Entscheidungsstichwort (Thema)
Rehabilitation. berufsfördernde Leistung. ergänzende Leistung. sonstige Leistung. Zuständigkeit. Kfz-Hilfe. Wohnungshilfe. Hilfe zum Ausbau einer Garage
Orientierungssatz
1. Ein Zuschuß zu den Kosten für den behinderungsgerechten Ausbau einer Garage kann nur als "ergänzende Leistung" (§ 14b Abs 1 Nr 6 AVG) zu einer als "Hauptleistung" gewährten Kfz-Hilfe (§ 14a Abs 1 S 1 Nr 1 AVG) im Rahmen von § 19 AVG gewährt werden.
2. Nachgehende Hilfen an bereits eingegliederte Behinderte fallen nicht ausschließlich in die Zuständigkeit der Hauptfürsorgestellen (HFSt). Gesetzgeber hat im Bereich der nachgehenden Hilfen hinsichtlich der Zuständigkeiten und der Leistungsmöglichkeiten der Rentenversicherungsträger und der HFSt Überschneidungen in Kauf genommen, die bisher weder durch das AVG noch durch das SchwbG beseitigt sind. Auch durch eine in § 9 Abs 2 RehaAnglG vorgesehene Rechtsverordnung ist die vom Gesetzgeber erwartete nähere Eingrenzung der Zuständigkeiten der Rehabilitationsträger - und damit auch eine Abgrenzung von der Zuständigkeit der HFSt - bisher nicht erfolgt. Innerhalb des deckungsgleichen Zuständigkeitsbereichs sind vielmehr die Rehabilitationsträger gegenüber den HFSt vorrangig zuständig.
Normenkette
AVG § 14a Abs 1 S 1 Nr 1 Fassung: 1974-08-07; RVO § 1237a Abs 1 S 1 Nr 1 Fassung: 1974-08-07; AVG § 14b Abs 1 Nr 6 Fassung: 1974-08-07; RVO § 1237b Abs 1 Nr 6 Fassung: 1974-08-07; AVG § 19 Fassung: 1974-08-07; RVO § 1242 Fassung: 1974-08-07; RehaAnglG § 9 Abs 2
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 16.07.1985; Aktenzeichen L 11 An 162/84) |
SG Bayreuth (Entscheidung vom 24.07.1984; Aktenzeichen S 10 An 9/84) |
Tatbestand
Streitig ist die Erstattung von Mehrkosten für den behindertengerechten Ausbau einer Doppelgarage.
Der 1933 geborene Kläger zu 1) und seine 1945 geborene Ehefrau, die Klägerin zu 2), sind beide als Schwerbehinderte mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 vH wegen der Folgen einer während der Kindheit erlittenen Kinderlähmung (Lähmungserscheinungen an den unteren Extremitäten) anerkannt. Der Kläger zu 1) ist als Sachbearbeiter in einem Versandbüro in P., die Klägerin zu 2) als Datenkontrolleurin bei der Stadtsparkasse P. versicherungspflichtig beschäftigt. Beide haben von der Beklagten bereits Zuschüsse zur Beschaffung von Kraftfahrzeugen erhalten.
Im Jahre 1982 bezogen sie ihre neuerbaute Eigentumswohnung, an welche zwei Garagen angebaut waren. Von der Hauptfürsorgestelle bei der Regierung in Oberfranken erhielten sie zum behindertengerechten Ausbau der Wohnung einen Zuschuß von 13.800,-- DM und ein weiteres zinsloses Darlehen von 2.500,-- DM, ua auch für den Einbau eines automatischen Türöffners für zwei Garagentore sowie den Bau einer Treppe von der Garage zur Wohnung mit zwei Geländern.
Am 17. März 1983 beantragten sie bei der Beklagten Gewährung eines weiteren Zuschusses unter Vorlage einer Bescheinigung der Baufirma, wonach der behindertengerechte Ausbau der Doppelgarage, die zwecks besserer Öffnung der Autotüren breiter und länger gebaut worden sei als normal, einen Mehrpreis von 10.700,-- DM bedingt habe. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, daß der Ausbau der Garagen weder zur Erlangung noch zur Erhaltung des Arbeitsplatzes erforderlich gewesen sei (Bescheide vom 29. September 1983 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. Januar 1984). Die hiergegen erhobenen - vom Sozialgericht (SG) verbundenen - Klagen und die Berufung blieben in den Vorinstanzen ohne Erfolg (Urteil des SG Bayreuth vom 24. Juli 1984; Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts -LSG- vom 16. Juli 1985).
Das LSG hat im wesentlichen ausgeführt, daß es an den gesetzlichen Voraussetzungen für die nach §§ 13, 14a Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) begehrte Ermessensleistung fehle, weil der Zuschuß für den Bau einer Doppelgarage nicht zur Erhaltung des Arbeitsplatzes notwendig sei. Die Kläger hätten nicht darzulegen vermocht, inwiefern eine vergrößert gebaute Doppelgarage oder überhaupt eine Garage zum Erreichen des Arbeitsplatzes oder zur Vermeidung einer drohenden Kündigung erforderlich sei. Erschwernisse bei der Benutzung des Pkw bezögen sich ausschließlich auf die kalte Jahreszeit und hier insbesondere auf extreme Witterungsbedingungen, wie sie am Wohnort der Kläger verhältnismäßig selten seien. Zudem könne Behinderungen bei der Benutzung der Pkw ebenso vorgebeugt werden wie möglichen Gesundheitsgefährdungen durch Unterkühlung. Die Vergrößerung der Garagen diene mithin nicht zur Erhaltung des Arbeitsplatzes, sondern nur dazu, den Pkw für die Fahrt zum Arbeitsplatz bequemer erreichen zu können. Für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen bereits eingegliederter Versicherter sei aber nicht die Beklagte zuständig (Hinweis auf BSGE 52, 117 = SozR 2200 § 1237a Nr 18), sondern allenfalls die Hauptfürsorgestelle.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügen die Kläger eine Verletzung der §§ 13, 14a AVG. Das LSG habe die Voraussetzungen für die begehrte Ermessensleistung verkannt. Zur Sicherung einer dauerhaften Eingliederung gehörten auch Maßnahmen, die eine Verbesserung unzumutbarer Arbeitsbedingungen - einschließlich derjenigen, zum Arbeitsplatz zu gelangen - bewirkten oder zwischenzeitlich eingetretenen Verschlechterungen entgegenwirkten. Bei ihnen - den Klägern - wäre das Ziel dauerhafter Eingliederung gefährdet gewesen, wenn sie nach ihrem Umzug im Jahre 1982 unmittelbar vor ihrer Haustür nicht alltäglich eine Parkmöglichkeit für zwei Kraftfahrzeuge gefunden hätten und auch sonst keine - für sie benutzbare - Garage zur Verfügung gestanden hätte. Da ihnen ein Sonderrecht zum Parken vor der Haustür nicht eingeräumt worden wäre, hätten sie eine behindertengerechte Garage ausbauen lassen müssen, um in zumutbarer Weise an ihren Arbeitsplatz gelangen zu können. Im übrigen sei die vom LSG aufgeworfene Frage, ob für sie eine Garage überhaupt notwendig sei oder ein Abstellplatz im Freien ausreiche, falsch gestellt. Müßten allgemein beachtliche Interessen für die Haltung bzw den Erwerb einer Garage bejaht werden, könnten nicht gerade Behinderte auf eine "Laternengarage" verwiesen werden. Es sei vielmehr bei ihnen von der gegebenen Situation, also einer vorhandenen Garage auszugehen, deren behindertengerechter Ausbau notwendig gewesen sei. Denn da sie beide zum Einsteigen in und Aussteigen aus dem Fahrzeug die Fahrertür voll öffnen müßten, hätte eine Normalgarage nicht ausgereicht, sondern sei eine Verbreiterung der vorhandenen Garage erforderlich gewesen.
Die Kläger beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil, das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 24. Juli 1984 sowie die Bescheide der Beklagten vom 29. September 1983 idF der Widerspruchsbescheide vom 13. Januar 1984 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Anträge der Klägerin und des Klägers auf Gewährung von Zuschüssen zu den Mehrkosten für den Garagenausbau unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält daran fest, daß für die begehrte Leistung, die eine nachgehende Hilfe für bereits eingegliederte Schwerbehinderte betreffe, die Hauptfürsorgestellen die zuständigen Leistungsträger seien.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger ist begründet.
Die Urteile der Vorinstanzen können keinen Bestand haben. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden die Voraussetzungen für die begehrten Zuschüsse für den Ausbau einer behinderungsgerechten Garage mit unzutreffenden Gründen verneint; sie war daher zur Erteilung eines neuen Bescheides zu verpflichten.
Nach § 13 Abs 1 Satz 1 AVG kann die Beklagte unter den dort genannten Voraussetzungen, von deren Vorliegen das LSG unangegriffen ausgegangen ist, Leistungen zur Rehabilitation in dem in §§ 14 bis 14b AVG (= §§ 1237 bis 1237b RVO) bestimmten Umfang gewähren. Dazu gehören nach § 14a Abs 1 Satz 1 Nr 1 AVG auch Hilfen zur Erhaltung eines Arbeitsplatzes. Zu ihnen gehört die Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges (Kfz), sofern das Fahrzeug wegen der Behinderung zur Erreichung des Arbeitsplatzes benötigt wird und damit dessen "Erhaltung" dient (BSGE 46, 286, 288 = SozR 2200 § 1236 Nr 10 S 15/16). Nach den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des LSG haben beide Kläger, die wegen erheblicher körperlicher Behinderungen für die täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle auf die Benutzung je eines eigenen Kfz angewiesen sind, bereits vor einiger Zeit bzw mehrfach eine derartige Kfz-Hilfe erhalten. Die mit dieser Hilfe angeschafften Kfz werden laufend zur Erreichung der Arbeitsplätze benutzt, die die Kläger seit 1959 bzw 1975 in ungekündigter Stellung innehaben. Die Kläger benötigen daher keine berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation iS des § 14a Abs 1 AVG und haben solche auch nicht beantragt. Sie haben vielmehr einen mit der bereits gewährten Kfz-Hilfe im Zusammenhang stehenden Zuschuß zu den Kosten für den behinderungsgerechten Ausbau einer Garage beantragt, die sie anläßlich der Beschaffung einer behinderungsgerechten Wohnung miterworben haben. Ein solcher Zuschuß kann nur als "ergänzende Leistung" (§ 14b Abs 1 Nr 6 AVG) zu der bereits als "Hauptleistung" gewährten Kfz-Hilfe (§ 14a Abs 1 Satz 1 Nr 1 AVG) im Rahmen von § 19 AVG gewährt werden.
Nach § 19 AVG kann die Beklagte unter Berücksichtigung von Art und Schwere der Behinderung "sonstige" Leistungen - also andere Leistungen als nach den vorhergehenden Bestimmungen - gewähren, die erforderlich sind, um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder "zu sichern". Ziel der Rehabilitation ist die möglichst dauerhafte berufliche Eingliederung des Behinderten (§ 14a Abs 2 Satz 1 AVG), bei der Kfz-Hilfe speziell die Erhaltung der Fähigkeit, die Arbeitsstelle zu erreichen und damit den Arbeitsplatz zu erhalten. Zu den ergänzenden Leistungen, die dieses Ziel sichern, kann auch eine Hilfe zur behinderungsgerechten Zurichtung einer Garage gehören, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Dem kann nicht bereits entgegengehalten werden, daß nachgehende Hilfen an bereits eingegliederte Behinderte ausschließlich in die Zuständigkeit der Hauptfürsorgestellen (HFSt) fielen. Das entspricht nicht dem Gesetz. Der Gesetzgeber des RehaAnglG, auf dem § 14b Abs 1 Nr 6 AVG und § 19 AVG beruhen (sie entsprechen §§ 12 Nr 7 und 20 RehaAnglG, vgl dazu die Begründung der Bundesregierung, BT-Drucks 7/1237 S 58 und 62), hat im Bereich der nachgehenden Hilfen hinsichtlich der Zuständigkeiten und der Leistungsmöglichkeiten der Rentenversicherungsträger und der HFSt Überschneidungen in Kauf genommen, die bisher weder durch das AVG noch durch das Schwerbehindertengesetz (SchwbG, hier anwendbar in der vor dem Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Änderung des SchwbG vom 24. Juli 1986, BGBl I S 1110, geltenden Fassung) beseitigt sind. Auch durch eine in § 9 Abs 2 RehaAnglG vorgesehene Rechtsverordnung ist die vom Gesetzgeber erwartete nähere Eingrenzung der Zuständigkeiten der Rehabilitationsträger - und damit auch eine Abgrenzung von der Zuständigkeit der HFSt - bisher nicht erfolgt. Innerhalb des deckungsgleichen Zuständigkeitsbereichs sind vielmehr die Rehabilitationsträger gegenüber den HFSt vorrangig zuständig (BT-Drucks aaO, S 62).
§ 19 AVG enthält weder einen im einzelnen gekennzeichneten Leistungsrahmen noch eine zeitliche Leistungsabgrenzung, die es erlaubte, "nachgehende" Hilfen der hier streitigen Art aus der Zuständigkeit der Beklagten auszugrenzen. Die sogenannten nachgehenden Hilfen gehören sogar zum Hauptanwendungsbereich des § 19 AVG bzw des ihm - bis auf das Wort "soll" - entsprechenden § 20 RehaAnglG, weil nach den Zielvorstellungen des Gesetzgebers die Rehabilitation nicht schon mit dem Abschluß der einzelnen Maßnahmen, sondern erst mit der tatsächlichen und dauerhaften Wiedereingliederung des Behinderten in Arbeit, Beruf und Gesellschaft endet. Deshalb sollen "in gewissem Zusammenhang" mit den berufsfördernden Leistungen, die oft nicht ausreichen, ergänzende Leistungen der unterschiedlichsten Art und Weise gewährt werden, damit sich der Behinderte am Arbeitsplatz und im Alltag - im Wettbewerb mit Nichtbehinderten - behaupten kann (aaO S 58 und 62; ferner auch § 28 Abs 2 Satz 2 SchwbG aF). Diesem Gesetzeszweck entsprechend setzen zwar die Leistungen des § 19 AVG - anders als die nachgehenden Hilfen nach § 28 Abs 1 Nr 3 SchwbG aF - einen sachlichen Zusammenhang mit einer bereits gewährten berufsfördernden "Haupt"-Leistung voraus; hingegen ist ein zeitlicher Zusammenhang nicht gefordert. Nachgehende Leistungen nach § 19 AVG kommen vielmehr auch dann noch in Betracht, wenn berufsfördernde Maßnahmen bereits abgeschlossen sind und zu einer Eingliederung geführt haben (BSG SozR 2200 § 1242 Nr 3 S 3; § 1237a Nr 11 S 22 f). Sie müssen nur auf die Sicherung dieses Erfolgs gerichtet und nach den besonderen Umständen des Einzelfalles erforderlich sein, um die Folgen einer Behinderung besser und leichter überwinden zu helfen (aaO S 62). Daß hierzu insbesondere auch die Hilfen zur Beschaffung einer behinderungsgerechten Wohnung gehören, räumt die Beklagte selbst ein (vgl auch die Begründung des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu § 20 RehaAnglG, abgedruckt bei Jung-Preuss, Rehabilitation, 2. Auflage, S 217).
Die gleichzeitig nach § 28 Abs 1 Nr 3 SchwbG aF bestehende Zuständigkeit der HFSt für die "nachgehenden Hilfen im Arbeitsleben", die nach § 28 Abs 3 Satz 1 und 2 SchwbG aF auch Geldleistungen und insbesondere Hilfen zur Beschaffung und Erhaltung einer behinderungsgerechten Wohnung umfassen, schließt die Zuständigkeit der Rentenversicherungsträger für entsprechende Leistungen nicht aus und schränkt ihre Leistungsmöglichkeiten nicht ein. Denn § 28 Abs 4 SchwbG aF sieht ausdrücklich vor, daß Verpflichtungen anderer durch die Befugnisse der HFSt nicht berührt werden und Leistungen der Rehabilitationsträger, auch wenn auf sie ein Rechtsanspruch nicht besteht, nicht deshalb versagt werden dürfen, weil nach dem SchwbG entsprechende Leistungen vorgesehen sind (Satz 1 und 2). Die HFSt dürfen, wie insbesondere aus § 8 Abs 3 Satz 1, 2. Halbs SchwbG aF hervorgeht, Leistungen zur nachgehenden Hilfe im Arbeitsleben nur gewähren, soweit Mittel für denselben Zweck nicht von anderer Seite zu gewähren sind oder (auch ohne Rechtsanspruch) gewährt werden. Die daraus folgende vorrangige Zuständigkeit der Rehabilitationsträger gegenüber den HFSt (so auch Jung/Cramer, Komm zum SchwbG, 2. Aufl, § 28 Anm 12) entspricht auch dem für die Rehabilitation maßgebenden Grundsatz der Einheit des Rehabilitationsträgers und -verfahrens, wonach der zuständige Träger jeweils für die gesamte Rehabilitation vom Beginn der medizinischen Maßnahmen bis zur vollständigen Eingliederung in "Beruf und Gesellschaft" verantwortlich sein soll (§ 5 Abs 2 RehaAnglG; vgl auch die Begründung der Bundesregierung zu § 20 RehaAnglG, aaO, S 62). Das Aufstockungsverbot des § 28 Abs 4 Satz 2, letzter Halbsatz SchwbG aF soll diesen Grundsatz bekräftigen.
Auch § 13 Abs 3 AVG gestattet es der Beklagten nicht, die begehrte Hilfe unter Hinweis darauf zu versagen, daß dafür die HFSt zuständig seien. Zwar bleibt nach der genannten Vorschrift die Verpflichtung und Zuständigkeit einer sonst durch Gesetz verpflichteten Stelle unberührt. Daraus folgt jedoch nur, daß die "Zuständigkeit" der anderen Stelle neben der der Beklagten weiterbesteht (vgl BSG SozR 2200 § 1236 Nr 3). Es handelt sich hingegen nicht um eine Norm, die die Beklagte etwa von der Zuständigkeit zur Gewährung nachgehender Leistungen entlastet.
Die begehrte Hilfe kann schließlich auch nicht mit der Begründung versagt werden, daß sie für die Erhaltung des Arbeitsplatzes nicht erforderlich sei, weil ein solcher ungekündigt - und damit ungefährdet - vorhanden sei. Mit der Annahme, daß die Beklagte als Rehabilitationsträger nur bei - erneuter - Gefährdung des Arbeitsplatzes leisten dürfe, hat die Beklagte den Unterschied zwischen "berufsfördernden Leistungen" einerseits und "ergänzenden oder nachgehenden Leistungen" andererseits verkannt. Die Grenze zwischen beiden Leistungsarten mag fließend und im Einzelfall schwer zu bestimmen sein (zu der ähnlichen Abgrenzung im AFG vgl Gagel, Komm zum AFG, § 56 Anm 41). Gleichwohl liegt sie dem Gesetz zugrunde und ist hinsichtlich der unterschiedlichen Leistungsvoraussetzungen auch von praktischer Bedeutung. Geht es um die erstmalige Gewährung einer Reha-Leistung - etwa einer Kfz-Hilfe -, müssen die Voraussetzungen des § 14a Abs 1 Satz 1 Nr 1 AVG vorliegen, dh ein Arbeitsplatz nicht vorhanden oder ein vorhandener Arbeitsplatz gefährdet sein. Geht es um die wiederholte Gewährung einer solchen Hilfe - etwa um Hilfe zur Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges -, die bei ihrer erstmaligen Gewährung bereits zu einer Eingliederung geführt oder den Arbeitsplatz erhalten hatte, setzt die erneute Gewährung einer solchen Leistung voraus, daß sie wiederum zur Erreichung oder zur Erhaltung des Arbeitsplatzes erforderlich ist. Denn das Rehabilitationsziel einer möglichst dauerhaften Eingliederung ist nicht bereits mit einer erstmalig gewährten Rehabilitationsleistung abgeschlossen, sondern diese kann, wie das BSG unter ausdrücklichem Hinweis auf § 19 AVG entschieden hat, bei einer erneuten Gefährdung der Erwerbsfähigkeit bzw des Arbeitsplatzes infolge zwischenzeitlich veränderter Umstände mehrfach gewährt werden (BSGE 45, 183 = SozR 2200 § 1236 Nr 5; BSGE 48, 88 = SozR 2200 § 1236 Nr 14; SozR 4100 § 56 Nrn 16 und 17). Das bedeutet aber nicht, daß auch eine Leistung iS von § 19 AVG, die eine bereits gewährte Primärleistung iS von § 14a Abs 1 AVG ergänzt, stets - wie diese - eine Gefährdung oder das Fehlen eines Arbeitsplatzes voraussetzte. Bei den ergänzenden Leistungen handelt es sich funktionell um andere Leistungen als die, die nach § 14a AVG als primäre Leistungen der Rehabilitation gewährt werden und die - wie hier die Kfz-Hilfe - unmittelbar der Erhaltung des Arbeitsplatzes dienen. Ergänzende Leistungen, zu denen nach § 14b Abs 1 Nr 6 AVG auch die sonstigen - insbesondere nachgehenden - Leistungen des § 19 AVG gehören, sind regelmäßig solche, die als zusätzliche bzw unterstützende Hilfen zu den eigentlichen Rehabilitationsleistungen hinzutreten, um deren Erfolg zu "sichern". Diesem Rechtscharakter als ergänzende Leistungen würde es widersprechen, sie an die gleichen Voraussetzungen zu binden wie die zugrundeliegende Hauptleistung, die den Rehabilitationserfolg "Erhaltung des Arbeitsplatzes" bereits ermöglicht hat. Ergänzungen können naturgemäß nur Teilaspekte dieses Erfolgs betreffen, etwa weiterbestehende - oder neu hinzutretende - Nachteile ausgleichen, die bei der Teilnahme am Arbeitsleben die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Nichtbehinderten beeinträchtigen, ferner gesundheitliche Gefährdungen ausschließen oder auch nur körperliche Belastungen mildern, falls sie das Ziel einer dauernden Eingliederung zu gefährden drohen. Auch unter dem Aspekt der "Erforderlichkeit" der ergänzenden Hilfen für die Sicherung des Rehabilitationserfolgs kann es nicht - wie für die berufsfördernden Leistungen selbst - darauf ankommen, ob der Arbeitsplatz bereits gefährdet ist; es muß vielmehr - im Sinne einer vorbeugenden Sicherung einer dauerhaften Eingliederung - genügen, daß die Beseitigung derartiger Nachteile und Belastungen nach Art und Schwere der Behinderung geboten ist. Schon deshalb durfte die Beklagte den begehrten Zuschuß nicht mit der Begründung ablehnen, der Arbeitsplatz der Kläger sei nicht gefährdet.
Auf das Urteil des erkennenden Senats vom 22. September 1981 (BSGE 52, 117, 120 f = SozR 2200 § 1237a Nr 18 S 49 f) kann sich die Beklagte zur Begründung ihrer gegenteiligen Ansicht nicht berufen. Der dort entschiedene Fall ist mit dem vorliegenden schon deshalb nicht vergleichbar, weil es sich dort nicht um eine ergänzende Hilfe, sondern um eine - erstmals zu gewährende - Hilfe zur Erhaltung eines Arbeitsplatzes iS von § 14a Abs 1 Satz 1 Nr 1 AVG gehandelt hat, der tatsächlich gefährdet war. Nur für den Fall des Fehlens der Gefährdung bei dieser Sachlage und damit einer fehlenden Leistungsvoraussetzung nach dieser Bestimmung hat der Senat eine Zuständigkeit der HFSt bzw der Arbeitgeber für nachgehende Maßnahmen nach dem SchwbG bejaht. Hingegen enthält dieses Urteil keine Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche von Rentenversicherungsträgern einerseits (für Leistungen nur zur Erhaltung des Arbeitsplatzes) und von HFSt andererseits (für nachgehende Hilfen, die die Arbeitsbedingungen verbessern). Vielmehr hat der erkennende Senat dort ausdrücklich darauf hingewiesen, daß bei einer Konkurrenz zwischen Ansprüchen des Behinderten nach dem SChwbG einerseits und auf sozialrechtliche Leistungen zur Rehabilitation andererseits letzteren Ansprüchen der Vorrang gebührt (aaO, S 119).
Mithin gestatten es §§ 14a ff AVG der Beklagten nicht, einen Zuschuß zu dem behindertengerechten Ausbau der Garage unter Hinweis auf die "Zuständigkeit" der HFSt oder eine fehlende Gefährdung des Arbeitsplatzes zu versagen. Auch an der "Erforderlichkeit" iS von § 19 AVG kann die Zuschußgewährung nicht scheitern. Im Bereich der Wohnungshilfe hat die Beklagte diesen Begriff - in Übereinstimmung mit dem Gesetz - dahin konkretisiert, daß Kosten für die Beschaffung oder den Ausbau von Wohnungen übernommen werden können, wenn deren Notwendigkeit mit der Erlangung oder Erhaltung eines Arbeitsplatzes "zusammenhängt" und die Wohnung mit Rücksicht auf Art oder Schwere der Behinderung besonderer Ausstattung oder baulicher Änderung bedarf (vgl zB § 15 Abs 2 der Vereinbarung über berufliche Rehabilitation zwischen dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger und der Bundesanstalt für Arbeit - Vereinbarung 1980 -). Daß die Garage mit Rücksicht auf die starke Behinderung der Kläger einer baulichen Erweiterung bedurfte, ist unstreitig. Die Kläger müssen, um in ihr Kfz ein-und daraus aussteigen zu können, die Fahrertür jeweils voll öffnen können; deshalb mußte die mit der Wohnung erworbene Doppelgarage verbreitert werden. Gleichermaßen ist nicht zu bezweifeln, daß dieses Erfordernis auch mit der Erhaltung eines Arbeitsplatzes zusammenhängt, weil beide Kläger für den Arbeitsweg auf die Benutzung eines Kfz angewiesen sind. Ob darüber hinaus die Gewährung der begehrten Hilfe davon abhängt, daß die Kläger überhaupt eine Garage benötigen, kann der Senat offenlassen. Eine solche ist jedenfalls dann erforderlich, wenn von den Behinderten unter Berücksichtigung von Art und Schwere ihrer Behinderung billigerweise nicht erwartet werden kann, daß sie - statt der vorhandenen Garage - einen Abstellplatz vor oder in der Nähe der Wohnung benutzen. Das ist hier zu bejahen. Die Kläger sind, wie sich aus den vorliegenden und vom LSG in Bezug genommenen ärztlichen Bescheinigungen ergibt, hochgradig gehbehindert - der Kläger zu 1) neigt zu häufigem Hinfallen-, so daß unabhängig von Witterungsbedingungen die Suche von Parkplätzen vor oder in der Nähe der Wohnung nicht zumutbar ist. Darüber hinaus waren hier Ermessenserwägungen, insbesondere hinsichtlich der Höhe des Zuschusses und der Berücksichtigung des Einkommens der Kläger nicht zu prüfen, weil es wegen der zu den Leistungsvoraussetzungen vertretenen Rechtsansicht der Beklagten noch nicht zu Ermessenserwägungen gekommen ist. Die Beklagte hat vielmehr die Kläger nunmehr unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen