Orientierungssatz
Zur Frage, ob die Versorgungsverwaltung verpflichtet ist, der KK einen Zuschuß zu den Kosten eines Hilfsmittels zu erstatten, den diese der Ehefrau eines Schwerbeschädigten gewährt hat.
Normenkette
BVG § 18 Abs. 2, § 18c Abs. 6 S. 2, § 10 Abs. 4 Buchst. a; RVO § 187
Verfahrensgang
SG Landshut (Entscheidung vom 25.03.1974; Aktenzeichen S 12/V 354/71 E) |
Tenor
Auf die Sprungrevision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25. März 1974 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Arbeiter Heinrich K (K.) bezieht vom Beklagten Versorgung auf Grund des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v. H.. Er ist Mitglied der Klägerin. Im November 1968 legte er dieser die Rechnung eines Sanitäts-Miederhauses über den Betrag von 148,06 DM für ein Kreuzstützmieder seiner Ehefrau Gerda vor. Die Klägerin leistete am 22. November 1968 einen Zuschuß in Höhe von 108,60 DM, wovon 59,20 DM auf eigene und 49,40 auf Rechnung der Landesversicherungsanstalt (LVA) entfielen. Das für K. zuständige Versorgungsamt (VersorgA) Landshut erfuhr von diesem Vorgang erst, als die Klägerin durch Schreiben vom 24. April 1970 einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch mit der Begründung geltend machte, dem Beschädigten seien als Heil- und Krankenbehandlung aus der Kriegsopferversorgung (KOV) für seine Ehefrau auch größere Heilmittel als Sachleistung zu gewähren; deshalb entfalle jeder Anspruch auf Zuschüsse aus der Kranken- und Rentenversicherung. Nachdem der Beklagte die Zahlung abgelehnt hatte, erhob die Klägerin Klage auf Zahlung von 108,60 DM, die sie später auf 59,20 DM ermäßigte.
Das Sozialgericht (SG) Landshut hat durch Urteil vom 25. März 1974 den Beklagten verurteilt, der Klägerin DM 59,20 zu erstatten. Der Klageanspruch sei nach den Grundsätzen des Allgemeinen Verwaltungsrechts über den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch begründet, weil die an sich nach der Aufgabenverteilung verpflichtete juristische Person des öffentlichen Rechts - hier der Beklagte - das erspart habe, was die nicht zur Leistung verpflichtete Klägerin hierfür aufgewendet habe. Der Beklagte müsse K. für dessen Ehefrau nach § 10 Abs. 4 Buchst. a BVG Krankenbehandlung gewähren, die auch die Versorgung mit einem Stützmieder umfasse. Diese Verpflichtung sei nicht durch § 10 Abs. 5 Buchst. a BVG ausgeschlossen gewesen. Dabei könne offen bleiben, ob eine Geldzuwendung in Form eines nur einen Teil der Gesamtkosten umfassenden Zuschusses eine "entsprechende Leistung" im Sinne dieser Bestimmung sei. Denn auch zu einer solchen Leistung sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen. Wenn das Stützmieder als Heilmittel angesehen werde, so sei die Klägerin zu dessen Lieferung nicht verpflichtet, weil sein Preis über dem Betrag liege, der in der Satzung der Klägerin (§ 21 Nr. 2) für kleinere Heilmittel festgesetzt sei, auf die nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) allein ein Anspruch bestehe. Eine Verpflichtung zur Zahlung eines Zuschusses zu einem größeren Heilmittel oder einem Hilfsmittel bestehe nach der Satzung der Klägerin nicht. Dieser Ausschluß sei rechtswirksam; er widerspreche weder Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) noch § 18 c Abs. 6 BVG. Die Verpflichtung des Beklagten ergebe sich auch aus der sogenannten "Verbandskompetenz". Dies bedeute, daß jede juristische Person des öffentlichen Rechts die Aufwendungen, welche bei der Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben anfallen, selbst tragen müsse und nicht auf andere abwälzen dürfe. Der Beklagte sei hier nach § 10 Abs. 4 BVG verpflichtet gewesen, das Stützmieder zu gewähren. Die Klägerin, die einen Zuschuß zu den Kosten des Stützmieders geleistet habe, dessen Beschaffung eine Aufgabe des Beklagten gewesen sei, habe damit ein Vermögensopfer erbracht, dem eine entsprechende Ersparnis beim Beklagten gegenüberstehe.
Das SG hat die Berufung zugelassen.
Der Beklagte hat die Sprungrevision form- und fristgerecht eingelegt und begründet.
Er rügt mit näherer Begründung, das SG habe die Grundsätze des Allgemeinen Verwaltungsrechts über den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch verkannt und verletzt. Zunächst sei die Klägerin zur Leistung verpflichtet gewesen; ein Erstattungsanspruch gegen den Empfänger der Leistung fehle; der Beklagte sei durch die Klägerin nicht von einer Verbindlichkeit befreit worden. Bei dem Kostenzuschuß der Klägerin zu dem Stützmieder und der Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung einer Sachleistung handele es sich nicht um entsprechende Leistungen. Die Klägerin habe nicht eine adäquate Leistung anstelle der Versorgungsbehörde erbracht; diese sei daher auch nicht von ihrer grundsätzlichen Verpflichtung, Krankenbehandlung gemäß § 10 Abs. 4 Buchst. a BVG als Sachleistung zu gewähren, befreit worden. Weil also der Sachleistungsanspruch erhalten geblieben sei, habe die Zahlung der Klägerin dem Beklagten keinen rechtlichen Vorteil gebracht. Da außerdem das Stützmieder nicht auf Veranlassung des VersorgA gefertigt worden sei, handele es sich um eine selbst durchgeführte Krankenbehandlung im Sinne des § 18 Abs. 2 BVG. Danach seien die Kosten des Stützmieders nur zu erstatten, wenn zwingende Gründe die Inanspruchnahme des VersorgA (§ 18 Abs. 1 BVG) unmöglich gemacht hätten. Als "zwingende Gründe" könnten nur solche Umstände angesehen werden, die sofortige Maßnahmen erfordern und es ausschließen, daß der Beschädigte sich vorher mit dem zuständigen VersorgA in Verbindung setze. Eine solche Dringlichkeit für die Fertigung des Stützmieders habe aber nicht vorgelegen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Sprungrevision gegen das Urteil des Sozialgerichts zurückzuweisen.
K. habe für seine Ehefrau Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 10 Abs. 4 Buchst. a BVG. Das Kreuzstützmieder sei im Rahmen der Krankenbehandlung eine Sachleistung; dagegen seien die aus der Krankenversicherung zu leistenden Zuschüsse (vgl. § 187 RVO iVm §§ 22 ff der Satzung der Klägerin) Geldleistungen und damit keine "entsprechenden Leistungen" im Sinne des § 10 Abs. 5 BVG mit der Folge, daß der Anspruch nach dem BVG nicht ausgeschlossen sei. Die Ausführungen des Beklagten zu § 18 Abs. 2 BVG seien nicht haltbar und widersprüchlich. Eine selbst durchgeführte Heilbehandlung liege nicht vor, weil K. bei der Klägerin einen Zuschuß für das Kreuzstützmieder beantragt habe und dieser Antrag nach § 18 a Abs. 1 Satz 2 BVG auch als Antrag an die Verwaltungsbehörde angesehen werden müsse. Dem Versorgungsberechtigten, dem die Leistungspflicht nicht bekannt gewesen sei, könne nicht angelastet werden, daß die Krankenkasse schließlich geleistet habe.
Die beigeladene Bundesrepublik ist der Ansicht, daß die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung des Zuschusses zu den Kosten des Kreuzstützmieders habe. Der Beschädigte habe hier die Krankenbehandlung selbst durchgeführt. Mit der Selbstbeschaffung des Kreuzstützmieders sei die Notwendigkeit für eine Sachleistung der Verwaltungsbehörde entfallen. Die Erstattung der Kosten an K. richte sich nach § 18 Abs. 2 BVG. Da es sich bei dieser Kostenerstattung und beim Zuschuß der Krankenkasse jeweils um eine Geldleistung handele, seien "entsprechende" Leistungen gegeben, so daß § 10 Abs. 5 Buchst. a BVG erfüllt und die Verpflichtung des Beklagten insoweit ausgeschlossen sei. Die Klägerin habe also ihren Zuschuß nicht zu Unrecht erbracht.
Die beigeladene Bundesrepublik beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Sprungrevision ist nach § 161 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil das SG die nach § 149 SGG an sich ausgeschlossene Berufung gemäß § 150 Nr. 1 SGG ausdrücklich zugelassen hat. Der Beklagte hat die Einverständniserklärung des Rechtsmittelgegners, der klagenden Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK), beigefügt. Die beigeladene Bundesrepublik brauchte nicht zuzustimmen. Sie hat wie der Beklage in erster Instanz Klageabweisung beantragt und verfolgt auch vor dem Bundessozialgericht (BSG) das gleiche Ziel. Sie ist daher kein "Rechtsmittelgegner" i. S. des § 161 Abs. 1 Satz 1 SGG (vergl. auch den Beschluß des Großen Senats des BSG vom 10. Dezember 1974 - GS 1/74 -). Die Sprungrevision ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Das Rechtsmittel ist sonach zulässig und mußte auch in der Sache Erfolg haben, weil der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zusteht.
Gegen die Zulässigkeit der ohne Durchführung eines Vorverfahrens erhobene Leistungsklage bestehen keine Bedenken, weil der Beklagte der Hoheitsgewalt der Klägerin nicht untersteht, so daß diese das Rechtsverhältnis nicht durch Verwaltungsakt regeln konnte. Da die Leistung, deren Erstattung begehrt wird, im Jahre 1968 bewirkt wurde, ist maßgebend das BVG in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts (3. NOG) vom 28. Dezember 1966 (BGBl I 750). Die Änderung des § 18 c Abs. 6 BVG durch das 3. Anpassungsgesetz-Kriegsopferversorgung (3. AnpG-KOV) kann hier noch nicht berücksichtigt werden.
Die Klägerin kann ihren Anspruch nicht auf § 19 BVG stützen, weil nach Abs. 1 Satz 2 dieser Vorschrift Ersatz nur für Aufwendungen geleistet wird, die durch die Behandlung anerkannter Schädigungsfolgen entstanden sind. Hier handelt es sich aber um die Kosten einer Krankenbehandlung für die Ehefrau des Beschädigten.
Auch aus § 20 BVG kann die Klägerin ihren Erstattungsanspruch nicht herleiten. Dafür wäre erforderlich, daß sie nur nach den Vorschriften des BVG verpflichtet wäre, die hier streitige Krankenbehandlung durchzuführen. Dabei kann offen bleiben, ob sich eine solche Verpflichtung auch aus ihrer Satzung ergibt. Jedenfalls hat die Klägerin hier Krankenbehandlung nach dem BVG deshalb nicht durchzuführen, weil die orthopädische Versorgung nach § 18 c Abs. 1 BVG in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde fällt und demgemäß eine Zuständigkeit der Krankenkasse nach § 18 c Abs. 2 BVG ausgeschlossen ist.
Auch ein vom SG als sogenannter "öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch" bezeichneter Anspruch steht der Klägerin nicht zu. Unter diesem Rechtsbegriff sind verschiedene Ansprüche zusammengefaßt.
Ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Ersatz, der durch die §§ 19, 20 und 81 b BVG nicht ausgeschlossen ist (vgl. BSG SozR Nr. 5 zu § 14 BVG), setzt nach der Rechtsprechung das BSG voraus, daß eine ungerechtfertigte Rechtsgüterverschiebung zwischen gleichgeordneten Rechtsträgern des öffentlichen Rechts vorliegt (vgl. statt anderen BSG 16, 151; 29, 44; 36, 43; SozR Nr. 5 zu § 14 BVG; SozR 3100 § 18 c Nr. 1). Das ist hier jedoch nicht der Fall.
K. steht als Schwerbeschädigtem nach § 10 Abs. 4 Buchst. a BVG Krankenbehandlung für seine Ehefrau zu. Diese umfaßt nach § 12 Abs. 1 BVG iVm § 11 Abs. 1 Nr. 7 BVG auch die orthopädische Versorgung, wozu nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 der Verordnung zur Durchführung des § 11 Abs. 3 und der §§ 13 und 15 BVG die Lieferung von Stützapparaten als Sachleistung gehört. Der Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 10 Abs. 4 ist aber nach § 10 Abs. 5 Buchst. a BVG in der damaligen Fassung - die Alternativen b und c scheiden hier von vornherein aus - dann ausgeschlossen, wenn und soweit ein Sozialversicherungsträger zu einer entsprechenden Leistung verpflichtet ist. Als solche Leistung kommt hier die Familienhilfe gemäß § 205 RVO in Betracht. Nach dieser Vorschrift steht dem Versicherten Familienhilfe für seine unterhaltsberechtigte Ehefrau zu, wenn diese nicht anderweitig einen gesetzlichen Anspruch auf Krankenhilfe hat. Es stehen sich also in der Krankenbehandlung und der Familienhilfe je zwei Ansprüche gegenüber, deren Rangfolge zu klären ist. Dabei kann offenbleiben, ob die Klägerin durch die Wortfassung des § 25 Nr. 10 ihrer Satzung (in der ab 15. November 1968 geltenden Fassung) hat zum Ausdruck bringen wollen, daß Ansprüche nach dem BVG den Ansprüchen auf Familienhilfe vorgehen sollen. Denn eine solche Rangordnung kann nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG 25, 142) die Satzung einer Krankenkasse nicht aufstellen; sie ist vielmehr durch Auslegung der in Frage kommenden gesetzlichen Bestimmungen zu ermitteln.
Das BSG hat in seinem Urteil vom 28. April 1965 (vgl. SozR Nr. 3 zu § 10 BVG) diejenige Vorschrift als vorrangig angesehen, die dem Leistungsempfänger einen eigenen Anspruch einräumt, und demgemäß den eigenen Anspruch des Schwerbeschädigten auf Heilbehandlung wegen Nichtschädigungsfolgen dem Anspruch seiner Ehefrau auf Familienhilfe für ihn nach § 205 RVO vorgehen lassen. Hier aber hat die Ehefrau sowohl bei der Krankenbehandlung nach § 10 Abs. 4 Buchst. a BVG als auch bei der Familienhilfe nach § 205 RVO nur die Rechtsstellung einer Leistungsempfängerin, nicht dagegen die einer Berechtigten aus eigenem Recht. Der 8. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 30. September 1974 - 8 RV 371/69 - aus dem unterschiedlichen Wortlaut der beiden Vorschriften und der Entstehungsgeschichte des § 10 Abs. 5 Buchst. a BVG gefolgert, daß der Anspruch der sozialversicherten Mutter auf Familienhilfe nach § 205 RVO zu Gunsten des gemeinsamen Kindes dem Anspruch des schwerbeschädigten Vaters auf Krankenbehandlung zu Gunsten des gemeinsamen Kindes (§ 10 Abs. 3 und 4 BVG) vorgeht. Das muß hier entsprechend gelten, wenn K. für seine Ehefrau sowohl als Schwerbeschädigtem Krankenbehandlung nach § 10 Abs. 4 Buchst. a BVG als auch als Versichertem Familienhilfe nach § 205 RVO zusteht. Die Familienhilfe für die Ehefrau auf Grund der Krankenversicherung geht also grundsätzlich der Krankenbehandlung für diese auf Grund des BVG vor.
Das SG hat jedoch zutreffend ausgesprochen, daß die Klägerin im Rahmen der Familienhilfe weder nach der RVO noch durch ihre Satzung verpflichtet ist, orthopädische Versorgung als Sachleistung zu gewähren, sondern nach § 25 ihrer Satzung nur Zuschüsse zu größeren Heil- und Hilfsmitteln leistet. Demgegenüber muß der Beklagte das Kreuzstützmieder als Sachleistung gewähren. Infolgedessen tritt an sich die Krankenbehandlung nach § 10 Abs. 4 BVG nicht hinter die Familienhilfe nach § 205 RVO zurück (vgl. Hutterer in BKK 1971, 231, 233). Hätte sich K. also an die Orthopädische Versorgungsstelle gewandt oder hätte die Klägerin den an sie gerichteten Antrag an diese Verwaltungsbehörde weitergeleitet, so hätte K. vom Beklagten das Kreuzstützmieder als Sachleistung beanspruchen können. Tatsächlich hat jedoch K. das Kreuzstützmieder selbst beschafft und die Klägerin hat hierzu einen Zuschuß geleistet. Hierdurch ist die Pflicht der Versorgungsverwaltung zu einer Sachleistung entfallen. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, daß eine Geldleistung nicht zum Wegfall einer Sachleistung führen kann (vgl. auch BVBl 1969, 82). Die Sachleistung ist aber unmöglich geworden, weil die Verwaltungsbehörde sie, nachdem K. das Stützmieder selbst beschafft hatte, nicht mehr erbringen konnte. Ein Anspruch auf die Sachleistung, zu der die Klägerin einen Zuschuß geleistet hatte, bestand nach der Beschaffung durch K. nicht mehr. Damit ist aber nicht ohne weiteres der Ersatzanspruch entfallen. Der Beklagte ist nicht völlig freigeworden; seine Leistungspflicht ist vielmehr inhaltlich umgestaltet worden.
Statt der Sachleistung kommt nämlich die Erstattung der Kosten einer vom Berechtigten selbst durchgeführten Krankenbehandlung nach § 18 Abs. 2 BVG in Betracht. Ein Fall selbstdurchgeführter Krankenbehandlung liegt hier vor. "Selbst durchgeführt" bedeutet, daß die Krankenbehandlung ohne Inanspruchnahme der Verwaltungsbehörde oder der Krankenkasse durchgeführt worden ist (vgl. BSG in SozR 3100 § 18 c Nr. 1). Die Verwaltungsbehörde wurde hier nicht in Anspruch genommen. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn sie die Sachleistung gewährt, also selbst die Lieferfirma beauftragt hätte. Nicht ausreichend ist, wie der erkennende Senat in dem o. b. Urteil ausgesprochen hat, daß ein Antrag bei der Verwaltungsbehörde gestellt worden ist, weshalb auch die Fiktion des § 18 a Abs. 1 Satz 2 BVG, auf welche es die Klägerin abstellt, unerheblich ist.
Es kann offenbleiben, ob eine Leistungspflicht des Beklagten aus § 18 Abs. 2 BVG schon deshalb ausgeschlossen ist, weil - wie der 9. Senat in seinem Urteil vom 17. Dezember 1974 (9 RV 198/74) ausgesprochen hat - K. sich an die Krankenkasse gewandt hat. Nicht erörtert zu werden braucht auch, ob zwingende Gründe i. S. von § 18 Abs. 2 BVG - das SG hat hierzu keine Feststellungen getroffen - vorgelegen haben. Jedenfalls ist der Beklagte zur Zahlung der hier in Streit befindlichen 59,20 DM nach § 10 Abs. 5 Buchst. a BVG nicht verpflichtet, weil die Klägerin, also ein Sozialversicherungsträger, nach ihrer Satzung einen Zuschuß zu Heil- oder Hilfsmitteln zu leisten hat. Die Kostenerstattung nach § 18 Abs. 2 BVG und die Zuschußleistung der Klägerin sind beides Geldleistungen und damit entsprechende, "kongruente" Leistungen, so daß die Leistungspflicht des Beklagten in der Höhe, in der die Klägerin leistungspflichtig ist, ausgeschlossen ist.
Die Leistungspflicht der Klägerin ergibt sich aus § 25 Nr. 4 ihrer Satzung; danach gewährt sie zu den Kosten von größeren Heil- und Hilfsmitteln einen näherbezeichneten Zuschuß. Nach § 25 Nr. 10 der Satzung in der ab 15. November 1968 gültigen Fassung werden allerdings Familienangehörigen zu größeren Heil- oder Hilfsmitteln Zuschüsse nicht gewährt, wenn der Versicherte Anspruch auf entsprechende vorrangige Leistungen nach anderen gesetzlichen Vorschriften hat. Durch diese Klausel kann die Klägerin ihre Verpflichtung aber nicht ausschließen, weil dem § 18 c Abs. 6 BVG entgegensteht. Danach dürfen auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen öffentlich-rechtlicher Leistungsträger, auf die jedoch kein Anspruch besteht, nicht deshalb versagt oder gekürzt werden, weil nach dem BVG entsprechende Leistungen vorgesehen sind. Das gilt entgegen der Ansicht des SG auch für in der Satzung einer Krankenkasse ausgesprochene Leistungsausschlüsse. § 18 c Abs. 6 BVG bringt jedenfalls eine entsprechende Einschränkung nicht zum Ausdruck.
Auch die Hilfserwägung des SG überzeugt nicht. Es hat angenommen, selbst wenn § 18 c Abs. 6 BVG auch auf Ausschlüsse von Leistungen in der Satzung angewendet werden könne, sei er hier nicht anwendbar, weil es sich nicht um eine Pflichtleistung handele. Es hat sich dabei auf Peters (aaO § 187 RVO Anm. 2) gestützt. Peters verwendet dort den Ausdruck "Pflichtleistung" jedoch nicht, sondern sagt, daß, wenn "eine Satzungsvorschrift erforderlich und ... gegeben (ist), der Versicherte auf die betreffenden Leistungen in gleicher Weise einen Anspruch wie auf die Regelleistungen (hat)." Damit bleiben sie aber ihrer Art nach, wie auch Peters an anderer Stelle (aaO S. 17/224 zu § 179 RVO) ausführt, eine Ermessensleistung. Außerdem wäre es widersinnig, wenn Krankenkassen zwar Ermessensleistungen, also schwächere Leistungen, nicht ausschließen dürften, wohl aber die stärkeren Pflichtleistungen. Schließlich hat das SG übersehen, daß die Klägerin in ihrer Satzung die Bestimmungen über die Familienhilfe nicht im Abschnitt "Regelleistungen" (Überschrift vor § 21) getroffen hat, sondern im Abschnitt "Mehrleistungen" (Überschrift vor § 22), die von Peters (aaO S. 17/228 zu § 179 RVO) zu den Ermessensleistungen gerechnet werden.
Eine Verpflichtung des Beklagten ergibt sich schließlich nicht daraus, daß die orthopädische Versorgung nach § 18 c Abs. 1 BVG von der Versorgungsverwaltung zu gewähren ist. Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil vom 21. Mai 1974 (SozR 3100 § 18 c Nr. 1) dargelegt, daß es sich bei dieser Vorschrift nur um eine Zuständigkeitsregelung handelt, während die Frage, wer die Kosten einer solchen Maßnahme endgültig zu tragen hat, in § 10 BVG geregelt ist.
Das Urteil des SG kann auch nicht mit den Grundsätzen der sogenannten "Verbandskompetenz" gerechtfertigt werden, wonach öffentlich-rechtliche Leistungsträger die Kosten zu tragen haben, die sich aus der Wahrnehmung der ihnen zugewiesenen Aufgaben ergeben. Es kann offenbleiben, ob es einen solchen generellen Grundsatz überhaupt gibt. Jedenfalls folgt ihm das BVG in den §§ 10 ff nicht. Das ergibt sich zum einen daraus, daß es deutlich zwischen den Zuständigkeits- und den Leistungsvorschriften unterscheidet. Zum anderen müßten dann die Krankenkassen z. B. die Kosten des von ihnen nach § 18 c Abs. 2 BVG durchzuführenden Einkommensausgleichs endgültig tragen, was § 20 BVG widerspricht, der ihnen einen Anspruch gegen die Verwaltungsbehörde wegen der Kosten des Einkommensausgleichs einräumt. § 20 BVG erhielte so den Charakter einer Ausnahmevorschrift, den er nach Ansicht des SG (vgl. S. 14 des Urteilsabdrucks) gerade nicht hat.
Die Verpflichtung des Beklagten zur Ersatzleistung ist daher in der Höhe der Leistungspflicht der Klägerin und damit in dem hier streitigen Umfang entfallen. Dem kann die Klägerin nicht entgegenhalten, daß es dem Beschädigten nicht zugemutet werden könne, die schwierige Zuständigkeitsregelung zu überschauen. Sie macht nicht einen Anspruch des K., sondern einen eigenen geltend und muß sich darauf hinweisen lassen, daß sie durch den Zuschuß an K. selbst dazu beigetragen hat, daß die ursprüngliche Sachleistungspflicht des Beklagten zu einer für die Klägerin in der Frage der Subsidiarität nachteiligen Geldleistungspflicht umgewandelt wurde.
Da die Klägerin bei der Zuschußgewährung auch nicht zum Ausdruck gebracht hat, daß sie für den Beklagten leisten wollte, vielmehr ein fremdes Geschäft in der Ansicht geführt hat, daß es ihr eigenes sei, steht ihr ein Anspruch nach den Grundsätzen der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag i. S. v. §§ 677 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht zu.
Die Revision des Beklagten ist daher begründet und muß zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Klagabweisung führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Nr. 4 SGG.
Fundstellen