Entscheidungsstichwort (Thema)
Dauer der Förderung in Werkstätte für Behinderte. Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung. Behindertenförderung durch Bundesanstalt für Arbeit
Orientierungssatz
1. Die Förderung von Behinderten im Eingangsverfahren und Arbeitstrainingsbereich einer Werkstätte für Behinderte durch die Bundesanstalt für Arbeit ist nach dem bis 31.12.1981 geltenden Recht nicht auf 2 Jahre beschränkt (vgl BSG 1983-12-07 7 RAr 73/82).
2. Aufgrund der bis zum 31.12.1981 geltenden Rechtslage hat die Bundesanstalt für Arbeit nach erfolgter zweijähriger Förderung eine weitere Maßnahme im Arbeitstrainingsbereich nur zu fördern, wenn diese noch erforderlich ist, damit der Behinderte fachlich befähigt wird, ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung iS des § 52 Abs 3 SchwbG zu erbringen.
3. Behinderten Gelegenheit zur Ausübung einer ihrer Behinderung entsprechenden Beschäftigung in einer Werkstätte für Behinderte zu bieten, nachdem der Behinderte den Arbeitstrainingsbereich durchlaufen hat, ist nicht Aufgabe der Bundesanstalt für Arbeit, sondern dauernde Verpflichtung der (überörtlichen) Träger der Sozialhilfe, sofern kein anderer Kostenträger zuständig ist (vgl BSG 1982-12-09 7 RAr 14/82 = SGb 1983, 305).
4. Zum Begriff des Mindestmaßes einer wirtschaftlich verwertbaren Arbeitsleistung iS des § 52 Abs 3 SchwbG.
Leitsatz (redaktionell)
1. Maßnahmen der sozialen Betreuung Persönlichkeitsbildung im Arbeitsbereich einer Werkstatt für Behinderte hat die Bundesanstalt für Arbeit nicht zu fördern.
2. Das Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung wird durch jedes Minimum von Arbeitsleistung erfüllt.
Normenkette
AFG § 56 Abs. 1 S. 1, Abs. 4, § 58 Abs. 1 S. 4; RehaAnO 1975 § 22 Abs. 3 S. 3 Fassung: 1975-07-31, Abs. 2 Fassung: 1975-07-31; SchwbG § 52 Abs. 3; BSHG § 40 Abs. 2
Verfahrensgang
SG Hannover (Entscheidung vom 18.03.1982; Aktenzeichen S 8 Ar 439/81) |
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 26.10.1982; Aktenzeichen L 7 Ar 131/82) |
Tatbestand
Die 1960 geborene behinderte Klägerin nahm seit dem 20. September 1979 an einer Maßnahme im Eingangsverfahren und im Arbeitstrainingsbereich einer Werkstätte für Behinderte (WfB) in B teil. Seit Mitte September 1982 ist sie in der Handmontage des Produktionsbereichs der WfB beschäftigt. Die Beklagte förderte die Teilnahme der Klägerin an Maßnahmen im Eingangsverfahren sowie im Arbeitstrainingsbereich für die Zeit bis 19. September 1981. Die im August 1981 beantragte Verlängerung der Förderung lehnte sie jedoch ab (Bescheid vom 11. September 1981; Widerspruchsbescheid vom 13. November 1981). Das Sozialgericht (SG) hat die ablehnenden Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin weiterhin Rehabilitationsleistungen für die Zeit bis 19. September 1982 zu gewähren (Urteil vom 18. März 1982). Die Berufung der Beklagten hiergegen hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 26. Oktober 1982).
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt: Der begehrten Förderung stehe eine gesetzliche Höchstförderungsdauer von zwei Jahren nicht entgegen. Eine derartige Begrenzung bestimme zwar § 58 Abs 1a Satz 3 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) idF des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497; Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz -AFKG-). Diese Vorschrift sei jedoch erst ab 1. Januar 1982 anzuwenden. Nach einer Übergangsbestimmung des AFKG gelte für Fälle der vorliegenden Art weiterhin das bisherige Recht, das eine derartige Begrenzung nicht enthalten habe. Dasselbe gelte für die Vorschriften der Anordnung der Beklagten über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (RehaAnO) vom 31. Juli 1975 (ANBA 1975, 994) in der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Fassung der 6. Änderungsanordnung vom 23. Juli 1981 (ANBA 1981, 1142). Nach § 22 Abs 3 RehaAnO in dieser Fassung hätten Leistungen zwar nur jeweils für 12 Monate gewährt werden dürfen, darüber hinaus jedoch auch dann, wenn das Rehabilitationsziel nachweislich nicht auf andere Weise habe erreicht werden können. Das sei hier der Fall gewesen. Das Rehabilitationsziel habe darin bestanden, die Klägerin zu befähigen, ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung (§ 52 Abs 3 des Schwerbehindertengesetzes -SchwbG-) zu erbringen. Eine derartige Arbeitsleistung werde (erst) dann erbracht, wenn ihr Ergebnis wirtschaftlichen Wert besitze, indem es sich zB als Ware verkaufen lasse. Das Rehabilitationsziel sei demnach erreicht, wenn der Behinderte im Arbeits- und Produktionsbereich der WfB eingesetzt und dort mindestens in den Abteilungen arbeiten könne, welche die geringsten Leistungsanforderungen stellen. Das sei im Falle der Klägerin die Abteilung gewesen, in der Erzeugnisse fremder Hersteller per Hand verpackt würden. Es habe zwar bereits bei Beginn der Maßnahme die Aussicht bestanden, daß die Klägerin diesen Erfolg erreichen werde. Aus den Aussagen des Gruppenleiters der Klägerin, des Zeugen Sch, ergebe sich jedoch, daß die Klägerin das hierzu erforderliche Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im September 1981 noch nicht habe erbringen können. Sie habe nach den Angaben des Zeugen nach Ablauf der zweijährigen Förderungszeit wegen ihres psychischen Verhaltens noch nicht in der Produktionsabteilung eingesetzt werden können. Unter ständiger Aufsicht und Anleitung habe sie zwar schon damals die erforderlichen Arbeiten verrichten können; sobald man sie jedoch mit der Arbeit allein gelassen habe, habe sie diese aufgegeben oder sehr viele Fehler gemacht. Die Klägerin habe zwar im Verlauf des dritten Jahres im Arbeitstrainingsbereich deutliche Fortschritte in ihrer Entwicklung gemacht; ihr Sozialverhalten sei aber auch in dieser Zeit noch nicht ausreichend gefestigt gewesen; ihr Einsatz in der Produktionsabteilung, der tatsächlich seit Mitte September 1982 erfolgte, wäre vorher nur in einer größeren Gruppe möglich gewesen. Dies hätte aber zu einem Rückfall führen können, so daß auch bei einer verbleibenden Unsicherheit über den exakten Zeitpunkt der Umsetzbarkeit der Klägerin in den Produktionsbereich im Verlauf des Jahres 1982 die begehrte Förderung bis September 1982 gerechtfertigt sei.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 58 Abs 1 Satz 4 AFG (in der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Fassung), sowie von §§ 22 Abs 3, 9 Abs 2, 19 Abs 1 Nr 3 RehaAnO). Zur Begründung führt sie aus: Die Entscheidung des LSG sei vertretbar, soweit darin darauf abgestellt werde, ob der Behinderte in der Werkstätte mit einer Arbeit beschäftigt werden könne, die die geringsten Anforderungen stelle. Entgegen der Auffassung des LSG habe die Klägerin dieses Ziel jedoch bereits nach zweijähriger Förderung erreicht. Das LSG habe selbst festgestellt, daß die Klägerin schon im September 1981, wenn auch unter ständiger Aufsicht und Anleitung, die geforderten Verpackungsarbeiten habe verrichten können und diese nur aufgab oder Fehler machte, wenn sie allein gelassen wurde. Das reiche aber für die Anforderungen aus, die an eine Beschäftigung im Produktionsbereich einer WfB zu stellen seien. Alles weitere sei eine Frage der Entwicklung der Leistungsfähigkeit des Behinderten, die als Daueraufgabe der WfB nicht mehr in die Förderungspflicht der Beklagten falle.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil und das Urteil des SG Hannover vom 18. März 1982 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Zur Begründung macht sie sich im wesentlichen die Ausführungen des Berufungsurteils zu eigen.
Der Beigeladene beruft sich für seinen Antrag, die Revision der Beklagten zurückzuweisen, ebenfalls auf die seiner Meinung nach zutreffenden Urteile der Vorinstanzen.
Alle Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet.
Der Sachentscheidung steht es nicht entgegen, daß die Klägerin nicht prozeßfähig ist, wie sich aus dem Attest der Ärztin Gerlinde R vom 31. August 1983 ergibt. Der besondere Vertreter der Klägerin hat ihr bisheriges prozessuales Verhalten genehmigt (BSGE 5, 176 = SozR Nr 1 zu § 72 SGG; BSGE 32, 253 = SozR Nr 17 zu § 73 SGG). Ohne Einfluß auf die Berechtigung der Klage ist es ferner, daß die Klägerin Leistungen für einen Maßnahmeabschnitt begehrt, der inzwischen abgeschlossen ist. Sie hat diese Leistungen rechtzeitig beantragt und deren Ablehnung formgerecht angefochten. Wenn sie angesichts dessen ihre Rehabilitation vorerst ohne Zutun des zuständigen Rehabilitationsträgers betrieben hat, hindert dies bei einem begründeten Antrag nicht dessen nachträgliche Verurteilung (ständige Rechtsprechung, BSGE 48, 92, 94 = SozR 2200 § 1236 Nr 15; SozR 2200 § 1236 Nr 16; BSGE 54, 54, 56 = SozR 2200 § 1237 Nr 18; Urteil des Senats vom 7. Dezember 1983 - 7 RAr 73/82 -).
Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf die begehrte Förderung durch Gewährung der dafür vorgesehenen geldlichen Leistungen richtet sich nach § 56 AFG. Nach § 56 Abs 1 Satz 1 AFG gewährt die Beklagte als berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation die Hilfen, die erforderlich sind, um die Erwerbsfähigkeit der körperlich, geistig oder seelisch Behinderten entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und die Behinderten möglichst auf Dauer beruflich einzugliedern. Behinderte erhalten berufsfördernde und ergänzende Leistungen auch zur Teilnahme an Maßnahmen im Eingangsverfahren sowie im Arbeitstrainingsbereich einer anerkannten WfB, wie sich seit dem Fünften Gesetz zur Änderung des AFG (5. AFG-ÄndG) vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (§ 58 Abs 1 Satz 4 AFG, jetzt § 58 Abs 1a AFG idF des AFKG). Dabei genügt seit dem Inkrafttreten des 5. AFG-ÄndG die - nach den von der Revision nicht angegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) im Falle der Klägerin berechtigte - Erwartung, daß der Behinderte nach der Teilnahme an den Maßnahmen im Arbeitstrainingsbereich in der Lage ist, (wenigstens) ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung iS des § 52 Abs 3 SchwbG zu erbringen.
Das LSG hat zutreffend erkannt, daß es dem Klageanspruch nicht entgegensteht, daß die Beklagte die Teilnahme der Klägerin an Maßnahmen im Eingangsverfahren und Arbeitstrainingsbereich bereits für die Zeit vom 20. September 1979 bis 19. September 1981 gefördert hat. Wie der Senat schon im Urteil vom 7. Dezember 1983 - 7 RAr 73/82 - entschieden hat, sah weder das AFG noch die RehaAnO in den bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Fassungen eine auf zwei Jahre begrenzte Förderungshöchstdauer für die Teilnahme an derartigen beruflichen Bildungsmaßnahmen vor (§ 56 Abs 4 iVm § 58 Abs 1 Satz 4 AFG; § 22 Abs 3 RehaAnO). Insbesondere ist eine solche Begrenzung nicht der Regelung des § 24 Abs 5 RehaAnO zu entnehmen; diese legt zwar für Fälle der vorliegenden Art die Höhe des Ausbildungsgeldes nur für ein erstes und ein zweites Jahr fest, bestimmt damit aber nicht eine Beschränkung der Förderungsdauer als solcher.
Erst aus der Fassung des § 58 Abs 1a Satz 3 AFG, die die Vorschrift des bisherigen § 58 Abs 1 Satz 4 AFG durch das am 1. Januar 1982 in Kraft getretene AFKG erhalten hat, ergibt sich, daß berufsfördernde und ergänzende Leistungen im Eingangsverfahren und Arbeitstrainingsbereich insgesamt (nur) bis zu zwei Jahren erbracht werden. Da die Klägerin aber schon vor dem 1. Januar 1982 in die hier streitige Maßnahme eingetreten ist, Leistungen beantragt und ihr diese aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen vor dem 1. Januar 1982 nicht bewilligt worden sind, ist auf den Klageanspruch dem Grunde nach weiterhin § 58 Abs 1 Satz 4 AFG in der vor dem 1. Januar 1982 geltenden Fassung anzuwenden (Art 1 § 2 Nr 3 Satz 2 Buchst b AFKG; BSG Urteil vom 7. Dezember 1983 - 7 RAr 73/82 -).
Damit bestimmt sich nach § 22 Abs 3 Satz 3 RehaAnO in der bis 31. Dezember 1981 geltenden Fassung, ob und welche Förderung der Klägerin ab 20. September 1981 noch zustand. Eine über zwei Jahre hinausgehende Förderung kommt danach in Betracht, wenn das Rehabilitationsziel auf andere Weise nicht erreicht werden kann; dieses Ziel ist darauf beschränkt, die Klägerin fachlich zu befähigen, ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen, um einen Arbeitsplatz oder einen Platz zur Ausübung einer geeigneten Tätigkeit in einer WfB einzunehmen. Dies folgt nicht unmittelbar aus § 52 SchwbG, sondern aus der Leistungszuständigkeit der Beklagten nach dem AFG und der RehaAnO für berufsfördernde Leistungen, durch die die Beschäftigung eines Behinderten in einer WfB ermöglicht werden soll. Diese ist nämlich auf Maßnahmen im Eingangsverfahren und im Arbeitstrainingsbereich beschränkt. Behinderten Gelegenheit zur Ausübung einer ihrer Behinderung entsprechenden Beschäftigung in einer WfB zu bieten, nachdem der Behinderte den Arbeitstrainingsbereich durchlaufen hat, ist nicht Aufgabe der Beklagten, sondern dauernde Verpflichtung der (überörtlichen) Träger der Sozialhilfe, sofern kein anderer Kostenträger zuständig ist (§ 40 Abs 2 Bundessozialhilfegesetz; vgl dazu Urteil des Senats vom 9. Dezember 1982 - 7 RAr 14/82 - SGb 1983, 305 m Anm Naendrup). Die Sozialhilfeträger sind demnach auch verpflichtet, dazu beizutragen, daß die Leistungsfähigkeit der Behinderten im Arbeitsbereich einer WfB weiterentwickelt wird; denn die Werkstätten haben zur Erhaltung und Erhöhung der im Arbeitstrainingsbereich erworbenen Leistungsfähigkeit der Behinderten arbeitsbegleitend geeignete Maßnahmen durchzuführen (vgl § 5 der Dritten Verordnung zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes vom 13. August 1980, BGBl I 1365, -SchwbWV-; § 52 Abs 2 SchwbG). Die Beschränkung der Leistungszuständigkeit der Beklagten erfordert nach Ablauf der Förderung der Maßnahmen im Arbeitstrainingsbereich von allgemein üblicher Dauer eine Beschränkung auf das Mindestziel, um einer nicht gewollten Verlagerung der Kostenträgerschaft zu Lasten der Bundesanstalt durch Ausweitung des Arbeitstrainingsbereichs entgegenzuwirken. Maßnahmen im Eingangsverfahren und im Arbeitstrainingsbereich haben üblicherweise bis zu zwei Jahren gedauert (vgl Gagel/Jülicher, Kommentar zum AFG, § 56 RdNr 44); auch künftig werden Leistungen insgesamt bis zu zwei Jahren erbracht (§ 58 Abs 1a Satz 3 AFG idF AFKG). Aufgrund der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Rechtslage hat die Beklagte nach erfolgter zweijähriger Förderung somit eine weitere Maßnahme im Arbeitstrainingsbereich nur zu fördern, wenn diese noch erforderlich ist, damit der Behinderte fachlich befähigt wird, ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung iS des § 52 Abs 3 SchwbG zu erbringen.
Wie das Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu bestimmen ist, hat der Gesetzgeber nicht geregelt. Die Bundesregierung hat zwar angekündigt, Möglichkeit, Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit einer näheren Bestimmung des Mindestmaßes im Rahmen der Vorbereitung der nach § 55 Abs 3 SchwbG zu erlassenden Rechtsverordnung zu prüfen (vgl BT-Drucks 7/5483 S 4), die SchwbWV hat den Begriff jedoch nicht konkretisiert. Selbst der Versuch, eine Definition zunächst nicht in der Verordnung zu bringen, sie aber in der Begründung anzubieten, ist gescheitert (Cramer, Behindertenrecht 1977, 1, 3; Cramer, Die neue Werkstättenverordnung, München 1981, S XX f). Das Mindestmaß läßt sich auch nicht Art 1 § 2 des Gesetzes über die Sozialversicherung Behinderter (SVBG) vom 7. Mai 1975 (BGBl I 1061) entnehmen, der für die Versicherung in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung der in Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen beschäftigten Behinderten voraussetzt, daß die Behinderten in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht. Abgesehen davon, daß diese Leistungsanforderung nur für die Einbeziehung in die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung vorgesehen ist, gilt Art 1 § 2 SVBG nicht für Behinderte in WfB. Deren Einbeziehung in die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung knüpft Art 1 § 1 SVBG unabhängig vom Maße der erbrachten Leistung bzw der Leistungsfähigkeit allein an die Tatsache der Beschäftigung in einer WfB an. Was an Fähigkeit zu wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung für die Aufnahme in den Arbeitsbereich einer Werkstatt ausreicht, ist damit unmittelbar aus § 52 Abs 3 SchwbG zu entwickeln.
Wirtschaftlich verwertbar ist eine Arbeitsleistung, wenn ihr Ergebnis wirtschaftlichen Wert besitzt, sich also beispielsweise als Ware oder Dienstleistung verkaufen läßt. Erforderlich ist nach § 52 Abs 3 SchwbG lediglich ein Mindestmaß. Es kommt somit nicht darauf an, ob Arbeits-, Sach- und Personalaufwand und Arbeitsergebnis in einem wirtschaftlichen Verhältnis zueinander stehen, ob der Behinderte die Kosten seines Platzes in der WfB oder einen bestimmten Teil dieser Kosten erwirtschaftet oder ob der Behinderte ein Mindesteinkommen erzielt (BSGE 52, 123, 127 f = SozR 2200 § 1237a Nr 19; Wilrodt/Neumann, Kommentar zum SchwbG, 5. Auflage 1980, § 52 RdNr 16). Ein bestimmtes Mindestmaß setzt das Gesetz nicht voraus; vielmehr ist jedes Minimum an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung ausreichend (vgl Jung/Cramer, Kommentar zum SchwbG, 2. Aufl 1980, RdNr 8; Cramer, Die neue Werkstättenverordnung, München 1981, RdNr 15 zu § 1 SchwbWV).
Was damit des Näheren gemeint ist, ergibt sich aus dem Sinn des § 52 Abs 3 SchwbG. Dieser besteht nicht darin, durch Leistungsanforderungen die Werkstätten den leistungsfähigeren Behinderten zu reservieren; vielmehr bezweckt § 52 Abs 3 SchwbG, die Werkstätten allen Behinderten, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht tätig sein können, zu öffnen. Ihnen allen soll unabhängig von Art und Schwere der Behinderung ermöglicht werden, durch regelmäßige nützliche Arbeit in einer Werkstatt das Gefühl zu erhalten, etwas Positives zu leisten (Wilrodt/Neumann aaO). Der Gesetzgeber hat damit der Kritik der Werkstätten, ihrer Träger und der die Werkstättenarbeit vor allem finanzierenden Sozialhilfeträger an der von der Bundesregierung anfangs vorgeschlagenen Anlehnung des Werkstättenbegriffs an das AFG und die fachlichen Anforderungen der Arbeitsverwaltung entsprochen (vgl die Stellungnahme des Bundesrates zu § 38b SchwbG-Entwurf, BT-Drucks 7/656 S 46; vgl zum Problem aus praktischer Sicht Rother, NDV 1976, 272; von Zimmermann, Rehabilitation 1976, 53; Dahlinger, NDV 1979, 72, 73; Bericht über die Lage der Psychiatrie, BT-Drucks 7/4200 S 229 f). Entsprechend sahen die im Zusammenhang mit den Gesetzesberatungen mit den beteiligten Ländern, der Sozialhilfe, der Arbeitsverwaltung und Vertretern der Werkstattpraxis abgesprochenen "Mindestvoraussetzungen für die vorläufige Anerkennung einer Werkstatt für Behinderte" (vgl BT-Drucks 7/3999 Anl 2) vor, daß das Aufnahmekriterium "Fähigkeit, ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen" großzügig gehandhabt werden sollte. Hieraus folgt, daß der Bedingungssatz in § 52 Abs 3 SchwbG ("sofern sie in der Lage sind, ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen"), nur die werkstattunfähigen Behinderten von den Werkstätten fernhalten soll, für die lediglich Pflege, Aufbewahrung und ausschließlich Beschäftigung um der Beschäftigung willen in Betracht kommt (so zutreffend Wilrodt/Neumann aaO). Von dieser Zwecksetzung her muß es für das "Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung" ausreichen, wenn der Behinderte irgendwie am Arbeitsauftrag der Werkstätte mitwirken, dh an der Herstellung und Erbringung der von den Werkstätten vertriebenen Waren und Dienstleistungen durch nützliche Arbeit beteiligt werden kann, ohne sich oder andere zu gefährden. Das ist, weil ein bestimmter Grad an Wirtschaftlichkeit nicht erforderlich ist, schon dann der Fall, wenn der Behinderte an einem oder mehreren Arbeitsvorgängen eingesetzt werden kann, die in der Werkstatt wiederholt anfallen; auch ist die Werkstattfähigkeit eines Behinderten zu bejahen, wenn die Werkstätte einen anderen Behinderten mit den in etwa gleichen Fähigkeiten beschäftigt (ebenso schon BSG vom 7. Dezember 1983 - 7 RAr 73/82 -).
Nach den Feststellungen des LSG besaß die Klägerin mit Ablauf der ersten beiden Maßnahmejahre im September 1981 die Fähigkeit, dieses Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen. Danach konnte sie schon zu diesem Zeitpunkt die entsprechenden Arbeiten verrichten. Daß die Klägerin dabei ständiger Aufsicht und Anleitung bedurfte, ohne daß sie die Arbeit einstellte oder viele Fehler machte, war nicht auf eine mangelnde entsprechende Arbeitsfähigkeit zurückzuführen, sondern auf ihr psychisches Verhalten, bzw, wie das LSG an anderer Stelle festgestellt hat, darauf, daß ihr Sozialverhalten noch nicht genügend gefestigt war. Der Einsatz der Klägerin im Arbeitsbereich der WfB scheiterte mithin im September 1981 nicht deshalb, weil sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht die für die dort mindestens zu erbringende Arbeitsleistung erforderliche Arbeitsfähigkeit besaß, sondern aus Gründen, die in ihrem Sozialverhalten lagen. Sie bedurfte folglich von da an nicht mehr einer eigentlich berufsbildenden Förderung, sondern solcher Maßnahmen, die ihre Persönlichkeit stabilisierten. Daß dies hier durch Beschäftigung im Arbeitstrainingsbereich der WfB erreicht werden sollte, ist unbeachtlich; maßgebend ist das mit der Maßnahme angestrebte Ziel. Liegt dieses Ziel aber wesentlich in der sozialen Betreuung und Persönlichkeitsbildung, so handelt es sich nicht (mehr) um eine berufsfördernde Maßnahme. Die Zuständigkeit der Beklagten beschränkt sich aber auf die Förderung beruflicher Bildung, zu der auch berufsvorbereitende Maßnahmen gehören. Diese dient dem Erlernen beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten in dem hier als Maßnahmezweck vorgesehenen Mindestumfang. Weder gehören dazu Maßnahmen, die erst die Voraussetzungen für das Erlernen beruflicher Fähigkeiten herstellen oder verbessern sollen, also Maßnahmen, die die eigentliche Behinderung beseitigen, verbessern oder ihrer Verschlechterung entgegenwirken sollen, noch solche, die - vornehmlich bei geistig Behinderten - der Stabilisierung der Persönlichkeit oder der Gewöhnung an Einordnung und an den Umgang mit anderen Menschen dienen. Daran ändert es selbst dann nichts, wenn derartige Ziele durch eine Beschäftigungstherapie oder durch Ausübung von Arbeit in einer bestimmten Umgebung angestrebt werden (BSG SozR 4100 § 56 Nr 4).
So war es nach den Feststellungen des LSG auch hier. Der Verbleib der Klägerin im Arbeitstrainingsbereich von September 1981 bis September 1982 beruhte auf behinderungsbedingten Gründen nicht berufsfördernder Art, nämlich der Verbesserung ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Den beruflichen Kenntnisstand, der sie unabhängig davon befähigt hätte, im Arbeitsbereich der Werkstätte ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen, hatte sie bereits im September 1981 erreicht. Damit hatte sie aber auch das Ziel der in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten fallenden beruflichen Bildung erreicht, so daß ihr ein weitergehender Anspruch auf Förderung gegen diese nicht mehr zustand. Auf die Frage, ob die Klägerin auch noch im dritten Jahr ihrer Beschäftigung im Arbeitstrainingsbereich berufliche Kenntnisse verbessern konnte, kommt es deshalb nicht an.
Die Klage ist infolgedessen unter Aufhebung der entgegenstehenden Urteile der Vorinstanzen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus der Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen