Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtbeschäftigung als Angestellter am Stichtag (1968-01-01)
Leitsatz (redaktionell)
Der erkennende Senat stimmt der Auffassung des 12. Senats zu. Es ist ohne rechtliche Bedeutung, aus welchen Gründen beim Inkrafttreten des FinÄndG ein Beschäftigungsverhältnis nicht bestanden hat. Daran ändert auch nichts, daß die Unterbrechung in den Beschäftigungsverhältnissen des Klägers nur einen Monat gedauert hat.
Normenkette
AnVNG Art. 2 § 1 Abs. 1 Fassung: 1967-12-21; FinÄndG Fassung: 1967-12-21
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. Dezember 1970 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung (AnV) zu befreien ist (Art. 2 § 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes - AnVNG - idF des Finanzänderungsgesetzes 1967).
Der 1924 geborene Kläger schied am 31. Dezember 1967 aus einer Angestelltentätigkeit aus, in der er wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze versicherungsfrei gewesen ist. Im Januar 1968 war er arbeitslos. Seit dem 1. Februar 1968 ist er bei einem anderen Arbeitgeber wieder als Angestellter beschäftigt; sein monatliches Entgelt beträgt mehr als 1.800,- DM.
Im Juni 1968 beantragte der Kläger, ihn mit Rücksicht auf seinen privaten Lebensversicherungsvertrag (mit monatlichen Prämien von 240,- DM) von der Versicherungspflicht zu befreien. Die Beklagte lehnte das durch Bescheid vom 6. September 1968 und Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 1968 ab. Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos (Urteil des Landessozialgerichts - LSG - vom 15. Dezember 1970). Nach der Ansicht des LSG kann der Kläger von der Versicherungspflicht nicht befreit werden, weil er nicht unmittelbar durch das Inkrafttreten des Finanzänderungsgesetzes am 1. Januar 1968 versicherungspflichtig geworden sei. Die gesetzliche Regelung widerspreche nicht dem Gleichheitsgrundsatz.
Mit der zugelassenen Revision beantragt der Kläger,
unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide der Beklagten und der vorinstanzlichen Urteile seinem Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht stattzugeben.
Er rügt die Verletzung materiellen Rechts. Die Befreiung von der Versicherungspflicht dürfe ihm nicht deshalb versagt werden, weil er zufällig am 1. Januar 1968 nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe; jedenfalls sei der Zeitraum von einem Monat zwischen der Beendigung seines bisherigen und dem Beginn seines neuen Beschäftigungsverhältnisses eine in seiner Stellung allgemein übliche - unschädliche - Übergangsphase. Wäre ihm die Gesetzesfolge bekannt gewesen, hätte sein Beschäftigungsverhältnis ohne weiteres über den 31. Dezember 1967 hinaus verlängert werden können.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Die Revision ist unbegründet. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht zu Recht abgelehnt.
Die Auslegung des Art. 2 § 1 Abs. 1 AnVNG war bereits Gegenstand einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) - Urteil vom 28. April 1971 - 12/11 RA 156/70 - (vgl. SozR Nr. 7 zu Art. 2 § 1 AnVNG). Im vorliegenden Fall geht es allein darum, ob die Nichtbeschäftigung als Angestellter am Stichtag (1. Januar 1968) unschädlich ist, wenn es sich nur um eine kurzfristige Unterbrechung handelt. Hierzu hat der 12. Senat in dem genannten Urteil entschieden, daß die Befreiung von der Versicherungspflicht nur dann möglich ist, wenn der Antragsteller ununterbrochen, d.h. am 31. Dezember 1967 und am 1. Januar 1968 in einem Beschäftigungsverhältnis als Angestellter gestanden hat. Diese Auslegung ist mit dem Wortlaut der Vorschrift und ihrer Entstehungsgeschichte begründet worden (u.a. Hinweis auf das Urteil des 1. Senats vom 26. Februar 1969 - 1 RA 23/68 - D. Ang. Vers. 1969, 153). Das Ergebnis entspreche auch der Tendenz des Finanzänderungsgesetzes 1967, Befreiungen von der Versicherungspflicht soweit wie möglich zu vermeiden. Gegen die Verfassungsmäßigkeit der umstrittenen Vorschrift seien keine Bedenken zu erheben. Der 12. Senat hat dabei Ausnahmen für Härtefälle, wie sie Kneller erstrebt (vgl. BB 1969, 1093), als unmöglich angesehen, weil das Gesetz insoweit bewußt keine Regelung getroffen habe, eine Lücke im Gesetz also nicht vorliege. Das Urteil des 12. Senats ist den Beteiligten bekannt; auf die Gründe dieses Urteils wird Bezug genommen. Der erkennende Senat stimmt der Auffassung des 12. Senats zu. Danach kann der Kläger nicht befreit werden, weil er nicht am 31. Dezember 1967 und am 1. Januar 1968 in einem Beschäftigungsverhältnis als Angestellter gestanden hat. Es fehlt bei ihm an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Inkrafttreten des Finanzänderungsgesetzes und dem Versicherungspflichtig werden, weil er nicht am Stichtag (1. Januar 1968) wegen Wegfalls der Jahresarbeitsverdienstgrenze, sondern erst am 1. Februar 1968 durch die Aufnahme einer - nunmehr - versicherungspflichtigen Beschäftigung versicherungspflichtig geworden ist. Es liegt nicht in der Absicht des Gesetzes, die Befreiungsvorschrift auch auf Personen anzuwenden, die vor und beim Inkrafttreten des Gesetzes nicht als Angestellte beschäftigt gewesen sind, sondern erst später wieder ein Beschäftigungsverhältnis aufnahmen. Dabei ist es ohne rechtliche Bedeutung, aus welchen Gründen beim Inkrafttreten des Finanzänderungsgesetzes ein Beschäftigungsverhältnis nicht bestanden hat. Daran ändert auch nichts, daß die Unterbrechung in den Beschäftigungsverhältnissen des Klägers nur einen Monat gedauert hat.
Die Revision des Klägers muß somit als unbegründet zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen