Entscheidungsstichwort (Thema)
Entziehung der Rente. Nachschieben von Gründen für einen Rentenentziehungsbescheid. Keine Umdeutung eines Rentenentziehungsbescheides in einen Bescheid im Wiederaufnahmeverfahren
Orientierungssatz
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zu RVO § 1286 Abs 1 S 1 kann der Versicherungsträger die Rente nicht entziehen, wenn er bei der Rentenbewilligung von Verhältnissen ausgegangen ist, die zwar die Annahme von Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit rechtfertigen würden, die aber objektiv nicht vorgelegen haben; die Entziehung setzt voraus, daß der Versicherte bei der Rentenbewilligung berufsunfähig oder erwerbsunfähig war. Eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des RVO § 1286 Abs 1 liegt nicht vor, wenn die Rente aufgrund eines Leidens gewährt wurde, das infolge einer Fehldiagnose damals in seiner Bedeutung für die Erwerbsfähigkeit des Versicherten überbewertet worden ist, während seine Bedeutung bei objektiv zutreffender Diagnose für die Gewährung einer Rente nicht ausgereicht hätte (Anschluß BSG 1957-10-03 5 RKn 28/56 = BSGE 6, 25; Anschluß BSG 1963-02-21 1 RA 47/60 SozR Nr 6 zu § 1286 RVO; Anschluß BSG 1968-03-15 4 RJ 589/64 = SozR Nr 14 zu § 1286 RVO).
2. Bei Bewilligung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit aufgrund des bloßen Verdachts einer schweren Erkrankung kann die Rente bei Wegfall des Verdachts nur entzogen werden, wenn für den Versicherten bei ihrer Bewilligung erkennbar war, daß die Rente nur wegen des Krankheitsverdachts gewährt wurde (Anschluß BSG 1962 -09-06 4 RJ 329/60 = BSGE 17, 295; Anschluß BSG 1969-11-28 1 RA 181/68 = BSGE 30, 154; Aufrechterhaltung BSG 1971-10-22 5 RKn 72/69 SozR Nr 20 zu § 1286 RVO). 4 RJ 329/60 = BSGE 17, 295; Anschluß BSG 1969-11-28 1 RA 181/68 = BSGE 30, 154; Aufrechterhaltung BSG 1971-10-22 5 RKn 72/69 SozR Nr 20 zu § 1286 RVO).
Normenkette
RVO § 1286 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1957-02-23, § 1744 Abs. 1 Nr. 6 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 26. Juli 1973 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Es ist umstritten, ob die Beklagte die Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin entziehen darf (§ 1286 Abs. 1 Satz 1 RVO).
Die 1916 geborene Klägerin, landwirtschaftliche Arbeiterin und Hausgehilfin, seit ihrer Heirat 1943 nicht mehr versicherungspflichtig beschäftigt, bezog von 1966 bis November 1967 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach einer Brustoperation. Das Geschwulstleiden wurde als klinisch beseitigt festgestellt und die Klägerin wieder als fähig für ganztägige mittelschwere körperliche Frauenarbeiten angesehen. Ein neuer Rentenantrag der Klägerin wurde im Juni 1969 abgelehnt. Während des anschließenden Klageverfahrens wurde die Klägerin wegen Gelbsucht stationär vom 4. August bis 3. Oktober 1969 im Kreiskrankenhaus N. behandelt. Der vom Sozialgericht (SG) beigezogene Befundbericht des Dr. S. dieses Krankenhauses vom 24. September 1969 enthielt die Diagnose "chronisch progrediente Hepatitis mit akutem Schub, Zustand nach Mammaamputation vor 5 Jahren". Der ärztliche Berater der Beklagten äußerte dazu (9. Oktober 1969), bei dem vorliegenden Befund seien Metastasen als Ursache einer Gallenabflußstörung nicht ausgeschlossen; im Rückblick sei der Klägerin eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit seit Rentenantragstellung nicht mehr zuzumuten. Darauf erkannte die Beklagte einen Anspruch der Klägerin an (14. Oktober 1969) und gewährte wieder Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Bei einer Nachuntersuchung 1971 lag dem Gutachter der Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses N. vom 9. Oktober 1969 mit der Diagnose "Hepatitis epidemica" vor. Er führte u. a. aus, die Klägerin habe im Herbst 1969 eine epidemische Hepatitis durchgemacht, die längst abgeheilt sei; leichte bis mittelschwere körperliche Frauenarbeiten könnten vollschichtig mit üblichen Unterbrechungen verrichtet werden. Die Beklagte entzog hierauf mit Bescheid vom 18. Mai 1971 die Rente.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 14. September 1972). Die im Berufungsverfahren gehörten Gutachter Dr. L. und Dr. F. wiesen auf die sehr unterschiedlichen ärztlichen Aussagen in dem Befundbericht vom 24. September 1969 und dem Entlassungsbericht vom 9. Oktober 1969 sowie auf die Vermutung des ärztlichen Beraters der Beklagten hin, es könne eine Metastasenleber nach Mammacarcinom bestehen; rückblickend habe es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um eine epidemische, das heißt infektiöse, akute, durch die Behandlung folgenlos abgeheilte Hepatitis gehandelt. Das Landessozialgericht (LSG) hat den Rentenentziehungsbescheid aufgehoben; die Revision wurde unter Hinweis auf die Entscheidung des 5. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28. März 1973 - 5 RKn 37/71 (= BSG 35, 277) zugelassen (Urteil vom 26. Juli 1973).
Das LSG hat eine zur Rentenentziehung berechtigende Änderung der Verhältnisse nach § 1286 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) verneint. In der fraglichen Zeit (Oktober 1969) sei die Klägerin weder berufsunfähig noch erwerbsunfähig gewesen. Maßgebend für eine Rentenentscheidung seien die Verhältnisse, die bei der Erteilung des Anerkenntnisses objektiv vorgelegen hätten. Für das Anerkenntnis sei offenbar nicht die Tatsache maßgebend gewesen, daß die Klägerin im August 1969 akut an der Leber erkrankt sei, sondern die Verdachtsdiagnose des beratenden Arztes der Beklagten, die auf der fehlerhaften Diagnose des Dr. S. aufgebaut habe. In solchen Fällen liege keine zur Rentenentziehung berechtigende Änderung der Verhältnisse vor. Auch der Fall, daß für den Versicherten bei der Erteilung des Rentenbescheides erkennbar gewesen sei, die Rente werde wegen eines Krankheitsverdachts gewährt, sei nicht gegeben.
Die Beklagte hat Revision eingelegt und beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Beklagte rügt, das LSG habe bei seiner Auffassung, die Klägerin sei im Zeitpunkt der Rentenbewilligung weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig gewesen, die Ursache der Rentengewährung verkannt. Nach den Gutachten des Dr. L. sei die Klägerin während des Krankenhausaufenthalts erwerbsunfähig gewesen und danach sei ihre Erwerbsfähigkeit noch bis längstens Ende Februar 1970 eingeschränkt gewesen. Die Erwerbsunfähigkeit sei durch eine Änderung der Verhältnisse weggefallen.
Das LSG habe die Unzulässigkeit einer Rentenentziehung bei Verdachtsdiagnose, wie sie hier vorgelegen habe, auf die Entscheidung des BSG 30, 154 gestützt, wonach bei Fortfall des Krankheitsverdachts die Rente nicht entzogen werden könne, wenn dem Versicherten dieser Verdacht nicht ersichtlich gewesen sei. Wegen des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs sei davon auszugehen, daß das SG den Befundbericht des Dr. S. vom 24. September 1969 auch an die Klägerin gesandt habe. Die Klägerin müsse den Zusammenhang zwischen dem Befundbericht und dem Anerkenntnis erkannt haben und ihr behandelnder Arzt müsse sie anhand des Entlassungsberichts vom 9. Oktober 1969 darauf hingewiesen haben, daß sich die Annahme einer chronisch progredienten Hepatitis mit akutem Schub nicht bewahrheitet habe. Die Klägerin habe mit einer nur vorsorglich gewährten Rente rechnen müssen, weil bei Erteilung des Befundberichts vom 24. September 1969 die endgültige Bezeichnung des Leidens noch nicht festgestanden habe. Deshalb könne die aufgrund einer Verdachtsdiagnose bewilligte Rente entzogen werden.
Schließlich rügt die Beklagte noch, das LSG habe nicht beachtet, daß ihre Bindung an die Rentenbewilligung über § 1744 RVO zu beseitigen sei. Sie sei nachträglich in die Lage versetzt worden, eine Urkunde zu benutzen, die eine für sie günstigere Entscheidung zur Folge gehabt hätte, d. h. den Entlassungsbericht vom 9. Oktober 1969, wonach die Verdachtsdiagnose nicht länger begründet gewesen sei. Wenn sie damals diesen Bericht hätte benutzen können, wäre es nicht zu ihrem Anerkenntnis gekommen. Ihr Entziehungsbescheid entspreche einem auf § 1744 RVO gestützten ablehnenden Bescheid mit gleichzeitigem Belassen der bisher bezogenen Rentenbeträge.
Beide Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist infolge Zulassung statthaft.
Es konnte fraglich sein, ob die Zulassung der Revision rechtswirksam ist. Das LSG hat die Zulassung damit begründet, die Entscheidung in BSG 35, 277 könne vermuten lassen, das BSG neige zur Änderung seiner Rechtsprechung zu § 1286 RVO. Diese Vermutung kann der angeführten Entscheidung nicht entnommen werden; denn diese betrifft einen anderen Sachverhalt. Der Versicherungsträger hatte dort die objektiv gegebenen gesundheitlichen und beruflichen Verhältnisse des Versicherten richtig festgestellt. Er hatte ihn aber rechtsirrtümlich nicht auf die gesundheitlich möglichen Tätigkeiten verwiesen, weil er diese zu Unrecht als nicht zumutbar erachtete. Er hatte deshalb Rente wegen Berufsunfähigkeit gewährt. Bei richtiger Rechtsanwendung hätte der Versicherungsträger den Versicherten auf solche Tätigkeiten verweisen und Berufsunfähigkeit ablehnen müssen. Da der Versicherte nach der Rentenbewilligung neue berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hatte, hatte das BSG die Rentenentziehung wegen Änderung der Verhältnisse bestätigt. Der Senat hat indes im vorliegenden Fall die Revision für statthaft erachtet, weil die Zulassung nicht offensichtlich gesetzwidrig erfolgt ist.
Die Revision ist aber nicht begründet. Der auf § 1286 Abs. 1 RVO gestützte Rentenentziehungsbescheid ist rechtswidrig.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zu § 1286 Abs. 1 Satz 1 RVO kann der Versicherungsträger die Rente nicht entziehen, wenn er bei der Rentenbewilligung von Verhältnissen ausgegangen ist, die zwar die Annahme von Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit rechtfertigen würden, die aber objektiv nicht vorgelegen haben; die Entziehung setzt voraus, daß der Versicherte bei der Rentenbewilligung berufsunfähig oder erwerbsunfähig war. Eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 1286 Abs. 1 RVO liegt nicht vor, wenn die Rente aufgrund eines Leidens gewährt wurde, das infolge einer Fehldiagnose damals in seiner Bedeutung für die Erwerbsfähigkeit des Versicherten überbewertet worden ist, während seine Bedeutung bei objektiv zutreffender Diagnose für die Gewährung einer Rente nicht ausgereicht hätte (BSG 6, 25; SozR Nr. 6 und 14 zu § 1286 RVO).
Zwar war die Klägerin z. Zt. der Rentenentziehung nicht erwerbsunfähig oder berufsunfähig; das LSG hat insoweit unangefochten festgestellt, daß sie zu dieser Zeit zu zumutbaren Arbeiten fähig war. Ihre Leistungsfähigkeit war aber objektiv nach den Feststellungen des LSG z. Zt. der Lebererkrankung nicht während einer so langen Zeit in einem solchen Ausmaß eingeschränkt, daß Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hätte gewährt werden müssen. Da eine akute infektiöse Hepatitis nach den Darlegungen des LSG anhand der medizinischen Literatur und des Gutachtens des Dr. L. nach längstens 12 Wochen folgenlos abheilt - wie auch bei der Klägerin -, war objektiv ihre Erwerbsfähigkeit nicht für mindestens 26 Wochen in einem § 1247 Abs. 2 RVO entsprechenden Umfang eingeschränkt. Die Klägerin war vorübergehend erkrankt, aber nicht erwerbsunfähig, so daß ihr damals weder eine Zeitrente noch eine Dauerrente wegen Erwerbsunfähigkeit hätte bewilligt werden können.
Das BSG hat auch bereits entschieden, daß bei Bewilligung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit aufgrund des bloßen Verdachts einer schweren Erkrankung die Rente bei Wegfall des Verdachts nur entzogen werden kann, wenn für den Versicherten bei ihrer Bewilligung erkennbar war, daß die Rente nur wegen des Krankheitsverdachts gewährt wurde (BSG 17, 295; 30, 154; SozR Nr. 20 zu § 1286 RVO).
Die Beklagte hat den Rentenanspruch wegen des von ihrem beratenden Arzt geäußerten Verdacht auf Lebermetastasen, also auf ein Wiederaufleben des Krebsleidens, anerkannt. Das LSG hat ohne Gesetzesverletzung verneint, daß die Klägerin hätte erkennen können, die Rente sei nur auf den Verdacht eines schweren Leberleidens hin unter den entsprechenden Vorbehalten bewilligt worden. In den Ausführungen der Revisionsbegründung hierzu kann die Rüge fehlerhafter Sachaufklärung und rechtswidriger Beweiswürdigung durch Übergehen von Akteninhalt, wie eine von der Beklagten angenommene Übersendung des Befundberichts vom 24. September 1969 an die Klägerin durch das SG im Klageverfahren von 1969, gesehen werden. Diese Rüge greift jedoch nicht durch; denn die Beklagte beachtet nicht, daß das SG nach den Prozeßakten von 1969 den Befundbericht nicht an die Klägerin übersandt hat. Die Beiziehung dieser Prozeßakten war in der Ladung der Beklagten zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG angegeben; sie hatte also Gelegenheit, die Prozeßakten von 1969 mit den Vorgängen um den Befundbericht vom 24. September 1969 einzusehen.
Die auf die Entscheidung in BSG 17, 295 gestützte Auffassung der Beklagten, eine aufgrund Verdachtsdiagnose gewährte Rente sei keine Rente "wegen" Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit und könne in entsprechender Anwendung des § 1286 RVO entzogen werden, läßt außer acht, daß in jener Entscheidung § 1286 RVO ohnehin schon "entsprechend" angewendet worden ist, indem der Wegfall des Verdachts wie einer Änderung der Verhältnisse angesehen wurde. Auch wenn die aufgrund Verdachts gewährte Rente keine Rente "wegen" Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit ist, so wird doch der sie bewilligende Bescheid bindend, so wie auch ein aus einem anderen Grund falscher Bescheid bindend wird; die Bindung kann dann nur in den gesetzlich zugelassenen Fällen beseitigt werden (§ 77 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Beklagte will die Bindung ihres Anerkenntnisses und anschließenden Rentenbescheids über § 1744 Abs. 1 Nr. 6 RVO beseitigen und ihren Entziehungsbescheid in diesem Sinne verstanden wissen. In diesem Rechtsstreit kann jedoch nicht geprüft werden, ob die Beklagte berechtigt ist, die Rentenbewilligung nach § 1744 Abs. 1 Nr. 6 RVO zu beseitigen. Sie schiebt mit ihrem Vorbringen, der Entlassungsbericht vom 9. Oktober 1969, nach dem die Verdachtsdiagnose nicht mehr begründet gewesen sei, habe erst bei der Rentenentziehung 1971 vorgelegen und sie hätte das Anerkenntnis nicht abgegeben, wenn sie den Entlassungsbericht schon 1969 hätte benutzen können, dem Entziehungsbescheid andere Gründe nach bzw. deutet ihn um. Beides ist jedoch in diesem Verfahren nicht möglich.
Wenn ein Verwaltungsakt eine unzutreffende Begründung enthält, aber auf andere rechtliche Vorschriften gestützt werden kann, darf eine zutreffende Rechtsbegründung nachgeschoben werden, sofern der Verwaltungsakt durch die andere Begründung nach Voraussetzungen, Inhalt und Wirkungen nicht etwas wesentlich anderes wird (BSG 29, 217, 221 mit weiteren Hinweisen).
Ein Bescheid im Wiederaufnahmeverfahren hat jedoch andere Voraussetzungen, einen anderen Inhalt und eine andere Wirkung als ein Rentenentziehungsbescheid nach § 1286 Abs. 1 RVO. Für seinen Erlaß müssen andere Tatsachen gegeben sein, als für einen Rentenentziehungsbescheid. Die Rentenentziehung ist auf eine Änderung der Verhältnisse des Versicherten nach der Rentenbewilligung gestützt. Im Wiederaufnahmeverfahren nach § 1744 Abs. 1 Nr. 6 RVO wird hingegen festgestellt, daß die Rente von Anfang an zu Unrecht bewilligt wurde. Ein solcher Bescheid im Wiederaufnahmeverfahren hat nicht nur die Wirkung wie ein Rentenentziehungsbescheid, daß die Rente künftig wegfällt, sondern besagt darüber hinaus, daß sie von Anfang an gesetzwidrig bewilligt war und dem Empfänger nicht zustand. Aus diesen Gründen kann der Rentenentziehungsbescheid auch nicht in einen Bescheid nach § 1744 Abs. 1 Nr. 6 RVO umgedeutet werden (vgl. auch BSG 14, 44, 47).
Die Beklagte schiebt nicht nur eine andere rechtliche Begründung nach, sondern beruft sich auch auf neue Tatsachen, indem sie geltend macht, sie habe den Entlassungsbericht vom 9. Oktober 1969 erst nach Abgabe ihres Anerkenntnisses vom 14. Oktober 1969 aufgefunden und benutzen können.
Es bleibt der Beklagten überlassen, ob sie nach Abschluß des jetzigen Streitverfahrens ein Verfahren nach § 1744 Abs. 1 Nr. 6 RVO einleitet.
Die Revision der Beklagten war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen