Leitsatz (amtlich)
1. Der Übergang der bei den Verwaltungsgerichten rechtshängigen Sachen auf die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit am 1954-01-01 (SGG § 215 Abs 6 - 9) ist kraft Gesetzes erfolgt.
2. Hat ein Verwaltungsgericht nach Inkrafttreten des SGG in einer unter SGG § 51 einzuordnenden Sache ein Urteil verkündet, so liegt ein wesentlicher Mangel des Verfahrens im Sinne des SGG § 162 Abs 1 Nr 2 auch dann vor, wenn die mündliche Verhandlung vor dem 1954-01-01 stattgefunden hat.
Normenkette
SGG § 51 Fassung: 1953-09-03, § 162 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1953-09-03, § 215 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts ... 25. Mai 1954 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I. Der Kläger, von Beruf Tischler, meldete sich am 17. Oktober 1950 beim Arbeitsamt Bremen arbeitslos und beantragte Arbeitslosenunterstützung (Alu). Im Antragsvordruck gab er an, daß er in den letzten zwei Jahren als Holzhändler tätig und außerdem bei vier Firmen als Tischler beschäftigt gewesen sei, zuletzt vom 2. August 1949 bis zum 28. September 1950 bei seinem Vater. Als Kündigungsgrund hatte dieser angeführt: "Krankheit, da er die erforderliche Arbeit nicht leisten kann". Das Arbeitsamt bewilligte daraufhin Alu für 26 Wochen und anschließend ab 20. April 1951 Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Alfu). Kurz danach wurde dem Arbeitsamt bekannt, daß der schuldig geschiedene Kläger im Hause seiner Verlobten, Emma ... wohne. Diese, eine gelernte Schneiderin, hatte am 11. Mai 1950 den Betrieb eines Holzwarengeschäfts angemeldet. Der Kläger selbst hatte ein Geschäft "Holzhandlung-Holzverarbeitung-Holzwaren-Tischlerei-Artikel". Obwohl es sich nach seinen Angaben gegenüber dem Ermittler des Arbeitsamts "gut rentiert" hatte, will er es am 15. Oktober 1950 seiner Verlobten übergeben haben, weil er sich den Forderungen seiner geschiedenen Frau auf besondere Aufwendungen für die Kinder entziehen wollte. Am 28. Oktober 1950 meldete er seinen Gewerbebetrieb ab. Da sein Name gut bekannt gewesen sei, sollte das Geschäft unter der Firma "Bastler-Einkaufsquelle ..." oder "... Holzhandlung-Holzbearbeitung-Holzwaren-Tischlerei-Artikel" geführt werden. Seine Verlobte will er einen Monat lang in den einschlägigen Arbeiten angelernt haben. Sie sei im übrigen als ostpreußische Landwirtstochter mit Holz und Holzverarbeitungsmaschinen vertraut gewesen. Er bewohnte im Hause seiner Verlobten ein Zimmer, das zugleich der Geschäftsraum mit Fernsprechanschluß war. Der Kläger hatte auch Zugang zu dem Schrank mit den Geschäftsunterlagen. Ins Handelsregister wurde die neue Firma nicht eingetragen, angeblich weil die Kosten hierfür 100,- bis 150,- DM betragen würden. Eine Eröffnungsbilanz konnte der Kläger noch am 17. Mai 1951 nicht vorlegen. Bei einer weiteren Ermittlung behauptete er, der "Chef" des Geschäftes sei seine Verlobte, er sei bei ihr nur als Handlanger beschäftigt. Demgegenüber wurde aber vom Arbeitsamt festgestellt, daß er selbst mit Lieferfirmen verhandelte.
Durch Verfügung vom 7. Mai 1951 entzog ihm das Arbeitsamt die Alu rückwirkend ab 20. Oktober 1950 und die Alfu ab 20. April 1951, da er durch persönliche oder vertragliche Bindungen keine anderen als geringfügige Beschäftigungen im Sinn des § 75 a Abs. 2 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) auszuüben vermöge. Unter dem 13. Juni 1951 wurde der Kläger aufgefordert, die Unterstützungsbeträge von insgesamt 896,20 DM gemäß § 177 AVAVG zurückzuzahlen.
Am 16. Juli 1951 lehnte der Spruchausschuß seinen Einspruch, am 11. Oktober 1951 die Spruchkammer beim Landesarbeitsamt Bremen seine Berufung auf Grund des § 87a Abs. 2 AVAVG als unbegründet ab.
II. Am 5. November 1951 beantragte der Kläger erneut Alfu. Er legte eine Arbeitsbescheinigung seiner Verlobten vor, wonach er vom 24. Juli bis zum 31. Oktober 1951 als Tischler und Maschinenarbeiter wegen Kurzarbeit wöchentlich 21 Stunden beschäftigt gewesen und entlassen worden sei, weil das Bauaufsichtsamt die Benutzung der Maschinen in dieser Wohngegend untersagt habe. Mit Verfügung vom 28. November 1951 wurde vom Arbeitsamt der Antrag auf Grund des § 87a Abs. 2, mit Entscheidung des Spruchausschusses vom 12. Februar 1952 der Einspruch des Klägers als unbegründet abgelehnt.
In seiner Berufung bei der Spruchkammer brachte der Kläger vor, daß er seit September 1933 ein selbständiges Gewerbe betrieben habe, es aber am 1. März 1940 wegen seiner Einberufung zur Wehrmacht habe schließen müssen. Bei seiner Rückkehr 1945 habe er Haus und Geschäft ausgebombt vorgefunden. Nach seiner Ehescheidung 1946 habe er 1948 Fräulein ... kennengelernt. Sie habe ihn unterstützt. Deshalb habe er bei der Verlobung 1949 mit ihr vereinbart, daß alles, was von ihnen angeschafft würde, ihr gehören solle. Seinen Betrieb habe er in ihr Haus verlegt, ihn ihr aber nicht geschenkt, sondern ihr nur die Ausnutzung des Firmennamens überlassen. Seine Verlobte habe am 11. Mai 1950 ein gleichartiges Gewerbe deshalb angemeldet, weil sie sonst nicht eine Existenzaufbauhilfe habe beantragen können.
Ein weiterer Antrag auf Alu vom 13. Juni 1952, dem wieder Beschäftigungszeiten bei der Verlobten zugrunde lagen, wurde durch Verfügung des Arbeitsamts vom 17. Juni 1952 abgelehnt. Sein Einspruch wurde vom Spruchausschuß durch Entscheidung vom 11. Juli 1952 als unzulässig zurückgewiesen, da der Kläger neue rechterzeugende Tatsachen nicht vorgebracht und die Spruchkammer über die Entscheidung des Spruchausschusses vom 12. Februar 1952 noch nicht entschieden habe, die Streitsache also noch rechtshängig sei.
III. Am 21. Februar 1952 hatte der Kläger Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Bremen erhoben und beantragt, die Entscheidungen des Spruchausschusses des Arbeitsamts Bremen vom 16. Juli 1951 und der Spruchkammer des Landesarbeitsamts Bremen vom 11. Oktober 1951 aufzuheben sowie die Arbeitsbehörde für verpflichtet zu erklären, ihm Alfu zu zahlen.
Das Verwaltungsgericht Bremen hat mit Urteil vom 2. Juni 1953 die Anfechtungsklage abgewiesen. Es hat sich für örtlich zuständig erklärt, da zur Zeit der Klageerhebung seine Zuständigkeit nach § 26 Abs. 2 Ziffer 3 des Verwaltungsgerichtsgesetzes (VGG) gegeben gewesen sei. Die Einschränkung des § 22 VGG, wonach das Verwaltungsgericht nicht entscheiden dürfe, wenn zur Überprüfung der Sache ein besonderes Verwaltungsgericht bestehe, greife nicht Platz; denn die Spruchkörper der Arbeitsämter und der Landesarbeitsämter seien keine solchen besonderen Verwaltungsgerichte. Sachlich sei die Klage aber nicht begründet, da der Kläger trotz Abmeldung seines Gewerbebetriebes weiter selbständiger Gewerbetreibender geblieben und als solcher nach § 87 a Abs. 1 AVAVG nicht arbeitslos sei. Denn er habe die Ausübung seines Gewerbes nicht tatsächlich aufgegeben. Seine gegenteiligen Behauptungen seien unglaubwürdig. Dies gehe schon aus dem Beweggrund der Abmeldung hervor, den Geschäftsgewinn dem Zugriff seiner geschiedenen Frau zu entziehen, weiter aus der mangelnden Sachkunde seiner Verlobten und der gemeinschaftlichen Haushaltführung. Ebenso spreche dafür die für längere Zeit nach der Geschäftsübertragung benutzte Namensvereinigung "..." und die Eintragung des Geschäftes noch 1952 im Fernsprechbuch auf den Namen des Klägers.
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts legte der Kläger Berufung an den Verwaltungsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen ein. Dieser hat mit ähnlicher Begründung wie das Verwaltungsgericht auf Grund mündlicher Verhandlung vom 16. Dezember 1953 am 26. Januar 1954 ein Urteil dahin verkündet, daß die Berufung zurückgewiesen und die Revision an das Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen werde. In der Rechtsmittelbelehrung ist auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde und der Revision nach § 54 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVerwGG) hingewiesen worden.
IV. Daraufhin erhob der Kläger Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision, da der Verwaltungsgerichtshof nach § 215 Abs. 8 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) jedenfalls seit dem 1. Januar 1954 zu einer Entscheidung nicht mehr zuständig gewesen sei. Zugleich legte er Revision ein.
Der Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof laut Beschluß vom 24. März 1954 nicht abgeholfen.
Mit der Revisionsbegründung rügte der Kläger als wesentlichen Mangel des Verfahrens ebenfalls die Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs und die Verletzung des § 286 der Zivilprozeßordnung (ZPO) in Verbindung mit §§ 34, 63, 64, 78 VGG, da der Verwaltungsgerichtshof die Grenzen der freien Beweiswürdigung verkannt habe.
Die Bundesanstalt beantragte, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, sie als unbegründet zurückzuweisen. Sie erhob einmal den Einwand der rechtskräftig entschiedenen Sache, da die Nichtzulassungsbeschwerde durch den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs am 24. März 1954 zurückgewiesen worden und damit die formelle Rechtskraft des Urteils eingetreten sei. Sodann erhob sie die Einrede der Unzuständigkeit des Gerichts. Nachdem der Verwaltungsgerichtshof trotz § 215 Abs. 8 SGG sein Urteil am 26. Januar 1954 erlassen habe, sei dieses mit der Verkündung existent geworden. Das Urteil sei nicht nichtig, sondern nur anfechtbar. Die Anfechtung müsse bei dem übergeordneten Gericht des gleichen Rechtszuges, also beim Bundesverwaltungsgericht, erfolgen; denn die Überleitungsbestimmungen des § 215 SGG bezögen sich nur auf Urteile, die vor dem 1. Januar 1954 ergangen seien. Die Verletzung des § 286 ZPO sei zu Unrecht gerügt, da das Gericht seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer tatsächlichen Behauptung ohne Beweisaufnahme aus dem gesamten Inhalt des Verfahrens und einer "etwaigen" Beweisaufnahme schließen könne.
V. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Beschluß vom 23. April 1954 festgestellt, daß die Sache am 1. Januar 1954 auf das Bundessozialgericht übergegangen sei (§§ 51, 215 Abs. 9, 224 Abs. 1 SGG).
Vor dem Bundessozialgericht hat dann der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Bremen vom 26. Januar 1954 sowie alle vorangegangenen Entscheidungen aufzuheben, hilfsweise, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zu anderweitiger Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht in Bremen zu verweisen.
VI. Der Kläger hat demnach auf die Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr zurückgegriffen, so daß dahingestellt bleiben konnte, ob sie begründet war. Unzutreffend erhebt aber insoweit die Beklagte den Einwand der rechtskräftig entschiedenen Sache; denn das Bundesverwaltungsgericht hat über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht entschieden. Somit konnte das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs, welcher der Beschwerde lediglich nicht abgeholfen hatte, nicht rechtskräftig werden.
Die vom Kläger gleichzeitig eingelegte Revision dagegen mußte durchgreifen. Ihre Statthaftigkeit richtet sich nach der Überleitung auf das Bundessozialgericht, wie noch ausgeführt werden wird, nur nach § 215 Abs. 9 SGG. § 215 SGG stellt als Hauptgrundsatz auf, daß die am 1. Januar 1954 als dem Tage des Inkrafttretens des Sozialgerichtsgesetzes rechtshängigen Sachen auf die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit übergehen. Damit sollte erreicht werden, daß von diesem Zeitpunkt an alle unter § 51 SGG fallenden Rechtsstreitigkeiten - dies traf für den vorliegenden Fall zu - einheitlich von den hierfür neu errichteten und nunmehr allein zuständigen Gerichten entschieden würden. Der hier behandelte Rechtsstreit war am 1. Januar 1954 beim Verwaltungsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen rechtshängig. Wenn auch am 16. Dezember 1953 die letzte mündliche Verhandlung stattgefunden hatte, so war jedenfalls ein Urteil noch nicht verkündet worden, der Rechtsstreit also noch nicht abgeschlossen. Er hätte deshalb auf Grund des § 215 Abs. 8 SGG auf das Landessozialgericht Bremen übergehen müssen; denn mangels einer einschränkenden Vorschrift erfolgt der Übergang kraft Gesetzes. Der Verwaltungsgerichtshof war jedenfalls für weitere Amtshandlungen nicht mehr zuständig, insbesondere auch nicht zur Verkündung des Urteils am 26. Januar 1954. Trotz der Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs ist dessen Urteil jedoch nicht nichtig, sondern es konnte nur mit dem zulässigen Rechtsmittel angefochten werden. Das war aber die Revision an das Bundesverwaltungsgericht. Dieses durfte jedoch über das Rechtsmittel nicht mehr entscheiden und hat deshalb, da der Rechtsstreit bei ihm rechtshängig war, nunmehr die Sache gemäß § 215 Abs. 9 SGG an das Bundessozialgericht abgegeben.
VII. Nach § 215 Abs. 9 Halbsatz 2 SGG richtet sich die Zulässigkeit der Revision nach dem Sozialgerichtsgesetz. Da die Revision nicht zugelassen war, ist sie nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG nur statthaft, wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt wird und auch vorliegt (vgl. Urteil des 8. Senats vom 14.7.1955, BSG. 1 S. 150). Als solchen hat der Kläger die Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs der Freien Hansestadt Bremen geltend gemacht.
Wie schon erwähnt, war der Verwaltungsgerichtshof nach dem 1. Januar 1954 zu Prozeßhandlungen nicht mehr befugt, insbesondere auch nicht zur Verkündung seines Urteils vom 26. Januar 1954. Da insoweit ein wesentlicher Mangel des Verfahrens im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG vorliegt, mußte diese Verfahrensrüge dazu führen, die Revision als statthaft anzusehen. Dabei war es nicht Aufgabe des Gerichts nachzuprüfen, ob schon nach der vor dem 1. Januar 1954 geltenden Rechtslage der Rechtsweg an die Verwaltungsgerichte zulässig war oder nicht. Der erkennende Senat schließt sich insoweit sinngemäß den Ausführungen des 3. Senats des Bundessozialgerichts in dessen Urteil vom 16. Juni 1955 (BSG. 1 S. 82 (88)) an, wonach es wegen der voneinander abweichenden Beurteilung des rechtlichen Charakters der Tätigkeit der Spruchbehörden der Arbeitslosenversicherung durch die Verwaltungsgerichte nicht darauf ankommt, ob das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten überhaupt zulässig war, sondern die Statthaftigkeit des Verfahrens richtet sich ausschließlich nach den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes.
VIII. Dagegen konnte die Berechtigung der weiteren Verfahrensrüge, der Verwaltungsgerichtshof habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung verkannt, dahingestellt bleiben. Denn das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs mußte schon deswegen aufgehoben werden, weil es von einem unzuständigen Gericht gefällt und verkündet worden ist, und die Sache mußte in sinngemäßer Anwendung des § 170 Abs. 2 Satz 2 SGG an das nunmehr zuständige Landessozialgericht Bremen verwiesen werden.
IX. Die Vorentscheidungen haben sich in der Hauptsache mit der Frage beschäftigt, ob der Kläger während der Zeit des Unterstützungsbezugs weiter als selbständiger Gewerbetreibender tätig gewesen ist, und haben sie bejaht. Demgegenüber wird das Landessozialgericht bei der Beurteilung der Streitsache von dem Urteil des erkennenden Senats vom 21. März 1956 - 7 RAr 7/55 - (BSG. 1 S. 67) über die Auslegung des Begriffs der Arbeitslosigkeit auszugehen haben und dabei besonders berücksichtigen müssen, daß es sich bei dem Kläger - mindestens in den letzten Jahren vor der Arbeitslosmeldung - um einen Doppelberufler gehandelt hat, der bis zur Arbeitslosmeldung selbständiger Gewerbetreibender und Arbeitnehmer zugleich war. Der erkennende Senat ist in solchen Fällen davon ausgegangen, daß Arbeitslosigkeit im Sinne des § 87 a Abs. 1 Satz 1 AVAVG nach der Absicht des Gesetzgebers nicht anzunehmen ist, wenn das Gewerbe ein Vollgewerbe ist und demnach nach allgemeiner Auffassung die Lebensgrundlage darstellt. Die Vermutung spricht allgemein und auch im vorliegenden Falle dafür, zumal der Kläger dem Ermittler des Arbeitsamts gegenüber angegeben hat, das Geschäft habe sich bisher "gut rentiert", und das Geschäft nach der Übergabe an Fräulein ... unter der Namensvereinigung ... weitergeführt wurde, weil der Name des Klägers gut bekannt sei. Aber insoweit sind bisher die erforderlichen Ermittlungen nicht angestellt worden.
Die Fortführung eines Geschäfts unter einer Namensvereinigung, wie hier, ist im allgemeinen nicht üblich; in der Regel bleibt der bisherige Firmenname bei einem Übergang eines Geschäfts auf einen neuen Inhaber bestehen und erhält den Zusatz: "Inhaber ...". Dies könnte also auf eine Scheinübertragung hinweisen. Auch daß der Kläger noch 1952 im Fernsprechbuch als Inhaber des Geschäfts eingetragen war und erst 1953 eine Eröffnungsbilanz vorgelegt worden ist, könnte darauf hindeuten, daß der Kläger sich nicht von dem Geschäft lösen und nicht ernstlich dauernd in den Kreis der Arbeitnehmer eintreten wollte.
Unter diesen Gesichtspunkten bedarf es deshalb auch einer genauen Prüfung der Angaben in der Arbeitsbescheinigung vom 24. Oktober 1950. Nach ihr soll der Kläger 48 Stunden wöchentlich beschäftigt worden sein. Unter diesen Umständen wäre es aber zweifelhaft, wann er überhaupt in diesen Zeiten sein Geschäft geöffnet gehabt und durchgeführt hat. Schwerlich wird gerade bei einem solchen Betrieb ein Feierabendgewerbe (vgl. SozR. AVAVG § 87 a Bl. Ba 2/3) anzunehmen sein.
Sollte aber festgestellt werden, daß der Kläger kein Voll-Gewerbe betrieben hat und tatsächlich und rechtlich die Verlobte des Klägers Inhaberin des Geschäfts geworden ist, so wäre zu untersuchen, ob er noch daran beteiligt und dadurch so weit gebunden ist, daß er nach § 87 a Abs. 2 AVAVG für nicht mehr als nur geringfügige Beschäftigung zur Verfügung stehen würde.
In diesem Fall würde er nicht als arbeitslos anzusehen sein. Nur wenn das Vorliegen eines Voll-Gewerbes zu verneinen und die Übertragung des Geschäfts auf die Verlobte als ernstlich anzusehen und deshalb auch eine Bindung nach § 87a Abs. 2 AVAVG nicht vorhanden wäre, könnte der Kläger "arbeitslos" sein.
X. Die Entscheidung über die Kosten und die Gebühren des Prozeßbevollmächtigten beruhen auf den §§ 193, 196 SGG.
Fundstellen