Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. Dezember 1995 und des Sozialgerichts Köln vom 23. März 1995 geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Beigeladenen in allen Rechtszügen. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung eines weiteren Erstattungsbetrages nach § 104 Abs 1 Satz 1 und 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) an den klagenden überörtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Es geht um die Rechtsfrage, wie ein Zählkindervorteil in einen solchen Erstattungsanspruch einzurechnen ist.
Der Kläger erbrachte im streitigen Zeitraum (August 1992 bis Dezember 1993) für zwei Kinder der Beigeladenen, H. … und M. …, Hilfe zur Erziehung nach § 27 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII). Mit Bescheid vom 6. August 1992 bewilligte die Beklagte der Beigeladenen Kindergeld (Kg) für drei Kinder unter Berücksichtigung eines weiteren Kindes als Zählkind in Höhe von 590 DM monatlich. Zugunsten des Klägers stellte sie einen monatlichen Abzweigungsbetrag in Höhe von 364 DM fest (anteiliges Kg in Höhe von 280 DM zuzüglich anteiligem Zählkindervorteil in Höhe von 84 DM). Der Kläger verpflichtete die Beigeladene mit Bescheid vom 10. August 1992, ab August 1992 laufend einen monatlichen Beitrag zu den Kosten der Heimunterbringung für H. … und M. … in Höhe von 392 DM (entsprechend 2/3 des Gesamtkindergeldes) zu erbringen. Hierauf rechnete er die ihm bereits aufgrund der Abzweigung erbrachten Leistungen der Beklagten in Höhe von 364 DM an; den Differenzbetrag in Höhe von 28 DM monatlich forderte er ab August 1992 von der Beigeladenen. Im Widerspruchsverfahren gegen den Kg-Bescheid vom 6. August 1992 machte der Kläger geltend, er habe ausdrücklich um Erstattung des Kg nach § 104 SGB X und nicht lediglich um Abzweigung gebeten. Das unter Berücksichtigung des Zählkindervorteils gezahlte Gesamtkindergeld von 590 DM sei gleichmäßig auf jedes Kind aufzuteilen, so daß für zwei Kinder monatlich 392 DM erstattet werden müßten. Die Beklagte errechnete unter Berücksichtigung von § 48 Abs 1 Satz 2 iVm § 54 Abs 5 Satz 2 Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil (SGB I) einen Erstattungsbetrag von monatlich 364 DM. Für das Jahr 1993 bewilligte die Beklagte Kg von zunächst 350 DM monatlich (Sockelbeträge); das auf die Kinder H. … und M. … entfallende Kg beträgt nach Auffassung des Klägers 232 DM (= 2/3 des Gesamtbetrages), nach Auffassung der Beklagten 211 DM.
Im Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) und dem Landessozialgericht (LSG) hatte die Klage in dem zwischen den Beteiligten streitigen Umfang Erfolg. Die Vorinstanzen waren übereinstimmend der Auffassung, daß der Kläger gegen die Beklagte einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X in Höhe von 2/3 des monatlichen Gesamtkindergeldes habe. Deshalb stehe ihm für die Zeit von August bis Dezember 1992 ein weiterer Erstattungsbetrag in Höhe von 28 DM monatlich und für das Jahr 1993 ein solcher in Höhe von 11 DM monatlich zu. (Bezüglich des Jahres 1993 liegt der Berechnung des LSG ein Rechenfehler zugrunde. Die Differenz zwischen 232 DM und 211 DM beträgt 21 DM und nicht, wie vom LSG angenommen, 11 DM.) Nach Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil des 10. Senats vom 8. April 1992 – 10 RKg 31/90) finde § 48 Abs 1 Satz 2 iVm § 54 Abs 5 Satz 2 SGB I auf den Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X keine Anwendung (Urteile des SG Köln vom 23. März 1995 und des LSG Nordrhein-Westfalen vom 15. Dezember 1995).
Mit der vom 10. Senat des BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 104 SGB X und der §§ 48 und 54 SGB I. Das LSG habe bei der Aufteilung des Gesamtkindergeldes einschließlich des Zählkindervorteiles zu Unrecht auf § 12 Abs 4 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) abgestellt. Der Gesetzgeber habe diese Vorschrift durch die detaillierten Regelungen zur Ermittlung des pfändbaren Anteils des Kg zugunsten von Zahl- bzw Zählkindern in den §§ 48 Abs 1 Satz 2 und 54 Abs 5 Satz 2 SGB I ersetzt. Die dort aufgestellten Grundsätze müßten gleichermaßen bei der Übertragung, Pfändung und Auszahlung von Kg zugunsten Dritter wie auch bei Erstattungsansprüchen Anwendung finden. Die Beklagte bestreitet im übrigen eine Berechtigung des Klägers, von der Beigeladenen einen Kostenbeitrag zu verlangen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. Dezember 1995 aufzuheben, soweit die Beklagte zur Zahlung von 272,00 DM an den Kläger verurteilt wurde, und das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23. März 1995 insgesamt aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Der Revision der Beklagten war stattzugeben, weil der von dem Kläger geltend gemachte weitere Erstattungsanspruch nicht besteht.
1. Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf (teilweise) „Erstattung” des der Beigeladenen zustehenden Kg beruht auf § 104 Abs 1 Satz 1 und 4 SGB X. Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne daß die Voraussetzungen von § 103 Abs 1 SGB X vorliegen, ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat (Satz 1). Dies gilt entsprechend, wenn von den Trägern der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe Aufwendungsersatz geltend gemacht oder ein Kostenbeitrag erhoben werden kann (Satz 4). Diese Voraussetzungen sind hier dem Grunde nach erfüllt. Der Kläger erbrachte als Träger der öffentlichen Jugendhilfe von August 1992 bis Ende 1993 für die Kinder H. … und M. … der Beigeladenen Hilfe zur Erziehung nach § 27 SGB VIII. Die Beigeladene hatte als Unterhaltspflichtige hierfür einen Kostenbeitrag zu zahlen, den der Kläger durch bindend gewordenen Bescheid vom 10. August 1992 auf monatlich 392 DM festgesetzt hatte (§§ 91, 93 SGB VIII). Die Regelung des § 104 Abs 1 Satz 1 und 4 SGB X gestattet es einem Träger der Jugendhilfe, wegen eines solchen Kostenbeitrages auf den Kg-Anspruch des Unterhaltspflichtigen zuzugreifen und von der Kg-Behörde die direkte Auszahlung an sich zu verlangen. Der Anspruch ist gegenüber dem zuständigen Leistungsträger ohne Erlaß eines Verwaltungsaktes geltend zu machen, da sich die Leistungsträger insoweit wie bei gewöhnlichen Erstattungsansprüchen nach den §§ 102 ff SGB X gleichrangig gegenüberstehen und der Sachverhalt einer hoheitlichen Regelung nicht bedarf. Eine Abzweigung nach § 48 SGB I, die den Erlaß eines Verwaltungsaktes auch gegenüber dem begünstigten Leistungsträger erfordert (BSG, Urteil vom 8. April 1992 – 10 RKg 31/90 –, nicht veröffentlicht), wird vom Kläger jedenfalls im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht; die Richtigkeit der ergangenen Bescheide unter diesem Gesichtspunkt wird von ihm nicht bestritten. Verfahrensrügen im Hinblick auf die Verkennung des Streitgegenstands werden nicht erhoben. Es kann daher offenbleiben, ob die Auffassung des LSG zutreffend ist, entgegen dem Vorbringen des Klägers habe die Beklagte auch über die Abzweigung entschieden und insoweit rechtmäßige Verwaltungsakte erlassen.
Der für den „Kostenerstattungsanspruch” nach § 104 Abs 1 Satz 4 SGB X erforderliche Heranziehungsbescheid des Trägers der Jugendhilfe (vgl hierzu im einzelnen Urteil des erkennenden Senats vom 22. Januar 1998, 14 RKg 24/96, zur Veröffentlichung vorgesehen) umfaßt vorliegend die vom Kläger geltend gemachte Summe. Dieser Bescheid ist bindend geworden. Von daher ist der Einwand der Beklagten, der Kläger sei nicht zur Erhebung eines Kostenbeitrags berechtigt gewesen, unerheblich. Deshalb bedarf es auch keiner Entscheidung zu der von der Beklagten mit Blick auf die Regelung des § 93 Abs 5 SGB VIII aufgeworfenen Frage, ob und in welchem Umfang eine Zweckidentität zwischen den vom Kläger erbrachten Jugendhilfeleistungen nach § 27 SGB VIII und dem Kg besteht (vgl Bundesverwaltungsgericht ≪BVerwG≫, Urteil vom 29. September 1994 – 5 C 56.92 – BVerwGE 96, 379 zur fehlenden Zweckidentität zwischen Kg und den Leistungen für den Lebensunterhalt in einer Einrichtung nach § 43 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Bundessozialhilfegesetz ≪BSHG≫ im Fall einer auf § 43 Abs 3 BSHG gestützten Anfechtungsklage der zu einem Kostenbeitrag herangezogenen unterhaltspflichtigen Eltern).
2. Der Kläger kann nach § 104 Abs 1 Satz 1 und 4 SGB X eine Auszahlung des Kg nur in der Höhe verlangen, wie sie sich aus der Pfändungsvorschrift des § 54 Abs 5 Satz 2 SGB I ergibt und von der Beklagten zutreffend errechnet worden ist.
Die Vorinstanzen haben den Zählkindervorteil zu Unrecht voll auf die Zahlkinder aufgeteilt. Bei der Pfändung oder Abzweigung von Kg, bei dessen Berechnung ein Zählkindervorteil berücksichtigt wurde, gilt nach § 48 Abs 1 Satz 2 iVm § 54 Abs 5 Satz 2 SGB I folgendes: Zugunsten von Kindern, die bei der Festsetzung des Kg berücksichtigt werden, ist das Kg auf alle Kinder aufzuteilen, für die Kg gezahlt wird; der Zählkindervorteil jedoch ist durch die Zahl aller bei der Festsetzung des Kg zugunsten des Leistungsberechtigten berücksichtigten Kinder zu teilen. Danach wird bei der Aufteilung des Zählkindervorteils das Zählkind anteilmäßig berücksichtigt. Dem Kläger, der für die Unterbringung von zwei Kindern der Beigeladenen aufkommt, stehen danach 2/3 des Kg und 2/4 des Zählkindervorteils zu. Entsprechend dieser Berechnung hat die Beklagte das Kg an den Kläger abgeführt.
Gegen eine analoge Anwendung der in § 54 Abs 5 Satz 2 SGB I festgelegten Berechnungsweise auf den Anspruch aus § 104 Abs 1 Satz 4 SGB X spricht nicht schon der Grundsatz, daß sich der Umfang des dem nachrangig verpflichteten Leistungsträger zustehenden Erstattungsanspruchs nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften richtet (§ 104 Abs 3 SGB X). Es ist schon fraglich, ob diese Vorschrift, die den Umfang der Erstattungspflichten regeln will, auf den abweichend von den allgemeinen Erstattungsansprüchen strukturierten Anspruch nach § 104 Abs 1 Satz 4 SGB X Anwendung finden kann, da der Umfang des Erstattungsanspruchs hier von der Kostenbeitragspflicht des Kindergeldberechtigten abhängt. Jedenfalls bedeutet diese Vorschrift keine schlichte Verweisung auf kindergeldrechtliche Vorschriften des BKGG und erklärt nicht diese für allein anwendbar. Allerdings sah § 12 Abs 4 BKGG aF die von dem Kläger für richtig gehaltene Aufteilung vor. Hiernach gilt als auf ein Kind entfallendes Kg der Betrag, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Kg auf alle Kinder ergibt, für die dem Berechtigten Kg geleistet wird. Dies wäre 1/3 des Gesamt-Kg für die Kinder 2 bis 4 der Beigeladenen, für die sie Kg bezog. § 12 Abs 4 BKGG aF kann jedoch auf die Verteilung des Kg, das von Dritten in Anspruch genommen wird, nicht angewendet werden. Die Regelung wird insoweit durch die neueren und spezielleren Vorschriften in § 54 Abs 5 Satz 2 SGB I iVm § 48 Abs 1 Satz 2 SGB I verdrängt. § 12 BKGG aF enthielt ursprünglich alle Regelungen zur Übertragbarkeit des Kg. Mit dem Inkrafttreten des SGB I zum 1. Januar 1976 wurden die Absätze 1 bis 3 des § 12 BKGG aF aber aufgehoben (vgl Art II § 12 Nr 1 iVm Art II § 23 SGB I vom 11. Dezember 1975, BGBl I S 3015). § 12 Abs 4 BKGG aF ist allein aus „redaktionellen Gründen” wegen der in der Vorschrift enthaltenen Definition „des auf ein Kind entfallenden Kg” erhalten geblieben, da andere – vor allem familienrechtliche – Vorschriften diesen Begriff ebenfalls enthalten (zB § 1615g Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch ≪BGB≫). Ein Anwendungsfall der Regelung ist die Ermittlung der Höhe der regelmäßigen Unterhaltsleistungen für außerhalb des Bundesgebiets lebende Kinder nach § 2 Abs 5 Satz 3 BKGG aF (vgl Hambüchen, Kg, § 12 BKGG aF). Für die Aufteilung des Kg bei einer Inanspruchnahme durch Dritte sollte die Vorschrift dagegen keine Bedeutung mehr haben (vgl Wickenhagen/Krebs, BKGG, Stand Juli 1995, § 12 RdNr 2 sowie BR-Drucks 315/87, S 12 f, 25 ff). Dies gilt erst recht seit der Änderung der §§ 48 Abs 1 und 54 Abs 4 bzw 5 SGB I durch das 1. Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs – 1. SGBÄndG – vom 20. Juli 1988 (BGBl I S 1046). § 54 Abs 5 Satz 2 SGB I enthält seither speziell für das Kg differenzierte Regelungen, die gerade auf die Tatsache Rücksicht nehmen, daß im Hinblick auf § 10 BKGG aF nicht ohne weiteres feststellbar ist, welcher Anteil des gesamten Kg auf das einzelne Kind entfällt (Wickenhagen/Krebs, aaO, § 12 RdNr 235).
§ 54 Abs 5 Satz 2 SGB I gilt seinem Wortlaut nach zwar nur für die Pfändung des Kg, eine ausdrückliche Geltungsanordnung für Erstattungsansprüche, wie sie vergleichbar in § 48 Abs 1 Satz 2 SGB I für die Abzweigung enthalten ist, fehlt. Daraus folgt aber kein Verbot einer entsprechenden Anwendung auf § 104 Abs 1 Satz 4 SGB X. Satz 4 betrifft im Gegensatz zu den vorangehenden Regelungen des § 104 Abs 1 SGB X nicht das Vor- bzw Nachrangverhältnis unter Sozialleistungsträgern. Die Vorschrift eröffnet den Trägern der Sozial- oder der Jugendhilfe sowie der Kriegsopferfürsorge ein direktes Zugriffsrecht auf Sozialleistungen anderer Leistungsträger an den Hilfeempfänger bzw seinen Unterhaltspflichtigen, wenn dieser wegen der Hilfeleistungen zum Aufwendungsersatz verpflichtet ist oder von ihm ein Kostenbeitrag verlangt werden kann. Von daher handelt es sich bei § 104 Abs 1 Satz 4 SGB X weniger um einen Erstattungsanspruch, sondern eher um eine Form der Vollstreckung etwa durch Forderungsübergang (vgl Eichenhofer in: Wannagat, SGB X, Stand Oktober 1996, § 104 RdNrn 14, 15). Der Träger der Sozial- oder der Jugendhilfe, der ansonsten die Pfändung des Kg-Anspruchs betreiben müßte, kann aufgrund des durch Verwaltungsakt festgesetzten Kostenbeitrags von der Kg-Behörde die Auszahlung des Kg verlangen und erlangt dadurch eine Rechtsposition, die derjenigen des Abzweigungsberechtigten sogar noch überlegen ist. Denn bei der Abzweigung handelt es sich nur um ein Recht des Leistungsträgers, die Sozialleistung anstatt an den Leistungsberechtigten an einen Dritten zu erbringen, und nicht um einen Anspruch des Dritten auf Abzweigung (Mrozynski, SGB I, 2. Aufl 1995, § 48 RdNr 8). Danach entspricht die Rechtsposition des Trägers der Sozial- oder Jugendhilfe im Rahmen von § 104 Abs 1 Satz 4 SGB X derjenigen eines Pfändungsgläubigers, wobei der den Kostenbeitrag festsetzende Verwaltungsakt den für die Pfändung erforderlichen Titel ersetzt. § 104 Abs 1 Satz 4 SGB X stellt eine verkürzte Form der Zwangsvollstreckung dar; funktional handelt es sich um die Pfändung einer Sozialleistung.
Weiterhin sprechen auch Sinn und Zweck der Regelung in § 54 Abs 5 Satz 2 SGB I für eine Anwendung im Rahmen von § 104 Abs 1 Satz 4 SGB X. Die Regelung enthält den allgemeinen Grundsatz, daß der Gesamtbetrag des Kg allen Kindern unabhängig von ihrem Lebensalter – und der hiervon abhängenden Ordnungszahl iS des § 10 Abs 1 BKGG aF – gleichmäßig zugute kommen soll (vgl Wickenhagen/Krebs, aaO, § 10 RdNr 9, § 12 RdNr 235), wobei ein Zählkindervorteil anteilig dem Kindergeldberechtigten verbleiben soll, weil bei pauschalierender Betrachtungsweise davon auszugehen ist, daß gegenüber einem Zählkind auch dann Verpflichtungen bestehen, wenn die Kg-Berechtigung einem anderen zusteht.
Es ist kein Grund erkennbar, daß die Begrenzung der Höhe des auf das einzelne Zählkind entfallenden Kg-Anteils zwar für pfändende Unterhaltsgläubiger, nicht aber für den Inhaber einer Erstattungsforderung gelten soll. Die Revision weist zudem zutreffend darauf hin, daß eine Außerachtlassung der Aufteilungsregelung in § 54 Abs 5 Satz 2 SGB I über die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs 1 SGB X prinzipiell zu einer nicht gerechtfertigten Schlechterstellung des Zählkindes führt. Hierbei können im Einzelfall bestehende Besonderheiten, insbesondere die fehlende Unterhaltslast für ein als Zählkind berücksichtigtes Kind, nicht ausschlaggebend sein. § 54 Abs 5 Satz 2 SGB I stellt darauf nicht ab und enthält insoweit eine gesetzgeberische Wertung. Dies rechtfertigt es, den anteiligen Zählkindervorteil auch in den Fällen dem Kindergeldberechtigten zu belassen, in denen er gegenüber dem Zählkind nicht mit laufenden Unterhaltspflichten belastet ist.
Die Entscheidung weicht nicht von derjenigen des 10. Senats im Verfahren 10 RKg 31/90 (Urteil vom 8. April 1992) ab. Seinerzeit war § 104 SGB X als mögliche Rechtsgrundlage für eine Aufteilung des Zählkindervorteils allein auf die Zahlkinder angesehen worden. Der vom Sozialhilfeträger geltend gemachte Anspruch wurde jedoch schon deshalb abgelehnt, weil die Voraussetzungen des § 104 SGB X wegen Fehlens eines Verwaltungsaktes über den Kostenbeitrag des Kindergeldberechtigten nicht vorlagen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen