Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachentrichtung von sicherungsbeiträgen nach Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG für Widerrufsbeamte
Leitsatz (amtlich)
1. Auch Beamte auf Widerruf sind zur freiwilligen Versicherung nach AVG § 10 (= RVO § 1233) und zur Nachentrichtung von Beiträgen nach AnVNG Art 2 § 49a Abs 2 (= ArVNG Art 2 § 51a Abs 2) nur unter den besonderen Voraussetzungen des AVG § 10 Abs 1a (= RVO § 1233 Abs 1a) berechtigt.
2. Die Voraussetzungen der Nachentrichtung von Beiträgen nach AnVNG Art 2 § 49a (= ArVNG Art 2 § 51a Abs 2) müssen im Zeitpunkt der Antragstellung oder jedenfalls in der Zeit danach bis zum 1975-12-31 vorgelegen haben (Fortführung von BSG 1979-11-23 12 RK 29/78 = SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 31).
Orientierungssatz
Die Gleichbehandlung von Widerrufsbeamten mit anderen Beamten ist nicht verfassungswidrig (Art 3 Abs 1 GG).
Normenkette
AVG § 10 Abs 1 Fassung: 1972-10-16; AVG § 10 Abs 1a Fassung: 1972-10-16; RVO § 1233 Abs 1 Fassung: 1972-10-16; RVO § 1233 Abs 1a Fassung: 1972-10-16; AnVNG Art 2 § 49a Abs 2 Fassung: 1972-10-16; ArVNG Art 2 § 51a Abs 2 Fassung: 1972-10-16; GG Art 3 Abs 1 Fassung: 1949-05-23
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 14.06.1978; Aktenzeichen L 8 An 130/77) |
SG Münster (Entscheidung vom 28.02.1977; Aktenzeichen S 5 (16) An 73/76) |
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge nach Art 2 § 49 a Abs 2 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) berechtigt war, obwohl er im Zeitpunkt der Antragstellung Beamter auf Widerruf war und deshalb die Voraussetzungen für die Nachentrichtung (Berechtigung zur freiwilligen Weiterversicherung nach § 10 Abs 1a des Angestelltenversicherungsgesetzes -AVG-) nicht erfüllte.
Der Kläger war in der Zeit vom 2. Mai 1967 bis 6. Mai 1976 ununterbrochen Beamter auf Widerruf (Referendar im Vorbereitungsdienst für den höheren Justizdienst des Landes Nordrhein-Westfalen). Nach Ausscheiden aus dem Justizdienst (Nichtbestehen einer Wiederholungsprüfung) war er nach seinen Angaben versicherungspflichtig beschäftigt.
Im Juli 1975 stellte der Kläger den Antrag auf Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach Art 2 § 49a AnVNG für die Zeit von Januar 1956 bis April 1967. Die Beklagte lehnte diesen Antrag ab (Bescheid vom 4. November 1975). Sie begründete dies damit, daß dem Kläger kein Nachentrichtungsrecht zustehe, weil er nicht zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt sei. Beamte seien nach § 10 Abs 1a AVG nur zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt, wenn sie Beiträge für 60 Monate entrichtet oder die freiwillige Versicherung bereits vor 1956 aufgenommen hätten. Beides sei bei dem Kläger nicht der Fall.
Widerspruch, Klage und Berufung blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 1976; Urteil des Sozialgerichts -SG- Münster vom 28. Februar 1977; Urteil des Landessozialgerichts -LSG- für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. Juni 1978).
Das LSG hat die Auffassung vertreten, zur Nachentrichtung sei nur berechtigt, wer bei Stellung des Antrags, spätestens aber am 31. Dezember 1975, die Voraussetzungen des Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG erfülle. Dazu gehöre die Berechtigung zur freiwilligen Weiterversicherung. Eine Berechtigung hierzu bestehe für Beamte nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 10 Abs 1a AVG, die beim Kläger nicht vorgelegen hätten. Es sei auch nicht möglich, § 10 Abs 1a AVG einengend dahin zu interpretieren, daß er für Widerrufsbeamte nicht gelte. Es bestehe auch kein besonderes Bedürfnis für eine Nachentrichtung von Beiträgen durch Referendare, da es sich hier regelmäßig um jüngere Menschen handele und die Referendarzeit auch dann, wenn der Betreffende anschließend nicht die Beamtenlaufbahn einschlage, durch Nachversicherung in der Sozialversicherung abgesichert werde und im übrigen Schulzeit und Studienzeit regelmäßig als Ausfallzeit nach § 36 Abs 1 Nr 4 AVG anzurechnen seien.
Auch nach § 124 Abs 4 AVG könnten die Voraussetzungen des Nachentrichtungsrechts nicht als erfüllt angesehen werden. Nach dieser Vorschrift seien zwar die im Wege der Nachversicherung entrichteten Beiträge als rechtzeitig entrichtete Pflichtbeiträge anzusehen. Diese Wirkung trete aber erst ein, wenn die für die Nachversicherung nachzuentrichtenden Beiträge fällig seien (BSGE 31, 177, 182).
Mit der Revision macht der Kläger geltend, daß hier entgegen der Auffassung des LSG § 124 Abs 4 AVG bewirke, daß der Antrag des Klägers zumindest bei Fälligkeit der im Rahmen der Nachversicherung zu entrichtenden Beiträge wirksam geworden sei. Das LSG übersehe, daß in der zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) ein anderes, hier nicht maßgebliches Rechtsproblem entschieden worden sei.
Der Kläger beantragt dem Sinne nach,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. November 1975 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 1976 zu verurteilen, für die Zeit vom 1. Januar 1956 bis 30. April 1967 die Nachentrichtung von Beiträgen durch den Kläger zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie räumt zwar ein, daß die Fiktion des § 124 Abs 4 Satz 1 AVG bereits eingreife, wenn die im Rahmen einer Nachversicherung zu entrichtenden Beiträge fällig sind. Sie ist jedoch der Auffassung, daß diese Fiktion erst vom Zeitpunkt der Fälligkeit an zu beachten sei, das heißt, erst vom Zeitpunkt der Fälligkeit an die Voraussetzung für andere Berechtigungen schaffen könne. Da aber zu diesem Zeitpunkt bereits die Frist für Nachentrichtungsanträge abgelaufen gewesen sei, könne die Fiktion nicht mehr zugunsten des Klägers wirken.
Beide Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, daß der Rechtsstreit durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 3 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) entschieden wird.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist nicht begründet. Das LSG hat zu Recht entschieden, daß der Kläger nicht berechtigt ist, Beiträge nach Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG nachzuentrichten.
Das Recht zur Nachentrichtung von Beiträgen gem Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG setzt voraus, daß derjenige, der Beiträge nachentrichten will, zur freiwilligen Versicherung nach § 10 AVG berechtigt ist. Für Beamte besteht, abgesehen von den hier nicht in Betracht kommenden Sonderfällen des Art 2 § 5 AnVNG, gem § 10 Abs 1a AVG das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung nur, wenn sie für 60 Monate Beiträge entrichtet haben. Diese Voraussetzung liegt bei dem Kläger nicht vor.
An diesem Ergebnis ändert sich nichts dadurch, daß der Kläger lediglich Beamter auf Widerruf war und daß er kurz nach Ablauf der Antragsfrist (31. Dezember 1975) endgültig aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden ist. Der Senat hat bereits entschieden, daß § 10 Abs 1a AVG für alle Beamtengruppen gilt (Beamte auf Lebenszeit, auf Probe und auf Widerruf) und daß auch hinsichtlich des Nachentrichtungsrechts gem Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG für Beamte auf Probe und für Beamte auf Widerruf keine Besonderheiten gelten (zu Beamten auf Widerruf: BSG- Urteil vom 23. Februar 1977 - 12/11 RA 88/75 - DangVers 1977, 297; zu Beamten auf Probe: BSG-Urteil vom 23. November 1979 - 12 RK 29/78 -). Der Senat hat ferner entschieden, daß die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Nachentrichtung von Beiträgen im Zeitpunkt der Antragstellung oder jedenfalls bis zum Ablauf der Antragsfrist am 31. Dezember 1975 vorgelegen haben müssen, um ein Recht auf Nachentrichtung zu begründen (Urteil vom 23. November 1979 - 12 RK 29/78 -; Urteil vom 22. Februar 1980 - 12 RK 25/79 -). Der Senat sieht keine Veranlassung, für den vorliegenden Fall von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
Dabei verkennt der Senat nicht, daß es sich bei den Beamten auf Widerruf (ähnlich bei den Beamten auf Probe und den Beamten, bei denen das Ende des Beamtenverhältnisses aus sonstigen Gründen bereits feststeht) um einen Personenkreis handelt, dessen Versorgungssituation sich von der der übrigen Beamten und der ihnen gleichgestellten Personen unterscheidet und an sich ein Bedürfnis für die Nachentrichtung von Beiträgen erkennen läßt. Den Status des Beamten auf Widerruf erhalten überwiegend Personen, die sich in einem Ausbildungsverhältnis oder in ähnlichen, von vornherein als vorübergehend gedachten Stellungen befinden. Oft, insbesondere im Bereich der hier in Betracht kommenden juristischen Ausbildung, handelt es sich um ein Zwischenstadium, das der einzelne durchlaufen muß, wenn er seine Ausbildung beenden will; dabei macht es für ihn keinen Unterschied, ob er später die Absicht hat, Beamter zu werden oder eine sonstige dem § 10 Abs 1a AVG unterfallende Stellung anzunehmen, oder ob er als Selbständiger oder als abhängig Beschäftigter seinen Beruf ausüben will. Solange er die Ausbildung nicht beendet hat, kann über seinen weiteren beruflichen Werdegang und damit über Art und Umfang der Absicherung für die Versicherungsfälle der Invalidität, des Alters und des Todes nichts ausgesagt werden. Wenn aber bei einem Beamten auf Widerruf noch nicht feststeht, ob er künftig einem anderen (beamtenrechtlichen) Versorgungssystem angehören, dort seine Sicherung finden und dementsprechend nicht auf die Nachentrichtung von Beiträgen zur Sozialversicherung angewiesen sein wird, so erscheint die Einschränkung, die für das Nachentrichtungsrecht bei Beamten gilt (und deren Grund darin zu sehen ist, daß diese Personengruppe in erster Linie durch ein anderes Versorgungssystem gesichert ist), für Beamte auf Widerruf nicht ohne weiteres gerechtfertigt. Es hätte vielmehr nahegelegen, die besondere Lage der Widerrufsbeamten dadurch zu berücksichtigen, daß ihnen ein Nachentrichtungsrecht für den Fall einer späteren Nichtübernahme als Probebeamter und Lebenszeitbeamter eingeräumt worden wäre. Eine solche Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Voraussetzungen des Nachentrichtungsrechts bei der Antragstellung oder spätestens bis zum 31. Dezember 1975 vorliegen müssen, hätte es ermöglicht, einer Situation Rechnung zu tragen, die den Keim von Veränderung bereits in sich trägt.
Erwägungen in dieser Richtung stehen jedoch nach geltendem Recht Hindernisse entgegen, die durch die Rechtsprechung allein nicht überwunden werden können. Eine einschränkende Auslegung des § 10 Abs 1a AVG in dem Sinne, daß die Vorschrift für Widerrufsbeamte nicht gilt, erscheint nicht möglich; denn im Rahmen der freiwilligen Weiterversicherung ist die Beschränkung der Beitragsentrichtung auch und gerade für Beamte auf Widerruf voll gerechtfertigt. Für die Zeit, in der jemand als Beamter auf Widerruf tätig ist, bedarf er in der Regel keiner freiwilligen Versicherung, weil für denselben Zeitraum eine Nachversicherung stattfindet, wenn später das Beamtenverhältnis endet und nicht in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit überführt wird. Schwierigkeiten, die Beschränkungen des Nachentrichtungsrechts bei Beamten auf Widerruf noch mit dem Gesetzeszweck zu vereinbaren, ergeben sich erst dadurch, daß die für die aktuelle freiwillige Versicherung geschaffene Vorschrift des § 10 AVG in Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG uneingeschränkt auf das Nachentrichtungsrecht für einen größeren Zeitraum übertragen worden ist und es zudem im Rahmen dieses besonderen Nachentrichtungsrechts darauf ankommt, ob im Zeitpunkt der Antragstellung alle Voraussetzungen des Nachentrichtungsrechts vorliegen. Diese Schwierigkeiten bei einer sinnvollen Anwendung des Art 2 § 49a AnVNG könnten zwar Anlaß sein, die Möglichkeit einer einschränkenden Auslegung der genannten Nachentrichtungsvorschrift zu überdenken. Eine solche Auslegung würde jedoch voraussetzen, daß eine schwerwiegende Verfehlung des Gesetzeszwecks zu beseitigen wäre und hierdurch der Gesetzeszweck nicht in anderer Weise in Frage gestellt würde. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Das LSG hat bereits darauf hingewiesen, daß die Beschränkung des Nachentrichtungsrechts für Widerrufbeamte regelmäßig nicht zu wesentlichen Härten für die Betroffenen führt. Es handelt sich ganz überwiegend um Personen im jüngeren Lebensalter, für die schon vom zeitlichen Umfang her ein geringes Bedürfnis nach Auffüllung von Beitragslücken besteht, zumal regelmäßig ein großer Teil der in der Vergangenheit liegenden Zeit durch die Anrechnung von Ausfallzeiten (Schulzeit, Studium) oder Ersatzzeiten (Wehrdienst) abgedeckt ist. Auf der anderen Seite würde die Einbeziehung dieser Personen in den Kreis der Nachentrichtungsberechtigten - für den Eventualfall, daß sie später nicht als Beamte auf Probe oder auf Lebenszeit übernommen werden - zu einer Unübersichtlichkeit des Nachentrichtungsverfahrens und zu verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten führen. Es wäre dann nämlich unter Umständen über Jahre hinweg unsicher, ob ein Nachentrichtungsrecht besteht; außerdem würde sich eine Fülle von zweifelhaften Rechtsfragen besonders für diesen Personenkreis ergeben (Bedeutung des zwischenzeitlichen Eintritts von Versicherungsfällen, Möglichkeit der Einräumung von Teilzahlungsfristen, maßgebliche Beitragsklassen, Umfang der Überwachungspflicht der Beklagten und ähnliches). Schon die damit verbundene Belastung der Verwaltung rechtfertigt es nicht, dem regelmäßig relativ geringen Bedürfnis der Widerrufsbeamten auf Nachentrichtung im Wege der Gesetzesauslegung oder der richterlichen Lückenfüllung Rechnung zu tragen. Hinzu kommt, daß für die Lösung der oben angedeuteten Rechtsfragen, die dann ebenfalls im Wege der Lückenfüllung erfolgen müßte, keinerlei Anhaltspunkte im Gesetz vorhanden sind, so daß in einem großen Umfang für diesen Personenkreis ein eigenes, seinen besonderen Bedürfnissen entsprechendes Nachentrichtungssystem "konstruiert" werden müßte. Diese Aufgabe könnte aber nicht von der Rechtsprechung, sondern allein vom Gesetzgeber erfüllt werden.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Gleichbehandlung von Widerrufsbeamten mit anderen Beamten auch nicht verfassungswidrig. Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) läßt dem Gesetzgeber bei der Abgrenzung des zur Beitragsnachentrichtung berechtigten Personenkreises weitgehend freie Hand. Unzulässig ist allerdings die willkürliche Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem (Leibholz/Rink, Kommentar zum GG, 5. Aufl Art 3 Anm 2 mwN). Dabei kann "Willkür" objektiv auch dann vorliegen, wenn der Gesetzgeber das von ihm selbst gesetzte System durchbricht, ohne daß die dafür angeführten Gründe in ihrem Gewicht der Intensität der Abweichung entsprechen (BVerfGE 13, 331, 340; 15, 313, 318; 18, 366, 372; 20, 374, 377; 25, 236, 251 f; zum Ganzen ausführlich Degenhart, Systemgerechtigkeit und Selbstbindung des Gesetzgebers als Verfassungspostulat, S 20 ff, S 99). Daß im vorliegenden Fall das Willkürverbot verletzt ist, kann der Senat nicht feststellen. Zwar mag es, wie ausgeführt, nicht voll systemgerecht sein, Widerrufsbeamte, obwohl ihre Lage sich deutlich von der der übrigen Beamten unterscheidet, diesen bei der Einschränkung des Nachentrichtungsrechts gleichzustellen. Diese Gleichstellung läßt sich indes durch das geringere Sicherungsbedürfnis der Widerrufsbeamten und die dargelegten, mit einer abweichenden Lösung verbundenen verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten hinreichend rechtfertigen. Daß die Gleichstellung schlechthin mit dem im Gesetz zum Ausdruck gebrachten Zweck unvereinbar wäre, ist nicht zu begründen.
Unzutreffend ist auch die Auffassung des Klägers, er müsse aufgrund der Nachentrichtung nunmehr so behandelt werden, als sei er bei Antragstellung Versicherter gewesen. Die Fiktion des § 124 Abs 4 Satz 1 AVG, nach der die nachzuentrichtenden Beiträge als rechtzeitig entrichtete Pflichtbeiträge gelten, schließt allerdings eine Rückwirkung auf zurückliegende Tatbestände - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht generell aus. So hat, wenn schon vor Fälligkeit der Nachversicherung eine Rente bindend festgestellt worden ist, ungeachtet dieser Bindung eine Neufeststellung der Leistung ab Rentenbeginn, also rückwirkend, zu erfolgen (Verbandskommentar zur RVO § 1402 Anm 12). Auch im Beitragsrecht ist, wie der Senat erst kürzlich entschieden hat (Urteil vom 12. Oktober 1979 - 12 RK 19/78 -), die Rückwirkung nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es ist vielmehr anhand jedes einzelnen Problembereichs zu prüfen, inwieweit eine Rückwirkung geboten ist oder nicht. In dem damals zu entscheidenden Fall ist die Rückwirkung der Nachversicherung auch für das Beitragsrecht bejaht worden. Allerdings handelte es sich um einen Fall des Wegfalls von Voraussetzungen, der in den Beanstandungsvorschriften (§§ 143 ff AVG) gesetzlich eine Regelung erfahren hat. Für den vorliegenden Fall steht eine spezielle Norm nicht zur Verfügung. Es kann lediglich festgestellt werden, daß wegen des besonderen Charakters des Dienstverhältnisses eines Widerrufsbeamten (Übergangsstadium) für alle Berufsanwärter ein insofern "labiler" Zustand vorliegt, als eine spätere Nachversicherung bereits im Keim angelegt ist. Inwieweit daraus Folgerungen zu ziehen sind, läßt sich jedoch nicht aus § 124 Abs 4 AVG ableiten, sondern allein aus § 10 AVG und Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG.
Da somit der Kläger als Widerrufsbeamter nur unter den gleichen Voraussetzungen zur Nachentrichtung berechtigt war wie andere Beamte, diese Voraussetzungen - § 10 Abs 1a AVG - aber im maßgeblichen Zeitpunkt (31. Dezember 1975) nicht vorlagen, konnte die Revision keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen