGG übergegangenen Sache die Zulässigkeit des Verfahrens sowohl nach altem wie nach neuem Recht zu prüfen (vgl. BSG. 1 S. 204, 2 S. 225 sowie 2 RU 100/54 vom 26.2.1957). Im vorliegenden Falle ist das Verfahren beim früheren LVAmt Württemberg-Baden nicht auf Revision eines Beteiligten, sondern auf Grund eines Abgabebeschlusses des OVA. nach § 1693 RVO a. F. anhängig geworden. Die Voraussetzungen für eine Abgabe der Sache an das LVAmt nach § 1693 Abs. 1 RVO a. F. waren erfüllt: Die Revision gegen die Entscheidung des OVA. war ausgeschlossen (§ 1676 Satz 2 RVO a. F.) und es handelte sich um "eine noch nicht festgestellte Auslegung gesetzlicher Vorschriften von grundsätzlicher Bedeutung", nämlich der angeführten Bestimmungen vom 28. Januar 1942. Das LSG. hat die Zulässigkeit dieses Beschlusses sonach mit Recht bejaht.
Das mit dem Inkrafttreten des SGG auf das LSG. übergegangene Verfahren ist auch nach neuem Recht zulässig geblieben. Die Berufung ist namentlich durch § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht ausgeschlossen. Die vorliegende Klage auf Nachzahlung von Krankengeld betrifft einen - wenn auch nur der Höhe nach streitigen - Anspruch auf wiederkehrende Leistungen für die Zeit vom 22. April bis 26. August 1951, mithin für einen längeren Zeitraum als 13 Wochen (vgl. BSG. 2 S. 135 (138) und 3 RK 22/55 vom 20.12.1956).
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den Grundlohn des Klägers für die Zeit vom 19. März 1951 bis zum 14. April 1951 nach einem Arbeitsverdienst zu berechnen, den der Kläger in dieser Zeit ohne die Arbeitsunterbrechung durch die Schöffentätigkeit erzielt hätte, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Grundlohn bildet nach § 180 Abs. 1 Satz 1 RVO die Bemessungsgrundlage für die baren Kassenleistungen. Als Grundlohn gilt dabei der Teil des Arbeitsentgelts, der während einer oder (soweit die Kassensatzung dies bestimmt) mehrerer Lohnperioden im Durchschnitt auf den einzelnen Kalendertag entfällt (§ 180 Abs. 1 Satz 2 RVO). Über die Art, wie der für den Grundlohn maßgebende Arbeitsentgelt zu ermitteln ist, hat das RVA. in der Entscheidung Nr. 5406 (AN. 1941 S. 86) folgenden Grundsatz aufgestellt: Sieht die Satzung einer Krankenkasse vor, daß als Grundlohn der auf den Kalendertag entfallende Teil des Arbeitsverdienstes im Durchschnitt der letzten vier Wochen vor dem Tage des Versicherungsfalles gilt, so ist, wenn in diese Zeit unbezahlter Urlaub fällt, der Arbeitsverdienst zugrunde zu legen, der in den letzten vier Wochen bei tatsächlich geleisteter ununterbrochener Arbeit erzielt worden wäre (a. A. noch Bescheid des RVA. vom 26.8.1938, DOK. 1939 S. 333; ebenso aber Bescheid vom 20.1.1939, DOK. 1939 S. 365 und die spätere ständige Rechtsprechung des RVA., vgl. GE. Nr. 5419, AN. 1941 S. II 148 und EuM. Bd. 48 S. 41 = Arbeiterversorgung 1941 S. 289 mit Anm.). Dem ist beizupflichten; denn der Zweck des Krankengeldes, den mit der Arbeitsunfähigkeit im allgemeinen verbundenen Verdienstausfall wenigstens teilweise auszugleichen (RVA. in GE. Nr. 5517, AN. 1943 S. II/145 (146)), wäre nicht oder nur unvollkommen zu erreichen, wenn eine vorübergehende Lohnminderung zumal infolge einer nicht betriebsbedingten Unterbrechung der Arbeit in einem späteren Krankheitsfalle zu einer u. U. langdauernden Schmälerung des Krankengeldes führen könnte. Zu untragbaren Ergebnissen würde eine Berechnung des Grundlohns allein nach dem tatsächlich erzielten Arbeitsverdienst aber führen, wenn in die letzten maßgebenden Lohnperioden vor der Erkrankung nur oder in der Hauptsache unbezahlte Zeiten fielen. Es würde sich dann, wie das RVA. a. a. O. mit Recht bemerkt, überhaupt kein oder nur ein ganz geringer Grundlohn ergeben. Hiernach erscheint es in der Tat geboten, bei der Ermittlung des Grundlohns von den regelmäßigen, dem gewöhnlichen Arbeitsleben des Versicherten entsprechenden Lohnverhältnissen auszugehen und einen Lohnausfall infolge "zufälliger", mit der Arbeit im Betrieb nicht zusammenhängender Ereignisse unberücksichtigt zu lassen (vgl. OVA. Würzburg vom 12.6.1939 unter Hinweis auf weitere OVA.-Entscheidungen bei Langewort/Rink, Rechtsprechung zur Krankenversicherung 1939). - Diese Auslegung des § 180 Abs. 1 Satz 2 RVO wird gestützt durch §§ 180 Abs. 4, 313 Abs. 1 und 382 RVO, die der Berechnung des Grundlohns ebenfalls nicht den tatsächlich erzielten, sondern einen angenommenen oder früher bezogenen, in diesem Sinne also "fiktiven" Arbeitsverdienst zugrunde legen. Auch ist in diesem Zusammenhang auf die Vorschrift des § 180 Abs. 1 Satz 4 RVO zu verweisen, die den Zweck verfolgt, den Grundlohn unabhängig von der Länge der einzelnen Kalendermonate mit Hilfe einer festen Teilungszahl konstant zu halten. - Einen gewissen Schutz gegen allzu starke Schwankungen des Grundlohns bieten freilich auch Satzungsbestimmungen, nach denen der Grundlohn nicht aus dem Arbeitsverdienst einer, sondern mehrerer Lohnperioden errechnet wird, was die Verteilung von Lohnausfällen über längere Zeiträume zur Folge hat. Ein völliger Ausgleich des eingetretenen Lohnausfalles ist auf diesem Wege jedoch nicht zu erreichen, so daß Härten für den einzelnen Versicherten, namentlich bei längeren Arbeitsunterbrechungen, nicht zu vermeiden wären. Ein ungeschmälerter Versicherungsschutz in solchen Fällen betrieblich nicht bedingter Arbeitsunterbrechung und dadurch entstehender Lohneinbußen ist mithin nur dann gewährleistet, wenn die Ausfalltage bei der Ermittlung des Grundlohns mit einem angenommenen Arbeitsverdienst in Anschlag gebracht werden.
Diese vom RVA. zunächst nur für den Fall eines unbezahlten Urlaubs aufgestellten Rechtsgrundsätze gelten auch für den vorliegenden Sachverhalt. Eine Minderung des Grundlohns infolge verminderter Lohnbezüge würde hier sogar in besonderem Maße als unbillig erscheinen, da der Lohnausfall nicht durch Wahrnehmung privater Belange, sondern durch die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten bedingt ist. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, lassen sich die dem Kläger entstandenen Nachteile auch nicht dadurch ausgleichen, daß die Entschädigung, die ihm als Schöffe gezahlt worden ist, bei der Festsetzung des Grundlohns berücksichtigt wird; denn die Schöffenentschädigung stellt schon deshalb kein Arbeitsentgelt dar, weil der Schöffe als solcher - als Inhaber eines öffentlichen Ehrenamts - in keinem Beschäftigungsverhältnis steht (vgl. auch RVA. in GE. Nr. 1900, AN. 1914 S. 708 betr. die Versicherungspflicht von Feldgeschworenen).
Der Berechnung des Grundlohns nach einem Arbeitsverdienst, den der Kläger in der Zeit vom 19. März bis 14. April 1951 ohne den durch die Schöffentätigkeit verursachten Lohnausfall erzielt hätte, stehen auch die Bestimmungen des Reichsarbeitsministers über die Kranken- und Arbeitslosenversicherung bei Arbeitsunterbrechung ohne Entgeltzahlung vom 28. Januar 1942 (AN. 1942 S. 91) nicht entgegen. Diese Bestimmungen sind auf Grund des § 9 Satz 2 der Verordnung zur Sicherstellung des Kräftebedarfs für Aufgaben von besonderer staatspolitischer Bedeutung vom 13. Februar 1939 (RGBl. I S. 206) als Rechtsverordnung erlassen und im Reichsanzeiger vom 9. Februar 1942 ordnungsgemäß veröffentlicht worden (vgl. den Vermerk in AN. 1942 S. 91). Ob sie heute noch in allen Teilen als gültig anzusehen sind, braucht hier nicht erörtert zu werden; im vorliegenden Falle handelt es sich allein um die Anwendung der Bestimmungen zu Nr. I 1 a und b, gegen deren Weitergeltung im Gebiet des früheren Landes Württemberg-Baden Bedenken nicht bestehen (vgl. Eckert-Sauerborn, Die Sozialversicherungsgesetze, § 180 RVO, Anm. 7 a; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand: 15.3.1957, S. 310, 372 g; vgl. auch Erlaß des BAM. vom 16.8.1950 - IV al - 2498/50 -, BKK. 1950 Sp. 339). Nach den genannten Vorschriften haben Unternehmer für Versicherte, deren Grundlohn nach dem wirklichen Arbeitsverdienst festgesetzt wird, keine Beiträge zu entrichten, wenn der Versicherte, ohne arbeitsunfähig krank zu sein, ohne Zustimmung des Arbeitgebers nicht gearbeitet und kein Entgelt erhalten, das versicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis aber fortgedauert hat (sog. Bummeltage); auch die Leistungen bemessen sich in diesen Fällen nach dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt (Nr. I 1 a). Das gleiche gilt nach Nr. I 1 b der genannten Bestimmungen, wenn ein Versicherter, ohne arbeitsunfähig krank zu sein, mit Zustimmung des Arbeitgebers bis zu drei Tagen nicht gearbeitet und kein Entgelt erhalten, das versicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis aber fortgedauert hat (unbezahlter Urlaub). Bei der mit Lohnausfall verbundenen Arbeitsunterbrechung durch Schöffendienst sind weder die Bestimmungen zu Nr. I 1 a noch zu Nr. I 1 b anzuwenden, weil der Schöffendienst weder als unentschuldigtes Fernbleiben noch als unbezahlter Urlaub anzusehen ist.
Die Bestimmungen vom 28. Januar 1942 sind - wie sich aus der Fassung der die Ermächtigung enthaltenden VO vom 13. Februar 1939 ergibt - "zur Sicherstellung des Kräftebedarfs für Aufgaben von besonderer staatspolitischer Bedeutung" erlassen; außerdem enthalten sie in Nr. I la als klarstellenden Hinweis den Zusatz "(sog. Bummeltage)". Daraus ist zu entnehmen, daß Nr. I la nur eigentliche "Bummelzeiten" erfassen will, andere Fehltage hingegen selbst dann nicht, wenn der Arbeitgeber der Arbeitsunterbrechung nicht zugestimmt hat. Da die Ausübung des Schöffenamts - tatsächlich und rechtlich - auf einer völlig anderen Ebene als das unentschuldigte Fernbleiben von der Arbeit liegt, diesem mithin nicht gleichgesetzt werden kann, ist Nr. I la der Bestimmungen auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Auch der Geltungswille der Vorschrift zu Nr. I 1 b erstreckt sich nicht auf sämtliche Fälle, in denen ein Arbeitnehmer mit Zustimmung des Arbeitgebers die Arbeit bis zu drei Tagen unterbrochen hat. Die Vorschrift soll vielmehr, wie der Klammerzusatz-"unbezahlter Urlaub" - ergibt, nur in Fällen Anwendung finden, in denen das Fernbleiben von der Arbeit der vorherigen Zustimmung des Arbeitgebers bedarf. Das ist bei Versicherten, die der Arbeit fernbleiben, um ihrer Schöffenpflicht zu genügen, nicht der Fall. Sie werden zwar ihr Fehlen dem Arbeitgeber vorher rechtzeitig mitzuteilen haben, damit dieser für einen reibungslosen Arbeitsablauf Sorge tragen kann (vgl. auch BAG. in AP Nr. 4 zu § 37 BetrVerfG); einer besonderen Erlaubnis, der Arbeit fernzubleiben, bedürfen sie jedoch nicht, da sie insoweit schon kraft Gesetzes von ihren privatrechtlichen Arbeitsverpflichtungen freigestellt sind (vgl. Nikisch, Arbeitsrecht, 2. Aufl. 1. Bd. S. 447; Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 6. Aufl. S. 203).
Die Richtigkeit dieser Auslegung der Bestimmungen vom 28. Januar 1942 wird auch durch ihre Entstehungsgeschichte bestätigt. In der Entscheidung Nr. 5406 hatte das RVA. entschieden, wie sich ein mehrwöchiger, an den bezahlten Sommerurlaub anschließender unentgeltlicher Urlaub (vgl. GE. Nr. 5419, AN. 1941 S. 148 (150)) auf den Grundlohn auswirkt; es hatte dagegen "die Frage, wie sonstige unbezahlte Zeiten zu behandeln wären", ausdrücklich offen gelassen. Einen Schritt weiter ging der Bescheid des RVA. vom 18. Juli 1941 (AN. 1941 S. 323) betreffend die "Anwendung der Grundsätzlichen Entscheidung des RVA. Nr. 5406 vom 18. Dezember 1940 auf Zeiten unentschuldigten Fehlens (sogenannte Bummeltage)". Daß damit indessen noch nicht alle Fälle von Arbeitsunterbrechungen erfaßt waren, zeigt der Bescheid des RAM. vom 4. September 1941, der im Anschluß an eine Stellungnahme des RVA. die in der GE. Nr. 5406 aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen für anwendbar hält, in denen "der Versicherte durch höhere Gewalt, wie z. B. Schneewehen, an der Ausübung seiner Beschäftigung verhindert wurde" (siehe Rinks Gesetzestexte, 1941, Lieferung 15). Diese Rechtsentwicklung wollten die "Bestimmungen" des RAM. vom 28. Januar 1942 zu Nr. I la und b in den beiden praktisch wichtigsten Punkten in neue Bahnen lenken: "Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung für Betriebe und Versicherungsträger" sollten hinfort "Bummeltage" und Zeiten unbezahlten Urlaubs bis zu drei Tagen bei der Grundlohnberechnung nicht mehr wie Arbeitstage behandelt werden, sondern sowohl für die Bemessung der Beiträge wie der Leistungen außer Betracht bleiben. Dabei beziehen sich die Bestimmungen zu Nr. I la (Bummeltage) offenbar auf den Bescheid des RVA. vom 18. Juli 1941, die zu Nr. I lb (unbezahlter Urlaub) auf die GE. Nr. 5406. Auch dieser Zusammenhang rechtfertigt es somit, die Anwendung der Bestimmungen zu Nr. I lb auf die - von der GE. Nr. 5406 allein erfaßten - Fälle zu beschränken, in denen es sich - anders als beim Schöffendienst - um Urlaub im eigentlichen Sinne oder jedenfalls - wie beim Urlaub - um Arbeitsunterbrechungen handelt, deren Rechtmäßigkeit von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängt.
Die gegen die hier dargelegte Rechtsauffassung von der Revisionsklägerin erhobenen Bedenken greifen nicht durch. Die Verwaltung der Krankenkassen würde sich zwar einfacher gestalten, wenn Nr. I lb der Bestimmungen allgemein auf unbezahlte Zeiten anzuwenden wäre, in denen ein Versicherter der Arbeit entschuldigt ferngeblieben ist, da die Kasse dann - jedenfalls bei Arbeitsunterbrechungen bis zu drei Tagen - bei der Festsetzung des Grundlohns stets von dem tatsächlich erzielten, aus den Lohnlisten ohne weiteres ersichtlichen Arbeitsentgelt ausgehen könnte. Diese Verwaltungsvereinfachung würde indessen nur zu Lasten der Versicherten zu verwirklichen sein, die allein infolge Wahrnehmung eines öffentlichen Ehrenamtes eine Minderung ihres Versicherungsschutzes und damit eine unbillige Benachteiligung gegenüber ihren Mitarbeitern in Kauf nehmen müßten.
Die Revision war daher zurückzuweisen, der Urteilsausspruch des Berufungsgerichts allerdings insofern zu berichtigen, als auch die Entscheidung des Versicherungsamts aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen