Orientierungssatz
Verfassungsmäßigkeit des § 112 Abs 5 Nr 2a AFG - Füllung von Gesetzeslücken:
1. Die Nichteinbeziehung von Unterhaltsgeldempfängern in die Regelung des § 112 Abs 5 Nr 2a AFG verletzt nicht den Gleichheitsgrundsatz oder das Sozialstaatsprinzip.
2. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß der Wortlaut der Norm den Willen des Gesetzgebers zutreffend zum Ausdruck bringt, sofern sich nicht aus der Entstehungsgeschichte, dem Zweck oder dem Inhalt der Vorschrift konkrete Anhaltspunkte ergeben, die mit hinreichender Sicherheit den Schluß auf ein planwidriges Unterlassen des Gesetzgebers zulassen (vgl BSG 1977-01-27 7 RAr 47/75 = BSGE 43, 128, 129).
3. Der Wortlaut des § 112 Abs 5 Nr 2a AFG erscheint so unmißverständlich, daß er für die Annahme einer Lücke praktisch keinen Raum bietet.
Normenkette
AFG § 112 Abs. 5 Nr. 2a Fassung: 1977-12-12; GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Art. 20 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 02.07.1981; Aktenzeichen L 9 Al 212/79) |
SG Bayreuth (Entscheidung vom 05.09.1979; Aktenzeichen S 6 Al 179/78) |
Tatbestand
In Streit ist, nach welchem Arbeitsentgelt das Arbeitslosengeld (Alg) des Klägers ab 1. April 1978 zu berechnen ist.
Der Kläger hatte mit Unterbrechungen bis 30. September 1976 Alg und Anschluß-Arbeitslosenhilfe (Alhi) bezogen. Die Leistungen waren nach dem bis zum 30. Juni 1975 erzielten Arbeitsentgelt als Wirkmeister bemessen worden. Das gilt auch für das Unterhaltsgeld (Uhg), das er antragsgemäß vom 1. Oktober 1976 bis zum 30. September 1977 während seiner Umschulung zum Masseur und medizinischen Bademeister bezog. Vom 1. Oktober 1977 bis 31. März 1978 leistete er das hierfür vorgeschriebene Praktikum in einer Praxis und erhielt ein Entgelt von 1.452,-- DM monatlich. Dieses Entgelt legte die Beklagte der Berechnung des Alg für den 1. April 1978 sowie für die Zeit vom 1. Mai bis 27 Mai 1978 und vom 2. bis 30. Juni 1978 zugrunde (Bescheid vom 9. Juni 1978). Widerspruch, Klage und die vom Sozialgericht (SG) zugelassene Berufung, mit denen der Kläger die Gewährung des Alg nach seinem früheren Arbeitsentgelt als Wirkmeister begehrte, hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 1978, Urteil des Sozialgerichts -SG- Bayreuth vom 5. September 1979 und Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts -LSG- vom 2. Juli 1981).
Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, gemäß § 112 Abs 2 und 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) sei maßgebliches Bemessungsentgelt das Entgelt, das der Kläger während seines Praktikums erhalten habe. Das hiernach errechnete Alg liege zwar deutlich unter den früher gewährten Leistungen. Dies entspreche jedoch der Gesetzeslage. Grundsätzlich orientierten sich die Leistungen wegen Arbeitslosigkeit an dem Arbeitsentgelt, das dem Arbeitslosen im Bemessungszeitraum für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung gestanden habe. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liege hier nicht vor. Insbesondere könne der Kläger seinen Anspruch nicht auf § 112 Abs 5 Nr 2a AFG stützen. Nach dieser Vorschrift sei ua für die Zeit einer Beschäftigung, die der Arbeitslose innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Bezuges von Alg oder Alhi ausgeübt hat, mindestens das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, nach dem das Alg oder die Alhi zuletzt bemessen worden ist. Diese Begünstigung gelte nur, wenn der letzte Tag des für den bisherigen Anspruch maßgebenden Bemessungszeitraums bei Entstehung des neuen Anspruchs nicht länger als drei Jahre zurückgelegen hae. Die Vorschrift treffe hier unstreitig nicht zu. Das Praktikum des Klägers habe länger als ein Jahr nach dem Bezug von Alg oder Alhi stattgefunden. In den Jahreszeitraum des § 112 Abs 5 Nr 2a AFG falle lediglich der Bezug von Uhg in der Zeit vom 1. Oktober1976 bis 30. September 1977. An den Bezug von Uhg knüpfe jedoch die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nicht an. Dies sei, wei ais ihrer Entstehungsgeschichte hervorgehe, bewußt geschehen. Für Bezieher von Uhg gelte diese Regelung ausdrücklich nicht. Das Gesetz enthalte für diesen Personenkreis auch keine Lücke. Daher seien die Grundregeln maßgebend. Die weitere Frage, ob die Regelung des § 112 Abs 5 Nr 2 AFG auf den Fall des Klägers zutreffe, könne offen bleiben. Hiernach seien für die Zeit einer Beschäftigung zur Berufsausbildung, wenn der Arbeitslose die Abschlußprüfung bestanden habe, 75 vH des Arbeitsentgelts nach § 112 Abs 7 AFG zugrundezulegen. Dieses Entgelt sei jedoch geringer als das während des Praktikums tatsächlich erzielte Entgelt.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, das ab 1. April 1978 gewährte Alg müsse gem § 112 Abs 5 Nr 2a AFG entsprechend seinem früheren Entgelt als Wirkmeister berechnet werden. Zwar sei das Uhg in dieser Vorschrift nicht ausdrücklich aufgeführt worden. Es sei jedoch dem Alg gleichzusetzen. Ein sachlicher Differenzierungsgrund für die unterschiedliche Behandlung von Uhg und Alg rechtfertige sich hier nicht. Das Uhg diene ebenso wie Alg und Alhi dazu, dem Berufstätigen für die Zeit, in der er keine ihm zumutbare Tätigkeit ausüben könne, den Lebensunterhalt zu gewähren. Sämtliche Maßnahmen zielten letzten Endes auf die berufliche Wiedereingliederung des Berufstätigen ab, die für eine ihm angemessene Lebensgestaltung notwendig sei. Entgegen der Ansicht des LSG sei weder in den Gesetzesmaterialien noch anderswo ein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß der Gesetzgeber insoweit bewußt Differenzierungen getroffen habe. Vielmehr liege nahe, daß das Uhg versehentlich nicht mit in § 112 Abs 5 Nr 2a AFG aufgenommen worden sei. Überdies sei auch die Auslegung dieser Vorschrift als Ausnahmevorschrift unrichtig. Diese Bestimmung begünstige nicht ausnahmsweise einen ganz bestimmten Personenkreis, sondern verfolge eine grundlegende rechtspolitische Zielsetzung des gesamten Arbeitsförderungsgesetzes, nämlich die berufliche Integration Integrationswilliger, soweit es irgendwie gehe, zu verwirklichen. Nicht nur nach Höhe und Bemessungsgrundlage, sondern auch von der Interessenlage her seien die Bezieher von Alg und Uhg gleich zu behandeln. Wenn das LSG eine solche Identität der Interessenlage mit der Begründung verneine, beim Alg und der Alhi handele es sich um Leistungen für die Zeit einer Arbeitslosigkeit, während das Uhg für die Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme gewährt werde, so verkenne es, daß auch die Zeit der Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme, für die Uhg gewährt werde, notwendigerweise Arbeitslosigkeit voraussetze.
Die Schlechterstellung der Bezieher von Uhg gegenüber den Beziehern von Alg im Rahmen des § 112 Abs 5 Nr 2a AFG würde darüber hinaus in der Praxis zu zahlreichen Unzuträglichkeiten führen, die nicht nur mit dem Gleichheitsprinzip nicht im Einklang stünden, sondern es geradezu von der Raffinesse und der Willkür des einzelnen abhängig machen würden, ob ihm Alg nach dem alten Arbeitsentgelt bezahlt werde oder ob er als Bezieher von Uhg schlechter gestellt sei. Das könne unter keinen Umständen in der Intention des Gesetzgebers liegen. Keine Rolle spiele schließlich der vom LSG besonders hervorgehobene Gesichtspunkt, daß es sich bei der Zwischenbeschäftigung um ein zur Ausbildung gehöriges Praktikum gehandelt habe.
Schließlich verstoße es gegen das Sozialstaatsprinzip, wenn man der vom LSG vorgenommenen Auslegung folgen wolle. Zwar obliege die Ausgestaltung dieses Prinzips im wesentlichen dem Gesetzgeber. Seiner Entscheidungsfreiheit seien jedoch insoweit Grenzen gesetzt, als die einzelnen entscheidenden Anforderungen der sozialen Gerechtigkeit genügen müßten. Höchst ungerecht wäre es aber, wenn ein zur beruflichen Bildung bereiter und bei seiner beruflichen Integration aktiv mitarbeitender Arbeitsloser im Vergleich zu einem Arbeitslosen, der seine Leistungen passiv entgegennehme, Nachteile hinsichtlich der späteren Arbeitslosengeldbemessung in Kauf nehmen müsse.
Der Kläger beantragt,
1.
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide des Arbeitsamtes Hof vom
9. Juni 1978 und 16. Oktober 1978 sowie des Urteils des
Sozialgerichts Bayreuth vom 5. September 1979 und des Urteils des
Bayerischen Landessozialgerichts vom 2. Juli 1981 zu verurteilen,
das dem Kläger zu zahlende Arbeitslosengeld für den 1. April 1978
sowie für die Zeiträume vom 15. Mai bis 27. Mai 1978 und 2. Juni bis
30. Juni 1978 nach dem Arbeitsentgelt zu bemessen, das der Bemessung
des bis zum 30. September 1977 gewährten Unterhaltsgeldes zugrunde
lag;
2.
die Beklagte zu verurteilen, die an den Kläger sich aus § 44
Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB 1) ergebenden Zinsen zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Bemessungsgrundlage für das Alg des Klägers ist, wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben, das Entgelt, das der Kläger als Praktikant erhalten hat. Nach §§ 111, 112 Abs 2 AFG richtet sich die Höhe des Alg grundsätzlich nach dem im Bemessungszeitraum in der tariflichen Arbeitszeit durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelt aus beitragspflichtiger Beschäftigung. § 112 Abs 3 AFG bestimmt als Bemessungszeitraum den letzten abgerechneten Lohnabrechnungszeitraum vor Entstehung des Anspruches, wenn er mindestens zwanzig Arbeitstage mit Lohnanspruch umfaßt. Hiernach ist für den geltend gemachten Anspruch auf Alg ab 1. April 1978 Bemessungsentgelt das von dem Kläger aus seiner Tätigkeit als Praktikant bei der Firma B im März 1978 erzielte und abgerechnete Bruttomonatsentgelt von 1.452,-- DM. Das ist hier das Arbeitsentgelt des Klägers iS von § 112 Abs 2 AFG. Ausnahmen, die zu seinen Gunsten eine Abweichung von diesem Grundsatz zulassen, liegen nicht vor.
§ 112 Abs 5 Nr 2 AFG, wonach bei der Feststellung des Arbeitsentgelts für die Zeit einer Beschäftigung zur Berufsausbildung, wenn der Arbeitslose die Abschlußprüfung bestanden hat, 75 vH des Arbeitsentgelts nach § 112 Abs 7 AFG zugrunde zu legen ist, mindestens jedoch das Arbeitsentgelt dieser Beschäftigung, führt zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis. Nach den Feststellungen des LSG, an die der Senat gemäß § 163 SGG gebunden ist, sind 75 vH des Gehalts eines voll ausgebildeten Masseurs und medizinischen Bademeisters weniger als das Praktikantenentgelt. Dieses ist hiernach der Berechnung zutreffend zugrunde gelegt.
§ 112 Abs 5 Nr 2a AFG, der inzwischen entfallen ist, hier aber noch gilt (vgl § 112 Abs 5 Nr 4 idF des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes vom 22. Dezember 1981 - BGBl I 1497 -) kann seinem Wortlaut nach, worauf der Kläger selbst hinweist, nicht das von ihm verfolgte Ziel begründen. Hiernach ist für die Zeit einer Beschäftigung, die im Rahmen einer Maßnahme nach den §§ 91 bis 96 AFG gefördert worden ist oder die der Arbeitslose innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Bezuges von Alg oder Alhi ausgeübt hat, mindestens das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, nach dem die jeweilige Leistung zuletzt bemessen worden ist, sofern nicht der letzte Tag des für den bisherigen Anspruch maßgebenden Bemessungszeitraumes bei Entstehung des neuen Anspruchs länger als drei Jahre zurückliegt. Zwar liegt der letzte Tag des für den bisherigen Anspruch maßgebend gewesenen Bemessungszeitraums (30. Juni 1975) bei Entstehung des neuen Anspruchs (1. April 1978) nicht länger als drei Jahre zurück. Indes hat der Kläger weder eine Beschäftigung, die im Rahmen einer Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung gefördert worden ist, ausgeübt, noch ist die Beschäftigung als Praktikant innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Bezuges der Alhi erfolgt.
Der Bezug von Uhg in der Zeit vom 1. Oktober 1976 bis 30. September 1977 kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht dem Bezug von Alg oder Alhi gleichgesetzt werden, worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat. Der Wortlaut des § 112 Abs 5 Nr 2a AFG ist insoweit eindeutig. Er stellt auf den Bezug von Alg oder Alhi ab. Für Uhg-Bezieher ist die Regelung des § 112 Abs 5 Nr 4b AFG getroffen worden. Danach ist für die Zeit des Uhg-Bezuges das dieser Leistung zugrunde liegende Arbeitsentgelt auch für einen anschließenden Alg-Anspruch maßgebend. Diese Vorschrift kann nicht nur Anwendung kommen, weil der Kläger nach dem Uhg-Bezug durch beitragspflichtige Beschäftigung einen neuen Alg-Anspruch erworben hat. Mithin liegt nicht der Fall einer gänzlich fehlenden Gesetzesbestimmung vor, der vor allem den Weg zur Lückenfüllung durch Richterrecht eröffnet (vgl BSGE 25, 6, 7; 31, 100, 101; 168, 169; 190, 195; 32, 13, 15). Der Wortlaut des vorhandenen Gesetzes erscheint im Gegenteil so unmißverständlich, daß er für die Annahme einer Lücke praktisch keinen Raum bietet (vgl BSGE 33, 52, 54). In solchen Fällen müßten besonders schwerwiegende Gründe vorliegen, die nach anderen Auslegungskriterien für die Annahme einer gleichwohl bestehenden Gesetzeslücke sprechen (vgl BSGE 14, 238, 241; 17, 105, 107; 39, 91, 93). Dafür reicht es weder, daß die Gesetzeslage für bestimmte Sachverhalte zu einem nicht befriedigenden Ergebnis führt (vgl BSGE 39, 98, 100) noch, daß eine an sich wünschenswerte oder erwünschte Ausnahmeregelung fehlt (vgl BSGE 43, 128, 129). Vielmehr müßte für die anzuwendende Regelung aus ihrem Verhältnis zu der übrigen Rechtsordnung, in der sie steht, klar erkennbar sein, daß sie dem Plan des Gesetzes widersprechend unvollständig ist und dies nicht in der Absicht des Gesetzgebers liegen konnte (vgl BVerfGE 34, 269, 286; BSGE 14, 238, 241; 25, 150, 151; 36, 229, 230; 39, 130, 132; 39, 207, 210). Grundsätzlich ist also davon auszugehen, daß der Wortlaut der Norm den Willen des Gesetzgebers zutreffend zum Ausdruck bringt, sofern sich nicht aus der Entstehungsgeschichte, dem Zweck oder dem Inhalt der Vorschrift konkrete Anhaltspunkte ergeben, die mit hinreichender Sicherheit den Schluß auf ein planwidriges Unterlassen des Gesetzgebers zulassen (vgl BSGE 39, 143, 145; 43, 128, 129).
Der Kläger will solche Anhaltspunkte in der Rechtsähnlichkeit von Uhg mit Alg und Alhi und ihrer vergleichbaren Zielsetzung erblicken. Diese Folgerung ist jedoch nicht schlüssig. Maßgebend kann insoweit nur der Plan des Gesetzes sein, wie er für die Bemessung des Alg allgemein gilt und wie sich Ausnahmen hiervon zweckgerichtet in ihn einordnen lassen. Von daher liegen aber nach Auffassung des Senats keine ausreichenden Gründe vor, um angesichts des klaren Wortlauts des § 112 Abs 5 Nr 2a AFG auf eine Lücke zu schließen, die durch eine den begünstigten Personenkreis ausdehnende Auslegung ausgefüllt werden dürfte und müßte. Ein dies gebietendes Recht ergibt sich weder aus dem Charakter der Vorschrift noch aus ihrem Sinn und Zweck.
§ 112 Abs 5 Nr 2a AFG ist im Gegensatz zur Auffassung des Klägers eine Ausnahmevorschrift von dem Grundsatz des § 112 Abs 2 AFG, wonach sich das Alg nach dem in der letzten Beschäftigung vor Eintritt der Arbeitslosigkeit erzielten Entgelt zu richten hat. Es handelt sich hierbei um das die Arbeitslosenversicherung seit jeher beherrschende Prinzip, daß grundsätzlich der letzte auf Arbeitseinkommen gegründete Lebensstandard des Arbeitnehmers als der Maßstab für die zu gewährende Leistung für ausfallenden Lohn gelten soll (vgl BSG SozR 4100 § 112 Nrn 5, 12). Gilt nur ausnahmsweise etwas anderes, wie zB in Fällen des § 112 Abs 5 AFG, so steht der Charakter einer derartigen Ausnahmevorschrift vor allem dann einer ausdehnenden Auslegung entgegen, wenn ihr Wortlaut wie bei § 112 Abs 5 Nr 2a AFG für den vorliegenden Sachverhalt eindeutig ist (vgl BSGE 39, 239, 240). Dies gilt um so mehr, als kein Anhaltspunkt dafür gegeben ist, der Gesetzgeber hätte die Einbeziehung von Uhg-Beziehern in die Vergünstigungen des § 112 Abs 5 Nr 2a AFG übersehen. Die endgültige Fassung dieser Vorschrift geht auf den Vorschlag des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung zurück, der die Alhi-Empfänger mit in die Regelung einbeziehen wollte, was im Regierungsentwurf nicht vorgesehen war. Dort war dies nicht vergessen worden, sondern aus rechtspolitischen Gründen unterblieben (vgl BT-Drucks 8/1053 S 13). In den Motiven findet sich zwar kein ausdrücklicher Hinweis, weshalb Uhg-Bezieher nicht von der Neuregelung des § 12 Abs 5 Nr 2a AFG erfaßt werden sollten. Daraus kann jedoch nicht auf ein Versehen des Gesetzgebers geschlossen werden. Die Bemessung des Alg für Uhg-Bezieher bestimmte sich nach § 112 Abs 5 Nr 4b AFG, der durch das Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und Bundesversorgungsgesetzes vom 18. Dezember 1975 (BGBl I S 3113) mit Wirkung vom 1. Januar 1976 eingefügt worden ist. Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit dem Wegfall des § 44 Abs 5 AFG und der gleichzeitigen Einführung von § 107 Abs 1 Nr 5 AFG. Darin wird die Zeit einer Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Bildung, die zum Bezug von Uhg führt, den Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichgestellt. Bezieher von Uhg sollen also insoweit wie Erwerbstätige und nicht wie Alg- und Alhi-Empfänger behandelt werden. In der sozialpolitischen Zielsetzung beider Leistungen besteht also schon aus diesem Grunde ein systematischer Unterschied. Auch aus anderen Gründen kommt eine analoge Anwendung von § 112 Abs 5 Nr 2a AFG auf den vorliegenden Fall nicht in Betracht. Die Regelung geht von der Vermutung aus, daß Arbeitslose das Bemessungsentgelt aus der früheren Beschäftigung auch in Zukunft noch verdienen können (vgl BT-Drucks 8/1053 S 13). Bei einer Umschulung, die erfolgt, weil der Arbeitslose in seinem früheren Beruf nicht mehr vermittelt werden kann, ist diese Vermutung aber gerade nicht begründet. Abgesehen davon handelt es sich, wie bereits dargelegt wurde, um eine Ausnahmevorschrift von dem allgemeinen Grundsatz des § 112 Abs 2 AFG. Ausnahmevorschriften sind grundsätzlich restriktiv auszulegen. Irrig ist die Auffassung des Klägers, § 112 Abs 5 Nr 2a AFG bringe einen allgemeinen Grundsatz für die Bemessung des Alg zum Ausdruck. Vielmehr bemißt sich das Alg und auch die Anschluß-Alhi an dem Arbeitseinkommen, nach dem im maßgeblichen Bemessungszeitraum Beiträge erhoben wurden, und das ist hier das Arbeitsentgelt des Klägers als Praktikant.
Schließlich ist eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes oder des Sozialstaatsprinzips durch die Regelung des § 112 Abs 5 Nr 2a AFG nicht ersichtlich.
Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) wegen der unterlassenen Einbeziehung von Uhg-Empfängern in die Regelung des § 112 Abs 5 Nr 2a AFG kann schon deshalb nicht vorliegen, weil für diese Abgrenzung sachliche Gründe bestehen. Der Gesetzgeber will, wie bereits ausgeführt wurde, Uhg-Empfänger grundsätzlich nicht als Arbeitslose behandeln. Deshalb hat er der Situation dieses Personenkreises durch die Regelung des § 112 Abs 5 Nr 4b AFG Rechnung getragen.
Auch ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip, das in Art 20 Abs 1 GG enthalten ist, durch die vorgenommene Regelung ist nicht ersichtlich. Durch das Sozialstaatsprinzip wird der Gesetzgeber ermächtigt, unter Beachtung des Gleichheitssatzes sozial-politische Entscheidungen zu treffen. Seine Entschädigungsfreiheit ist lediglich insoweit eingeschränkt, als die einzelne Entscheidung den Anforderungen sozialer Gerechtigkeit genügen muß (vgl BVerfGE 40, 121, 133 f; BSG SozR 2200 § 1268 Nr 6; BSGE 43, 128, 133). Die Regelung des § 112 Abs 5 Nr 2a AFG entspricht diesen Anforderungen. Sie ist eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 112 Abs 2 AFG. Es steht daher im freien gesetzgeberischen Ermessen, den Umfang dieser Ausnahme zu bestimmen, sofern diese Abgrenzung unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes den Anforderungen sozialer Gerechtigkeit genügt. Es ist nicht ersichtlich, daß die Entscheidung des Gesetzgebers dem nicht entspricht. Sie macht die Höhe des Leistungsanspruches in Ausnahmefällen von Voraussetzungen abhängig, die auf einer Prognose beruhen, die für Uhg-Bezieher nicht maßgebend zu sein braucht. Abgesehen davon ist dem Sozialstaatsprinzip dadurch Genüge getan, daß für Uhg-Empfänger die Regelung des § 112 Abs 5 Nr 4b AFG besteht. Darüberhinaus hat der Kläger im vorliegenden Fall konkret durch den Eintritt in die Maßnahme auch keinen Nachteil erlitten. Er hatte vor Eintritt in die Maßnahme lediglich einen Anspruch auf Alhi, der von dem Vorliegen von Bedürftigkeit abhängt. Nunmehr hat er wieder einen Anspruch auf Alg.
Auch § 112 Abs 7 AFG kann zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis führen. Voraussetzung für den Eintritt der dort vorgesehenen Rechtsfolge ist, daß es mit Rücksicht auf die von dem Arbeitslosen in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung überwiegend ausgeübte berufliche Tätigkeit unbillig hart wäre, von dem Arbeitsentgelt nach den Absätzen 2 bis 6 des § 112 AFG auszugehen. Der Kläger war auf jeden Fall in den letzten drei Jahren vor seiner Arbeitslosigkeit nicht überwiegend als Wirkmeister beschäftigt. Als Praktikant war er in dieser Zeit sechs Monate und als Wirkmeister nur drei Monate tätig.
Die Revision muß daher zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen